Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 119 IB 1



119 Ib 1

1. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 5. Februar 1993 i.S. R. und S. gegen Regierungsrat des Kantons
Basel-Landschaft (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 9 Abs. 1 lit. d und Abs. 3 lit. b, Art. 10 Abs. 1 lit. d
und Abs. 2 sowie Art. 11 Abs. 3 ANAG und Art. 16 Abs. 3 ANAV;
Heimschaffung/Ausweisung wegen Bedürftigkeit.

    1. Begriff und Voraussetzungen einer Heimschaffung. Die Heimschaffung
muss jedenfalls dann die gleichen Voraussetzungen wie eine Ausweisung
erfüllen, d.h. namentlich unter denselben Gesichtspunkten verhältnismässig
sein, wenn sie ohne Zustimmung des Heimatstaates erfolgt; eine Besonderheit
gilt nur im Blick auf die mit einer Ausweisung verbundene und bei der
Heimschaffung fehlende Fernhaltewirkung (E. 2).

    2. Voraussetzung des erheblichen und fortgesetzten Bezugs von
Unterstützungsleistungen (E. 3).

    3. Bedeutung einer Anwesenheitsdauer von über 20 Jahren in der Schweiz
(E. 4).

    4. Berücksichtigung der persönlichen und familiären Verhältnisse
(E. 5).

    5. Verhältnismässigkeitsprüfung im Rahmen einer Gesamtbeurteilung
(E. 6).

Sachverhalt

    A.- Der türkische Staatsangehörige R., geboren 1931 in der
Türkei, reiste 1967 in die Schweiz ein und lebt seither im Kanton
Basel-Landschaft. 1969 zogen seine Ehefrau S., geboren 1930, und
1970 seine vier Töchter (geboren 1956, 1957, 1962 und 1963) in
die Schweiz nach. 1971 kam der Sohn H. zur Welt. Bis 1980 arbeitete
R. an verschiedenen Stellen. 1977 erhielten die Ehegatten R. und S. die
Niederlassungsbewilligung; die Kinder verfügen heute alle über selbständige
Anwesenheitsbewilligungen.

    1980 erlitt R. einen Verkehrsunfall und verletzte sich dabei an
den Beinen, was mehrere Operationen und bleibende Beschwerden mit sich
brachte. Während längerer Zeit war er arbeitsunfähig; 1982 verlor
er schliesslich die Stelle. Bis 1984 bezog er abwechslungsweise
SUVA-Taggelder und Arbeitslosen-Taggelder oder -entschädigungen. Von
Dezember 1984 bis September 1985 arbeitete er wieder. Anschliessend bezog
er erneut Arbeitslosenentschädigungen. Ab 1985 wurden er und seine Familie
von der Fürsorgebehörde der Gemeinde X. unterstützt.

    Auf schriftlichen Antrag der Fürsorgebehörde X. vom 16. Februar
1988 drohte die Justiz-, Polizei- und Militärdirektion Basel-Landschaft
R. am 26. Februar 1989 die Ausweisung aus der Schweiz (Heimschaffung)
an und verband damit die Auflage, innert der nächsten drei Monaten eine
Arbeitsstelle nachweisen zu müssen.

    Auf Nachfrage ergab sich, dass R. im April 1989 eine Stelle bei einer
Reinigungsgesellschaft mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von rund
15 Wochenstunden bei einem Stundenlohn von Fr. 12.50 angetreten hatte.

    Die Justiz-, Polizei- und Militärdirektion Basel-Landschaft erachtete
dies als ungenügend und wies R. und S. mit Verfügung vom 3. November
1989 wegen Fürsorgeabhängigkeit im Sinne einer Heimschaffung aus der
Schweiz aus.

    Dagegen erhoben R. und S. am 17. November 1989 Beschwerde an den
Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft.

    Mit Verfügung der SUVA vom 12. Dezember 1989 erhielt R. eine
monatliche SUVA-Rente von 20% ab dem 1. Januar 1990. Mit Verfügung
der Ausgleichskasse des Kantons Bern vom 17. Januar 1991 wurde den
Ehegatten R. und S. ausserdem eine IV-Rente ab dem 1. Mai 1990 bei
einem Invaliditätsgrad von 44% zugesprochen. Damit stand ihnen eine
Viertelsrente zu. Am 18. April 1991 erkannte ihnen die Ausgleichskasse
eine halbe IV-Rente als ausserordentliche Härtefallrente zu.

