Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 119 IA 460



119 Ia 460

54. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 22.
Dezember 1993 i.S. L. und Mitbeteiligte gegen Kanton Basel-Stadt
(staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Moderne Fortpflanzungsmedizin (künstliche Insemination,
In-vitro-Fertilisation mit Embryotransfer, intratubarer Gametentransfer,
Aufbewahrung von Keimzellen und Embryonen); Gesetz des Kantons Basel-Stadt
betreffend die Reproduktionsmedizin beim Menschen (GRM); persönliche
Freiheit, Forschungsfreiheit, Art. 31 BV, Art. 8 und 12 EMRK.

    1. Allgemeine Überlegungen zur Fortpflanzungsmedizin; Hinweise auf
die Entwicklung seit 1989; Entstehung von Art. 24novies BV (E. 4).

    2. Die Beschränkung des Zugangs zu den Methoden der künstlichen
Fortpflanzung betrifft die persönliche Freiheit; Tragweite von
Art. 24novies BV; Frage offengelassen, ob auch Art. 8 EMRK in Verbindung
mit Art. 12 EMRK betroffen ist (E. 5).

    3. Das generelle Verbot der heterologen künstlichen Insemination nach
§ 4 Abs. 2 lit. a GRM hält vor der persönlichen Freiheit nicht stand
(E. 6a-6d); Einschränkungen der heterologen künstlichen Insemination
(E. 6e).

    4. Das generelle Verbot der In-vitro-Fertilisation mit Embryotransfer
(IVF/ET) nach § 4 Abs. 2 lit. d und e GRM verstösst gegen die persönliche
Freiheit (E. 7a-7d); Einschränkungen der IVF/ET (E. 7e).

    5. Aufhebung des Verbotes der Methode des intratubaren Gametentransfers
(GIFT) im Sinne von § 4 Abs. 2 lit. c GRM (E. 8).

    6. Das Verbot nach § 5 Abs. 1 GRM, Samenzellen über eine
Behandlungsdauer von höchstens sieben Tagen hinaus aufzubewahren, verstösst
gegen die persönliche Freiheit; Beschränkungen der Aufbewahrung (E. 9).

    7. Das generelle Verbot der Konservierung von Eizellen gemäss §
5 Abs. 2 GRM verletzt die persönliche Freiheit (E. 10).

    8. Das Verbot der Konservierung von Embryonen nach § 5 Abs. 2 GRM
lässt sich im Rahmen des für die IVF/ET Erforderlichen verfassungskonform
auslegen (E. 11).

    9. Frage offengelassen, ob die Forschungsfreiheit als ungeschriebenes
Verfassungsrecht anzuerkennen ist; das Verbot, lebende Embryonen, Föten
oder Teile davon zu Forschungszwecken zu verwenden, kann unter Zulassung
von Beobachtung und Entwicklungsverfolgung verfassungskonform ausgelegt
werden (E. 12).

Sachverhalt

    A.- Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt befasste sich seit Mitte
der 80er Jahre aufgrund von parlamentarischen Vorstössen mit den Risiken
der Gentechnologie und der Problematik um die Reproduktionsmedizin
beim Menschen. Dies führte am 17. Dezember 1987 zur ersten Lesung einer
Standesinitiative und eines Gesetzes betreffend Reproduktionsmedizin beim
Menschen. Eine zweite Lesung verzögerte sich. Aufgrund eines zweiten
Zwischenberichts der vorberatenden Kommission nahm der Grosse Rat des
Kantons Basel-Stadt darauf am 18. Oktober 1990 (Schlussabstimmung) das
Gesetz betreffend die Reproduktionsmedizin beim Menschen an (GRM). Dieses
Gesetz unterstand dem obligatorischen Referendum, wurde im Kantonsblatt
von Basel-Stadt vom 20. Oktober 1990 publiziert und schliesslich in
der Volksabstimmung vom 1., 2. und 3. März 1991 von den Stimmbürgern
angenommen. Der Erlass hat folgenden Wortlaut:

    Gesetz betreffend die Reproduktionsmedizin beim Menschen vom
18. Oktober

    1990

    Geltungsbereich

    § 1. Dieses Gesetz regelt

    a) die künstliche Insemination;

    b) den intratubaren Gametentransfer;

    c) die In-vitro-Fertilisation;

    d) den Embryotransfer;

    e) die Leihmutterschaft;

    f) die Keimzellenspende;

    g) die Konservierung von Keimzellen und Embryonen;

    h) die Forschung an Keimzellen, Embryonen und Föten;

    i) die Eingriffe in das Erbgut.

    Begriffe

    § 2. Unter künstlicher Insemination wird die künstliche Einführung von

    Samenzellen in die Scheide, die Gebärmutter oder die Eileiter
verstanden.

    2 Unter intratubarem Gametentransfer (gamete intrafallopian transfer:

    GIFT) wird die künstliche Einführung von Samen- und Eizellen in die

    Eileiter verstanden.

    3 Unter In-vitro-Fertilisation (IVF) wird die in einem Gefäss
   herbeigeführte Verschmelzung (Befruchtung) von instrumentell entnommenen

    Eizellen mit Samenzellen verstanden.

    4 Unter Embryotransfer (ET) wird die Einführung der sich entwickelnden

    Frucht in die Gebärmutter verstanden.

    5 Unter Embryo im Sinne dieses Gesetzes wird das menschliche Leben vom

    Zeitpunkt der Befruchtung bis zum fötalen Stadium verstanden.

    6 Unter Fötus wird das menschliche Leben vom Zeitpunkt der

    Ausbildung der Organe bis zur Geburt verstanden.

    7 Unter Leihmutter wird die Frau verstanden, die einen fremden Embryo
   oder einen aus einer eigenen Eizelle und einer instrumentell
   eingeführten

    Samenzelle eines Dritten entstandenen Embryo austrägt, nachdem sie sich
   verpflichtet hat, das Kind nach der Geburt Dritten herauszugeben.

    Anwendungsbereich

    § 3. Das zulässige Verfahren darf nur bei Ehepaaren und bei Paaren, die
   in einer vergleichbaren Gemeinschaft leben, angewendet werden.

    Zulässigkeit

    § 4. Erlaubt ist: die künstliche Insemination.

    2 Verboten sind:

    a) die künstliche Insemination mit Spendersamen;

    b) die künstliche Insemination nach dem Tod des Partners;

    c) der intratubare Gametentransfer;

    d) die In-vitro-Fertilisation;

    e) der Embryotransfer;

    f) die Schaffung von Leihmutterschaftsverhältnissen.

    3 Das in diesem Gesetz geregelte zulässige reproduktionsmedizinische

    Verfahren darf nur durch zur Ausübung des Arztberufes berechtigte
Personen
   vorgenommen werden.

    Konservierung von Keimzellen und Embryonen

    § 5. Samenzellen dürfen nur während der laufenden ärztlichen

    Behandlungsphase konserviert werden. Diese umfasst in der Regel drei,
   jedoch höchstens sieben Tage.

    2 Die Konservierung von Eizellen und Embryonen ist verboten.

    Eingriffe in das Erbgut und Einflussnahme auf das Geschlecht

    § 6. Eingriffe in das Erbgut von Keimzellen, lebenden Embryonen
und Föten
   sind verboten.

    2 Massnahmen, die darauf abzielen, Einfluss auf das Geschlecht oder in
   die Erbeigenschaften des Kindes zu nehmen, sind verboten.

    Information, Einwilligung des Paares

    § 7. Die Vornahme einer künstlichen Insemination bedarf der
schriftlichen

    Einwilligung des Paares.

    2 Das Paar muss vor der Sterilitätsbehandlung genau informiert werden
   über

    a) alle vorgesehenen Eingriffe;

    b) die physischen und psychischen Risiken der Eingriffe;

    c) die Erfolgschancen der Methode;

    d) die Kosten der Behandlung.

    3 Zudem hat die verantwortliche Ärztin oder der verantwortliche
Arzt die

    Frau während der Behandlung über jede Massnahme aufzuklären und
sie über
   den Stand der Behandlung zu orientieren.

    Forschung

    § 8. Lebende Embryonen, Föten oder Teile davon dürfen nicht zu

    Forschungszwecken verwendet werden.

    2 Forschung an Keimzellen bedarf der eingehenden Information und

    Einwilligung der Betroffenen.

    3 Verboten sind:

    a) künstliche Mehrlingsbildung (Klonierung);

    b) Vereinigung von mehreren Embryonen und Teilen davon
(Chimärenbildung);

    c) Erzeugung von Mischwesen aus Mensch und Tier
   (Interspezies-Hybridisierung);

    d) Aufzucht ausserhalb des Mutterleibs.

    Handel mit Embryonen und Föten

    § 9. Der Handel mit lebenden oder toten Embryonen und Föten oder Teilen
   davon ist verboten.

    2 Unentgeltliche Weitergabe und Annahme regelt der Regierungsrat
auf dem

    Verordnungsweg.

    Vermittlung von Leihmüttern

    § 10. Die entgeltliche Vermittlung von Leihmüttern ist verboten.

    Strafbestimmungen

    § 11. Wer ein nach § 4 verbotenes Verfahren anwendet oder eine nach
§§ 5,

    6, 8, 9 und 10 verbotene Handlung vornimmt, wird mit Haft oder Busse
   bestraft.

    2 Wer sich einem nach § 4 verbotenen Verfahren unterzieht oder sich als

    Leihmutter, Eizellenspenderin oder Samenspender daran beteiligt,
macht sich
   hiefür nicht strafbar.

    Dieses Gesetz ist zu publizieren; es unterliegt dem obligatorischen

    Referendum und wird mit Eintritt seiner Rechtskraft wirksam.

    Gegen diesen Erlass haben neun im Kanton Basel-Stadt bzw. in
den benachbarten Regionen wohnhafte Frauen und Männer sowie Ärzte
beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Sie fechten
im wesentlichen die Beschränkung der zulässigen Techniken (§ 4), die
Begrenzung der Konservierung von Keimzellen und Embryonen (§ 5) und eine
Bestimmung betreffend die Forschung (§ 8 Abs. 1) sowie die entsprechenden
Strafbestimmungen (§ 11) an und verlangen deren Aufhebung. Hierfür machen
sie im wesentlichen eine Verletzung der persönlichen Freiheit und von
Art. 8 und Art. 12 EMRK geltend. - In bezug auf § 5 des Gesetzes betreffend
die Reproduktionsmedizin ist der Beschwerde teilweise aufschiebende
Wirkung beigelegt worden.

    Das Bundesgericht heisst die staatsrechtliche Beschwerde teilweise gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist bei der Prüfung
der Verfassungsmässigkeit eines Erlasses im Rahmen der abstrakten
Normenkontrolle massgebend, ob der betreffenden Norm nach anerkannten
Auslegungsregeln ein Sinn zugemessen werden kann, der sie mit den
angerufenen Verfassungsgarantien vereinbar erscheinen lässt. Gleich
verhält es sich, wenn mit der Beschwerde Garantien der Europäischen
Menschenrechtskonvention angerufen werden. Das Bundesgericht hebt
demnach eine kantonale Norm nur auf, sofern sie sich einer verfassungs-
und konventionskonformen Auslegung entzieht (BGE 118 Ia 305 E. f S. 309,
117 Ia 472 E. 3a S. 477, 113 Ia 126 S. 131, 111 Ia 23 S. 25, 109 Ia 273
S. 277 und 301, mit Hinweisen).

Erwägung 4

    4.- a) Bevor auf die mit der staatsrechtlichen Beschwerde aufgeworfenen
Verfassungsfragen und erhobenen Rügen im einzelnen eingegangen wird,
soll an die allgemeinen Überlegungen zur Fortpflanzungsmedizin und
die sich aus dieser ergebenden Probleme angeknüpft werden, welche das
Bundesgericht seinem Urteil vom 15. März 1989 zur Reproduktionsmedizin
im Kanton St. Gallen vorangestellt hat (BGE 115 Ia 234 E. 3 S. 240).

    Das Bundesgericht hat in diesem Urteil auf die unterschiedlichen
Versuche hingewiesen, mit künstlichen Mitteln auf die Fortpflanzung
beim Menschen einzuwirken. Dazu gehört seit längerem die künstliche
Insemination, welche mit der Möglichkeit der Langzeitgefrierung von
Samenzellen seit der Zeit des Zweiten Weltkrieges starken Aufschwung
genommen hat. In neuerer Zeit ist die Möglichkeit hinzugekommen, operativ
gewonnene Eizellen ausserhalb des Mutterleibes zu befruchten und den so
entstandenen Embryo hernach der Frau einzupflanzen (In-vitro-Fertilisation
mit Embryotransfer, IVF/ET). Seit kurzer Zeit erst wird die Methode des
intratubaren Gametentransfers (GIFT) angewendet, bei der die operativ
gewonnenen Eizellen der Frau zusammen mit Samenzellen in den Eileiter
zur Befruchtung übertragen werden.

