Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 119 IB 311



119 Ib 311

34. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 11. Oktober 1993 i.S. X. gegen Kantonales Steueramt
Zürich und Bundessteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 129 Abs. 1 BdBSt; Art. 4 BV; Art. 6 EMRK; Hinterziehung der
direkten Bundessteuer: Anwendbarkeit der EMRK; Grundsatz ne bis in idem;
Verjährung der Strafverfolgung; angemessene Verfahrensdauer; öffentliche
Verhandlung; persönliche Anhörung.

    1. Das Verfahren wegen Hinterziehung der direkten Bundessteuer
(Art. 129 Abs. 1 BdBSt) fällt unter Art. 6 EMRK (E. 2).

    2. Grundsatz ne bis in idem:

    - wenn bereits ein Verfahren wegen Steuerbetrug (Art. 130bis BdBSt)
durchgeführt (und eingestellt) worden ist (E. 3b und c);

    - wenn der Steuerpflichtige bereits wegen Hinterziehung der kantonalen
Steuern bestraft worden ist (E. 3d).

    3. Enthält Art. 134 BdBSt hinsichtlich der Verjährung der
Strafverfolgung für Hinterziehung eine Lücke (E. 4a)? Grundsätze, die
beim Fehlen einer ausdrücklichen Regelung heranzuziehen sind (E. 4b, c).

    4. Angemessene Verfahrensdauer:

    - Beginn der Frist (E. 5a).

    - Angemessene Dauer (E. 5b-d).

    5. Öffentliche Verhandlung im Verfahren vor der
Rekurskommission. Verzicht des Steuerpflichtigen auf öffentliche
Verhandlung? (E. 6b-e).

    6. Persönliche (mündliche) Anhörung:

    - im Verfahren vor der Rekurskommission (E. 7b);

    - nicht im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde, die erstinstanzlich
Steuerbussen auszufällen hat (E. 7c).

Sachverhalt

    A.- X. war zusammen mit seinem Bruder Teilhaber an der
Kommanditgesellschaft X. & Co. Er wurde am 11. Juni 1982 für die direkte
Bundessteuer 1981/82 entsprechend seiner Steuererklärung eingeschätzt.

    Am 14./15. Januar 1986 wurden die Geschäftsbücher der
Kommanditgesellschaft einer steueramtlichen Revision unterzogen. Dabei
ergab sich, dass die Mietzinse für die vom Steuerpflichtigen bewohnte
Wohnung den Erfolgsrechnungen 1975-1981 belastet worden waren.

    Am 7. März 1986 leitete deshalb die Kantonale Steuerverwaltung
Zürich gegen den Steuerpflichtigen ein Nachsteuerverfahren betreffend
die kantonalen Steuern ein, und am 11. Dezember 1987 eröffnete
auch die Abteilung Direkte Bundessteuer des Kantonalen Steueramtes
Zürich für die direkte Bundessteuer 1981/82 ein Verfahren wegen
Steuerhinterziehung (Art. 129 Abs. 1, 132 des Bundesratsbeschlusses über
die Erhebung einer direkten Bundessteuer vom 9. Dezember 1940; BdBSt;
SR 642.11). Am 25. April 1988 gab die Abteilung Direkte Bundessteuer dem
Steuerpflichtigen Gelegenheit, um sich zum Vorwurf zu äussern, dass er
in der Bemessungsperiode Mietzinse im Betrag von durchschnittlich Fr.
22'021.-- der Gesellschaft belastet und auf diese Weise Fr. 5'808.-- an
direkten Bundessteuern hinterzogen habe. Mit Verfügung vom 6. Juli 1988
auferlegte sie ihm wegen Hinterziehung der direkten Bundessteuer 1981/82
eine Nachsteuer in der erwähnten Höhe und eine Busse von Fr. 8'712.--.

    Der Steuerpflichtige führte Beschwerde bei der
Bundessteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich. Mit Entscheid vom
11. März 1992 bestätigte die Beschwerdeinstanz den Nachsteuerbetrag,
doch setzte sie die Busse auf Fr. 4'000.-- herab.

    Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt der Steuerpflichtige,
der Entscheid der Bundessteuer-Rekurskommission und die Nachsteuer-
und Bussenverfügung der Abteilung Direkte Bundessteuer des Kantonalen
Steueramtes Zürich seien aufzuheben; eventuell sei die Sache an die
kantonalen Behörden zurückzuweisen oder es sei von einer Strafe Umgang
zu nehmen.

    Die kantonalen Instanzen und die Eidg. Steuerverwaltung beantragen
Abweisung der Beschwerde (soweit auf die Beschwerde einzutreten sei).

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und weist die Sache zu
neuem Entscheid an die Bundessteuer-Rekurskommission zurück.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer beruft sich in verschiedener Hinsicht auf die
Verfahrensgarantien des Art. 6 EMRK. Diese Garantien sind nur wirksam,
soweit ein Gericht "über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen
oder über die Stichhaltigkeit der (...) erhobenen strafrechtlichen
Anklage zu entscheiden hat" (Art. 6 Ziff. 1 EMRK). Ob Art. 6 EMRK auf
Steuerhinterziehungsverfahren wie das vorliegende Anwendung findet,
ist im folgenden zu prüfen.

    a) Das Bundesgericht hat sich bis heute nicht klar zur Anwendbarkeit
des Art. 6 EMRK auf Steuerhinterziehungsverfahren ausgesprochen. Die
Rechtsprechung der kantonalen Gerichte (vgl. dazu die Nachweise bei
KÄLIN/SIDLER, Verschuldensgrundsatz und Öffentlichkeitsprinzip: Die
Strafsteuer im Lichte von Verfassung und EMRK, ASA 60 S. 169 ff.) ist in
dieser Frage ebenfalls nicht einheitlich.

    Das Bundesgericht hat zwar mehrmals festgestellt, die
Hinterziehungsbusse sei eine echte Strafe, weshalb bei der Beurteilung der
Schuld oder Nichtschuld oder bei der Bemessung der Busse strafrechtliche
Grundsätze zu beachten seien (BGE 114 Ib 30 ff.; Urteil vom 7. Dezember
1984, StE 1985, B 101.21, Nr. 2 E. 3a). Es liess jedoch in BGE 114 Ib
32 E. 8b wie auch in einem weiteren Urteil vom 19. Dezember 1990 (ASA 60
S. 662 E. 3b) die Frage offen, ob Art. 6 EMRK auf Steuerstrafverfahren
bzw. Hinterziehungsverfahren Anwendung findet. Im Entscheid BGE 116 IV
266 führte das Bundesgericht aus, die Rechtsnatur der Hinterziehungsbusse
sei umstritten, doch werde in neuerer Zeit ihr Strafcharakter zunehmend
und zu Recht bejaht. Ob es sich beim Hinterziehungsverfahren um eine
Strafsache im Sinne von Art. 6 EMRK handelt, musste freilich damals
nicht beurteilt werden, weil ein Verfahren wegen Steuerbetrugs und
nicht wegen Steuerhinterziehung zur Diskussion stand. Auch in BGE 117
Ib 369 ff. nahm das Bundesgericht zur Anwendbarkeit von Art. 6 EMRK auf
das Hinterziehungsverfahren bei der direkten Bundessteuer nicht klar
Stellung, obschon es die Steuerbusse als echte Strafe bezeichnete (E. 4d)
und prüfte, ob die Haftung der Erben für die vom Erblasser begangene
Steuerhinterziehung (Art. 130 Abs. 1 BdBSt) vor der Konvention standhält
(E. 5).