    Im Januar 1991 erreichte R. die Auszahlung von Pensionsgeldern aus der
Kasse eines früheren Arbeitgebers. Daraufhin stellte die Fürsorgebehörde
X. die Zahlung von Unterstützungsleistungen ab April 1991 ein.

    Mit Entscheid vom 24. September 1991 wies der Regierungsrat des
Kantons Basel-Landschaft die Beschwerde der Eheleute R. und S. gegen
die Heimschaffungsverfügung der Justiz-, Polizei- und Militärdirektion
Basel-Landschaft ab.

    Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 26. Oktober 1991 an das
Bundesgericht beantragen R. und S. die Aufhebung des regierungsrätlichen
Entscheides.

    In seiner Vernehmlassung vom 10. Dezember 1991 schliesst
der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft auf Abweisung der
Beschwerde. Mit Schreiben vom 10. Januar 1992 verzichtet das Bundesamt
für Ausländerfragen auf einen Antrag.

    Mit Verfügung vom 6. Februar 1992 erteilte der Präsident der II.
öffentlichrechtlichen Abteilung der Beschwerde die aufschiebende Wirkung.

    Nach einer vorübergehenden Sistierung des bundesgerichtlichen
Verfahrens ordnete er ferner am 21. April 1992 einen zweiten
Schriftenwechsel an.

    In Replik vom 15. Mai 1992 und Duplik vom 16. Juni 1992 halten die
Parteien im wesentlichen an ihren Standpunkten fest. Das Bundesamt für
Ausländerfragen verzichtete am 24. Juni 1992 erneut auf einen Antrag.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Nach Art. 10 Abs. 1 lit. d ANAG kann der Ausländer aus der
Schweiz ausgewiesen werden, wenn er oder eine Person, für die er zu sorgen
hat, der öffentlichen Wohltätigkeit fortgesetzt und in erheblichem Masse
zur Last fällt. Die Ausweisung wegen Bedürftigkeit setzt voraus, dass dem
Ausgewiesenen die Heimkehr in seinen Heimatstaat möglich und zumutbar ist
(Art. 10 Abs. 2 ANAG).

    Mit der am 1. Januar 1992 in Kraft getretenen Gesetzesnovelle vom
23. März 1990 (AS 1991 1043) wurde Art. 11 Abs. 2 ANAG, wonach in der Regel
auch der Ehegatte in die Ausweisung einzubeziehen war (vgl. AS 1949 223),
aufgehoben. Seither müssen die Voraussetzungen einer Ausweisung auch auf
Seiten des Ehegatten erfüllt sein, wenn dieser mitausgewiesen werden soll.

    Gemäss Art. 11 Abs. 3 ANAG soll die Ausweisung nur verfügt werden,
wenn sie nach den gesamten Umständen verhältnismässig ist. Dabei sind
namentlich folgende Kriterien zu beachten: die Schwere des Verschuldens,
die Dauer der Anwesenheit des Ausländers in der Schweiz sowie die ihm
und seiner Familie drohenden Nachteile (Art. 16 Abs. 3 ANAV). Auch bei
der Ausweisung nach Art. 10 Abs. 1 lit. d ANAG sollen unnötige Härten
vermieden werden; in diesen Fällen kann auch blosse Heimschaffung verfügt
werden (Art. 11 Abs. 3 zweiter und dritter Satz ANAG).

    b) Heimschaffung bedeutet die Überführung des fürsorgebedürftigen
Ausländers von der Fürsorge des Gaststaates in diejenige des
Heimatstaates. Wie die Ausweisung führt sie zum Erlöschen bestehender
Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen (Art. 9 Abs. 1 lit. d sowie
Abs. 3 lit. b ANAG). Im Unterschied zur Ausweisung ist sie jedoch nur eine
Entfernungsmassnahme, das heisst sie ist nicht mit einer Einreisesperre
verbunden. Der Heimgeschaffte kann in die Schweiz zurückkehren, wenn der
Heimschaffungsgrund weggefallen ist, insbesondere wenn er nicht mehr
bedürftig ist (BBl 1929 I 919; DANIEL THÜRER, Die Rechtsstellung des
Ausländers in der Schweiz, in: JOCHEN Abr. FROWEIN/TORSTEN STEIN [Hrsg.],
Die Rechtsstellung von Ausländern nach staatlichem Recht und Völkerrecht,
Berlin etc. 1987, S. 1384; PETER SULGER BÜEL, Vollzug von Fernhalte- und
Entfernungsmassnahmen gegenüber Fremden nach dem Recht des Bundes und des
Kantons Zürich, Bern etc. 1984, S. 93; WERNER THOMET, Das Bundesgesetz vom
24. Juni 1977 über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger,
Bern 1979, S. 119, Rz. 207 und 209).

