Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 119 IB 99



119 Ib 99

11. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 19.
Februar 1993 i.S. F. c. EMD (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 54 und 57 BtG, Art. 4 der Wahlverordnung 1993 - 1996; Wiederwahl
eines Bundesbediensteten unter Vorbehalt der Aufhebung seines Amtes.

    1. Die Wiederwahl unter Vorbehalt der Aufhebung des Amtes ist
grundsätzlich eine mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbare
Endverfügung (E. 1).

    2. Die Wahlbehörde muss bei der Wiederwahl prüfen, ob das Amt in
der kommenden Dienstperiode voraussichtlich fortbestehen wird; eine
pflichtgemäss ermittelte voraussichtliche Amtsaufhebung genügt, um den
betroffenen Bediensteten nur unter Vorbehalt der Aufhebung seines Amtes
wiederzuwählen (E. 2).

Sachverhalt

    A.- F., geb. 1953, ist am 1. Dezember 1977 in den Bundesdienst
eingetreten, wo er als Sekretär in der Finanzbuchhaltung/Fakturierung
der Eidgenössischen Waffenfabrik Bern arbeitet, welche zum Bundesamt für
Rüstungsbetriebe gehört (vgl. Art. 1 lit. e der bundesrätlichen Verordnung
vom 24. Oktober 1990 über das Bundesamt für Rüstungsbetriebe; SR 510.521).

    Am 7. Juli 1992 teilte der Direktor der Waffenfabrik F. mit,
dass seine Wiederwahl für die Amtsperiode 1993-1996 nur noch "unter
dem Vorbehalt der Aufhebung des Amtes" per 1. Januar 1994 in Aussicht
genommen werden könne. Nach der Unternehmensplanung 1993-1997 sei die
Auslastung des Betriebes ab 1994 "gesamthaft, wie auch in den einzelnen
Geschäftsbereichen rückläufig", was sich in den "nicht produktiven
Bereichen" auswirken werde, weil hier aus Kostengründen mindestens eine
lineare Kapazitätsanpassung erfolgen müsse. Die Wiederwahl mit Vorbehalt
bedeute nicht eine automatische Entlassung; diese stehe nur zur Diskussion,
wenn F. bei Aufhebung der Stelle kein anderes zumutbares Angebot gemacht
werden könne.

    Nachdem F. zu dieser Ankündigung am 23. August 1992 Stellung genommen
hatte, wählte ihn das Eidgenössische Militärdepartement am 4. September
1992 - unter Hinweis auf die Begründung im Schreiben vom 7. Juli 1992 -
nur unter dem Vorbehalt der Aufhebung des Amtes per 1. Januar 1994 wieder.

    F. reichte gegen diesen Entscheid am 5. Oktober 1992 beim Bundesgericht
Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag ein, die Wahlbehörde
anzuweisen, ihn vorbehaltlos wiederzuwählen.

    F. macht eine Verletzung von Art. 54 und 57 des Beamtengesetzes
vom 30. Juni 1927 (BtG; SR 172.221.10) sowie des Grundsatzes der
Verhältnismässigkeit und der Rechtsgleichheit (Art. 4 BV) geltend. Art. 4
der bundesrätlichen Verordnung vom 16. März 1992 über die Wiederwahl der
Beamtinnen und Beamten der allgemeinen Bundesverwaltung für die Amtsdauer
1993-1996 (Wahlverordnung; SR 172.221.121), auf den sich die angefochtene
Verfügung stützt, entbehre der gesetzlichen Grundlage.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab

Auszug aus den Erwägungen:

                  aus folgenden Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist nach Art. 97 Abs. 1
OG gegen Verfügungen im Sinne von Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20.
Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) zulässig;
die Nichtwiederwahl gilt als solche Verfügung (vgl. BGE 103 Ib 321 E. 1,
99 Ib 235 E. 1). Die Wiederwahl unter Vorbehalt ist, je nach Inhalt und
Tragweite, blosse Mitteilung (Ermahnung) oder Verfügung (unveröffentlichtes
Urteil des Bundesgerichts vom 9. März 1989 i.S. F.A. c. EMD, E. 1a).

    b) Das Eidgenössische Militärdepartement hat den Beschwerdeführer
unter Vorbehalt der Aufhebung seines Amtes wiedergewählt. Ob dieses
tatsächlich auf den 1. Januar 1994 abgeschafft werden wird, steht
nicht fest; es ist zurzeit auch noch ungewiss, ob dem Beschwerdeführer
in jenem Moment nicht ein anderes seiner Befähigung oder Tauglichkeit
entsprechendes Amt zugewiesen werden kann. Der beanstandete Vorbehalt
erlaubt der Verwaltung jedoch, falls das Amt tatsächlich aufgehoben
und keine andere Lösung gefunden wird, das Dienstverhältnis aufzulösen,
ohne dass dem Beschwerdeführer eine Abgangsentschädigung nach Art. 54
Abs. 1 BtG zuerkannt werden müsste. Der Vorbehalt stellt damit keine
blosse Mitteilung dar, sondern eine die Rechtsstellung des Bediensteten
unmittelbar berührende, anfechtbare Endverfügung.