    Einzig in einem nicht publizierten Entscheid (Urteil vom 5. Juli 1990
i.S. J.) bejahte das Bundesgericht die Anwendbarkeit von Art. 6 EMRK auf
ein kantonales Steuerhinterziehungsverfahren und hob den angefochtenen
Entscheid wegen Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention
auf. Im Entscheid vom 19. Dezember 1990 (ASA 60 S. 662 E. 3) liess das
Bundesgericht die Frage der Anwendbarkeit der Konvention auf solche
Verfahren hingegen wieder offen.

    b) Die Lehre ist in dieser Frage ebenfalls gespalten. In der
Steuerrechtsdoktrin herrscht die Ansicht vor, die Hinterziehungsbusse
bzw. die Strafsteuer (nach kantonalem Steuerstrafrecht) sei keine
reine Strafe, sondern eine verwaltungsrechtliche Sanktion eigener
Art. Begründet wird diese Auffassung vor allem damit, dass der Strafsteuer
auch Schadenersatzfunktion zukomme, indem sie u.a. als Ausgleich für
Steuerausfälle diene, die durch die für eine beschränkte Zahl von
Jahren erhobene Nachsteuer nicht gedeckt würden (OSKAR BOSSHARDT, Die
neue zürcherische Einkommens- und Vermögenssteuer, S. 212 f.; ERNST
BLUMENSTEIN, Das System des Steuerrechts, 3. Aufl. 1971, S. 331;
REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz,
Band IV, N 14 zu den Vorbemerkungen zu §§ 185-193, N. 6 zu § 188;
ZUPPINGER/BÖCKLI/LOCHER/REICH, Steuerharmonisierung, S. 285; weitere
Literaturhinweise bei FELIX RICHNER, Wandel und Tendenzen im Zürcher
Steuerhinterziehungsrecht, ASA 61 S. 559 FN 9, und URS R. BEHNISCH,
Das Steuerstrafrecht im Recht der direkten Bundessteuer, S. 16 FN 147;
vgl. auch BLUMENSTEIN/LOCHER, System des Steuerrechts, 4. Auflage 1992,
S. 292 f., wonach die heute noch vorherrschende Ansicht in der Schweiz
dahingehe, dass der Hinterziehungsbusse auch Schadenersatzfunktion
zukomme).

    In der neueren Lehre wird demgegenüber - vor allem unter straf- und
verfassungsrechtlichem Einfluss - zunehmend die Meinung vertreten, bei der
wegen Steuerhinterziehung ausgesprochenen Busse oder Strafsteuer handle
es sich um eine echte und reine Strafe, auf die Art. 6 EMRK Anwendung
finde (ANDREAS DONATSCH, Zum Verhältnis zwischen Steuerhinterziehung und
Steuerbetrug nach dem Steuerharmonisierungs- und dem Bundessteuergesetz,
ASA 60 S. 294; KÄLIN/SIDLER, aaO, ASA 60 S. 171; KÄLIN/SIDLER, Die
Anwendbarkeit von Art. 6 EMRK auf kantonale Steuerhinterziehungsverfahren,
ASA 57 S. 547; KÄNZIG/BEHNISCH, Die direkte Bundessteuer, 2. Auflage 1992,
N. 10, 11 f. zu Art. 129 BdBSt; MARTIN ZWEIFEL, Das rechtliche Gehör
im Steuerhinterziehungsverfahren, ASA 60 S. 451, 453; MARTIN ZWEIFEL,
Die rechtsstaatliche Ausgestaltung des Steuerhinterziehungsverfahrens
vor Verwaltungsbehörden, Steuerrecht im Rechtsstaat, Festschrift für
Francis Cagianut, S. 224; vgl. neustens RICHNER, aaO, S. 562 f. und
564, mit weiteren Hinweisen in FN 30; gegen die Auffassung von der
Schadenersatzfunktion der Steuerstrafe bereits WALTER ROBERT PFUND, Das
Steuerstrafrecht, Basel 1954, S. 22 ff., und PETER BÖCKLI, Harmonisierung
des Steuerstrafrechts, ASA 51 S. 103, 107).

    c) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte musste bisher
nicht entscheiden, ob ein Strafsteuerverfahren den Garantien des Art. 6
EMRK unterliegt. Demgegenüber erklärte die Europäische Kommission für
Menschenrechte im Fall von Sydow gegen Schweden die Beschwerde als
zulässig und bekundete damit, dass sie die Anwendbarkeit der Konvention
auf Hinterziehungsverfahren (hier Strafzuschlag auf der Einkommenssteuer)
nicht zum vornherein ausschliesst (Beschwerde Nr. 11464/85, EuGRZ
1988 S. 329). Ebenso bezeichnete die Kommission im Fall Bendenoun gegen
Frankreich einen dem Beschwerdeführer wegen Steuerhinterziehung auferlegten
Strafzuschlag zur Einkommenssteuer im Lichte der vom Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte angewandten Kriterien als Strafe im Sinne
von Art. 6 EMRK (Beschwerde Nr. 12547/86, Bericht vom 10. Dezember 1992).

    d) Bei der Beurteilung der Frage, ob es im vorliegenden
Hinterziehungsverfahren um die Stichhaltigkeit einer gegen den
Beschwerdeführer erhobenen Anklage im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK geht,
sind die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entwickelten
Kriterien heranzuziehen. Danach kommt es zunächst darauf an, ob die
Norm über die Zuwiderhandlung nach dem Rechtssystem des betreffenden
Staates dem Strafrecht angehört. Diesem Gesichtspunkt kommt allerdings
nur eine relative Bedeutung zu. Von grösserer Tragweite ist die Natur der
vorgeworfenen Handlung sowie die Art und Schwere der angedrohten Sanktion
(Urteil Engel vom 8. Juni 1976, Publications de la Cour européenne des
Droits de l'Homme, Série A, Vol. 22, Ziff. 82, deutsche Übersetzung
in EuGRZ 1976 S. 232 f.; Urteil Öztürk vom 21. Februar 1984, Série A,
Vol. 73, Ziff. 52 = EuGRZ 1985 S. 67; Urteil Campbell und Fell vom 28. Juni
1984, Série A, Vol. 80, Ziff. 71 = EuGRZ 1985 S. 538; Urteil Demicoli vom
27. August 1991, Série A, Vol. 210, Ziff. 32 f. = EuGRZ 1991 S. 476 f.;
Urteil Weber vom 22. Mai 1990, Série A, Vol. 177, Ziff. 31 f. = EuGRZ
1990 S. 265 f.; vgl. auch BGE 117 Ia 188).

    e) Art. 129 (wie übrigens auch Art. 131 Abs. 2) BdBSt richtet
sich gegen die Hinterziehung der direkten Bundessteuer und setzt den
Steuerpflichtigen einer Sanktion aus, einer Geldbusse, die präventiv
und repressiv wirken soll. Eine solche Sanktion fällt - auch wenn sie
nicht in einer Freiheitsstrafe besteht - nach der Praxis des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte unter das Strafrecht (Fall Öztürk, aaO,
Ziff. 53). Die steuerrechtlichen Bestimmungen über die Hinterziehung
haben zudem allgemeinen Charakter und richten sich an alle Bürger in
ihrer Eigenschaft als Steuerpflichtige. Geschütztes Rechtsgut ist der
Fiskalanspruch des Staates. Eine solche Rechtsnorm unterscheidet sich
von Strafnormen, welche die Vermögensansprüche Privater schützen, nicht
grundsätzlich.

    Die strafrechtliche Natur der dem Beschwerdeführer zur Last
gelegten Übertretung ergibt sich auch aus Art und Schwere der angedrohten
Sanktion. Die Busse beträgt beim Hinterziehungsversuch bis zu Fr. 20'000.--
(Art. 131 Abs. 2 BdBSt); beim vollendeten Delikt kann sie sich bis auf
das Vierfache des entzogenen Steuerbetrages belaufen (Art. 129 Abs. 1
BdBSt). Die Schwere dieser Sanktionen zeigt, dass sie sich für den
Betroffenen in gleicher Weise auswirken können wie eine strafrechtliche
Verurteilung.