    Grundsätzlich ist für eine Heimschaffung erforderlich, dass der
Heimatstaat der Überführung und Übernahme der künftigen Fürsorge zustimmt
und mit ihm - auf diplomatischem Weg - Ort und Zeit der Übernahme des
Bedürftigen vereinbart werden (THÜRER, aaO, S. 1384; SULGER BÜEL, aaO,
S. 94; THOMET, aaO, S. 120, Rz. 211). Im vorliegenden Fall wurde eine
solche Einwilligung nicht eingeholt. Nach Ansicht der Vorinstanz gilt
die Voraussetzung dann nicht, wenn der Ausländer nur in der Schweiz,
nicht jedoch in seinem Heimatlande fürsorgeabhängig ist; da dieses
keine finanziellen Belastungen träfen, müsse es der Heimschaffung
auch nicht zustimmen. Weil die Massnahme mangels Fernhaltewirkung
milder sei als eine eigentliche Ausweisung, müsse dieses Vorgehen aus
Verhältnismässigkeitsgründen zulässig sein.

    Zwar ist umstritten, ob die Beschwerdeführer in der Türkei nach
einer allfälligen Rückkehr tatsächlich nicht fürsorgeabhängig würden
(vgl. E. 5c). Wie es sich damit genau verhält, kann aber offenbleiben.

    c) Einerseits kann der betroffene Ausländer bei der Heimschaffung
im Unterschied zur Ausweisung das Land, in das er sich begibt, nicht
selbst wählen (vgl. THOMET, aaO, S. 119, Rz. 207). Anderseits ist
diese Wahlmöglichkeit heutzutage ohnehin sehr eingeschränkt, da kaum je
ein Drittstaat zur Aufnahme eines anderswo Ausgewiesenen mehr bereit
ist. Hingegen hat der Heimgeschaffte im Unterschied zum Ausgewiesenen
angesichts der Zustimmung zur Fürsorgeübernahme eine gewisse Garantie
dafür, dass ihn sein Heimatstaat unterstützen wird.

    Fehlt diese Einwilligung, ist eine Heimschaffung somit im Ergebnis
weitgehend vergleichbar mit einer Ausweisung ohne Fernhaltewirkung. Sie
darf sich daher allerdings auch hinsichtlich der Voraussetzungen nur
insoweit von der Ausweisung unterscheiden, als sich dies gemessen am Fehlen
der Fernhaltewirkung rechtfertigt. Namentlich darf sie nur angeordnet
werden, wenn der Ausländer der öffentlichen Wohltätigkeit fortgesetzt
und in erheblichem Masse zur Last fällt (Art. 10 Abs. 1 lit. d ANAG);
ferner muss ihm die Heimkehr in den Heimatstaat möglich und zumutbar sein,
und schliesslich hat sich die Heimschaffung als im Sinne von Art. 11
Abs. 3 ANAG in Verbindung mit Art. 16 Abs. 3 ANAV verhältnismässig zu
erweisen. Eine Besonderheit ergibt sich nur insofern, als im Gegensatz
zu einer eigentlichen Ausweisung eine Heimschaffung zulässig ist, wenn
sich gerade und ausschliesslich die mit einer Ausweisung verbundene
Fernhaltewirkung als unnötige Härte erweist (Art. 11 Abs. 3 letzter
Satz ANAG).