    Diese Entwicklungen haben zu bisher ungeahnten Möglichkeiten,
ebensosehr aber zu neuartigen Herausforderungen in der gesellschaftlichen
Auseinandersetzung und der ethischen Diskussion geführt. Die Beurteilung
dieser modernen Fortpflanzungsmethoden fällt je nach Standpunkt sehr
unterschiedlich aus; die moderne Fortpflanzungsmedizin stösst ebenso
auf Befürwortung wie auf Zurückhaltung und Ablehnung (vgl. zu den
unterschiedlichen Bewertungen der Fortpflanzungshilfen insbesondere den
Bericht der Expertenkommission Humangenetik und Reproduktionsmedizin,
in: BBl 1989 III 1029 und insbes. 1054 ff.; FRANZISKA BUCHLI-SCHNEIDER,
Künstliche Fortpflanzung aus zivilrechtlicher Sicht, Diss. Freiburg 1987,
S. 71 ff.). Angesichts des medizinisch-technisch Machbaren sind alle an der
Fortpflanzungshilfe Beteiligten - Personen mit Fortpflanzungsstörungen,
Ärzte, Forscher und ebenso Spender von Keimzellen - in neuartiger Weise
unabhängig von der staatlichen Regelung zu eigenverantwortlichem Handeln
und zum Bedenken der Auswirkungen aufgerufen.

    Die Ärzteschaft hat sich der Problematik in den frühen 80er Jahren
angenommen. Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften
(SAMW) hat am 17. November 1981 die Medizinisch-ethischen Richtlinien
für die artifizielle Insemination und in einer zweiten Fassung am 23. Mai
1985 die Medizinisch-ethischen Richtlinien für die In-vitro-Fertilisation
erlassen (publiziert in der Schweizerischen Ärztezeitung 1982 S. 623
bzw. 1985 S. 1127, beide wiedergegeben in BBl 1989 III 1208 bzw. 1210). -
Verschiedene Kantone sind gesetzgeberisch aktiv geworden. Angesichts des
umstrittenen Gegenstandes sind sehr unterschiedliche Lösungen getroffen
worden (vgl. Übersicht bei RICHARD FRANK, Die künstliche Fortpflanzung
beim Menschen im geltenden und im künftigen Recht, Zürich 1989, S. 86 ff.;
Recueil international de lois sur la procréation assistée, réuni et édité
par JAN STEPAN, Zürich 1990, S. 173 ff.). Die st. gallische Gesetzgebung
gab im Jahre 1989 Anlass zum Entscheid des Bundesgerichts BGE 115 Ia 234
(Urteil vom 15. März 1989). - Im Ausland sind gestützt auf vielbeachtete
Expertenberichte Regelungen an die Hand genommen worden. Im Europarat ist
im Jahre 1978 ein Resolutionsentwurf über die artifizielle Insemination
beim Menschen und im Jahre 1987 ein Empfehlungsentwurf zur künstlichen
Fortpflanzung ausgearbeitet worden, welche beide nicht definitiv
verabschiedet worden sind (vgl. zur ausländischen Rechtsentwicklung
insbesondere den Bericht der Expertenkommission Humangenetik und
Reproduktionsmedizin, in: BBl 1989 III 1029 und insbes. 1070 ff. sowie
zum Resolutionsentwurf des Europarates BBl 1989 III 1175).

    b) Seit dem Urteil des Bundesgerichts vom 15. März 1989 betreffend den
Beschluss des Grossen Rates des Kantons St. Gallen über Eingriffe in die
Fortpflanzung beim Menschen (BGE 115 Ia 234) ist die Auseinandersetzung
um die Methoden der modernen Fortpflanzung weitergeführt worden. Auf die
seitherigen Entwicklungen ist im folgenden kurz hinzuweisen.

    Von besonderer Bedeutung ist die Weiterentwicklung auf der Ebene
der Verfassungsgebung des Bundes. In diesem Rahmen hat vorerst die
Expertenkommission Humangenetik und Reproduktionsmedizin unter dem Vorsitz
von E. Amstad am 19. August 1988 ihren Bericht erstattet und eine Reihe
von (teilweise kontroversen) Thesen und Vorschlägen zur Verfassungs-
und Gesetzgebung vorgelegt (publiziert in: BBl 1989 III 1029, vgl. auch
BGE 115 Ia 234 S. 243).

    In seiner Botschaft zur Volksinitiative "Gegen Missbräuche
der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen" (sog.
"Beobachter"-Initiative) (BBl 1989 III 989) teilte der Bundesrat die
Grundanliegen dieser Initiative und unterstützte im Grundsatz manche
der konkreten Forderungen. Er erblickte in der Initiative indessen
eine Reihe von Mängeln, weil sie sich auf die Fortpflanzungsmedizin
und die Humangenetik beschränke, eine Sondernorm über die Menschenwürde
nicht angebracht sei und der Initiativtext formelle Unzulänglichkeiten
aufweise. Deshalb schlug er einen neuen Art. 24octies BV als direkten
Gegenvorschlag zur Initiative vor, welcher die Reproduktions- und
Gentechnologie umfassend abdecken und dem Bund eine weitgefasste
Gesetzgebungskompetenz mit Einzelaufträgen einräumen sollte (BBl 1989
III 1028).

    Die Eidgenössischen Räte erarbeiteten in der parlamentarischen
Beratung einen vollkommen neugefassten Gegenvorschlag zur
"Beobachter"-Initiative. Dieser charakterisiert sich gegenüber dem
bundesrätlichen Vorschlag dadurch, dass er über die Kompetenzzuweisung
an den Bund hinausgehende materielle Vorschriften zur Fortpflanzungs-
und Gentechnologie enthält (vgl. zu den Beratungen der Eidgenössischen
Räte insbesondere Amtl.Bull. SR 1990 477 ff., NR 1991 556 ff., 588 ff.,
SR 1991 450 ff.). Die neue Bestimmung von Art. 24novies BV ist - nach
Rückzug der "Beobachter"-Initiative - am 17. Mai 1992 von Volk und Ständen
angenommen worden und in Kraft getreten. Die neue Verfassungsvorschrift
hat folgenden Wortlaut:

    Art. 24novies

    1 Der Mensch und seine Umwelt sind gegen Missbräuche der
Fortpflanzungs-
   und Gentechnologie geschützt.

    2 Der Bund erlässt Vorschriften über den Umgang mit menschlichem Keim-
   und Erbgut. Er sorgt dabei für den Schutz der Menschenwürde, der

    Persönlichkeit und der Familie und lässt sich insbesondere von den
   folgenden Grundsätzen leiten:

    a. Eingriffe in das Erbgut von menschlichen Keimzellen und Embryonen
sind
   unzulässig.

    b. Nichtmenschliches Keim- und Erbgut darf nicht in menschliches
Keimgut
   eingebracht oder mit ihm verschmolzen werden.

    c. Die Verfahren der Fortpflanzungshilfe dürfen nur angewendet werden,
   wenn die Unfruchtbarkeit oder die Gefahr der Übertragung einer schweren

    Krankheit nicht anders behoben werden kann, nicht aber um beim Kind
   bestimmte Eigenschaften herbeizuführen oder um Forschung zu
   betreiben. Die

    Befruchtung menschlicher Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau
ist nur
   unter den vom Gesetz festzulegenden Bedingungen erlaubt. Es dürfen
   nur so viele menschliche Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau zu
   Embryonen entwickelt werden, als ihr sofort eingepflanzt werden können.

    d. Die Embryonenspende und alle Arten von Leihmutterschaften sind
   unzulässig.

    e. Mit menschlichem Keimgut und mit Erzeugnissen aus Embryonen
darf kein

    Handel getrieben werden.

    f. Das Erbgut einer Person darf nur mit ihrer Zustimmung oder aufgrund
   gesetzlicher Anordnung untersucht, registriert oder offenbart werden.

    g. Der Zugang einer Person zu den Daten über ihre Abstammung ist zu
   gewährleisten.

    3 Der Bund erlässt Vorschriften über den Umgang mit Keim- und
Erbgut von

    Tieren, Pflanzen und anderen Organismen. Er trägt dabei der Würde der

    Kreatur sowie der Sicherheit von Mensch, Tier und Umwelt Rechnung und
   schützt die genetische Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten.

    Mit der Annahme von Art. 24novies BV ist der Bundesgesetzgeber
aufgerufen, in den verschiedenen Bereichen und insbesondere auf dem Gebiet
der Fortpflanzungshilfe die erforderlichen Erlasse zu schaffen. Dabei
wird es darum gehen, Missbräuche zu verhindern, gleichzeitig den Zugang
zu einzelnen Techniken nicht zu verbauen. Es werden die Auswirkungen der
assistierten Fortpflanzung auf das Kindesrecht zu prüfen und der Kreis der
Personen, die Zugang zu den Fortpflanzungstechniken haben, festzulegen
und entsprechende Strafnormen zu erlassen sein (vgl. IDAGEN-Bericht
(Bericht der Interdepartementalen Arbeitsgruppe für Gentechnologie),
Bern 1993, S. 16 ff.).

    Parallel zu diesen gesetzgeberischen Vorarbeiten sind auf
eidgenössischer Ebene Verfassungsinitiativen lanciert worden. Zum
einen die "Initiative zum Schutz des Menschen vor Manipulationen in der
Fortpflanzungstechnologie (Initiative für menschenwürdige Fortpflanzung)"
(BBl 1992 VI 420), welche zum Schutz der Menschenwürde, Persönlichkeit und
Familie die Zeugung ausserhalb des Körpers der Frau und die Verwendung
von Keimzellen Dritter zur künstlichen Zeugung für unzulässig erklären
will. Zum andern die am 25. Oktober 1993 eingereichte "Initiative zum
Schutz von Leben und Umwelt vor Genmanipulation (Gen-Schutz-Initiative)"
(BBl 1992 II 1654), welche sich gegen Missbräuche und Gefahren durch
genetische Veränderung am Erbgut von Tieren, Pflanzen und anderen
Organismen richtet.

    c) Auch in anderer Hinsicht sind seit dem Urteil des Bundesgerichts
aus dem Jahre 1989 Veränderungen eingetreten.

    aa) Es kann angenommen werden, dass die medizinischen Methoden und
Techniken weiterentwickelt und verfeinert worden sind. Gemäss den Aussagen
der Beschwerdeführer soll es heute möglich sein, einer Frau ambulant
mittels Punktion und Ultraschall ohne Narkose und Hospitalisation Eizellen
zu entnehmen. Inzwischen soll es auch verschiedentlich gelungen sein,
schon unbefruchtete Eizellen zu kryokonservieren (ROLF KELLER/HANS-LUDWIG
GÜNTHER/PETER KAISER, Kommentar zum Embryonenschutzgesetz (BRD),
Stuttgart/Berlin/Köln 1992, Rz. 4 zu § 1 Abs. 1 Nr. 5, S. 167). Dennoch
ist zur Zeit noch davon auszugehen, dass diese Technik nicht gesichert ist
(vgl. Amtl.Bull. NR 1991 615).

    Neuerdings ist aus den USA bekanntgeworden, dass menschliche Klone
mittels ungeschlechtlicher Vermehrung von Zellen (durch Zellsplitting
und/oder Kerntransplantation) erzeugt worden sind. Das führt zu
entwicklungsfähigen Zellen mit identischem genetischem Material.

    bb) Die Doktrin hat sich der weitgefächerten komplexen Materie von
Reproduktionsmedizin und Gentechnologie im In- und Ausland in vermehrtem
Masse angenommen. Auf das Schrifttum kann an dieser Stelle nur vereinzelt
eingegangen werden. Doch gilt es anzumerken, dass das bundesgerichtliche
Präjudiz in der schweizerischen Doktrin - entsprechend der sich bei
diesem Thema scheidenden Geister - unterschiedlich aufgenommen worden ist
(vgl. etwa die Kritik bei CYRIL HEGNAUER, Künstliche Fortpflanzung und
persönliche Freiheit, in: ZBl 92/1991 S. 341; im Anschluss daran auch
ALFRED KÖLZ, Die staatsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im
Jahre 1989, in: ZBJV 127/1991 S. 476 ff.; zustimmend etwa MARINA MANDOFIA
BERNEY/OLIVIER GUILLOD, Liberté personnelle et procréation assistée,
in: SJZ 89/1993 S. 205; vgl. auch die Wiedergabe bei JÖRG PAUL MÜLLER,
Die Grundrechte der schweizerischen Bundesverfassung, Bern 1991, S. 16;
ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 3.
Auflage 1993, Rz. 1177b S. 383).

    cc) Die Schweizerische Akademie für Medizinische Wissenschaften
hat Ende 1990 neue Ethische Richtlinien zur ärztlich assistierten
Fortpflanzung (Fassung 1990) erlassen. Die Richtlinien enthalten zu Beginn
eine Umschreibung von Begriffen (Ziff. 1). Sie erklären die assistierte
Fortpflanzung für vertretbar zur Erfüllung des Kinderwunsches eines Paares,
wenn andere Behandlungsmethoden aussichtslos sind und Erfolgschancen
bestehen sowie Risiken für Eltern und Kind ausgeschlossen werden können
(Ziff. 2). Die Methoden ärztlich assistierter Fortpflanzung dürfen
nur bei verheirateten oder bei in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden
unverheirateten Paaren angewendet werden, welche die Elternpflichten
gegenüber dem Kinde selber übernehmen wollen (Ziff. 3.1). Dabei dürfen nur
entweder Eizellen oder Samenzellen Dritter verwendet werden, nicht aber
gleichzeitig beides (Ziff. 3.2); die Verwendung gespendeter Keimzellen
ist nur bei der Behandlung verheirateter Paare zulässig (Ziff. 3.2). Den
Eltern und dem Kind sind auf deren Verlangen die Daten des Spenders
bekanntzugeben, mit Ausnahme derjenigen, welche dessen Identifikation
erlauben (Ziff. 8.2). Gespendete Keimzellen sollen höchstens während fünf
Jahren aufbewahrt werden, abgesehen von Fällen der Verwendung eigener
Keimzellen zur Zeugung eigener Kinder (Ziff. 10.1 und 10.2). Embryonen
dürfen nur während der laufenden Behandlung am Leben erhalten werden
(Ziff. 10.3). Menschliche Embryonen dürfen nicht als Forschungsobjekte
verwendet werden (Ziff. 11).