    Dass die Widerhandlung von den Verwaltungsbehörden verfolgt und
geahndet wird, kann nicht entscheidend sein. Bei der Beurteilung der
Frage, ob es sich um eine "strafrechtliche Anklage" im Sinne von Art. 6
EMRK handelt, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte nicht eine formelle, sondern eine
materielle Betrachtungsweise zugrunde zu legen. Danach gilt als Anklage
jede amtliche, von der zuständigen Behörde ausgehende Bekanntgabe des
Vorwurfs, eine Straftat begangen zu haben (vgl. das erwähnte Urteil Öztürk,
Ziff. 55, mit Hinweisen). Das gilt nach der Praxis des Gerichtshofes
auch bei eigentlichen Verwaltungsstrafverfahren (z.B. Urteil Deweer vom
27. Februar 1980, Série A, Vol. 35, Ziff. 41 ff. = EuGRZ 1980 S. 671
f.). Einen solchen Vorwurf erheben die Steuerbehörden jeweils, wenn sie
ein Steuerhinterziehungsverfahren einleiten. Bei der Steuerbusse wegen
Steuerhinterziehung im Recht der direkten Bundessteuer handelt es sich
demnach um eine Strafe im Sinne von Art. 6 EMRK.

    f) Die bisherige Rechtsprechung ist somit dahingehend zu verdeutlichen,
dass Art. 6 EMRK auf Verfahren, in denen über eine Hinterziehungsbusse
nach Art. 129 BdBSt zu entscheiden ist, Anwendung findet. Die Garantien
des Art. 6 EMRK sind im vorliegenden Verfahren deshalb zu beachten. Das
muss auch gelten, soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 4
des Protokolls Nr. 7 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten (SR 0.101.07; im folgenden: Protokoll Nr. 7 zur EMRK),
der ebenfalls Garantien zugunsten des Beschuldigten im Strafverfahren
enthält, geltend macht.

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer beruft sich auf den Grundsatz ne bis in
idem. Er macht geltend, die Bezirksanwaltschaft Pfäffikon habe bereits
wegen Steuerbetrugs gegen ihn ermittelt und das Verfahren eingestellt;
überdies sei er wegen Hinterziehung der kantonalen Steuern bestraft
worden. Einer Bestrafung wegen Steuerhinterziehung gemäss Art. 129 Abs. 1
BdBSt stehe deshalb das Prinzip ne bis in idem entgegen.

    a) Nach ständiger Rechtsprechung folgt das Prinzip ne bis in idem aus
dem eidgenössischen Strafrecht. Es hat überdies verfassungsrechtlichen
Rang und leitet sich aus Art. 4 BV ab (BGE 118 IV 271 E. 2; 116 IV 264
f.). Das Prinzip ne bis in idem findet neuerdings seine Grundlage auch
im Protokoll Nr. 7 zur EMRK, das für die Schweiz am 1. November 1988 in
Kraft getreten ist, sowie in dem für die Schweiz seit 18. September 1992 in
Kraft stehenden Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte
vom 16. Dezember 1966 (UNO-Pakt II; SR 0.103.2; AS 1993 750). Danach darf
niemand "wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem
Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt
oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates
erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden" (Art. 4 Ziff. 1 Protokoll
Nr. 7 zur EMRK; fast gleichlautend Art. 14 Abs. 7 UNO-Pakt II). Einer
zweiten Verfolgung der gleichen Tat steht somit prozessual die materielle
Rechtskraft entgegen (BGE 118 IV 271; 116 IV 264 f.).

    b) Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, dem Verfahren wegen
Steuerhinterziehung stehe die rechtskräftig abgeschlossene Untersuchung
wegen Steuerbetrugs entgegen, ist das aus eidgenössischem Strafrecht
hergeleitete Prinzip ne bis in idem nicht verletzt. Der Beschluss über
die direkte Bundessteuer sieht ausdrücklich zwei verschiedene Verfahren
vor und weist die Verfolgung der Steuerhinterziehung den Steuerbehörden
und die Ahndung des Steuerbetruges den strafrichterlichen Behörden zu
(Art. 132, 133bis BdBSt). Art. 130bis Abs. 1 zweiter Satzteil BdBSt
bestimmt für den Steuerbetrug zudem ausdrücklich: "die Bestrafung wegen
Steuerhinterziehung bleibt vorbehalten". Durch diese Regelung wird die
Tragweite des bundesrechtlichen Grundsatzes für die direkte Bundessteuer
konkretisiert (BGE 116 IV 268). Die Frage, welche Tragweite dem aus
eidgenössischem Strafrecht abgeleiteten Prinzip ne bis in idem zukommt,
stellt sich deshalb nicht.

    Soweit es um den aus Art. 4 BV hergeleiteten Grundsatz ne bis in
idem geht, ist das Bundesgericht gemäss Art. 114bis Abs. 3 BV an die
Bundesgesetzgebung, zu welcher auch der Bundesratsbeschluss über die
direkte Bundessteuer gehört (BGE 117 Ib 369 E. 1a), gebunden. Es könnte
daher nur feststellen, dass die Regelung im Widerspruch zur Verfassung
steht. Den angefochtenen Entscheid selbst könnte es jedoch nicht aufheben
(BGE 116 IV 268).

    Fragen kann sich somit nur, ob allenfalls der Grundsatz, wie er in
Art. 4 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK und in Art. 14 UNO-Pakt II enthalten
ist, verletzt ist.

    c) Die Anwendung des Prinzips ne bis in idem setzt voraus, dass
sich das Verfahren gegen die gleiche Person richtet. Erforderlich ist
ferner, dass die ihr vorgeworfene Tat bzw. strafbare Handlung bereits
Gegenstand des ersten Verfahrens gebildet hat. Die bundesgerichtliche
Rechtsprechung leitet - in Übereinstimmung mit einem Teil der Lehre -
aus dem Grundsatz ne bis in idem überdies ab, dass dem Richter im ersten
Verfahren die Möglichkeit zugestanden haben muss, den Sachverhalt unter
allen tatbestandsmässigen Punkten zu würdigen (Urteile vom 14. Juni 1990,
ASA 59 S. 645, und vom 19. Dezember 1990, ASA 60 S. 669; ROBERT HAUSER,
Kurzlehrbuch des Strafprozessrechts, 2. Auflage 1984, S. 243; RICHNER,
aaO [vorn E. 2b], S. 600 f., mit weiteren Hinweisen).

    Die zuletzt genannte Voraussetzung trifft hier aufgrund der
beschränkten Beurteilungskompetenz der verschiedenen Behörden nicht zu. Die
Steuerbehörden, welche die Strafe für die Steuerhinterziehung festzusetzen
haben, sind sachlich nicht zuständig, über den Steuerbetrug zu befinden,
und die strafrichterlichen Behörden, welche den Steuerbetrug verfolgen,
sind zur Bestrafung wegen Steuerhinterziehung nicht befugt. Insoweit
ist die Beurteilungskompetenz der zuerst entscheidenden Behörde
immer beschränkt. Nur beide Behörden zusammen können den Sachverhalt
in seiner Gesamtheit und unter allen rechtlichen Gesichtspunkten
beurteilen. Aus Art. 4 BV folgt nicht, dass eine einzige Behörde
sowohl über die Steuerhinterziehung als auch über den Steuerbetrug zu
entscheiden hat (vgl. die erwähnten Urteile in ASA 59 S. 645 und ASA 60 S.
669). Ebensowenig lässt sich aus Art. 4 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK oder
aus Art. 14 des UNO-Paktes II ableiten, dass über die beiden Tatbestände
in einem einzigen Verfahren zu befinden ist.

    In BGE 116 IV 267 f. hat der Kassationshof des Bundesgerichts
allerdings festgestellt, dass der Steuerbetrugstatbestand des Art. 130bis
BdBSt wie ein qualifizierter Tatbestand auf dem Grundtatbestand der
Hinterziehung aufbaue und beide Strafbestimmungen das gleiche Rechtsgut
schützen. Ob daraus abzuleiten ist, der Steuerbetrug konsumiere die
Steuerhinterziehung, so dass eine Bestrafung des Steuerbetrugs auch
den weniger weit gehenden kriminellen Unwert der Steuerhinterziehung
abdeckt und einer Bestrafung der Steuerhinterziehung die Bestrafung
wegen Steuerbetrugs entgegensteht (so MARTIN ZWEIFEL, Aktuelle Probleme
des Steuerstrafrechts, ZStrR 111/1993 S. 18, 20), braucht hier nicht
entschieden zu werden. Es genügt die Feststellung, dass das Verfahren wegen
Steuerbetrugs gegen den Beschwerdeführer eingestellt worden ist. Dadurch,
dass nicht eine einzige Behörde sowohl über die Steuerhinterziehung als
auch über den Steuerbetrug entschieden hat, ist der Grundsatz ne bis in
idem nicht verletzt.

    d) Zu prüfen bleibt, ob das Prinzip ne bis in idem einer Bestrafung
wegen Hinterziehung der direkten Bundessteuer deshalb entgegensteht,
weil der Beschwerdeführer bereits wegen Hinterziehung der kantonalen
Steuern bestraft worden ist, wie er geltend macht.