Erwägung 2

    2.- a) Nach Art. 57 Abs. 1 BtG erlischt das Dienstverhältnis mit
Ablauf der Amtsdauer: Die Wahlbehörde entscheidet über seine Erneuerung
nach freiem Ermessen; sie soll darauf indessen nur bei triftigen Gründen
verzichten. Eine Wiederwahl unter Vorbehalt kennt das Gesetz selber
grundsätzlich nicht, doch ist ihre Zulässigkeit in Rechtsprechung und
Literatur auch ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage anerkannt
(BGE 107 Ib 8 ff.; RENÉ A. RHINOW/BEAT KRÄHENMANN, Schweizerische
Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel/Frankfurt a.M. 1990,
S. 482, Nr. 150 B.I.c.; HERMANN SCHROFF/DAVID GERBER, Die Beendigung der
Dienstverhältnisse in Bund und Kantonen, St. Gallen 1985, S. 152, FN 4 zu
N. 242). Auch bei der Anordnung eines Vorbehaltes, der über eine Ermahnung
hinausgeht, hat die Wahlbehörde pflichtgemäss zu handeln; er rechtfertigt
sich nur, wenn sachliche Gründe dafür sprechen (vgl. BGE 107 Ib 8 ff.).

    b) Die Wahlverordnung für die Amtsdauer 1993-1996 bestimmt in
Art. 4, dass "Beamtinnen und Beamten, deren Amt im Laufe der Amtsdauer
1993-1996 voraussichtlich aufgehoben oder nur für einen Teil der Amtsdauer
besetzt werden soll", mit einem entsprechenden Vorbehalt wiederzuwählen
sind. Diese Regelung ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht
zu beanstanden.

    aa) Als Beamter gilt, wer als solcher vom Bundesrat, einer ihm
nachgeordneten Amtsstelle oder einem eidgenössischen Gericht in ein Amt
gewählt wird, das im Bundesratsbeschluss vom 18. Oktober 1972 über das
Ämterverzeichnis (SR 172.221.111) aufgeführt ist (Art. 1 BtG und Art. 1
des Bundesratsbeschlusses). Der Bewerber hat über die Wahlfähigkeit
(Art. 2 BtG) und die besonderen Wahlerfordernisse (Art. 4 BtG) zu verfügen,
zudem muss seine dauernde Beschäftigung im Amt sichergestellt erscheinen
(Art. 4 Abs. 3 BtG). Selbst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind,
liegt es im Ermessen der Wahlbehörde, die am besten geeignete Dienstform
(Beamtung/Anstellung) zu bestimmen (BGE 118 Ib 290 E. 2a). Weil es einen
Beamten ohne genau bezeichnetes, in einer bestimmten Besoldungsklasse
eingereihtes Amt nicht gibt (HERMANN SCHROFF/DAVID GERBER, aaO, S. 127,
N. 189), muss die Wahlbehörde auch bei der Wiederwahl prüfen, ob das
Amt in der kommenden Dienstperiode voraussichtlich fortbestehen wird.
Scheint dies zweifelhaft, ist ein diesbezüglicher Vorbehalt sachlich
gerechtfertigt und durch die Beamtengesetzgebung gedeckt.

    bb) Art. 54 BtG sieht vor, dass, falls ein Amt während der Amtsdauer
aufgehoben wird und dem Träger kein anderes seiner Befähigung oder
Tauglichkeit entsprechendes Amt übertragen werden kann, der Betroffene
nur Anspruch auf eine Entschädigung hat, "wenn nicht die Aufhebung des
Amtes bei der Wahl ausdrücklich vorbehalten worden ist". Nachdem gemäss
Art. 4 Abs. 3 BtG - wie bereits ausgeführt zum Beamten ausschliesslich
gewählt werden kann, wer dauernd in seinem Amt beschäftigt wird, muss
sich dieser Teilsatz in erster Linie auf die Wiederwahl beziehen. Ist die
dauernde Beschäftigung nämlich voraussichtlich bereits bei Amtsantritt
nicht für die ganze Amtsperiode (und darüber hinaus) sichergestellt
(BGE 118 Ib 293 E. 4a), so kann der Bedienstete gar nicht zum Beamten
gewählt werden. Die Regelung in der Wahlverordnung entspricht damit dem
in Art. 54 BtG ausdrücklich vorgesehenen Vorbehalt.

    cc) Eine Unterscheidung zwischen "verbindlich beschlossener" oder nur
"voraussichtlicher" Aufhebung des Amtes besteht - entgegen der Ansicht
des Beschwerdeführers - insofern nicht. Der Vorbehalt muss wie die
Nichtwiederwahl im Rahmen von Art. 57 BtG sachlich begründet sein; eine
pflichtgemäss ermittelte voraussichtliche Amtsaufhebung genügt, um den -
im vorliegenden Zusammenhang - im Gesetz selber vorgesehenen Vorbehalt
bei der Wiederwahl anbringen zu können. Stünde die Amtsaufhebung bereits
bei der Wiederwahl fest, fehlte eine Voraussetzung zu dieser, und der
Bedienstete könnte nur noch in einem befristeten Arbeitsverhältnis
weiterbeschäftigt werden.