    dd) Hinsichtlich der ausländischen Rechtsentwicklung kann auf das sog.
Fortpflanzungsmedizingesetz von Österreich aus dem Jahre 1992 verwiesen
werden (Bundesgesetzblatt 1992 Nr. 275 S. 1299). Danach ist die medizinisch
unterstützte Fortpflanzung bei Ehen oder eheähnlichen Lebensgemeinschaften
als subsidiäre Methode zulässig (§ 2 Abs. 1). Die heterologe Insemination
ist erlaubt, die übrigen Techniken der assistierten Fortpflanzung nur
in homologer Form (§ 3). Das Gesetz regelt im einzelnen die Befugnis zur
Durchführung der medizinisch assistierten Fortpflanzung, die Beratung und
Zustimmung (§ 4-8). Entwicklungsfähige Zellen dürfen zu keinem andern
Zweck verwendet und nur zur Herbeiführung einer Schwangerschaft untersucht
werden; Eingriffe in die Keimbahn sind unzulässig (§ 9). Es dürfen in vitro
nur so viele Eizellen befruchtet werden, wie innerhalb eines Zyklus für
eine aussichtsreiche und zumutbare Behandlung notwendig sind (§ 10). Samen-
und Eizellen sowie entwicklungsfähige Zellen dürfen höchstens ein Jahr
aufbewahrt werden (§ 17). Dem Kind ist Auskunft über die den Spender
betreffenden Daten zu geben (§ 20). Im übrigen werden zivilrechtliche
Fragen im Zusammenhang mit der heterologen Insemination geregelt: So wird
vermutet, dass der Mann, der einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung
mit Samen eines Dritten in gerichtlicher oder notarieller Form zugestimmt
hat, der Vater des Kindes ist; der Samenspender kann diesfalls nicht
als Vater des mit seinem Samen gezeugten Kindes festgestellt werden;
hinsichtlich unehelicher Kinder können indessen auch Samenspender als
Vater des Kindes vermutet werden (§ 163 ABG).

    Von 1990 stammt das Gesetz zum Schutz von Embryonen der
Bundesrepublik Deutschland (Embryonenschutzgesetz, BGBl 1990 I 2746;
vgl. hierzu insbesondere ROLF KELLER/HANS-LUDWIG GÜNTHER/PETER KAISER,
Kommentar zum Embryonenschutzgesetz, Stuttgart/Berlin/Köln 1992;
BERNHARD LOSCH, Lebensschutz am Lebensbeginn: Verfassungsrechtliche
Probleme des Embryonenschutzes, in: NJW 1992 S. 2926 ff.). Danach wird
die missbräuchliche Anwendung von Fortpflanzungstechniken unter Strafe
gestellt (§ 1). Die künstliche Befruchtung ausserhalb des Körpers darf
ausschliesslich erfolgen für die Herbeiführung einer Schwangerschaft
(§ 1 Abs. 1 Ziff. 2). Es dürfen nur drei befruchtete Eizellen verwendet
werden (§ 1 Abs. 1 Ziff. 3 und 5). Jede andere Verwendung von künstlich
erzeugtem Leben wird als Straftat untersagt (§ 2). Heterologe Formen
der In-vitro-Fertilisation sind zulässig. Die künstliche Veränderung der
menschlichen Keimbahnzellen ist verboten (§ 5). Untersagt sind auch die
Klonen-, Chimären- und Hybridbildungen (§ 6 und 7).

    In Frankreich steht eine Gesetzgebung in Beratung, welche die
medizinisch unterstützte Fortpflanzung und insbesondere die IVF/ET stark
einschränkt und an strenge Bedingungen knüpft.

    d) Im Jahre 1989 stellten sich dem Bundesgericht im Verfahren
betreffend die st. gallische Gesetzgebung über die Reproduktionsmedizin
neuartige Probleme. Angesichts der schwer abschätzbaren technischen
Entwicklungen und der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen fehlten
dem Bundesgericht hinreichend fassbare Beurteilungsmassstäbe. Solche
Umstände und die Bestrebungen auf kantonaler und eidgenössischer Ebene
zur Verfassungs- und Gesetzgebung auf dem Gebiet der Fortpflanzungsmedizin
mahnten das Bundesgericht zu einer gewissen Zurückhaltung. Dennoch hatte es
aufgrund von Art. 113 BV seine Aufgabe als Verfassungsgericht wahrzunehmen
(BGE 115 Ia 234 E. c S. 244).

    In der Zwischenzeit ist die Bundesverfassung mit der erwähnten
Bestimmung von Art. 24novies über die Fortpflanzungs- und Gentechnologie
ergänzt worden. Diese neue Verfassungsnorm gilt es im vorliegenden
Verfahren aus folgenden Überlegungen in die Beurteilung miteinzubeziehen.

    Im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren wird geprüft, ob ein
kantonaler Erlass oder eine kantonale Verfügung vor der Verfassung (und
der Europäischen Menschenrechtskonvention) standhält. Es wird hierfür
auf die Rechtslage im Zeitpunkt von deren Verabschiedung abgestellt,
und neu eingetretene Umstände können nicht mehr berücksichtigt werden
(vgl. BGE 102 Ia 76 E. f S. 79). Von diesem Grundsatz ist im vorliegenden
Verfahren der abstrakten Normenkontrolle abzuweichen. Seit dem Erlass
des angefochtenen Gesetzes über die Reproduktionsmedizin beim Menschen
am 18. Oktober 1990 ist mit der eidgenössischen Volksabstimmung
vom 17. Mai 1992 die neue Bestimmung von Art. 24novies BV in Kraft
getreten und stellt nunmehr geltendes Bundesverfassungsrecht dar. Dem
im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle ergangenen Entscheid kommt
nach der Rechtsprechung keine eigentliche Rechtskraft zu; in einem
konkreten Einzelfall kann die kantonale Gesetzgebung erneut auf ihre
Vereinbarkeit mit der Bundesverfassung hin überprüft werden (BGE 119 Ia
141 S. 153, 114 Ia 350 E. 2 S. 355, 102 Ia 104 E. b S. 109, 102 Ia 279
E. 2 S. 282). In vergleichbaren Konstellationen hat das Bundesgericht auf
staatsrechtliche Beschwerde hin neu in Kraft getretenes, übergeordnetes
Recht mitberücksichtigt (vgl. BGE 117 Ia 147 E. c S. 151 f.). Der Einbezug
von Art. 24novies BV in die Beurteilung der vorliegenden Normenkontrolle
erweist sich in Anbetracht dieser Überlegungen als geboten. Daran vermag
auch der Umstand nichts zu ändern, dass sich die Beschwerdeführer in
ihrer staatsrechtlichen Beschwerde nicht auf die (damals noch nicht in
Kraft stehende) Bundesverfassungsbestimmung berufen haben; sowohl die
Beschwerdeführer als auch der Kanton Basel-Stadt konnten sich zu deren
Anwendung und Tragweite äussern.

    Die Ergänzung der Bundesverfassung durch Art. 24novies wirkt sich im
vorliegenden Fall auf die Art und Weise der Beurteilung des Bundesgerichts
aus. Es stehen mit diesen Bestimmungen klarere verfassungsrechtliche
Beurteilungsmassstäbe und Grundwertungen zur Verfügung, an denen das
Bundesgericht seine Entscheidfindung ausrichten kann. Unter diesem
Aspekt braucht es sich daher - anders als im Jahre 1989 - keine besondere
Zurückhaltung aufzuerlegen. Auf der andern Seite kann es indessen auch
nicht Sache des Bundesgerichts sein, dem Bundesgesetzgeber vorzugreifen
und den diesem durch Art. 24novies BV eingeräumten gesetzgeberischen
Spielraum auf dem Wege der abstrakten Kontrolle eines kantonalen
Erlasses einzuschränken. Unter diesem Gesichtswinkel gilt es daher bei der
Beurteilung der vorliegenden Beschwerde trotzdem eine gewisse Zurückhaltung
zu beachten.

Erwägung 5

    5.- Zur Anfechtung des Gesetzes des Kantons Basel-Stadt über die
Reproduktionsmedizin beim Menschen (GRM) berufen sich die Beschwerdeführer
hinsichtlich der Beschränkung der Methoden künstlicher Fortpflanzung
auf die persönliche Freiheit sowie auf Art. 8 und Art. 12 EMRK. Das
Hauptgewicht liegt bei der persönlichen Freiheit, so dass zuerst geprüft
werden soll, ob und inwiefern dieses ungeschriebene Verfassungsrecht
betroffen ist.

    a) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung schützt das
ungeschriebene Verfassungsrecht der persönlichen Freiheit als zentrales
Freiheitsrecht und verfassungsrechtlicher Leitgrundsatz nicht nur die
Bewegungsfreiheit und die körperliche Integrität, sondern darüber hinaus
alle Freiheiten, die elementare Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung
darstellen (BGE 113 Ia 1 S. 5 f., 97 I 45 E. 3 S. 49 f., mit Hinweisen); es
umfasst "toutes les libertés élémentaires dont l'exercice est indispensable
à l'épanouissement de la personne humaine" (BGE 114 Ia 186 E. 6 S. 290, mit
Hinweisen). Die persönliche Freiheit garantiert ein bestimmtes Mindestmass
an persönlicher Entfaltungsmöglichkeit und schützt den Bürger in der ihm
eigenen Fähigkeit, eine gewisse tatsächliche Begebenheit zu würdigen und
danach zu handeln (BGE 113 Ia 1 S. 6, 97 I 45 S. 49 f., mit Hinweisen). Das
Bundesgericht hat indessen wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass nicht
jeder beliebige Eingriff in den persönlichen Bereich des Bürgers die
Berufung auf das ungeschriebene Grundrecht rechtfertige; namentlich
hat die persönliche Freiheit nicht die Funktion einer allgemeinen
Handlungsfreiheit, auf die sich der Einzelne gegenüber jedem staatlichen
Akt, der sich auf seine persönliche Lebensgestaltung auswirkt, berufen kann
(BGE 114 Ia 286 E. 6 S. 290, 113 Ia 1 S. 6, mit Hinweisen), und schützt
daher nicht vor jeglichem physischen oder psychischen Missbehagen (BGE
119 Ia 178 E. 5 S. 187, 112 Ia 97 S. 100). Daher ist eine Grenzziehung
des Schutzbereichs der persönlichen Freiheit notwendig und im Einzelfall
angesichts von Art und Intensität der Beeinträchtigung zu suchen (BGE
108 Ia 59 S. 61, mit Hinweisen; zur ganzen Erwägung BGE 115 Ia 234 E. 5
S. 246).

    Es steht ausser Zweifel, dass etwa eine staatliche Geburtenregelung
und entsprechende Zwangsmassnahmen, mit denen die Zeugung von Kindern
eingeschränkt würde, das Grundrecht der persönlichen Freiheit berühren
würden. Damit aber lässt sich der vorliegende Fall nicht vergleichen. Denn
die Besonderheit liegt darin, dass nicht eine natürlich gegebene Fähigkeit
durch staatliche Massnahmen eingeschränkt und unter Berufung auf die
persönliche Freiheit in rechtlicher Hinsicht wiedererlangt werden soll. Die
umstrittene Regelung des Basler Gesetzgebers ordnet vielmehr den Zugang
zu den Techniken für Personen, die - einzeln oder als Paar betrachtet -
über eine reduzierte Fortpflanzungsfähigkeit verfügen. Solche Personen
möchten mit Hilfe bestimmter Methoden der Reproduktionsmedizin die
Voraussetzungen dafür schaffen, selber Kinder zu bekommen. Es geht demnach
darum, dass von der vorhandenen, aber reduzierten Fortpflanzungsfähigkeit
weiterhin Gebrauch gemacht werden kann und dass hierfür medizinische
Dienstleistungen und insbesondere die Anwendung moderner medizinischer
Reproduktionsmethoden in Anspruch genommen werden dürfen. In diesem Sinne
greift das Verbot einzelner Methoden der Fortpflanzungsmedizin in das
verfassungsmässige Recht der persönlichen Freiheit ein. Denn es ist nicht
zu verkennen, dass der Wunsch nach Kindern eine elementare Erscheinung
der Persönlichkeitsentfaltung darstellt. Kinder zu haben und aufzuziehen
bedeutet für viele Menschen eine zentrale Sinngebung ihres Lebens, und
ungewollte Kinderlosigkeit wird von den Betroffenen häufig als schwere
Belastung erlebt. Das gilt für alle Personen, die aus organischen Gründen
keine Kinder haben können oder für die eine natürliche Zeugung wegen
genetischer Belastung oder angesichts gesundheitlicher Risiken für die
Kinder nicht verantwortbar erscheint. Die Belastung trifft Mann und Frau
in vergleichbarer Weise. Die Beschränkung des Zugangs zu den modernen
Methoden künstlicher Fortpflanzungshilfen berührt die Beschwerdeführer
daher in ihrem Verfassungsrecht der persönlichen Freiheit (zum ganzen
Absatz BGE 115 Ia 234 S. 246 f.).

    b) An dieser auf das eben genannte Urteil aus dem Jahre 1989
zurückgehenden Praxis zur persönlichen Freiheit ist trotz der Kritik
des Grossen Rates auch im vorliegenden Fall in der eben umschriebenen
Form festzuhalten. Das Bundesgericht hat sie in seiner Rechtsprechung
bestätigt und den Eingriff in die persönliche Freiheit in einem konkreten
Fall, in dem ein Konkubinatspaar nicht zur IVF/ET zugelassen worden war,
als schwer bezeichnet (Urteil i.S. P. und R. vom 26. Oktober 1989, in:
RDAF 46/1990 S. 153). Die Bedenken des Grossen Rates, die im wesentlichen
auf die Kritik von CYRIL HEGNAUER (aaO) zurückgehen, betreffen Aspekte,
welche schon im Jahre 1989 bekannt waren. Der Umstand, dass die Berufung
auf die persönliche Freiheit gleichzeitig die Inanspruchnahme von
ärztlichen Dienstleistungen und die Mitwirkung von Dritten (nämlich
Ärzten und evtl. Spendern) mit sich bringt, ändert nichts daran, dass
die ungewollte Kinderlosigkeit von den Betroffenen als schwere Belastung
und Beeinträchtigung in einer zentralen Sinngebung des Lebens erlebt
wird. Die Betroffenen können daher grundsätzlich einen Anspruch auf
Nutzung ihrer reduzierten Fortpflanzungsfähigkeit erheben und verlangen,
dass entsprechende Methoden auf sie angewendet werden dürfen. An der
Betroffenheit in der persönlichen Freiheit vermag auch der Umstand nichts
zu ändern, dass aus diesem Grundrecht kein Anspruch auf eine entsprechende
Behandlung von seiten des Staates abgeleitet werden kann. Gesamthaft
rechtfertigt sich daher ein Abweichen von der bisherigen Praxis nicht, und
dies umso weniger, wenn Art. 24novies BV zur Grenzziehung der persönlichen
Freiheit beigezogen und dessen Gehalt mitberücksichtigt wird.