    Die Frage ist zu verneinen. Für die kantonalen Steuern und für die
direkte Bundessteuer ist zwar nur eine Steuererklärung auszufüllen. In
Frage stehen jedoch zwei Steuern, zu deren Erhebung verschiedene
Gemeinwesen - Bund und Kanton - befugt sind. Es handelt sich um
verschiedene Steuerhoheiten, die ihre jeweiligen Steueransprüche je
mit einem Steuerstrafrecht zu schützen haben (RICHNER, aaO, S. 605
f.). Insofern geht es um den Schutz verschiedener Rechtsgüter und besteht
zwischen den bundesrechtlichen Tatbeständen einerseits und den kantonalen
Tatbeständen anderseits echte Konkurrenz. Dass dem Bürger kein Anspruch
auf eine einmalige Besteuerung und damit auch kein Anspruch auf eine
einmalige Bestrafung zusteht, ergibt sich bereits aus der föderalistischen
Struktur des Staatswesens, wie es in Art. 3 BV verankert ist. Von einer
Doppelbestrafung aufgrund des gleichen Delikts kann aus diesem Grunde
nicht die Rede sein.

Erwägung 4

    4.- Der Beschwerdeführer macht geltend, die ihm vorgeworfene
Hinterziehung der direkten Bundessteuer 1981/82 sei heute verjährt. Nach
seiner Ansicht ist, da der Beschluss über die direkte Bundessteuer
keine Vorschrift über die Verjährung der Strafverfolgung bei der
Steuerhinterziehung enthält, die Lücke nach den allgemeinen Bestimmungen
des Schweizerischen Strafgesetzbuches zu schliessen (Art. 333 Abs. 1 StGB).

    a) Gemäss Art. 134 BdBSt erlischt das Recht, das
Hinterziehungsverfahren einzuleiten, fünf Jahre nach Ablauf der in Frage
kommenden Veranlagungsperiode. Eine Vorschrift, wonach das einmal
eingeleitete Verfahren wegen Hinterziehung der direkten Bundessteuer
innert einer bestimmten Frist abzuschliessen wäre, besteht hingegen
nicht. Befristet wird ausdrücklich nur die Einleitung des Verfahrens. Die
frühere Praxis leitete daraus in Übereinstimmung mit der Doktrin ab,
dass für das Hinterziehungsverfahren keine Frist für die absolute
Verjährung gelte (Urteil vom 8. Mai 1953, ASA 22 S. 170; I. BLUMENSTEIN,
Die allgemeine eidgenössische Wehrsteuer, Bern 1943, S. 292; KÄNZIG,
Wehrsteuerkommentar, 1. Aufl. 1962, Bemerkungen zu Art. 134 BdBSt;
s. auch das Urteil vom 3. Juli 1980, ASA 54 S. 670 E. 3b).

    Ob an dieser Rechtsprechung festgehalten werden kann, erscheint
fraglich. Das Institut der Verjährung ist im öffentlichen Recht als
allgemeiner Rechtsgrundsatz auch dann anerkannt, wenn eine ausdrückliche
Bestimmung darüber fehlt. Das gilt in erster Linie für die Verjährung
öffentlichrechtlicher Geldforderungen (BGE 112 Ia 262 E. 5; 101 Ia 21
f. E. 4a), sodann aber auch für die Verjährung von Ansprüchen ohne
vermögensrechtlichen Einschlag (BGE 117 IV 241 f.; weitere Hinweise
bei RHINOW/KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung,
Ergänzungsband, S. 96). Auch Strafansprüche des Staates müssen irgendeinmal
verjähren. Das gilt für das Verwaltungsstrafrecht und das Abgaberecht
ebenso. Das Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht
(VStrR; SR 313.0) wie auch die neuen Bundesgesetze über die direkte
Bundessteuer (DBG; SR 642.11; AS 1991 1184) und über die Harmonisierung
der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14; AS 1991
1256), beide vom 14. Dezember 1990, setzen Fristen, bei deren Ablauf
die Strafverfolgung wegen Hinterziehung der Abgabe relativ und absolut
verjährt (Art. 11 Abs. 2 VStrR; Art. 184 DBG; Art. 58 StHG). Dass das
Hinterziehungsverfahren, wenn es nach Art. 134 BdBSt einmal eingeleitet
worden ist, keiner Verjährung mehr unterliegen soll, wurde denn auch
verschiedentlich kritisiert (so bereits von BÖCKLI, aaO [vorn E. 2b],
S. 138; ferner KÄNZIG/BEHNISCH, aaO, N. 6 zu Art. 134 BdBSt; RICHNER,
aaO, S. 606/607).

    Die Frage, ob der Beschluss über die direkte Bundessteuer in
dieser Hinsicht eine Lücke aufweist, wie vereinzelt angenommen wird
(KÄNZIG/BEHNISCH, aaO, mit Berufung auf MARKUS BINDER, Die Verjährung
im schweizerischen Steuerrecht, Diss. Zürich 1985, S. 18 ff./36 ff.) und
wie auch der Beschwerdeführer geltend macht, kann indessen offenbleiben,
wie sich aus den folgenden Erwägungen ergibt.

    b) Falls der Beschluss über die direkte Bundessteuer eine Lücke
enthält, weil der Gesetzgeber es unterlassen hat, die Frage der Verjährung
bei der Strafverfolgung wegen Hinterziehung explizit zu regeln, so
wäre die Lücke vom Richter in der Art des Gesetzgebers nach allgemeinen
Rechtsprinzipien zu füllen. Dabei ist in erster Linie auf die Ordnung,
die andere Erlasse für verwandte Fälle aufgestellt haben, zurückzugreifen
(BGE 112 Ia 263 E. 5, mit Hinweisen).

    Die Verjährungsvorschriften des Schweizerischen Strafgesetzbuches sind
indes - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - auf die Verfolgung
der Steuerhinterziehung nach Art. 129 BdBSt nicht anwendbar. Bei
der Steuerhinterziehung handelt es sich um eine Übertretung im
Sinne des Strafgesetzbuches (Art. 101 StGB). Gemäss Art. 109 StGB
verjährt die Verfolgung einer solchen in einem Jahr. Die Frist kann
durch Untersuchungshandlungen zwar unterbrochen werden, doch beträgt die
absolute Verjährungsfrist in diesem Falle höchstens zwei Jahre (Art. 72
Ziff. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 102 StGB). Demgegenüber befristet
Art. 134 BdBSt die Einleitung des Hinterziehungsverfahrens auf fünf
Jahre. Art. 134 BdBSt ist deshalb als spezielle Vorschrift zu betrachten,
welche es nicht erlaubt, die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches
über die Verjährung für das Hinterziehungsverfahren heranzuziehen (Art. 333
Abs. 1 StGB).

    Das gleiche muss auch für die Regelung im Verwaltungsstrafrecht des
Bundes gelten. Die Frist von fünf Jahren für die relative Verjährung der
Strafverfolgung bei Hinterziehung von Abgaben (Art. 11 Abs. 2 VStrR) ist
nicht länger als die Einleitungsfrist des Art. 134 BdBSt, was als Hinweis
gelten muss, dass die Verjährungsbestimmung des Verwaltungsstrafrechts auf
das Recht der direkten Bundessteuer nicht hilfsweise (analog) angewendet
werden kann (im gleichen Sinn KÄNZIG/BEHNISCH, aaO, N. 6 zu Art. 134).

    c) In Betracht fällt sodann die Regelung im neuen Bundesgesetz
über die direkte Bundessteuer. Danach verjährt die Strafverfolgung
für die vollendete Steuerhinterziehung zehn Jahre nach Ablauf der
Steuerperiode, für die der Steuerpflichtige nicht oder unvollständig
veranlagt wurde (Art. 184 Abs. 1 lit. b DBG). Die Verjährung wird
durch jede Strafverfolgungshandlung unterbrochen, doch kann sie nicht
um mehr als die Hälfte ihrer ursprünglichen Dauer hinausgeschoben werden
(Art. 184 Abs. 2 DBG). Eine Steuerhinterziehung verjährt somit nach dem
Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer in 15 Jahren nach Ablauf der
betreffenden Steuerperiode.