Erwägung 3

    3.- a) Die Fürsorgebehörde X. hat die Beschwerdeführer vom 4.  Quartal
1985 bis April 1991 mit insgesamt über Fr. 80'000.-- unterstützt. Die
Fürsorgeleistungen kamen beiden Ehegatten zugute, weshalb nicht bloss
ein - heute nicht mehr zulässiger - Einbezug der Ehefrau in die gegen
den Ehemann gerichtete Massnahme vorliegt. Diesem Zusammenhang wurde im
übrigen bereits in den Entscheiden der Vorinstanzen, namentlich in der
Verfügung der Justiz-, Polizei- und Militärdirektion vom 3. November 1989,
Rechnung getragen, obwohl in den damaligen Zeitpunkten die alte Regelung
des Art. 11 Abs. 2 ANAG noch galt; der Vorwurf der Beschwerdeführer, die
eigenständige Rechtsposition der Ehefrau habe als solche keine Beachtung
gefunden, ist insoweit unbegründet.

    b) Angesichts des geleisteten Gesamtbetrages erweist sich der Umfang
der Unterstützungsleistungen als im Sinne von Art. 10 Abs. 1 lit. d
ANAG erheblich. Da die Beschwerdeführer seit April 1991 keine Gelder
der öffentlichen Fürsorge mehr erhalten, fragt sich allerdings, ob die
Fürsorgeabhängigkeit auch im Sinne des Gesetzes fortgesetzt ist. Soweit
damit eine minimale Zeitdauer verlangt wird, ist dieses Erfordernis
angesichts der mehr als fünf Jahre gewährten Unterstützung erfüllt. Unklar
ist hingegen, ob fortgesetzt auch bedeutet, dass die Fürsorgeabhängigkeit
künftig weiterdauern müsse.

    Einerseits kann es nicht allein darauf ankommen, ob im Zeitpunkt
des Beschwerdeentscheides Unterstützungsleistungen bezogen werden,
da sonst eine Heimschaffung mit dem vorübergehenden Verzicht auf
Fürsorgeleistungen immer verhindert werden könnte. Andererseits geht es
bei der Entfernung eines Ausländers wegen Bedürftigkeit in erster Linie
darum, eine zusätzliche und damit künftige Belastung der öffentlichen
Wohlfahrt zu vermeiden. Ob dies der Fall sein wird, ist allerdings kaum
je mit Sicherheit feststellbar. Es muss daher auf die wahrscheinliche
finanzielle Entwicklung beim Ausländer abgestellt werden. Dabei ist
von den aktuellen Verhältnissen im Zeitpunkt des zu fällenden, d.h. im
vorliegenden Zusammenhang des bundesgerichtlichen, Entscheides auszugehen
(vgl. BGE 114 Ib 4 E. b).

    c) Aus den Akten ergibt sich, dass die Beschwerdeführer seit
dem 1. Mai 1992 eine monatliche Ehepaar-Invalidenrente im Betrag
von Fr. 1'350.-- beziehen. Hinzu kommt die SUVA-Rente des Ehemannes
von momentan Fr. 415.--. Aus seinem Arbeitserwerb fliessen monatlich
weitere rund Fr. 1'400.--. Die Ehefrau scheint seit dem 14. Dezember
1991 über keine Anstellung mehr zu verfügen; sie hat zudem im Mai 1992
das Pensionsalter erreicht. Die Beschwerdeführer verfügen somit momentan
über ein monatliches Einkommen von rund Fr. 3'100.--.

    Darüber hinaus erhalten sie von ihrem jüngsten Sohn seit dem Abschluss
seiner Lehre, d.h. seit August 1990, weitere Fr. 500.-- pro Monat. Der
Sohn scheint auch bereit zu sein, diese Unterstützung weiterhin zu
gewähren. Zwar handelt es sich dabei nicht um ein gesichertes Einkommen
der Beschwerdeführer selbst; da aber einerseits dem Sohn - wie im übrigen
auch den vier Töchtern - eine gesetzliche Unterstützungspflicht obliegt
(vgl. Art. 328 ZGB) und anderseits keine konkreten Gründe dafür bestehen,
dass er seine Unterstützung einstellen wird, darf dies mitberücksichtigt
werden.

    Bei einer monatlichen Mietzinsbelastung von unter Fr. 1'000.--
muss angesichts dieses Einkommens nicht damit gerechnet werden,
dass die Beschwerdeführer innert absehbarer Frist wieder öffentliche
Fürsorgeleistungen beziehen werden. Allerdings ist unklar, wie sich
die finanziellen Verhältnisse darstellen werden, wenn dereinst auch der
Ehemann das Pensionsalter erreicht haben wird; der - aus unbekannten, von
den Beschwerdeführern nicht näher erhellten Gründen erwirkte - vorzeitige
Bezug von Pensionskassengeldern im Betrag von rund Fr. 17'000.--, die
angeblich grösstenteils zur Deckung privater Schulden verwendet wurden,
könnte sich dannzumal nachteilig auswirken.