    Diese neue Bestimmung der Bundesverfassung enthält in Abs. 2 - neben
einem programmatischen Zweckartikel in Abs. 1 und einer Vorschrift zum
Keim- und Erbgut von Tieren, Pflanzen und anderen Organismen in Abs. 3 -
eine Kompetenzzuweisung an den Bund, Vorschriften über den Umgang mit
menschlichem Keim- und Erbgut zu erlassen. Dabei handelt es sich um eine
Bundeskompetenz mit nachträglich derogierender Wirkung. Dies bedeutet,
dass die Kantone bis zum Erlass entsprechender Normen auf Bundesebene
weiterhin zur Gesetzgebung befugt sind (vgl. BGE 115 Ia 234 S. 272 f.). Die
neue Vorschrift enthält indessen über die reine Kompetenzzuweisung
hinaus auch materielle Vorgaben. Diese richten sich entsprechend der
Kompetenzzuweisung in erster Linie an den Bundesgesetzgeber. Gleichermassen
stellen sie Grundentscheidungen verfassungsrechtlicher Natur dar, welche
auf die verfassungsrechtliche Zulässigkeit medizinisch unterstützter
Fortpflanzung weisen. Diese sind für die Grenzziehung der persönlichen
Freiheit heranzuziehen und insofern auch von der kantonalen Gesetzgebung zu
beachten. Es wird sich weiter hinten bei der Behandlung einzelner Methoden
zeigen, dass der Bundesverfassungsgeber gewisse Techniken in den Grundzügen
zulassen wollte bzw. solche seinen materiellen Vorgaben zugrunde legte.

    Demnach ist für die Behandlung des Verbotes einzelner Techniken
der Reproduktionsmedizin vom verfassungsmässigen Recht der persönlichen
Freiheit auszugehen, wie es sich aus der bisherigen Rechtsprechung und
in Anlehnung an die neue Bundesverfassungsbestimmung zur Fortpflanzungs-
und Gentechnologie ergibt.

    c) Die Beschwerdeführer beziehen sich ferner auf die Garantien der
Europäischen Menschenrechtskonvention. Nach Art. 8 EMRK hat jedermann
insbesondere Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens,
und Art. 12 EMRK räumt das Recht ein, eine Ehe einzugehen und eine
Familie zu gründen.

    Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung schützt Art. 8 EMRK u.a.
wesentliche Ausdrucksmöglichkeiten der menschlichen Persönlichkeit. Dazu
gehört sowohl der Schutz der Intimsphäre im allgemeinen als auch
das Sexualleben. Unter dem Gesichtswinkel von Art. 12 EMRK wird die
Familiengründung als Folge der Heirat verstanden. Hierzu zählt nach der
Doktrin auch das Recht, Kinder zu zeugen; ebenso kann darunter ein Anspruch
verheirateter Paare auf Adoption fallen (vgl. BGE 115 Ia 243 E. c S. 248,
mit Hinweisen auf die Rechtsprechung der Strassburger Organe sowie auf die
Doktrin; vgl. zusätzlich LUZIUS WILDHABER, Internationaler Kommentar zur
Europäischen Menschenrechtskonvention, 2. Lieferung April 1992, Rz. 124
ff. und 142 f. zu Art. 8).

    Das Bundesgericht hat im Entscheid zur St. Galler Gesetzgebung über
die Fortpflanzungsmedizin die Frage aufgeworfen, ob und inwiefern die
Garantien der EMRK durch Verbote einzelner Methoden betroffen werden,
hierbei auf befürwortende Autoren verwiesen und die Frage schliesslich
mangels entsprechender Entscheidungen der Strassburger Organe offenlassen
können (BGE 115 Ia 234 E. c S. 248). In der Zwischenzeit sind keine
neueren Entscheide bekanntgeworden, welche im vorliegenden Fall ein
abweichendes Vorgehen nahelegen würden. Eine eingehende Auseinandersetzung
mit den EMRK-Garantien erforderte zudem den Einbezug von Art. 14 EMRK,
der von den Beschwerdeführern indessen in keiner Weise angerufen
worden ist. Schliesslich zeigt die neuere Doktrin, dass aus dem Recht
auf natürliche Fortpflanzung nicht zwingend ein Recht auf künstliche
Fortpflanzung folgt und dass sehr vorsichtig zwischen den einzelnen
Reproduktionsmethoden, den verschiedenen Formen (homologe und heterologe)
sowie den weiteren Umständen (Ehepaare, Konkubinatspaare, alleinstehende
Personen) unterschieden und zusätzliche Aspekte wie etwa die Erzeugung
von überzähligen Embryonen einbezogen werden müssen (vgl. WILDHABER,
aaO, Rz. 182 ff.). Angesichts dieser Umstände sowie der Berufung der
Beschwerdeführer auf die persönliche Freiheit, welche zu einer umfassenden
Prüfung ihrer Rügen führt, kann auch im vorliegenden Fall die Anwendung
und die Tragweite von Art. 8 und Art. 12 EMRK offengelassen werden.

    d) Das Grundrecht der persönlichen Freiheit und die Inanspruchnahme
der Reproduktionsmedizin gelten indessen nicht absolut. Einschränkungen
sind zulässig, soweit sie auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage
beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sind. Zudem
darf die persönliche Freiheit weder völlig unterdrückt noch ihres Gehaltes
als Institution der Rechtsordnung entleert werden (BGE 113 Ia 325 S. 327
f., 112 Ia 161 S. 162, 112 Ia 248 S. 249, 109 Ia 273 S. 281 und 289 f.,
mit Hinweisen); von einer Beeinträchtigung des Kerngehalts der persönlichen
Freiheit kann beim angefochtenen Erlass nicht gesprochen werden. Welche
Beschränkungen der persönlichen Freiheit unter dem Gesichtswinkel des
öffentlichen Interesses und der Verhältnismässigkeit zulässig sind,
ist mit Rücksicht auf die dem Wandel unterworfene ethische Wertordnung
und in Anbetracht der sich verändernden Sozialverhältnisse zu prüfen
(BGE 97 I 45 S. 50). Die Beurteilung des öffentlichen Interesses und der
Verhältnismässigkeit von Einschränkungen kann in bezug auf den vorliegenden
Fall zum einen nicht generell für sämtliche Methoden der künstlichen
Fortpflanzung vorgenommen werden. Zum andern ist zu unterscheiden zwischen
der Frage nach dem absoluten Verbot gewisser Behandlungsmethoden und,
im Falle ihrer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit, der Beurteilung,
in welchem Ausmasse und unter welchen Bedingungen und Modalitäten von
ihnen Gebrauch gemacht werden darf. In bezug auf die letztere Frage kommt,
wie unten auszuführen ist, dem Kindeswohl zentrale Bedeutung zu (vgl. zum
ganzen Absatz BGE 115 Ia 234 E. b S. 247).

Erwägung 6

    6.- Das basel-städtische Gesetz betreffend die Reproduktionsmedizin
beim Menschen lässt nach § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 2
lit. a und § 3 die künstliche Insemination in der homologen Form bei
Ehepaaren und Paaren, die in vergleichbarer Gemeinschaft leben, zu.
Demgegenüber schliesst es aufgrund von § 4 Abs. 2 lit. a GRM die künstliche
Insemination mit Spendersamen generell aus. Die Beschwerdeführer fechten
dieses generelle Verbot der heterologen Insemination mit Berufung auf die
persönliche Freiheit und unter Verweis auf die bisherige Rechtsprechung
an und ersuchen um dessen Aufhebung.

    Es ist bereits oben ausgeführt worden, dass das Verbot oder
die Einschränkung einzelner Methoden der künstlichen Fortpflanzung
einen Eingriff in die persönliche Freiheit darstellt, auf die sich die
Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren berufen können. Das gilt auch
für § 4 Abs. 2 lit. a GRM. Es ist daher zu prüfen, ob hierfür überwiegende
öffentliche Interessen bestehen und ob die Massnahme verhältnismässig ist.

    a) Das Bundesgericht hat sich in seinem Urteil aus dem Jahre
1989 eingehend mit der Frage nach der Zulässigkeit eines Verbotes
der heterologen Insemination auseinandergesetzt und mit ausführlicher
Begründung befunden, dass ein solches vor der persönlichen Freiheit nicht
standhalte (BGE 115 Ia 234 E. 6a S. 249). Es ist davon ausgegangen, dass
die Methode der Insemination als solche - wie auch im vorliegenden Fall
nach § 4 Abs. 1 GRM - nicht untersagt ist und ihr keine gesundheitlichen
Gründe entgegenstehen. Es ist auf die psychischen Risikofaktoren
eingegangen, welche bei Ehepaaren angesichts des Vorhandenseins fremden
Erbgutes bei den eigenen Kindern entstehen könnten, hat aber angefügt,
dass die gefühlsmässige Bindung zu derart gezeugten Kindern nicht schwächer
sei und dass sich die Frage der Aufklärung nicht wesentlich anders stelle
als bei Adoptivkindern. Es hat weiter die schwierige Problematik der
Auswahl der Samenspender aufgegriffen und dabei entsprechende Weisungen
und Kontrollen zur Vermeidung von Missbräuchen oder von unerwünschten
Blutsverwandtschaften als hinreichend bezeichnet. Schliesslich ist in
rechtlicher Hinsicht ausgeführt worden, dass Schwierigkeiten in bezug auf
den familienrechtlichen Status und in bezug auf die Anonymität der Spender
bei entsprechender umfassender Information und allfällig einschränkenden
Bedingungen das st. gallische Verbot der heterologen Insemination
verfassungsrechtlich nicht hinreichend zu begründen vermöchten.

    b) Der Grosse Rat stellt diese Überlegungen in Frage und versucht
in seiner Vernehmlassung, das Verbot der heterologen Insemination
in verschiedener Hinsicht zu rechtfertigen. Seine ernsthaften und
grundlegenden Bedenken und Hinweise zeugen von seiner grossen
Verantwortung. Sie enthalten indessen keine grundlegend neuen
Gesichtspunkte, welche es rechtfertigten, von der bisherigen, im Jahre
1989 ausführlich begründeten Rechtsprechung abzuweichen. Gesundheitliche
Risiken, etwa im Zusammenhang mit AIDS, können zwar nicht in absoluter
Weise, in der Praxis indessen mit entsprechenden gesetzlichen Regeln
oder Richtlinien und entsprechender Kontrolle hinreichend ausgeschlossen
werden. Die Problematik um die Auswahl der Spender vermag ein absolutes
Verbot nicht zu begründen. Dasselbe gilt für manche rechtliche Frage,
die sich im Zusammenhang mit der Heterologie stellt und auf die das
Bundesgericht einlässlich eingegangen ist. In bezug auf das Kind mag
zutreffen, dass es möglicherweise leichter verstehen wird, im Falle
einer Adoption mangels Sorge der leiblichen Eltern von den Adoptiveltern
aufgenommen worden zu sein, als wegen der Zeugungsunfähigkeit des
sozialen Vaters mittels heterologer Insemination gezeugt worden zu
sein; dem kann eine ausgeprägte Bindung der Eltern an heterolog gezeugte
Kinder gegenüberstehen (vgl. JAN STEPAN, Rechtsvergleichende Gedanken zur
Regelung der heterologen Insemination, in: Mélanges en l'honneur d'Alfred
von Overbeck, Fribourg 1990, S. 559 ff.). Auch bei einer gesamthaften
Betrachtung all dieser Einwendungen rechtfertigt es sich unter dem
Gesichtswinkel der Verhältnismässigkeit nicht, von der bisherigen Praxis
abzuweichen. Dies drängt sich umso weniger auf, wenn Art. 24novies BV
und seine Entstehungsgeschichte in Betracht bezogen werden.

    c) Art. 24novies BV enthält in seiner Bestimmung von Abs. 2 lit. c,
welche dem Bundesgesetzgeber Leitlinien zur Rechtssetzung auf dem Gebiete
der Fortpflanzungshilfe vorschreibt, nur indirekte Anhaltspunkte zur Frage
der Zulässigkeit der Insemination mit Spendersamen. Bei der Erarbeitung
der neuen Bundesverfassungsnorm hat sich der Verfassungsgeber indessen
intensiv mit dieser Frage auseinandergesetzt und ein Verbot der heterologen
Insemination klar verworfen.