    Diese Ordnung stimmt mit derjenigen im Bundesgesetz über die
Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (Art. 58
Abs. 2 und 3 StHG) überein und entspricht von den in Betracht fallenden
Lösungen der Konzeption der direkten Bundessteuer auch am besten. Es
ist anzunehmen, dass sich der Gesetzgeber für eine ähnliche Lösung
ausgesprochen hätte, wenn er die Strafverfolgungsverjährung im geltenden
Bundesratsbeschluss hätte regeln wollen. Sofern der Erlass diesbezüglich
eine Lücke enthält, wäre deshalb auf die Lösung abzustellen, die der
Gesetzgeber im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer vorgesehen hat
(ebenso KÄNZIG/BEHNISCH, aaO, N. 9 zu Art. 134 BdBSt).

    d) Die hier in Frage stehende Steuerhinterziehung betrifft die
Veranlagungs- und Steuerperiode 1981/82. Das Nach- und Strafsteuerverfahren
wurde von der Abteilung Direkte Bundessteuer des Kantonalen Steueramtes am
11. Dezember 1987 - innerhalb der Frist des Art. 134 BdBSt - eingeleitet
und die Verjährungsfrist seither wiederholt unterbrochen. Die absolute
Verjährung von 15 Jahren würde Ende 1997 eintreten. Die Rüge, wonach die
Steuerhinterziehung heute als verjährt zu betrachten sei, erweist sich
daher als unbegründet.

Erwägung 5

    5.- Der Beschwerdeführer macht unter Berufung auf Art. 6 Ziff. 1
EMRK auch geltend, das gegen ihn geführte Strafverfahren habe zu
lange gedauert. Die Hinterziehung betrifft die Veranlagungsperiode
der Jahre 1981/82. Dass Strafuntersuchungen und Strafverfahren
ohne unnötige Verzögerungen zu Ende geführt werden, gehört zu den
Rechten des Beschuldigten; das in diesem Zusammenhang zu beachtende
Beschleunigungsgebot ist vom Bundesgericht bereits aus Art. 4 BV abgeleitet
worden (BGE 113 Ia 420). In gleicher Weise garantiert Art. 6 Ziff. 1 EMRK,
dass über die Sache innert einer angemessenen Frist entschieden werden
muss. Auch wenn die Hinterziehung nicht verjährt ist, ist der Einwand, das
Verfahren habe zu lange gedauert, doch zu prüfen. Denn die Vorschriften
über die Verjährung, die ausschliesslich auf eine bestimmte Dauer seit
der Tat abstellen, sind auf das Beschleunigungsgebot, wie es sich aus Art.
6 Ziff. 1 EMRK ergibt, nicht zugeschnitten (BGE 117 IV 127).

    a) Die Frist, deren Angemessenheit zu beachten ist, beginnt bei
Strafverfahren im Zeitpunkt der "Anklage". Der Europäische Gerichtshof
für Menschenrechte stellt hierfür auf die offizielle amtliche Mitteilung
der zuständigen Behörde an den Beschuldigten, dass ihm vorgeworfen werde,
eine Straftat begangen zu haben, ab. In der Regel ist das die Mitteilung,
dass ein Ermittlungsverfahren, eine Voruntersuchung, eingeleitet werde
(Urteil Eckle vom 15. Juli 1982, Série A, Vol. 51, Ziff. 73 = EuGRZ
1983 S. 379; Urteil Corigliano vom 10. Dezember 1982, Série A, Vol. 57,
Ziff. 34/35; vgl. MIEHSLER/VOGLER, in: Internationaler Kommentar zur
Europäischen Menschenrechtskonvention, N. 313 zu Art. 6 EMRK; VELU/ERGEC,
La Convention européenne des droits de l'homme, Bruxelles 1990, S. 440
N. 517). Diese Grundsätze sind auf Steuerstrafverfahren entsprechend
anwendbar. So betrachtete die Europäische Menschenrechtskommission im
Falle Huber die sich auf die steuerrechtlichen Verpflichtungen des
Beschwerdeführers erstreckenden Ermittlungen der Steuerbehörden, in
deren Verlauf sich erst der Verdacht einer Straftat ergab, nicht als
fristauslösend (Bericht vom 8. Februar 1973, Décisions et rapports [DR]
2, 40 Ziff. 71/72). Hingegen nahm sie in einem andern Fall, in dem die
Steuerbehörden von Anfang an Ermittlungen wegen des Verdachts möglicher
Straftaten geführt und den Steuerpflichtigen darauf hingewiesen hatten,
den Fristbeginn mit den ersten Ermittlungshandlungen der Steuerbehörden an
(unveröffentlichter Entscheid, zitiert nach MIEHSLER/VOGLER, aaO, N. 313
zu Art. 6 EMRK).

    Massgebender Zeitpunkt ist somit auch in Steuerstrafverfahren die
Aufnahme der ersten eigentlichen, auf die Steuerstraftat gerichteten
Ermittlungen der Steuerbehörden oder die Mitteilung, dass ein
entsprechendes Ermittlungsverfahren eingeleitet werde. Das ist hier nicht
bereits die Prüfung der Geschäftsunterlagen der Kommanditgesellschaft im
Rahmen der allgemeinen steueramtlichen Revision vom 14./15. Januar 1986,
weil sich dort der Verdacht einer Steuerstraftat erst ergab. Massgeblich
ist vielmehr die Mitteilung der Steuerbehörde an den Beschwerdeführer,
dass gegen ihn ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet
werde, weil der Beschwerdeführer sich in jenem Zeitpunkt mit dem Vorwurf
konfrontiert sah, eine Steuerhinterziehung begangen zu haben. Fragen
kann sich nur, ob auf die Verfügung der Abteilung Direkte Bundessteuer
des Kantonalen Steueramtes Zürich vom 11. Dezember 1987, mit der das
Hinterziehungsverfahren für die direkte Bundessteuer eingeleitet wurde,
oder bereits auf die Mitteilung des Kantonalen Steueramtes an den
Beschwerdeführer vom 7. März 1986, dass das Hinterziehungsverfahren
betreffend die kantonalen Steuern eröffnet werde, abzustellen ist.

    Die Frage, welcher Zeitpunkt in Betracht kommt, kann indessen
offenbleiben. An der Beurteilung ändert nichts, auch wenn angenommen
wird, die massgebende Verfahrenseinleitung falle mit der zeitlich ersten
Verfügung vom 7. März 1986 betreffend die kantonalen Steuern zusammen.

    b) Die Angemessenheit der Verfahrensdauer ist in jedem Fall nach den
besonderen Umständen der Sache unter Berücksichtigung der Kriterien
zu beurteilen, die sich aus der Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte ergeben. Bestimmte Zeitgrenzen, die,
wenn sie überschritten sind, ohne weiteres eine Verletzung von Art. 6
EMRK bewirken, sind vom Gerichtshof nicht festgelegt worden, obschon eine
besonders lange Frist ein Anhaltspunkt für eine verzögerliche Behandlung
durch die Behörden bilden kann. Unter diesem Gesichtspunkt sind der
Umfang und die Schwierigkeit des Falles zu gewichten. Sodann ist in
Betracht zu ziehen, ob die Behörden und Gerichte oder der Beschwerdeführer
durch ihr Verhalten zur Verfahrensverzögerung beigetragen haben (BGE 119
Ia Nr. 26 E. 4b, mit Hinweisen zur Strassburger Rechtsprechung; ferner
Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte i.S. H. vom 8.
Juli 1987, Série A, Vol. 120, Ziff. 71 ff.; Guincho vom 10. Juli 1984,
Série A, Vol. 81, Ziff. 31 ff. = EuGRZ 1985 S. 639 ff.; Zimmermann und
Steiner vom 13. Juli 1983, Série A, Vol. 66, Ziff. 24 ff.). Als weiteres
Kriterium ist die Bedeutung der Angelegenheit für den Betroffenen zu werten
(Urteil des Gerichtshofes i.S. X. vom 31. März 1992, Série A, Vol. 234-C,
Ziff. 46 f., und Bock vom 29. März 1989, Série A, Vol. 150, Ziff. 48).

