Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 119 III 100



119 III 100

29. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 1.
November 1993 i.S. M. B.-C. (Rekurs) Regeste

    Art. 19 Abs. 1 SchKG; Art. 169 ZGB; Betreibung auf Pfandverwertung.

    1. Hat es der Schuldner unterlassen, mit dem Rechtsvorschlag den
Bestand des Pfandrechtes zu bestreiten, so kann er dies nicht durch
Beschwerde und Rekurs im Sinne von Art. 17 ff. SchKG nachholen; denn
über den Bestand des Pfandrechtes - eine materiellrechtliche Frage -
haben nicht das Betreibungsamt und die Aufsichtsbehörde, sondern der
Richter zu befinden (E. 2a).

    2. Wird ein Ehegatte betrieben, so sieht das Gesetz - ausser im
Falle der Gütergemeinschaft - keine Möglichkeit vor, welche es dem
andern Ehegatten erlauben würde, sich der Betreibung zu widersetzen. Der
andere Ehegatte ist zur Beschwerde oder zum Rekurs im Sinne der Art. 17
ff. SchKG nicht legitimiert und aus diesem Grund mit der Einrede
ausgeschlossen, er habe der Pfandbelastung des als Familienwohnung
dienenden Miteigentumsanteils nicht die Zustimmung im Sinne von Art. 169
ZGB erteilt (E. 2b).

Sachverhalt

    A.- M.B.-C. stellte dem Bezirksgericht Dielsdorf am 8.
Februar 1993 den Antrag, die gegen ihren Ehemann U. B. angehobene
Betreibung sei aufzuheben oder einzustellen. Zur Begründung brachte die
Beschwerdeführerin vor, die Gläubigerin habe für einen auf der ehelichen
Liegenschaft lastenden und am 22. Juli 1989 von Fr. 200'000.-- auf
Fr. 280'000.-- erhöhten Schuldbrief die Betreibung auf Grundpfandverwertung
eingeleitet. Da indessen dieser Schuldbrief ohne Wissen und Zustimmung
der Beschwerdeführerin errichtet bzw. erhöht worden sei, seien die
Mitwirkungsrechte, welche Art. 169 ZGB dem anderen Ehegatten bei der
Beschränkung von Rechten an den Wohnräumen der Familie verleihe, verletzt
worden. Die Errichtung bzw. Erhöhung des Schuldbriefes sei daher nichtig.

    Das Bezirksgericht Dielsdorf wies die Beschwerde ab. Im gleichen
Sinne entschied das Obergericht des Kantons Zürich als obere kantonale
Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs.

    B.- Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts ist
auf den von M. B.-C. bei ihr erhobenen Rekurs nicht eingetreten.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Indem die Rekurrentin geltend macht, die Errichtung bzw.
Erhöhung des Schuldbriefes sei nichtig, weil sie hiezu die nach Art. 169
ZGB erforderliche Zustimmung nicht erteilt habe, stellt sie den Bestand des
Grundpfandrechtes in Frage. Das kann die Rekurrentin nicht; denn aus den
folgenden Gründen ist erstens das Rechtsmittel des Rekurses gemäss Art.
19 Abs. 1 SchKG hier grundsätzlich nicht gegeben und ist zweitens die
Ehefrau zum Rekurs in der gegen den Ehemann gerichteten Betreibung nicht
legitimiert:

    a) Sobald der Zahlungsbefehl - wegen Unterlassung oder Rückzugs
des Rechtsvorschlags oder gestützt auf einen Rechtsöffnungsentscheid -
rechtskräftig geworden ist, steht dem Gläubiger der Vollstreckungsweg
offen; er hat das Recht, die Fortsetzung der Betreibung zu verlangen
(AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 5. Auflage
Bern 1993, § 22 N. 1 ff.; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs
nach schweizerischem Recht, Band I, Zürich 1984, § 23 Rz. 1; GILLIÉRON,
Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 3. Auflage Lausanne
1993, S. 159 § 1). Auf die Rechtsfolgen bei passivem Verhalten wird im
Zahlungsbefehl für die Betreibung auf Pfandverwertung mit der Androhung
hingewiesen, dass das Pfand versteigert werde, wenn der Schuldner weder
dem Zahlungsbefehl nachkomme noch Rechtsvorschlag erhebe (Art. 152 Abs. 1
Ziff. 2 SchKG, FRITZSCHE/WALDER, aaO, § 34 Rz. 22).

    In der Betreibung auf Pfandverwertung nach Massgabe der Art. 151
ff. SchKG kann mit dem Rechtsvorschlag ausser dem Bestand, dem Umfang
oder der Fälligkeit der Forderung auch der Bestand des Pfandrechtes
bestritten werden (AMONN, aaO, § 33 N. 11; FRITZSCHE/WALDER, aaO, §
17 Rz. 42). Der Schuldner muss aber ausdrücklich sagen, dass sich der
Rechtsvorschlag (auch) auf das Pfandrecht bezieht (Art. 85 Abs. 1 VZG;
BGE 108 III 8 E. 1; AMONN, aaO, § 18 N. 22, § 33 N. 11; FRITZSCHE/WALDER,
aaO, § 34 Rz. 26; GILLIÉRON, aaO, S. 111, S. 134 § 4 Ziff. 3; bezüglich
der Anwendbarkeit dieser Regel auf das Faustpfand siehe BGE 57 III 26
E. 2). Hat es der Schuldner unterlassen, mit dem Rechtsvorschlag den
Bestand des Pfandrechtes zu bestreiten, so kann er dies nicht durch
Beschwerde und Rekurs im Sinne von Art. 17 ff. SchKG nachholen; denn
über den Bestand des Pfandrechtes - eine materiellrechtliche Frage -
haben nicht das Betreibungsamt und die Aufsichtsbehörde, sondern der
Richter zu befinden (BGE 105 III 64 f. E. 1, 120 E. 2a; 78 III 95 ff.;
AMONN, aaO, § 18 N. 3). An dieser Aufgabenteilung kann der Schuldner auch
dadurch nicht rütteln, dass er Nichtigkeit behauptet.

    b) Das verfahrensrechtliche Ergebnis kann nicht anders lauten,
wenn nicht der Schuldner selber, sondern seine Ehefrau Beschwerde und
Rekurs erhebt. Ausser der Vorschrift des Art. 68a SchKG, welcher für
die Gütergemeinschaft vorsieht, dass der Zahlungsbefehl und alle übrigen
Betreibungsurkunden auch dem andern Ehegatten zuzustellen sind, und beide
Ehegatten zum Rechtsvorschlag befugt erklärt, besteht keine gesetzliche
Regelung, welche der Ehefrau die Möglichkeit einräumt, sich einer gegen den
Ehemann eingeleiteten Betreibung zu widersetzen (vgl. ISAAK MEIER, Neues
Eherecht und Schuldbetreibungsrecht, Zürich 1987, S. 96 f.; Kommentar
HAUSHEER/REUSSER/GEISSER, N. 35 und N. 39 (erster Absatz) zu Art. 168 ZGB).

    Die Rekurrentin ist in dem gegen ihren Ehemann gerichteten
Betreibungsverfahren nicht zur Beschwerde oder zum Rekurs im Sinne der
Art. 17 ff. SchKG legitimiert.