    Im Nationalrat ist die Problematik gerade auch auf dem Hintergrund der
vom Grossen Rat vorgebrachten Bedenken diskutiert worden. So ist zum einen
in allgemeiner Weise eine restriktive Gesetzgebung mit weitestgehender
Beschränkung der heterologen Insemination gefordert worden (Votum Seiler,
Amtl.Bull. NR 1991 563 und Votum Segmüller, Amtl.Bull NR 1991 613). Auf
Verfassungsstufe wurde ausdrücklich ein Zusatz verlangt, wonach die
künstliche Befruchtung mit Verwendung fremder Keimzellen beim Menschen
unzulässig sei (Antrag Nussbaumer, Amtl.Bull. NR 1991 601). Dieser
Antrag löste eine breite Diskussion aus, in der trotz der Bedenken gegen
heterologe Formen der Reproduktionsmedizin ein Verbot der heterologen
Insemination als ungeeignete Massnahme bezeichnet wurde; die vorberatende
Kommission setzte die Zulässigkeit der Heterologie voraus und verwies die
Lösung von Einzelproblemen auf die Stufe der Gesetzgebung; der Bundesrat
widersetzte sich dem vorgeschlagenen Verbot ebenfalls (Amtl.Bull. NR 1991
619-622). Der Antrag wurde schliesslich klar verworfen (Amtl.Bull. NR 1991
622). Vorgängig ist der Ständerat als Erstrat davon ausgegangen, dass die
heterologe Insemination auf Verfassungsstufe nicht untersagt werden solle
(vgl. Votum Hänsenberger Amtl.Bull. SR 1990 489). Soweit ersichtlich
ist die Frage eines verfassungsrechtlichen Verbotes der heterologen
Insemination in der Folge nicht mehr aufgegriffen und diskutiert worden.

    Diese Meinungsäusserungen haben schliesslich in der neuen
Verfassungsbestimmung auch ihren Niederschlag gefunden. Nach Art. 24novies
Abs. 2 lit. c BV sollen die Verfahren der Fortpflanzungshilfe u.a. nur
dann angewendet werden dürfen, wenn die Unfruchtbarkeit oder die Gefahr
der Übertragung einer schweren Krankheit nicht anders behoben werden
kann. Die Behebung der Unfruchtbarkeit oder der Ausschluss der Gefahr der
Übertragung schwerer Krankheiten muss es erforderlich machen, dass fremde
Keimzellen verwendet werden. Im einzelnen wird der Bundesgesetzgeber
Zulässigkeit und Umfang der Verwendung fremder Keimzellen umschreiben
müssen. Für den vorliegenden Fall kann daraus der Schluss gezogen
werden, dass Art. 24novies BV kein absolutes Verbot der Heterologie
vorsieht und dass der Bundesverfassungsgeber ein generelles Verbot der
heterologen Insemination auf der Stufe der Verfassung ablehnte, vielmehr
deren Zulässigkeit seinen materiellen Vorgaben zur Fortpflanzungshilfe
zugrunde legte.

    d) Diese Erwägungen ergeben, dass sich nach der bisherigen
Rechtsprechung zur persönlichen Freiheit und speziell auch unter
Mitberücksichtigung der neu in Kraft getretenen Verfassungsbestimmung von
Art. 24novies BV ein generelles Verbot der Insemination mit Spendersamen
nicht aufrechterhalten lässt. Es ist demnach festzuhalten, dass § 4
Abs. 2 lit. a GRM in der vorliegenden Form gegen die verfassungsrechtlich
geschützte persönliche Freiheit verstösst. Die vorliegende Beschwerde
erweist sich demnach in diesem Punkt als begründet, und dementsprechend
ist die Vorschrift von § 4 Abs. 2 lit. a GRM aufzuheben.

    In § 3 GRM wird "das zulässige Verfahren" erwähnt; aus der Systematik
des angefochtenen Gesetzes bezieht sich der Ausdruck einzig auf die
homologe künstliche Insemination. Die Beschwerdeführer leiten daraus ab,
dass der Ausdruck "das zulässige Verfahren" zu streichen sei, um auch
weitere Methoden wie die heterologe Insemination zuzulassen und damit
das Gesetz in den Rahmen der Verfassungsmässigkeit zurückzuführen. Dies
erweist sich indessen nicht als notwendig, da mit der Gutheissung der
Beschwerde und der Aufhebung der Verbotsnorm von § 4 Abs. 2 lit. a GRM die
künstliche Insemination mit Spendersamen von Verfassungs wegen zugelassen
ist. Das gleiche wird sich bei der Prüfung von § 4 Abs. 2 lit. c, d und
e GRM zeigen. Der Antrag um Aufhebung der Worte "das zulässige Verfahren"
in § 3 GRM ist daher abzuweisen.

    e) Mit der Streichung von § 4 Abs. 2 lit. a GRM stellt sich die Frage,
unter welchen Bedingungen die heterologe Insemination zuzulassen ist und
in welcher Hinsicht sie eingeschränkt werden kann.

    aa) Die vom angefochtenen Gesetz betreffend die Reproduktionsmedizin
beim Menschen in der homologen Form zugelassene künstliche Insemination
darf nach § 4 Abs. 3 GRM nur von einer zur Ausübung des Arztberufes
berechtigten Person vorgenommen werden; die Vornahme bedarf nach § 7
Abs. 1 GRM der schriftlichen Einwilligung des Paares und erfordert im
Sinne von § 7 Abs. 2 und Abs. 3 GRM eine entsprechende Information und
Aufklärung. Diese nicht angefochtenen und verhältnismässigen Bedingungen
und Auflagen haben nach dem Sinn und der Systematik des angefochtenen
Erlasses erst recht für die nunmehr im Grundsatz zuzulassende künstliche
Insemination mit Samenzellen eines Dritten Gültigkeit. Ferner findet §
6 GRM Anwendung, wonach Eingriffe in das Erbgut und die Einflussnahme
auf das Geschlecht oder die Erbeigenschaften des Kindes untersagt sind
(vgl. auch Art. 24novies Abs. 2 lit. c Satz 1 am Ende). Dem kantonalen
Gesetzgeber kommt schliesslich ein gewisser Spielraum zu, die heterologe
Insemination an weitere Bedingungen zu knüpfen (vgl. BGE 115 Ia 234 S. 258
f.). Schliesslich sieht Art. 24novies BV bereits auf Verfassungsstufe
gewisse Bedingungen für den Zugang zur Fortpflanzungshilfe vor; diese
soll nur angewendet werden, wenn die Unfruchtbarkeit oder die Gefahr
der Übertragung einer schweren Krankheit nicht anders behoben werden
kann. Ebenso gilt es Art. 24novies Abs. 2 lit. g BV zu beachten, wonach
einer Person Zugang zu den Daten über ihre Abstammung zu gewährleisten
ist (vgl. BGE 115 Ia 234 E. d S. 254; MANDOFIA BERNEY/GUILLOD, aaO,
S. 209 ff.). - Auf diese Bedingungen und Auflagen braucht im vorliegenden
Zusammenhang nicht näher eingegangen zu werden.

    bb) Es stellt sich im weitern die Frage, ob die künstliche
Insemination mit Spendersamen sowohl bei verheirateten Ehepaaren wie auch
bei Konkubinatspaaren, die in einer vergleichbaren Gemeinschaft leben,
angewendet werden dürfe. Die Beschwerdeführer werfen dieses Problem nicht
ausdrücklich auf und verlangen mit ihrer Verfassungsbeschwerde nicht, dass
die heterologe Insemination Ehepaaren und Konkubinatspaaren offengehalten
werden müsse. Es braucht daher im folgenden nur kurz darauf eingegangen
zu werden.

    Zu dieser Frage lässt sich weder Art. 24novies BV noch den
Materialien eine Antwort entnehmen. Auf Bundesebene wird demnach der
Bundesgesetzgeber im Rahmen des ihm eingeräumten Spielraumes darüber zu
befinden haben. Das bedeutet, dass es zur Zeit in erster Linie Sache des
kantonalen Gesetzgebers ist, zu entscheiden und im einzelnen festzulegen,
ob und unter welchen Bedingungen die heterologe Form der artifiziellen
Insemination Ehepaaren und Konkubinatspaaren offenstehen soll.

    Das Bundesgericht hat in seinem Entscheid zur St. Galler Gesetzgebung
zu diesem Fragenkomplex nicht abschliessend Stellung genommen. Es hat dazu
ausgeführt, dass die Bestimmungen des Schweizerischen Zivilgesetzbuches
im Falle der heterologen Insemination bei Konkubinatsverhältnissen keine
rechtliche Vaterschaft entstehen lassen. Eine solche kann auch nicht
in rechtsverbindlicher Weise hergestellt werden, da eine Anerkennung im
Sinne von Art. 260 ZGB nach Art. 260a ff. ZGB ohne weiteres angefochten
werden könnte. Die fehlende rechtliche Vaterschaft führt zudem zu
schwierigen erbrechtlichen Problemen. Unter dem Gesichtswinkel des
Kindeswohls und damit aus öffentlichen Interessen könnte es daher
gerechtfertigt sein, die Zahl der Kinder, die keinen rechtlichen Vater
haben, nicht zu vergrössern und damit die heterologe Insemination auf
verheiratete Ehepaare zu beschränken; dem stünden die Einschränkungen der
persönlichen Freiheit und die Privilegierung der Ehe nicht grundsätzlich
entgegen (BGE 115 Ia 234 E. c S. 252). Dem kann angefügt werden, dass
die Medizinisch-ethischen Richtlinien heute die Verwendung gespendeter
Keimzellen bei in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Konkubinatspaaren
ausschliessen (Ziff. 3.2). - Diese Erwägungen zeigen, dass die persönliche
Freiheit keinen unbedingten Anspruch von Konkubinatspaaren auf Zulassung
zur heterologen Insemination einräumt und es die Kantone in der Hand haben,
die heterologe Insemination auf verheiratete Ehepaare zu beschränken.

    Unter Beachtung dieser Erwägungen ist es demnach Sache des
kantonalen Gesetzgebers, in eigenständiger Weise den Ehepaaren und den
Konkubinatspaaren einen Anspruch auf Anwendung der heterologen Form
der artifiziellen Insemination einzuräumen oder sie aber den Ehepaaren
vorzubehalten. Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt wird daher beurteilen
müssen, ob und in welcher Weise er gestützt auf das vorliegende Urteil
neu legiferieren will.

    cc) In der Zwischenzeit wird sich zudem die Frage stellen, wie das
angefochtene Gesetz angesichts der Aufhebung von § 4 Abs. 2 lit. a GRM
zu verstehen ist. Mit der grundsätzlichen Zulassung der heterologen
Insemination könnte diese gestützt auf § 3 GRM auch für stabile
Konkubinatspaare als zugelassen betrachtet werden. Ebenso könnte die
Meinung vertreten werden, dass der Gesetzgeber historisch gesehen
nur das eine zulässige Verfahren der homologen Insemination sowohl
für Ehepaare als auch Konkubinatspaare zulassen wollte und daher mit
der Aufhebung des Verbotes der heterologen Insemination die Ausdehnung
der Methoden nicht ohne weiteres auch für die Konkubinatspaare gelten
solle. - Wie es sich damit verhält, kann im vorliegenden abstrakten
Normenkontrollverfahren offengelassen werden. Wie dargetan, kann der
kantonale Gesetzgeber in dieser Hinsicht weitere Anordnungen treffen. Es
ist bis dahin von den Behörden darüber zu entscheiden, ob gestützt auf den
nunmehr korrigierten Gesetzestext auch Konkubinatspaare zur heterologen
Insemination zuzulassen sind. Dabei dürfen die Behörden berücksichtigen,
dass das Verfassungsrecht der persönlichen Freiheit keinen unbedingten
Anspruch von Konkubinatspaaren auf Zulassung zur heterologen Insemination
einräumt und gestützt auf dieses Verfassungsrecht auch kein Anspruch auf
eine entsprechende Leistung gegenüber dem Staat erhoben werden kann.