    Strafsteuerverfahren sind - wie Wirtschaftsstrafverfahren (Urteil des
Gerichtshofes i.S. W. vom 26. Januar 1993, Série A, Vol. 254, Ziff. 41 f.
ferner Urteil Eckle, aaO, Ziff. 37, 89; VELU/ERGEC, aaO, S. 444 N. 523) -
vielfach kompliziert und aufwendig. Das Recht des Beschuldigten, dass der
Fall mit der erforderlichen Sorgfalt umfassend abgeklärt wird, und sein
Anspruch, dass das Hinterziehungsverfahren zügig vorangetrieben wird,
stehen deshalb in einem gewissen Widerspruch. Das kann jedoch, wie die
Strassburger Organe wiederholt erkannt haben, nicht zur Folge haben,
dass deswegen der Fall nicht mit der erforderlichen Sorgfalt untersucht
und beurteilt wird (Urteile des Gerichtshofes i.S. W., aaO, Ziff. 42,
und i.S. Wemhoff vom 27. Juni 1968, Série A, Vol. 7, S. 26, Ziff. 17).

    Im Recht der direkten Bundessteuer sind zudem die Zwangsmassnahmen der
Steuerbehörden (unter Vorbehalt der Fälle gemäss Art. 133bis Abs. 3 und
Art. 139 Abs. 2 BdBSt, wo das Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht
zur Anwendung gelangt) beschränkt. Sie greifen schon aus diesem Grund
nicht wesentlich in die Rechtsstellung des Steuerpflichtigen ein.
Was Art und Schwere der in Frage stehenden Sanktionen anbelangt,
so kann das Steuerhinterziehungsverfahren ebenfalls nicht mit einem
eigentlichen Strafverfahren in Beziehung gesetzt werden. Es geht um
reine Geldstrafen, die zwar in der Höhe beträchtlich sein können, die
sich aber hinsichtlich ihrer Auswirkungen von vornherein nicht mit einer
Freiheitsstrafe vergleichen lassen. Für den Steuerpflichtigen geht es
im wesentlichen darum zu wissen, ob er nach Abschluss des Verfahrens eine
bestimmte Geldsumme zu bezahlen hat.

    Die Frage, welches die angemessene Verfahrensdauer ist, muss daher
insbesondere auch unter Berücksichtigung der Anzahl Fälle, die von den
Steuerbehörden zu bearbeiten sind, sowie der Schwierigkeiten, welchen
die Steuerbehörden in solchen Fällen begegnen, gesehen werden. Unter
diesen Gesichtspunkten ist im vorliegenden Verfahren die Angemessenheit
der Verfahrensdauer zu prüfen.

    c) Am 7. März 1986 wurde das Verfahren wegen Hinterziehung
der kantonalen Steuern eingeleitet. Rund 21 Monate später, am
11. Dezember 1987, eröffnete auch die Abteilung Direkte Bundessteuer
des Kantonalen Steueramtes das Hinterziehungsverfahren für die direkte
Bundessteuer. Weitere sieben Monate vergingen, bis die Abteilung
Direkte Bundessteuer am 6. Juli 1988 die Nach- und Strafsteuerverfügung
erliess. Im Zeitpunkt der Nach- und Strafsteuerverfügung der Abteilung
Direkte Bundessteuer dauerte das Verfahren somit rund 28 Monate
(sofern die Angemessenheit der Verfahrensdauer bereits ab Einleitung des
Hinterziehungsverfahrens für die kantonalen Steuern zu beurteilen ist, vgl.
vorn E. 5a). Diese Verfahrensdauer bis zur erstinstanzlichen Verfügung in
einem einfachen Hinterziehungsverfahren, wie es hier vorliegt, erscheint
als reichlich lang, auch wenn das Kantonale Steueramt am 16. September 1986
noch eine Befragung des Beschwerdeführers durchgeführt und die Abteilung
Direkte Bundessteuer dem Anwalt des Beschwerdeführers die Nachsteuer- und
Bussenverfügung vorerst provisorisch zur Stellungnahme zugestellt hat. In
materieller Hinsicht wirft der vorliegende Fall keine besonderen Probleme
auf. Der Beschwerdeführer hat, was unbestritten ist, Privataufwendungen
der Gesellschaft (Mietzinse) nicht als Einkommen deklariert. Der objektive
Tatbestand der Steuerhinterziehung ist klarerweise erfüllt, was damals
schon ersichtlich war. Keine Probleme warf auch die Berechnung der sich
aus dieser Nichtdeklaration ergebenden Nachsteuer auf. Fragen konnte sich
nur, ob der Beschwerdeführer vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat.
Mit besonderen Schwierigkeiten lässt sich die lange Dauer des Verfahrens
vor der Abteilung Direkte Bundessteuer somit nicht erklären.

    Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass der
Beschwerdeführer seinerseits keine besonderen Anstrengungen unternahm,
damit das Verfahren beförderlich zu Ende geführt werden konnte. Im
Gegenteil stellte er noch am 9. Mai 1988 - kurz vor Erlass der Nach-
und Strafsteuerverfügung - ein Gesuch um Sistierung des Verfahrens, wie
sich aus dem angefochtenen Entscheid ergibt. Für den Beschwerdeführer stand
lediglich eine Geldstrafe, die angesichts des hinterzogenen Steuerbetrages
(Fr. 5'800.--) nicht an seine berufliche oder wirtschaftliche Existenz
rührt, in Aussicht. Unter diesen besonderen Umständen erscheint die Dauer
des erstinstanzlichen Verfahrens noch als erträglich.

    d) Was das Verfahren vor der Vorinstanz (Bundessteuer-Rekurskommission)
betrifft, so dauerte es vom Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung bis zum Erlass
des Urteils zwar auch 3 Jahre und 7 Monate (4. August 1988 bis 11. März
1992). Es blieb aber vom 2. November 1988 bis 5. Oktober 1990 und wiederum
vom 22. Oktober 1990 bis 24. Oktober 1991 sistiert. Aus den Akten ist
ersichtlich, dass der Anwalt des Beschwerdeführers darum ersuchte, das
Verfahren bis zum Entscheid des Bundesgerichts über die staatsrechtliche
Beschwerde betreffend die kantonalen Steuern auszusetzen. Nachdem das
Bundesgericht die Beschwerde gutgeheissen hatte, teilte der Anwalt den
Behörden mit, dass das Verwaltungsgericht über die Hinterziehung der
kantonalen Steuern neu entscheiden müsse; unter diesen Umständen dürfe
er davon ausgehen, dass das Hinterziehungsverfahren (betreffend die
direkte Bundessteuer) "einstweilen sistiert bleibt". Diesen Anträgen
wurde entsprochen. Damit hat hauptsächlich der Beschwerdeführer
durch sein Verhalten die lange Dauer des Verfahrens vor der
Bundessteuer-Rekurskommission verursacht. Eine überlange Verfahrensdauer
kann der Vorinstanz nicht vorgeworfen werden. Art. 6 Ziff. 1 EMRK ist -
ebenso wie Art. 4 BV - nicht verletzt.

Erwägung 6

    6.- Der Beschwerdeführer beanstandet auch, dass im Verfahren vor
der Bundessteuer-Rekurskommission keine öffentliche Hauptverhandlung
stattgefunden habe.

    a) Art. 6 Ziff. 1 EMRK enthält den Grundsatz der Öffentlichkeit des
Verfahrens. Zum Öffentlichkeitsprinzip hat die Schweiz zwar einen Vorbehalt
abgegeben, soweit ein solches Verfahren nach den kantonalen Gesetzen vor
einer Verwaltungsbehörde stattfindet (AS 1974 2173). Der Vorbehalt geht
davon aus, dass er auch dann zur Anwendung gelange, wenn als Gerichte
konstituierte Verwaltungsbehörden über zivilrechtliche Ansprüche oder
über die Stichhaltigkeit einer Anklage befinden (vgl. dazu WILDHABER,
in: Internationaler Kommentar zur Europäischen Menschenrechtskonvention,
N. 605, 609 f., 631 f. zu Art. 6 EMRK; ferner BGE 115 V 253 E. 4b). Im
Urteil Weber (aaO [vorn E. 2d], Ziff. 38) erklärte jedoch der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte den Vorbehalt für ungültig, weil die
Schweiz keine "kurze Inhaltsangabe des betreffenden Gesetzes" beigefügt
habe. Ob der Mangel geheilt werden kann, ist umstritten (KÄLIN/SIDLER,
Verschuldensgrundsatz und Öffentlichkeitsprinzip: Die Strafsteuer im
Lichte von Verfassung und EMRK, ASA 60 S. 176, mit Hinweisen; s. auch
BGE 118 Ia 480 E. 6 und 7 zur Ungültigkeit der "auslegenden Erklärung"
der Schweiz zum Recht auf Zugang zu den Gerichten, AS 1974 2173). Hier
genügt indessen die Feststellung, dass im Zeitpunkt des Entscheids der
Steuerrekurskommission kein gültiger Vorbehalt der Schweiz vorlag.