    Die - allenfalls unberechtigte - Verminderung der Altersvorsorge für
sich erfüllt jedoch die Voraussetzung der Fürsorgeabhängigkeit im Sinne
von Art. 10 Abs. 1 lit. d ANAG nicht (BGE 112 Ib 4 E. b). Es erübrigt sich
daher, dazu weitere Untersuchungen durchzuführen, wie der Regierungsrat,
der dies im übrigen auch schon selbst hätte tun können, beantragt.

    d) Somit war der Tatbestand von Art. 10 Abs. 1 lit. d ANAG
wohl im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Verfügung gegeben. Schon
für denjenigen des angefochtenen Entscheids sowie erst recht für den
heutigen Zeitpunkt erscheint dies allerdings als fraglich, kann jedoch
dahingestellt bleiben, da der Umstand, dass auf absehbare Zeit nicht
mit einer Unterstützungsbedürftigkeit zu rechnen ist, zumindest in
die Interessenabwägung einzubeziehen ist und sich dort die verfügte
Heimschaffung so oder so als unverhältnismässig erweist.

Erwägung 4

    4.- a) Die Beschwerdeführer leben seit nunmehr über 25 (Ehemann)
beziehungsweise 23 (Ehefrau) Jahren in der Schweiz. Im Zeitpunkt, als
das eigentliche Heimschaffungsverfahren eingeleitet wurde, betrug die
Anwesenheitsdauer auch bereits 22 beziehungsweise 20 Jahre. Angesichts
dieser langen Anwesenheit ziehen die Beschwerdeführer generell in Zweifel,
ob eine Ausweisung oder Heimschaffung wegen Bedürftigkeit überhaupt noch
verhältnismässig sein kann.

    b) Art. 55 des in der Volksabstimmung gescheiterten Ausländergesetzes
vom 19. Juni 1981 sah vor, dass die Heimschaffung eines Ausländers
nur noch dann zulässig gewesen wäre, wenn dieser noch nicht zehn Jahre
lang in der Schweiz wohnte (BBl 1981 II 584). Der Bundesrat führte in
seiner Botschaft vom 19. Juni 1978 (BBl 1978 II 169) zu Art. 57 (dem
späteren Art. 55) aus, dass nach einem Aufenthalt von zehn Jahren eine
Heimschaffung aufgrund der aufgebauten engen Beziehungen des Ausländers
zur Schweiz als zu harte Massnahme erscheine (BBl 1978 II 227). Der
Nationalrat hatte sich in einer ersten Fassung sogar für eine Reduktion
dieser Frist auf fünf Jahre entschieden (Amtl.Bull. 1980 N. 1163),
schloss sich im Differenzbereinigungsverfahren jedoch dem Ständerat und
damit dem bundesrätlichen Entwurf an (Amtl.Bull. 1981 N. 508 ff.).

    Der Literatur lässt sich ferner entnehmen, dass zum Beispiel im Kanton
Zürich die Praxis verfolgt wird, Ausländer, die seit zehn Jahren Wohnsitz
im Kanton haben oder die Niederlassungsbewilligung besitzen, grundsätzlich
nicht wegen Bedürftigkeit heimzuschaffen (SULGER BÜEL, aaO, S. 94).

    c) Zwar vermögen weder das abgelehnte Ausländergesetz noch eine Praxis
in einem andern Kanton Rechtswirkungen für den Kanton Basel-Landschaft
zu entfalten. Die Regel, die darin übereinstimmend zum Ausdruck gelangt,
zeigt aber, dass bei einer über zehnjährigen Anwesenheit in der Schweiz
gewichtige Interessen gegen eine Ausweisung oder Heimschaffung wegen
Bedürftigkeit in die Abwägung einzubeziehen sind. Erst recht muss dies
demnach gelten, wenn ein Ausländer mehr als 20 Jahre in der Schweiz
gelebt hat.