Erwägung 7

    7.- § 4 Abs. 2 lit. d und lit. e GRM verbieten die
In-vitro-Fertilisation (IVF) mit anschliessendem Embryotransfer (ET). Unter
In-vitro-Fertilisation wird nach § 2 Abs. 3 GRM die in einem Gefäss
ausserhalb des Mutterleibes herbeigeführte Verschmelzung und Befruchtung
von instrumentell entnommenen Eizellen mit Samenzellen verstanden;
der anschliessende Embryotransfer ist entsprechend § 2 Abs. 4 GRM die
Einführung der sich entwickelnden Frucht in die Gebärmutter (vgl. auch
die Umschreibungen in BBl 1989 III 1042 ff. und 1164 ff.). Auch diese
beiden Bestimmungen von § 4 Abs. 2 lit. d und lit. e GRM fechten die
Beschwerdeführer unter zulässiger Berufung auf die persönliche Freiheit
an und verlangen deren Aufhebung. Es wird zu prüfen sein, ob für dieses
absolute Verbot hinreichende öffentliche Interessen bestehen und ob diese
die privaten Interessen überwiegen.

    a) Das Bundesgericht hat sich im Jahre 1989 eingehend mit der
Problematik der In-vitro-Fertilisation mit anschliessendem Embryotransfer
auseinandergesetzt und die sich gegenüberstehenden Interessen sorgfältig
abgewogen (BGE 115 Ia 234 E. 9 S. 262). Es kann entgegen der Auffassung des
Grossen Rates nicht gesagt werden, es habe nur einzelne Aspekte isoliert
betrachtet und damit die Frage der Zulassung der IVF/ET nie im Rahmen
einer umfassenden Interessenabwägung beurteilt. Im einzelnen hat das
Bundesgericht dem Umstand, dass die Krankenkassen nicht gehalten sind,
entsprechende Behandlungen zu übernehmen (vgl. neu BGE 119 V 26), keine
Bedeutung zugemessen. Es hat sich detailliert mit der Problematik des
Schicksals und der Verwendung von (überzähligen) Embryonen und den damit
zusammenhängenden Missbrauchsgefahren auseinandergesetzt. Angesichts des
Umstandes, dass mit der Befruchtung einer Eizelle in bezug auf das Erbgut
eine menschliche Individualität determiniert ist, kann das Schicksal des
Embryos in vitro für die Rechtsgemeinschaft in der Tat nicht gleichgültig
sein. Soweit solche Embryos der Mutter eingepflanzt werden, werden sie
einer natürlichen Entwicklung zugeführt. Die Embryos in vitro geniessen den
strafrechtlichen Schutz von Art. 118 ff. StGB nicht. Es stellt sich bei der
In-vitro-Fertilisation mit Embryotransfer allerdings die sehr ernsthafte
Frage nach der Verwendung und dem Schicksal von überzähligen Embryonen und
den damit verbundenen Gefahren von Missbräuchen. Unter dem Gesichtswinkel
der Verhältnismässigkeit kommt indessen nicht nur ein absolutes Verbot der
Methode in Frage. Denkbar ist etwa eine Regelung, wonach keine überzähligen
Eizellen in vitro befruchtet werden und alle so entstandenen Embryonen der
Wunschmutter eingepflanzt werden. Trotz der damit verbundenen Nachteile
und in Anbetracht weiterer Massnahmen erachtete das Bundesgericht ein
absolutes Verbot der In-vitro-Fertilisation mit Embryotransfer unter dem
Gesichtswinkel der persönlichen Freiheit als unhaltbar.

    b) Der Grosse Rat hält die Methode der IVF/ET für ausserordentlich
aufwendig, hochtechnisiert und für die betroffenen Frauen mit erheblichen
Eingriffen und Einschränkungen verbunden. Er führt im einzelnen aus, die
Erfolgsquote betrage bescheidene 5 Prozent. Die Methode sei mit erheblichen
gesundheitlichen Risiken verbunden. Mit der Zulassung von IVF/ET stellten
sich grosse Probleme in bezug auf die überzähligen Embryonen. Die
Embryonen verdienten einen ganz besondern Schutz. Sodann weist der
Grosse Rat auf die enormen Missbrauchsgefahren hin. Zusammenfassend
vertritt er die Auffassung, bei einer gesamthaften Berücksichtigung aller
Interessen lasse sich das Verbot der IVF/ET als verhältnismässig und damit
verfassungsrechtlich gerechtfertigt betrachten. - Demgegenüber berufen
sich die Beschwerdeführer auf die bisherige Rechtsprechung und sprechen den
Argumenten des Grossen Rates ihre verfassungsrechtliche Berechtigung ab.

    Die Kritik des Grossen Rates zeugt auch in dieser Hinsicht von
Ernsthaftigkeit und Verantwortungsbewusstsein, ist nachvollziehbar und
gipfelt bei einer gesamthaften Betrachtung in die Frage nach dem "cui
bono". Dennoch vermag der Grosse Rat keine Aspekte aufzuzeigen, welche
nicht auch schon bei der Entscheidung über die gesetzliche Regelung
des Kantons St. Gallen bekannt gewesen und gesamthaft berücksichtigt
worden sind. Die Belastung der Frau darf in der Tat nicht verharmlost
werden, auch wenn sie sich einer entsprechenden Therapie aus eigenem
Willen unterzieht. Das Risiko häufigerer Mehrlingsschwangerschaften und
Kaiserschnittentbindungen sowie Frühgeburten ist nicht von entscheidendem
Gewicht. Wie schon im bundesgerichtlichen Präjudiz ist der Einwand
des möglichen Missbrauchs mit Embryonen sehr ernst zu nehmen. Beim
Befruchtungsvorgang in vitro kann es vorkommen, dass entwicklungsunfähige
Embryonen entstehen, die nicht eingepflanzt werden können. Für solche Fälle
bedarf es einer eingehenden Kontrolle und Überwachung über die weitere
Verwendung. Dasselbe gilt hinsichtlich des Umstandes, dass bereits mit der
Gewinnung von Samen- und insbesondere Eizellen eine potentielle Gefahr von
Missbräuchen geschaffen wird. Für sich allein genommen stellt die geringe
Erfolgsquote von lediglich rund 5 Prozent auch nach der Auffassung des
Grossen Rates keinen hinreichenden Grund für ein Verbot der IVF/ET dar;
er weist aber darauf hin, dass bei diesem Verfahren eine grosse Zahl von
Embryonen erzeugt und eingepflanzt werden müssen, um in einem einzigen
Fall mit einer erfolgreichen Geburt rechnen zu können. Auch bei erneuter
Prüfung vermögen diese Vorbringen zu keinem andern Ergebnis zu führen,
so dass die bisherigen bundesgerichtlichen Erwägungen weiterhin Gültigkeit
haben und das prinzipielle Verbot der IVF/ET vor der persönlichen Freiheit
nicht standhält. - Wie schon im Zusammenhang mit der heterologen Form
der künstlichen Insemination ausgeführt (oben E. 6c), wird die bisherige
Rechtsprechung zur IVF/ET auch durch den neuen Verfassungsartikel und
dessen Entstehungsgeschichte bestärkt.

    c) Mit seiner Botschaft zum heutigen Art. 24novies BV schlug der
Bundesrat eine Kompetenzzuweisung an den Bundesgesetzgeber vor, die
Befruchtung menschlicher Eizellen und die Entwicklung von menschlichen
Embryonen und Föten ausserhalb des Mutterleibes zu regeln. Dem
Ständerat als Erstrat lag eine Fassung seiner Kommission vor, welche
die Befruchtung menschlicher Eizellen ausserhalb des Mutterleibes unter
den vom Gesetz festzulegenden Bedingungen erlaubt (Kommissionsfassung zu
Art. 24octies Abs. 2 lit. d, Amtl.Bull. SR 1990 487 f.). Dementsprechend
gingen die Ratsmitglieder von der grundsätzlichen, aber im einzelnen zu
regelnden Zulässigkeit der IVF/ET aus (vgl. Voten Hänsenberger, Simmen und
Masoni, Amtl.Bull. SR 1990 489, 490 und 491). Der Nationalrat führte eine
ausgedehnte Debatte zur Frage, ob die In-vitro-Fertilisation im Grundsatze,
wenn auch nur unter einschränkenden Bedingungen, zuzulassen oder aber
ganz generell bereits auf Verfassungsstufe zu untersagen sei. Der Rat
ging dabei auf die verschiedensten Probleme und insbesondere auch auf
die Frage der Verwendung und des Schicksals von überzähligen Embryonen
ein. Schliesslich hat er einen ausdrücklichen Antrag, die Befruchtung
menschlicher Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau zu verbieten, unter
Namensaufruf abgelehnt (Amtl.Bull. NR 1991 601 (Antrag der Minderheit II)
und 617 f. (Abstimmung) sowie S. 602 ff. (Diskussion)). Der Ständerat
behandelte die Frage im Sinne einer prinzipiellen Zulässigkeit darauf
erneut (Amtl.Bull. SR 1991 450 ff. (Diskussion) und 457 (Abstimmung)). Das
Ergebnis der parlamentarischen Beratung hierzu ist die heutige Bestimmung
von Art. 24novies Abs. 2 lit. c BV, wonach die Befruchtung menschlicher
Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau nur unter den vom Gesetz
festzulegenden Bedingungen erlaubt ist; dabei dürfen nur so viele
menschliche Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau zu Embryonen
entwickelt werden, als ihr sofort eingepflanzt werden können. Diese
Bestimmung setzt die Zulässigkeit der Methode der In-vitro-Fertilisation im
Grundsatz voraus; es wird in der Folge Sache des Bundesgesetzgebers sein,
die Bedingungen und Auflagen für den Zugriff auf die In-vitro-Fertilisation
mit Embryotransfer zu umschreiben.

    Damit geht aus der Entstehungsgeschichte hervor, dass der
Bundesverfassungsgeber ein generelles Verbot der In-vitro-Fertilisation
auf der Stufe der Verfassung ablehnte und die Zulässigkeit dieser Methode
den materiellen Vorgaben zur Fortpflanzungshilfe zugrunde legte.

    d) Diese Erwägungen zeigen, dass sich das generelle Verbot der
In-vitro-Fertilisation mit anschliessendem Embryotransfer sowohl nach der
bisherigen Rechtsprechung zur persönlichen Freiheit als auch speziell unter
Mitberücksichtigung der neu in Kraft getretenen Verfassungsbestimmung
von Art. 24novies BV nicht aufrechterhalten lässt. Es ist demnach
festzustellen, dass § 4 Abs. 2 lit. d und lit. e GRM in der vorliegenden
Form gegen die verfassungsrechtlich geschützte persönliche Freiheit
verstösst. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als begründet,
und dementsprechend sind die Verbote von § 4 Abs. 2 lit. d und lit. e
GRM aufzuheben.

    e) In gleicher Weise wie bei der heterologen Insemination stellt
sich mit der Streichung von § 4 Abs. 2 lit. d und lit. e GRM auch im
vorliegenden Zusammenhang die Frage, unter welchen Bedingungen die IVF/ET
zuzulassen ist und in welcher Hinsicht sie eingeschränkt werden kann.

    aa) Nach dem Sinn und der Systematik des angefochtenen Gesetzes hat
das Verbot des Eingriffs in das Erbgut und der Einflussnahme auf Geschlecht
und Erbeigenschaften des Kindes (§ 6 GRM) auch für die IVF/ET Gültigkeit;
ferner gelten die Erfordernisse der schriftlichen Einwilligung sowie der
Information und Aufklärung (§ 7 GRM). Eine IVF/ET kann nicht ohne Beizug
eines Arztes vorgenommen werden (§ 4 Abs. 3 GRM). Und in gleicher Weise
sind die Vorschriften nach § 8 GRM zu beachten. Schliesslich dürfen
die Verfahren der Fortpflanzungshilfe nach Bundesverfassungsrecht nur
angewendet werden, wenn die Unfruchtbarkeit oder die Gefahr der Übertragung
einer schweren Krankheit nicht anders behoben werden kann (Art. 24novies
Abs. 2 lit. c Satz 1 BV).

    Schranken ergeben sich ferner aus der ernstzunehmenden Gefahr des
Missbrauchs im Umgang mit Embryonen in vitro, der es mit wirksamen
Massnahmen zu begegnen gilt (vgl. BGE 115 Ia 234 S. 265). Die
Bundesverfassung schreibt zudem mit Art. 24novies Abs. 2 lit. c Satz 3
vor, dass nur so viele menschliche Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau
entwickelt werden dürfen, als ihr sofort eingepflanzt werden können. In
den Beratungen der Eidgenössischen Räte bildete gerade diese Frage einen
zentralen Punkt der Diskussion (vgl. Amtl.Bull. NR 1991 601 (Antrag
Minderheit I), 601 ff. (Diskussion) und 617 f. (Abstimmung)). Mit der
heutigen Verfassungsnorm ging es dem Verfassungsgeber darum, Missbräuche
mit sog. überzähligen Embryonen zum vornherein zu unterbinden. Auch
sie bildet, obwohl sie in erster Linie eine materielle Vorgabe für den
Bundesgesetzgeber darstellt, eine inhaltliche Schranke für den kantonalen
Gesetzgeber sowie die Praxis in den Kantonen.

    bb) Neben diesen Randbedingungen verfügt der kantonale Gesetzgeber über
einen breiten Spielraum, die Voraussetzungen und den Zugang zur IVF/ET
festzulegen, solange der Bundesgesetzgeber noch keine Ausführungsnormen
zu Art. 24novies BV erlassen hat. Die Rechtsprechung und die Materialien
zur BV-Novelle geben keine Hinweise darauf, ob die IVF/ET sowohl den
Ehepaaren als auch den stabilen Konkubinatspaaren offenstehen soll, wie
dies die Medizinisch-ethischen Richtlinien für die ärztlich assistierte
Fortpflanzung vorsehen (vgl. im übrigen BGE 115 Ia 234 E. e S. 267
sowie Amtl.Bull. SR 1990 478). Gleich verhält es sich mit der Frage der
Heterologie bei der IVF/ET (vgl. BGE 115 Ia 234 S. 266 f., Amtl.Bull.
SR 1990 478 sowie die Medizinisch-ethischen Richtlinien mit dem Verbot
der Heterologie bei unverheirateten Paaren nach Ziff. 3.2 Satz 2). Aus
dem ungeschriebenen Verfassungsrecht der persönlichen Freiheit kann kein
unbedingter Anspruch auf Zulassung zu allen Formen und Varianten der
In-vitro-Fertilisation abgeleitet und ebensowenig ein entsprechender
Anspruch auf Leistungen gegenüber dem Staat erhoben werden. Es ist
demnach Sache des kantonalen Gesetzgebers, im Rahmen der vorstehenden
Bedingungen gestützt auf das eigene Recht den Zugang zur IVF/ET zu
umschreiben, entsprechende Ansprüche einzuräumen oder aber Beschränkungen
zu erlassen. Auch in dieser Hinsicht wird der Grosse Rat darüber zu
entscheiden haben, ob er das Gesetz über die Reproduktionsmedizin beim
Menschen ergänzen will und in welchem Ausmasse die IVF/ET mit der Aufhebung
der Verbotsnorm von Art. 4 Abs. 2 lit. d und lit. e GRM als zugelassen
gelten soll. Wie vorne im Zusammenhang mit der heterologen Insemination
ausgeführt (E. 6e/cc), wird über die Auslegung des nunmehr noch bestehenden
Gesetzestextes allenfalls im Einzelfall entschieden werden müssen.