    b) Nach der Rechtsprechung gewährleistet das Prinzip der Öffentlichkeit
der Verhandlung dem Angeschuldigten und allen übrigen am Prozess
Beteiligten eine korrekte und gesetzmässige Behandlung. Die Verhandlungen
sind in einem doppelten Sinn öffentlich: Gegenüber der Allgemeinheit,
die, von gewissen Ausnahmen abgesehen (zum Ausschluss der Öffentlichkeit,
vgl. BGE 119 Ia 104 E. 4a), den Prozess unmittelbar verfolgen kann,
und gegenüber den Parteien, die an allen Prozesshandlungen des Gerichtes
teilnehmen können. Damit ist auch im Gerichtswesen für Transparenz gesorgt,
was zu den Grundlagen eines demokratischen Staates gehört. Der Grundsatz
der Öffentlichkeit in Art. 6 Ziff. 1 EMRK erscheint somit nicht nur als
Grundrecht des Einzelnen, sondern ebensosehr als Voraussetzung für das
Vertrauen in das Funktionieren der Justiz (BGE 119 Ia 104 E. 4a; vgl. aus
der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte,
Urteil vom 8. Dezember 1983 im Fall Axen, Série A, Vol. 72, Ziff. 25 =
EuGRZ 1985 S. 228, sowie das die Schweiz betreffende Urteil vom 22. Februar
1984 im Fall Sutter, Série A, Vol. 74, Ziff. 26 = EuGRZ 1985 S. 231 f.;
s. auch ARTHUR HAEFLIGER, Die Europäische Menschenrechtskonvention und
die Schweiz, S. 153).

    Ein aus Art. 6 EMRK fliessender Anspruch des Rechtsunterworfenen auf
Ausschluss der Öffentlichkeit besteht daher grundsätzlich nicht. Ein
solcher Anspruch kann sich allenfalls aus Art. 8 EMRK (Schutz des
Privat- und Familienlebens; vgl. FROWEIN/PEUKERT, EMRK-Kommentar, N. 87
zu Art. 6; MIEHSLER/VOGLER, aaO, N. 338 zu Art. 6 EMRK; HAEFLIGER, aaO,
S. 155 f.; VELU/ERGEC, aaO, S. 437 N. 511; Entscheid der Europäischen
Menschenrechtskommission vom 4. Juli 1978, DR 14, 231 ff.) oder aus
dem ungeschriebenen verfassungsmässigen Recht auf persönliche Freiheit
(BGE 119 Ia 105 E. 4b) ergeben. Das bedeutet jedoch nicht, dass eine
Person auf die Öffentlichkeit der Verhandlung nicht verzichten kann. Der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ging nie so weit und auch der
Wortlaut oder Sinn und Zweck des Art. 6 Ziff. 1 EMRK schliessen einen
solchen freiwilligen, ausdrücklichen oder stillschweigenden Verzicht
nicht aus (Urteil Håkansson und Sturesson vom 21. Februar 1990, Série A,
Vol. 171-A, Ziff. 66 = EuGRZ 1992 S. 10). Nach der Rechtsprechung des
Gerichtshofes muss auch eine öffentliche Anhörung nicht stattfinden,
wenn der Angeschuldigte darauf verzichtet und der Vertragsstaat auf
einer solchen nicht besteht (Fall Le Compte, Van Leuven und De Meyere,
Urteil vom 23. Juni 1981, Série A, Vol. 43, Ziff. 59 = EuGRZ 1981 S. 554;
Fall Albert und Le Compte, Urteil vom 10. Februar 1983, Série A, Nr. 58,
Ziff. 35 = EuGRZ 1983 S. 194; vgl. auch Urteil Weber, aaO, Ziff. 39).

    c) Die Vorinstanz hat aufgrund der Akten entschieden, also keine
öffentliche Hauptverhandlung durchgeführt. Sie konnte sich hierzu auf §
93 Abs. 2 des Steuergesetzes des Kantons Zürich vom 8. Juli 1951 (Fassung
vom 6. Juni 1982) stützen, wonach "ein weiterer Schriftenwechsel oder
eine mündliche Verhandlung" nur "ausnahmsweise" angeordnet wird. Diese
Bestimmung findet auf das Verfahren vor der Bundessteuer-Rekurskommission
entsprechend Anwendung (gemäss § 8 der Verordnung vom 18. August 1982
über die Durchführung der direkten Bundessteuer, Zürcher Gesetzessammlung
634.1).

    § 93 Abs. 2 des Zürcher Steuergesetzes ist keine
Ausnahmebestimmung. Das Verfahren vor den kantonalen Rekurskommissionen
in Steuersachen ist in den meisten Fällen - auch in den anderen Kantonen -
schriftlich. Soweit ausnahmsweise eine mündliche Verhandlung stattfindet,
ist sie nach der Praxis der kantonalen Rekurskommissionen zudem nur
parteiöffentlich und nicht publikumsöffentlich. Der Ausschluss der
Publikumsöffentlichkeit in Steuersachen ergibt sich nach schweizerischer
Auffassung aus dem Schutz der Privatsphäre und dem daraus fliessenden
Steuergeheimnis, wie es auch in Art. 71 BdBSt gesetzlich verankert
ist. Ein nur parteiöffentliches Verfahren ist deshalb angezeigt,
weil im Steuerprozess, und damit auch im Hinterziehungsverfahren, die
wirtschaftlichen und geschäftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen
behandelt werden, die in seinem Interesse geheim zu halten sind
(vgl. BLUMENSTEIN/LOCHER, aaO [vorn E. 2b], S. 384; PETER ALTENBURGER,
Schutz geheimhaltungsbedürftiger Informationen in Steuersachen:
Landesbericht Schweiz, in: Cahiers de droit fiscal international, Band
76b/1991 S. 610; KÄNZIG/BEHNISCH, aaO, N. 29 zu Art. 132 BdBSt).

    Der Verzicht des Steuerpflichtigen auf eine publikumsöffentliche
Verhandlung ist im Recht der direkten Bundessteuer demnach zulässig
und muss aufgrund des gesetzlich verankerten Steuergeheimnisses von den
Behörden respektiert werden. Die Vertraulichkeit des Verfahrens ergibt
sich zudem aus Gesetz und Praxis. Der Verzicht auf ein öffentliches
Verfahren ist bei Steuerübertretungen daher häufig zu vermuten. Das gilt
besonders dann, wenn die Partei durch einen Anwalt vertreten ist und
keinen Antrag auf Öffentlichkeit des Verfahrens gestellt hat.

    d) Diese Auffassung steht mit der Konvention und der Rechtsprechung
des Gerichtshofes nicht im Widerspruch.