Erwägung 5

    5.- a) Die Beschwerdeführer haben sich, bevor der Ehemann den
Unfall erlitt, also während mehr als zehn Jahren Anwesenheit in der
Schweiz, klaglos verhalten. Beim Unfall handelte es sich um einen
Verkehrsunfall, an dem R. zumindest nicht unschuldig war, wurde er dafür
doch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen. Die ausgefällte Strafe
gilt allerdings inzwischen als im Strafregister gelöscht. Der Unfall
bewirkte nicht nur gesundheitlich nachteilige Folgen; R. hatte seither auch
Schwierigkeiten bei der Ausübung einer Arbeit. Die Vorinstanzen werfen ihm
vor, er sei überhaupt arbeitsscheu und nütze die sozialen Einrichtungen
aus. Tatsächlich war eine erste Anstellung von Dezember 1984 bis September
1985 nicht von langer Dauer. Danach scheint es mit der Androhung der
Ausweisung eines externen Anstosses bedurft zu haben, damit er wieder
eine Arbeit suchte und die Stelle bei der Reinigungsgesellschaft antrat.

    Die Beschwerdeführer vermögen allerdings mit ärztlichen Zeugnissen
zu belegen, dass R. eine ganztägige Tätigkeit als Hilfsarbeiter, bei der
er ausschliesslich gehen und stehen muss, aus gesundheitlichen Gründen
nicht zumutbar ist; dies wäre nur bei einer Arbeit, bei der er wenigstens
zeitweise sitzen könnte, der Fall. Dass je eine Möglichkeit zum Antritt
einer solchen Arbeitsstelle bestanden hat, ist nicht ersichtlich. Ferner
sprechen die ärztlichen Befunde dafür, dass die Schwierigkeiten, die
sich bei der Arbeitstätigkeit offenbar wiederholt ergaben, regelmässig
auf den Gesundheitszustand zurückgeführt werden können. Aus ärztlicher
Sicht kann R. höchstens vorgeworfen werden, er könne bei entsprechender
Einlegung von Pausen die Reinigungsarbeit länger als nur drei Stunden am
Tag ausführen; ob dafür auch die Gelegenheit bestand, ist unbekannt.

    Im übrigen hat S. jedenfalls von 1984 bis 1991 Heimarbeit geleistet
und damit zum Einkommen der Ehegatten beigetragen. Dass sie im Dezember
1991 entlassen wurde, war, wie sich ihrem Arbeitszeugnis entnehmen lässt,
in der Schliessung des Betriebs, für den sie arbeitete, und nicht in
ihren Leistungen oder ihrem Verhalten begründet.

    b) Vorwerfen lassen müssen sich die Beschwerdeführer allerdings ihr
Verhalten gegenüber der Fürsorgebehörde. Es blieb unbestritten, dass sie
nicht immer kooperativ waren. Namentlich haben sie mehrmals massgebliche
Umstände, die zu einer Einschränkung oder Reduktion der Fürsorgebeiträge
führen mussten, verschwiegen. Damit haben sie sich nicht nur unkorrekt
verhalten, sondern auch selbst den Verdacht erweckt, die öffentliche
Fürsorge in der Schweiz über Gebühr ausnützen zu wollen.

    c) Nicht gänzlich klar ist, in was für finanzielle Verhältnisse
die Beschwerdeführer bei einer allfälligen Rückkehr in die Türkei
gerieten. Dass sie über ein regelmässiges Arbeitseinkommen verfügen
würden, kann kaum angenommen werden. Was die Sozialversicherungsgelder
aus der Schweiz betrifft, hätten sie nur noch Anspruch auf die SUVA-Rente
(von momentan Fr. 415.--). Die IV-Rente entfiele hingegen, da ihnen nicht
mindestens eine halbe ordentliche Rente zusteht (Art. 10 Abs. 2 und 11
des Abkommens vom 1. Mai 1969 zwischen der Schweiz und der Republik Türkei
über soziale Sicherheit, AS 1971 1771 f., SR 0.831.109.763.1).