Erwägung 8

    8.- § 4 Abs. 2 lit. c GRP untersagt den intratubaren Gametentransfer
(gamete intrafallopian transfer, GIFT). Darunter wird die künstliche
Einführung von Samen- und Eizellen in den Eileiter zum Zwecke der
Verschmelzung verstanden (§ 2 Abs. 2 GRM; BBl 1989 III 1044 und 1169).

    a) Die Beschwerdeführer fechten auch dieses Verbot an. Sie
erklären, der intratubare Gametentransfer sei - abgesehen von
der homologen Insemination - die "harmloseste" aller künstlichen
Fortpflanzungsmethoden. Es entstehe dabei kein menschlicher Embryo
ausserhalb des Mutterkörpers. Die Keimzellen vereinigten sich im Körper
der Frau und würden lediglich zuvor künstlich dorthin verbracht. Selbst der
Kanton St. Gallen habe diese Form der Fortpflanzungshilfe nicht verboten.

    Demgegenüber räumt der Grosse Rat ein, es treffe wohl zu, dass sich
das Problem der überzähligen Embryonen beim GIFT insoweit nicht stelle,
als die Befruchtung im Mutterleib und nicht in vitro erfolge. Doch seien
die gesundheitlichen Risiken nicht geringer und sei die Erfolgsrate
nicht wesentlich höher. Es stelle sich das Problem des Absterbens von
Embryonen in ähnlicher Weise. Schliesslich sei auch die Missbrauchsgefahr
gegeben, bestehe diese doch immer dort, wo die Eizelle für Manipulationen
zur Verfügung stehe. Zwischen IVF/ET und GIFT bestehe somit kein
entscheidender Unterschied, der eine grundlegend andere Beurteilung
zwingend erfordere. Das Verbot des GIFT erweise sich somit aus denselben
Gründen wie dasjenige von IVF/ET als gerechtfertigt und verhältnismässig.

    b) Das Bundesgericht hat in seinem Entscheid vom Jahre 1989 keine
Ausführungen zum intratubaren Gametentransfer gemacht, da diese Methode
vom st. gallischen Gesetzgeber ausdrücklich zugelassen worden war
(vgl. BGE 115 Ia 234 S. 238). Ein Vergleich mit der IFV/ET drängt sich
insofern auf, als auch beim GIFT zuerst Samen- und Eizellen gewonnen
werden müssen, was bei der Frau mit einem Eingriff verbunden ist. Der
intratubare Gametentransfer unterscheidet sich indessen grundlegend von
der IVF/ET dadurch, dass keine Befruchtung in vitro erfolgt und demnach
keine Embryonen ausserhalb des Körpers der Frau entstehen; vielmehr
werden die Keimzellen gemeinsam in den Eileiter eingeführt, damit sie
sich im Körper verschmelzen können. Damit entfällt die Problematik um die
Verwendung überzähliger Embryonen zum vornherein. Nicht ins Gewicht fällt,
dass im Falle einer Verschmelzung der Keimzellen das dadurch entstandene
Embryo in gleicher Weise wie bei einer natürlichen Befruchtung abgestossen
werden kann. Und auch die Missbrauchsgefahr wird bei dieser Sachlage in
entscheidendem Masse verringert. Die relativ geringe Erfolgsrate stellt
unter dem Gesichtswinkel der Verhältnismässigkeit keinen Umstand dar,
der das Verbot der Methode zu rechtfertigen vermöchte.

    Da bereits die In-vitro-Fertilisation verfassungsrechtlich zuzulassen
ist, kann nach den Grundsätzen der persönlichen Freiheit auch der
intratubare Gametentransfer nicht untersagt werden.

    Dieses Ergebnis wird in ähnlicher Weise wie für die heterologe
Insemination und die In-vitro-Fertilisation durch die Entstehungsgeschichte
von Art. 24novies BV bestärkt. Über diese Methode der Fortpflanzungshilfe
ist in den Räten zwar wenig diskutiert worden (vgl. etwa Amtl.Bull. NR 1991
590, 613, 614). Aber selbst der Antrag aus der Ratsmitte, auf jegliche Form
der Heterologie bei den Fortpflanzungshilfen zu verzichten, ging von der
grundsätzlichen Zulässigkeit des intratubaren Gametentransfers aus (vgl.
Amtl.Bull. NR 1991 601 und 619). Und auf der Zulässigkeit des GIFT basiert
denn auch Art. 24novies Abs. 2 BV im allgemeinen und lit. c im speziellen.

    Unter dem Gesichtswinkel der persönlichen Freiheit und von
Art. 24novies BV erweist sich die Beschwerde daher auch in bezug auf §
4 Abs. 2 lit. c GRM begründet. Demnach ist das Verbot von § 4 Abs. 2
lit. c GRM zu streichen.

    c) Wie für die andern umstrittenen Fortpflanzungsmethoden gelten
auch für den intratubaren Gametentransfer die bereits im Gesetz über die
Reproduktionsmedizin beim Menschen hinsichtlich der Insemination gültigen
Schranken. Darüber hinaus sind diejenigen Bedingungen und Einschränkungen
zu beachten, wie sie sich aus Art. 24novies Abs. 2 BV ergeben.

    Schliesslich ist es dem kantonalen Gesetzgeber mindestens bis zum
Erlass einer Bundesgesetzgebung anheimgestellt, den Zugang zum intratubaren
Gametentransfer und die Art und Weise von dessen Durchführung zu regeln. Es
ist auch seine Sache, darüber zu befinden, in welchem Ausmasse der GIFT bei
in stabilen Verhältnissen lebenden Konkubinatspaaren zuzulassen ist und
ob er in homologer und heterologer Form angewendet werden darf. Insofern
kann auf die vorstehenden Erwägungen (E. 6e und 7e) verwiesen werden.

Erwägung 9

    9.- Die Beschwerdeführer fechten neben den eben behandelten Verboten
einzelner Methoden der Fortpflanzungshilfe die Bestimmung von § 5 GRM an,
der die Konservierung von Keimzellen und Embryonen ordnet. Die Bestimmung
enthält einen Absatz über die Konservierung von Samenzellen einerseits und
einen solchen zu den Eizellen und Embryonen andererseits. Es rechtfertigt
sich, die Anfechtung der beiden Absätze getrennt voneinander zu behandeln.

    Nach § 5 Abs. 1 GRM dürfen Samenzellen nur während der laufenden
ärztlichen Behandlungsphase konserviert werden; diese umfasst in der
Regel drei, jedoch höchstens sieben Tage. Die Beschwerdeführer verlangen
unter Berufung auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur persönlichen
Freiheit die Aufhebung dieser Bestimmung. Sie machen geltend, vor einer
Krebsbehandlung mit Strahlentherapie soll sich der Patient die Chance
zu eigenem, nicht-strahlengeschädigtem Nachwuchs durch vorgängige
Samenhinterlegung wahren können. Die Methode der Kryokonservierung
von Samenzellen sei heute gut entwickelt und erlaube eine sichere
Langzeitaufbewahrung. Es sei kein vernünftiger Grund ersichtlich, die
Chance eigenen, erbgesunden Nachwuchses durch ein Konservierungsverbot
vorzuenthalten. Zudem sei nach § 8 Abs. 2 GRM die Forschung an Samenzellen
erlaubt. Das Verbot verstosse demzufolge gegen die Verfassung.

    a) Das Bundesgericht hat bereits im Jahre 1989 zur Aufbewahrung
von Samenzellen ausführlich Stellung genommen (BGE 115 Ia 234 E. 8
S. 259). Danach kann sich der aufgrund der persönlichen Freiheit
verfassungsrechtlich geschützte Kinderwunsch nicht nur bei Wunscheltern
zeigen, welche in einer bestimmten Situation und in einem gewissen
Zeitpunkt moderne Methoden der Fortpflanzungsmedizin in Anspruch nehmen
möchten. Es ist ebenso sehr denkbar, dass ein fester, aber noch nicht
aktueller Kinderwunsch im Rahmen des Möglichen für die Zukunft gesichert
werden soll. Diese Situation kann sich etwa bei verheirateten oder nicht
verheirateten Männern ergeben, die sich infolge ihrer Berufsausübung
oder wegen einer Hodenkrebsbehandlung der Gefahr ausgesetzt sehen, später
keine Kinder mehr zeugen oder eine natürliche Zeugung wegen genetischer
Veränderungen der Samenzellen und den damit verbundenen Risiken für das
Kind nicht mehr verantworten zu können. Auch dieser Aspekt betrifft das
ungeschriebene Grundrecht der persönlichen Freiheit.

    In jenem Verfahren hat das Bundesgericht das generelle Verbot des
Samendepots als verfassungswidrig bezeichnet. Hierfür ist es davon
ausgegangen, dass der Gesetzgeber die kurzfristige Aufbewahrung von
Samenzellen zulässt und demnach der Methode der Kryokonservierung als
solcher keine gesundheitlichen Gründe entgegenstehen. Es sind denn auch
keine Bedenken bekannt, dass die Kryokonservierung eine Veränderung der
Samenzellen bewirken würde und dass bei ihrer Verwendung gesundheitliche
Risiken für Mutter und Kind entstehen könnten. Eine spezielle
Missbrauchsgefahr hat das Bundesgericht nicht erkennen können, da solche
bei einer längerfristigen Aufbewahrung nicht wesentlich grösser erscheint
als bei einer vom Gesetzgeber zugelassenen kürzeren Dauer. Aber auch andere
Gründe vermochten ein absolutes Verbot der Aufbewahrung von Samenzellen
im Hinblick auf eine spätere eigene Verwendung unter dem Gesichtswinkel
der persönlichen Freiheit nicht zu rechtfertigen. Diese Erwägungen bezogen
sich sowohl auf verheiratete als auch auf unverheiratete Männer (BGE 115
Ia 234 S. 260 f.).

    b) Demgegenüber bringt der Grosse Rat vor, die Beschränkung der
Konservierung von Samenzellen stehe in engem Zusammenhang mit dem Verbot
der heterologen künstlichen Insemination. Der Kanton Basel-Stadt wolle
damit sicherstellen, dass keine Samenbanken entstünden, mit denen dieses
Verbot allenfalls umgangen werden könnte. Er bewerte im übrigen das
öffentliche Interesse an der Verhinderung von Missbräuchen höher als das
individuelle Interesse einzelner Personen an der langfristigen Aufbewahrung
ihrer Samenzellen. Selbst wenn das Bundesgericht für den speziellen Fall
der Strahlentherapie bei Hodenkrebs (und nur um diesen oder ähnliche Fälle
könne es hier gehen) eine Aufbewahrungsdauer von sieben Tagen als zu kurz
ansehen sollte, so müsse jedenfalls eine zeitliche Grenze zulässig sein.

    Diese Überlegungen des Grossen Rates vermögen gegenüber der bisherigen
Rechtsprechung nicht durchzudringen. Er bringt keine wesentlich neuen
Gründe vor, welche in der Interessenabwägung des Bundesgerichts nicht schon
mitberücksichtigt worden wären. Es gilt insbesondere darauf hinzuweisen,
dass einer längeren Aufbewahrung keine gesundheitlichen Interessen
entgegenstehen. Die Missbrauchsgefahr ist bei einer längerfristigen,
aber geordneten und kontrollierten Aufbewahrung nicht in erheblichem
Masse grösser als bei kurzfristiger Konservierung im Hinblick auf
eine konkrete Behandlung; zudem sind Samenzellen ohnehin jederzeit
ohne grösseren Aufwand erhältlich. Schliesslich geht wohl auch der
kantonale Gesetzgeber mit der Bestimmung von § 8 Abs. 2 GRM, wonach
die Forschung an Keimzellen unter bestimmten Bedingungen zulässig ist,
davon aus, dass Samenzellen grundsätzlich über eine Dauer von sieben
Tagen hinaus konserviert werden dürfen. Die Aufbewahrung von eigenen
Samenzellen im Hinblick auf eine spätere Verwendung - etwa in Anbetracht
einer gefährlichen Berufsausübung oder einer Strahlenbehandlung wegen
(Hoden-)Krebs - kann unter dem Gesichtswinkel der persönlichen Freiheit
mit solchen Gründen nicht untersagt werden.