    Ein aus Art. 6 EMRK abzuleitender Anspruch des Rechtsunterworfenen
auf Ausschluss der Öffentlichkeit besteht zwar nicht. Wenn sich jedoch
ein Verfahren im Einverständnis mit dem Betroffenen im geheimen abspielt
und der Vertragsstaat auf einer öffentlichen Verhandlung nicht besteht,
so verletzt das nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes die Konvention
nicht, wie bereits dargelegt worden ist (Urteil Le Compte, Van Leuven und
De Meyere, aaO, Ziff. 59, und Albert und Le Compte, aaO, Ziff. 35). Ein
solcher Verzicht kann zudem ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen
(Urteil Håkansson und Sturesson, aaO, Ziff. 66; ferner Urteil des
Gerichtshofes i.S. Schuler-Zgraggen vom 24. Juni 1993, Série A,
Vol. 263, Ziff. 58). Er ist nach einigen vom Gerichtshof behandelten
Fällen zudem häufig zu vermuten, wenn sich die Vertraulichkeit des
Verfahrens aus dem Gesetz oder der Praxis des Vertragsstaates ergibt
und der Rechtsunterworfene in Kenntnis dieser Regelung keine öffentliche
Anhörung verlangt (Urteil Håkansson und Sturesson, aaO, Ziff. 67 und dort
zitierte Urteile). Diese Vertraulichkeit des Verfahrens folgt hier aus
dem in Art. 71 BdBSt gesetzlich niedergelegten Steuergeheimnis und der
entsprechenden Praxis.

    e) Allerdings muss sich der Verzicht des Steuerpflichtigen
aus den gesamten Umständen klar ergeben (Europäischer Gerichtshof
für Menschenrechte, Urteil Albert und Le Compte, aaO, Ziff. 35 und
Håkansson und Sturesson, aaO, Ziff. 66). Im vorliegenden Fall wies
der Anwalt in der Beschwerdeeingabe an die Vorinstanz wohl auf die
Rechte des Beschwerdeführers gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK hin und
rügte, dass der Beschwerdeführer durch die Steuerverwaltung nicht
persönlich angehört worden sei. Einen ausdrücklichen Antrag, wonach
das Verfahren publikumsöffentlich durchzuführen sei, stellte der Anwalt
freilich nicht. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass der
Beschwerdeführer ein vertrauliches Verfahren wünschte. Die Konvention
ist daher nicht verletzt, wenn sich das Verfahren im geheimen abspielte.

Erwägung 7

    7.- Der Beschwerdeführer rügt schliesslich, dass er im ganzen Verfahren
nie persönlich angehört worden sei.

    a) Die Vorinstanz hat mit dem Beschwerdeführer keine persönliche
Befragung durchgeführt. Der Öffentlichkeitsgrundsatz, wie er aus
Art. 6 EMRK fliesst, besagt zwar nicht, welche Prozesshandlungen an
der Hauptverhandlung vorgenommen werden müssen und in welcher Form
dies zu geschehen habe. Er enthält insbesondere keine Aussagen darüber,
welche Beweismittel abgenommen werden müssen. Dies betrifft vielmehr die
Prinzipien der Unmittelbarkeit und der Mündlichkeit, die zwar mit dem
Grundsatz der Öffentlichkeit in einem gewissen Zusammenhang stehen, dabei
aber Prinzipien mit durchaus je eigenständigem Gehalt darstellen (BGE 113
Ia 417 f. mit Hinweisen). Was das persönliche Erscheinen des Angeklagten
betrifft, so garantiert Art. 6 EMRK - im Gegensatz zu Art. 14 Abs. 3 lit. d
UNO-Pakt II - nicht ausdrücklich seinen Anspruch, bei der Verhandlung
persönlich anwesend zu sein. Das Recht des Angeklagten auf persönliche
Teilnahme an der Hauptverhandlung ist indessen anerkannt (VELU/ERGEC, aaO,
S. 422 N. 483; FROWEIN/ PEUKERT, aaO, N. 66 zu Art. 6; MIEHSLER/VOGLER,
aaO, N. 362 zu Art. 6 EMRK; aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes,
Urteil Colozza vom 12. Februar 1985, Série A, Vol. 89, Ziff. 27 = EuGRZ
1985 S. 634). In gleicher Weise garantiert Art. 4 BV dem Angeklagten einen
unbedingten Anspruch, vor Erlass eines Entscheides, der ihn belastet oder
belasten könnte, angehört zu werden, bei der Beweisabnahme anwesend zu
sein und Beweisanträge stellen zu können (BGE 109 Ia 177 f.).

    Ob und unter welchen Umständen der Steuerpflichtige auf eine
persönliche Anhörung verzichten kann (vgl. das Urteil Colozza, aaO,
Ziff. 28), braucht im übrigen nicht entschieden zu werden. In seiner
Beschwerde an die Vorinstanz hat der Beschwerdeführer ausdrücklich gerügt,
dass er im gesamten Verfahren noch nie angehört worden sei. Bei dieser
Sachlage darf nicht angenommen werden, er habe durch die Vorinstanz nicht
persönlich (mündlich) angehört werden wollen.

    b) Im vorliegenden Fall ist umstritten, ob der Beschwerdeführer die
Steuerhinterziehung im Sinne von Art. 129 Abs. 1 BdBSt vorsätzlich oder
fahrlässig begangen hat. Vorsatz liegt vor, wenn der Steuerpflichtige
die in Art. 129 Abs. 1 lit. b BdBSt bezeichneten unrichtigen Angaben
mit Wissen und Willen macht. Die Abklärung dieser im subjektiven Bereich
liegenden Tatsachen erfordert eine sorgfältige Abklärung der Verhältnisse
im Einzelfall (Urteil vom 31. Mai 1985, ASA 55 S. 567).

    Die Vorinstanz führt aus, dass der Beschwerdeführer von den
Mietzinsaufwendungen der Gesellschaft gewusst habe. Diese Feststellung
lässt sich ernsthaft nicht bestreiten. Weiter macht sie geltend,
der Beschwerdeführer habe sich bewusst sein müssen, dass er diese
Privataufwendungen in seiner Steuererklärung als Einkommen hätte
angeben müssen. Unter diesen Umständen sei die Annahme begründet,
dass der Beschwerdeführer mit Willen gehandelt, d.h. eine Täuschung
der Steuerbehörden beabsichtigt, eine zu niedrige Veranlagung bezweckt
habe. Der Vorsatz sei damit bewiesen.

    Weshalb der Beschwerdeführer es unterliess, die Privataufwendungen
der Gesellschaft in seiner Steuererklärung als Einkommen zu deklarieren
- ob wissentlich oder aus Unvorsichtigkeit (Fahrlässigkeit) -, hat die
Vorinstanz indessen nicht untersucht. Ohne eine persönliche Befragung
des Beschwerdeführers - allein aufgrund der Akten - lässt sich diese
Frage nicht beantworten. Auch unter diesem Gesichtswinkel drängte sich
eine persönliche Befragung des Beschwerdeführers auf. Das Verfahren vor
der Vorinstanz, die den Beschwerdeführer nicht persönlich angehört hat,
verletzt daher Art. 6 EMRK und Art. 4 BV.

    c) Dass die Abteilung Direkte Bundessteuer, die erstinstanzlich
Steuerbussen auszufällen hat (Art. 132 BdBSt), den Beschwerdeführer
nicht persönlich angehört und kein öffentliches Verfahren durchgeführt
hat, verletzt im übrigen Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht. Denn ihr Entscheid
kann gemäss Art. 132 Abs. 3 BdBSt mit Beschwerde bei der kantonalen
Rekurskommission angefochten werden. Es handelt sich um ein vollkommenes
Rechtsmittel, mit dem alle Mängel der erstinstanzlichen Verfügung sowohl in
rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht gerügt werden können. Art. 6
EMRK gewährt kein Recht auf einen Instanzenzug oder - wo ein solcher
besteht - auf Gerichtsbarkeit in allen Instanzen (MIEHSLER/VOGLER,
aaO, N. 272 zu Art. 6 EMRK; Urteil des Gerichtshofes i.S. Kremzow vom
21. September 1993, Série A, Vol. 268-B, Ziff. 58). Insofern unterscheidet
sich das Hinterziehungsverfahren vor der Abteilung Direkte Bundessteuer
nicht wesentlich von einem Strafmandatsverfahren (vgl. hierzu BGE 114
Ia 150; 112 Ia 302 f. E. 5d).

    Das Bundesgericht besitzt demgegenüber nur beschränkte
Überprüfungsbefugnis, was die Feststellung des Sachverhalts betrifft
(Art. 105 Abs. 2 OG). Als einzige Rechtsmittelinstanz verfügt demnach die
kantonale Rekurskommission über eine umfassende Kognition. Das Verfahren
vor der Rekurskommission muss folglich den Garantien von Art. 6 Ziff. 1
EMRK genügen.

    d) Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass der angefochtene
Entscheid aufzuheben und die Sache zur Durchführung einer Befragung
des Beschwerdeführers und zu neuem Entscheid an die Vorinstanz
zurückzuweisen ist. Nachdem der Beschwerdeführer ausdrücklich den Antrag
auf Öffentlichkeit des Verfahrens gestellt hat, muss diese Befragung
öffentlich durchgeführt werden.