    Es erscheint kaum als zulässig, mit der Vorinstanz allein aufgrund
des Umstandes, dass in der Türkei ein Mindestlohn gilt, der mit rund
Fr. 350.-- (je nach Wechselkurs) einen geringeren Betrag ausmacht als die
SUVA-Rente, zu schliessen, die dortigen Lebenshaltungskosten seien auch
nicht höher. Eine von den Beschwerdeführern eingereichte Zusammenstellung
einer Beratungsstelle für Leute aus der Türkei kommt für den Ort, aus dem
die Beschwerdeführer stammen, auf minimale Lebenshaltungskosten von rund
Fr. 900.-- pro Monat. Auch wenn diese Zahl nicht als gesichert gelten kann,
zeigt sie doch, dass die Argumentation der Vorinstanz zu einfach ist und
sich eine nähere Abklärung aufgedrängt hätte. Anderseits müssen sich die
Beschwerdeführer gleichermassen wie bei der Berechnung ihrer verfügbaren
Mittel in der Schweiz die Unterstützung durch ihren Sohn anrechnen lassen,
stände einer regelmässigen Überweisung dieses Geldes in die Türkei doch
nichts im Wege. Zusammen mit der SUVA-Rente ergäbe sich ziemlich genau
der fragliche Betrag von Fr. 900.--.

    Wie sich die finanzielle Situation der Beschwerdeführer bei einer
allfälligen Rückkehr in die Türkei genau darstellen würde, kann aber
offenbleiben. Jedenfalls kann davon ausgegangen werden, dass sie auch
dort nur in bescheidenen Verhältnissen leben könnten.

    d) Die Beschwerdeführer sind im Alter von 36 (Ehemann) beziehungsweise
39 (Ehefrau) Jahren in die Schweiz eingereist. Ihre Kinder sind
grösstenteils hier aufgewachsen und leben auch heute noch alle in
der Schweiz. Angesichts dieser familiären Einbettung in der Schweiz
und der langen Anwesenheit kann nicht allein aufgrund allfälliger
Sprachschwierigkeiten auf mangelnde Integration geschlossen werden, wie
dies die Vorinstanz tut; es bedürfte dafür eindringlicherer anderer Belege.

    Eine Heimschaffung in die Türkei schlösse zwar die finanzielle
Unterstützung durch die Kinder, namentlich den jüngsten Sohn, nicht
aus. Hingegen erscheint die Aufrechterhaltung der direkten familiären
Beziehungen aufgrund der finanziellen Verhältnisse der Beteiligten
unabhängig davon, dass mangels Fernhaltemassnahme eine Wiedereinreise
zwecks Besuchs der Familienangehörigen möglich bliebe, als gefährdet. Auch
dies ist - und zwar unabhängig davon, ob sich die Beschwerdeführer auf
Art. 8 EMRK berufen können oder nicht - im Rahmen der Interessenabwägung
zu berücksichtigen (vgl. Art. 16 Abs. 3 ANAV).

Erwägung 6

    6.- a) Bei der Gesamtbeurteilung des vorliegenden Falles fällt
die langjährige Anwesenheit der Beschwerdeführer in der Schweiz stark
ins Gewicht. Zusammen mit dem Umstand, dass sie der öffentlichen
Fürsorge seit April 1991 nicht mehr zur Last gefallen sind, und unter
Berücksichtigung ihrer übrigen persönlichen und familiären Verhältnisse
ergibt sich, dass eine Heimschaffung trotz des nicht immer korrekten
Verhaltens der Beschwerdeführer gegenüber der Fürsorgebehörde unzumutbar
und unverhältnismässig ist. Dies gilt auch dann, wenn angenommen wird,
dass sie dank der dem Ehemann zustehenden SUVA-Rente und der finanziellen
Unterstützung durch den jüngsten Sohn in der Türkei leben könnten, ohne
unter das Existenzminimum zu fallen beziehungsweise die dortige Fürsorge
beanspruchen zu müssen.

    Diese Interessenabwägung beruht auf den heutigen Umständen. Es ist
nicht ausgeschlossen, dass sie, sollte sich die Frage einer Ausweisung oder
Heimschaffung wegen erneuter Fürsorgeabhängigkeit künftig wieder einmal
stellen, anders ausfiele; dies gälte insbesondere dann, wenn die Kinder
ihren Eltern keine genügende Unterstützung mehr gewährten, obwohl dies
ihnen zumutbar wäre. Wenn schon die Familienbeziehungen für den Verbleib
in der Schweiz in Anschlag gebracht werden, haben die Familienangehörigen
das ihnen Zumutbare zu leisten, um die Fürsorgebedürftigkeit der Eltern
zu vermeiden.

    b) Ist die verfügte Heimschaffung bereits aufgrund schweizerischen
Gesetzesrechts unzulässig, kann offenbleiben, ob sich die Beschwerdeführer
auf Art. 8 EMRK berufen können und ob dieses Grundrecht verletzt ist.