    Soweit das Verbot der längerfristigen Aufbewahrung von Samenzellen und
die Verhinderung von eigentlichen Samenbanken mit dem gesetzlichen Verbot
der heterologen Insemination begründet wird, kann daran schon aufgrund der
vorstehenden Erwägungen, mit denen die heterologe Insemination im Grundsatz
zulässig erklärt wird (E. 6), nicht festgehalten werden. Die meisten
behandelten Reproduktionsmethoden setzen die Aufbewahrung von Samenzellen
weitgehend voraus. Schliesslich geht auch der Verfassungsgeber mit Art.
24novies Abs. 2 BV sinngemäss von der Zulässigkeit der längerfristigen
Aufbewahrung von Samenzellen aus.

    Demnach lässt sich § 5 Abs. 1 GRM insoweit mit der persönlichen
Freiheit nicht vereinbaren, als die Konservierung von Samenzellen auf
die laufende ärztliche Behandlung und eine Höchstdauer von sieben Tagen
beschränkt wird. Die Beschwerde erweist sich daher in dieser Hinsicht
als begründet, und § 5 Abs. 1 GRM ist aufzuheben.

    c) Dies bedeutet indessen nicht, dass eine derartige Hinterlegung von
Samenzellen nicht gewissen Einschränkungen hinsichtlich der Art und Weise
sowie im Hinblick auf eine spätere Verwendung unterworfen werden kann. Aus
dem Bedürfnis nach einwandfreier Aufbewahrung, nach korrekter Kennzeichnung
zur Verhinderung von Verwechslungen und nach Ausschluss einer grösseren
Zahl von unerwünschten und unerkannten genetischen Verwandtschaften kann
die Aufbewahrung bei einer zentralen Stelle wie etwa dem Kantonsspital
vorgesehen werden. Ebensowenig ist es ausgeschlossen, die Konservierung
auf eine bestimmte Dauer zu beschränken und die Verwendung von Samenzellen
eines Verstorbenen zu verbieten (BGE 115 Ia 234 E. c S. 261 und S. 258;
vgl. die nicht angefochtene Bestimmung von § 4 Abs. 2 lit. b GRM sowie
die Medizinisch-ethischen Richtlinien, Ziff. 10 und 12). In diesem Rahmen
kann auch dem Anliegen des kantonalen Gesetzgebers grundsätzlich Rechnung
getragen werden, dass hinterlegte Samenzellen vom Hinterleger nur so lange
verwendet werden dürfen, als dieser beim natürlichen Gang der Dinge zu
einer Zeugung noch fähig wäre.

    Es ist daher allenfalls Sache des Kantons, entsprechende ergänzende
Vorschriften zu erlassen und die Bedingungen im einzelnen festzulegen.

Erwägung 10

    10.- Die Beschwerdeführer richten ihre Beschwerde auch gegen § 5 Abs. 2
GRM, wonach die Konservierung von Eizellen und Embryonen verboten ist,
und verlangen dessen Aufhebung. Für die folgende Behandlung ist zwischen
der Aufbewahrung von Eizellen und derjenigen von Embryonen (unten E. 11)
zu unterscheiden.

    a) Die Beschwerdeführer bringen in dieser Hinsicht vor, es stelle eine
Verletzung der persönlichen Freiheit dar, dass der Frau die Konservierung
von Eizellen in genereller Weise untersagt werde. Bereits die geforderte
Zulassung der In-vitro-Fertilisation erfordere als Methode eine minimale
Aufbewahrung von Eizellen. Es müsse der Frau auch erlaubt werden, Eizellen
zu diagnostischen Zwecken untersuchen und entsprechend aufbewahren
zu lassen. Auf dem Gebiete der Eizellengewinnung seien im übrigen in
den letzten Jahren grosse Fortschritte erzielt worden; insbesondere
sei es nunmehr möglich, der Frau ohne Vollnarkose ambulant Eizellen zu
entnehmen. Zudem erfordere die nach § 8 Abs. 2 GRM im Grundsatz zugelassene
Forschung ein Minimum an Konservierung gerade auch von Eizellen.

    Demgegenüber betont der Grosse Rat die ungenügende Erprobung der
Aufbewahrung von Eizellen auf längere Dauer. Er bringt vor, eine spätere
Verwendung von eigenen Eizellen sei mit einem Aufbewahren von Samenzellen
für eine Verwendung nach einer Strahlenbehandlung nicht vergleichbar;
denn bei einer Bestrahlung der Frau würde auch die Gebärmutterfunktion
beeinträchtigt, so dass sich die Aufbewahrung von eigenen Eizellen
nicht als nützlich erweise. Die grosse Missbrauchsgefahr, welche mit der
Gewinnung und längerfristigen Aufbewahrung von Eizellen begründet wird,
lasse deren Verbot rechtfertigen.

    b) Das Bundesgericht hat sich mit der Methode der Aufbewahrung von
Eizellen und deren Zulässigkeit bzw. Beschränkbarkeit in seinem Präjudiz
nicht näher auseinandergesetzt (vgl. BGE 115 Ia 234 S. 262 oben).

    Es ist oben ausgeführt worden, dass die absoluten Verbote der IVF/ET
und des GIFT als Methode vor der Verfassung nicht standzuhalten vermögen
und diese Methoden daher, unter allenfalls einschränkenden Bedingungen, im
Grundsatze zuzulassen sind. Diese Techniken setzen nun aber eine minimale
Aufbewahrung von Eizellen geradezu voraus. Die entnommenen Eizellen müssen
vor ihrer Verwendung für die IVF/ET und den GIFT behandelt werden. Es
können nicht Eizellen entnommen und gewissermassen gleichzeitig in vitro
befruchtet bzw. zusammen mit Samenzellen intratubar in die Gebärmutter
eingefügt werden. Ein absolutes Aufbewahrungsverbot würde damit die als
zulässig erachteten Methoden der IVF/ET und des GIFT verunmöglichen. Schon
aus diesem Grunde steht das absolute Aufbewahrungsverbot mit der
persönlichen Freiheit nicht im Einklang.

    Dieser Schluss steht auch mit der neuen Verfassungsbestimmung
von Art. 24novies BV und deren Entstehungsgeschichte im Einklang. Es
lassen sich daraus zwar keine direkten Hinweise zur Eizellenkonservierung
entnehmen. Immerhin kann nicht angenommen werden, dass der Verfassungsgeber
ein solches Verbot hat erlassen wollen; vielmehr gingen die Räte, welche
die Frage der Konservierung von Keimzellen vor allem im Zusammenhang
mit der Zulässigkeit einzelner Fortpflanzungshilfen berührten
(vgl. Amtl.Bull. NR 1991 590), im Grundsatz von der im einzelnen durch
den Gesetzgeber zu umschreibenden Zulässigkeit aus.

    Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die Konservierung von Eizellen
von Verfassungs wegen nicht in genereller Weise verboten werden kann. Die
Beschwerde erweist sich demnach in diesem Punkte als begründet, und die
Worte "Eizellen und" sind aus § 5 Abs. 2 GRM zu streichen.

    c) Die Zulassung der Eizellenkonservierung bedeutet nun aber nicht,
dass diese nicht Einschränkungen unterstellt werden könnte. Es ist
dem kantonalen Gesetzgeber daher bis zum Erlass bundesrechtlicher
Vorschriften unbenommen, die Bedingungen der Konservierung von
Eizellen im Rahmen der vorstehenden Erwägungen durch kantonale Normen
im einzelnen festzulegen. Angesichts der Aufhebung des absoluten
Verbotes der Eizellenkonservierung wird sich der Grosse Rat auch
dieser Frage erneut annehmen können. Dabei darf er den technischen
Entwicklungsstand berücksichtigen; die Langzeitgefrierung von Eizellen
gilt heute noch als ungenügende Methode, auch wenn in der Fachliteratur
darauf hingewiesen wird, dass es schon verschiedentlich gelungen sei,
unbefruchtete Eizellen zu kryokonservieren (KELLER/GÜNTHER/KAISER, aaO,
Rz. 4 zu § 1 Abs. 1 Nr. 5, S. 167). Die Aufbewahrung von männlichen und
weiblichen Keimzellen braucht nicht in derselben Weise geregelt zu werden,
da sie sehr unterschiedliche Fragen aufwirft. Die Gewinnung von Samen-
bzw. Eizellen ist verschieden und die medizinischen Möglichkeiten stossen
auf grundlegende Unterschiede. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer
kann daher nicht verlangt werden, dass die Konservierung für männliche
bzw. weibliche Keimzellen in derselben Weise geordnet wird.

Erwägung 11

    11.- Die Beschwerdeführer fechten in diesem Zusammenhang überdies
das generelle Verbot nach § 5 Abs. 2 GRM an, Embryonen aufzubewahren.

    a) In prozessualer Hinsicht bringt der Grosse Rat vor, die
Beschwerdeführer verlangten in ihrem Antrag zwar die Aufhebung der ganzen
Bestimmung von § 5 Abs. 2 GRM inklusive des Verbotes der Konservierung von
Embryonen. In der Beschwerdebegründung bezögen sie sich indessen in keiner
Weise auf die Embryonenaufbewahrung und machten in dieser Hinsicht keine
Verfassungsverletzung geltend, weshalb insoweit auf die Beschwerde nicht
eingetreten werden könne. Demgegenüber replizieren die Beschwerdeführer,
die Begründung ergebe sich mindestens sinngemäss aus ihren Ausführungen
zum Konservierungsverbot von Eizellen sowie aus ihrer Anfechtung des
Verbotes der IVF/ET als solcher.

    Es kann nicht übersehen werden, dass die Beschwerdeführer trotz
ihres Aufhebungsantrages nicht im einzelnen begründen, weshalb das
Verbot der Embryonenkonservierung in seiner Gesamtheit gegen die
Verfassung verstossen sollte. Ihr Antrag reicht damit tatsächlich über
die abgegebene Beschwerdebegründung hinaus; soweit die Beschwerdeführer
das Verbot einer langfristigen Konservierung von Embryonen anfechten, kann
demnach auf ihre Beschwerde nicht eingetreten werden. Es ist andererseits
aber auch zu beachten, dass die Beschwerdeführer das generelle Verbot der
In-vitro-Fertilisation mit nachfolgendem Embryotransfer in zulässiger Weise
angefochten haben; soweit diese Methode ein Mindestmass an Aufbewahrung
von Embryonen voraussetzt, bezieht sich ihre Beschwerde auch auf §
5 Abs. 2 GRM. In diesem Rahmen ist demnach auf die Anfechtung des
Embryonenkonservierungsverbotes einzutreten.

    b) Nach den obenstehenden Erwägungen ist die In-vitro-Fertilisation
mit Embryotransfer verfassungsrechtlich im Grundsatze zuzulassen. Bei
der Anwendung dieser Methode werden operativ gewonnene Eizellen der Frau
ausserhalb ihres Körpers mit Spermien befruchtet; hernach werden die
sich entwickelnden Embryonen der Frau eingepflanzt. Ein solches Vorgehen
erfordert ein minimales Aufbewahren der auf diese Weise entstandenen
Embryonen. Soweit mit § 5 Abs. 2 GRM schon ein derartiges Aufbewahren
untersagt werden sollte, hält die Bestimmung vor der persönlichen Freiheit
nicht stand. Diese Betrachtung wird bestärkt durch Art. 24novies BV und
dessen Entstehungsgeschichte. Nach Art. 24novies Abs. 2 lit. c Satz 2 BV
soll die Befruchtung menschlicher Eizellen ausserhalb des Körpers unter
gewissen Bedingungen ausdrücklich erlaubt sein. Demnach geht auch die
Bundesverfassung davon aus, dass Embryonen bis zur Einpflanzung aufbewahrt
werden dürfen.

    Die Aufbewahrung von Embryonen zum Zwecke einer späteren Einpflanzung
ist nun aber nur in sehr beschränktem Ausmasse zulässig. Das Bundesgericht
hat im Jahre 1989 im Zusammenhang mit dem damals angefochtenen Verbot
der IVF/ET ausgeführt, dass mit dieser Methode ernstzunehmende Gefahren
des Missbrauchs mit überzähligen Embryonen verbunden sind, denen es mit
wirksamen Massnahmen zu begegnen gelte. Diesem Bedürfnis könne nicht nur
mit einem als unverhältnismässig betrachteten absoluten Verbot entsprochen
werden; denkbar sei auch eine Regelung, wonach keine überzähligen
Eizellen in vitro befruchtet und alle so entstandenen Embryonen der
Frau unmittelbar eingepflanzt werden (BGE 115 Ia 234 S. 264 f.). - Die
neue Verfassungsbestimmung hält nunmehr in Art. 24novies Abs. 2 lit. c
Satz 3 BV den Grundsatz fest, dass nur so viele menschliche Eizellen
ausserhalb des Körpers der Frau zu Embryonen entwickelt werden dürfen,
als ihr sofort eingepflanzt werden können. Diese Fassung setzte sich im
Nationalrat gegenüber einem absoluten Verbot der IVF/ET überhaupt und
einer weitergehenden Konservierungsmöglichkeit von Embryonen durch (vgl.
Amtl.Bull. NR 1991 601 (Antrag Minderheit I), 601 ff. (Diskussion) und
617 f. (Abstimmung); vgl. beispielsweise auch die Voten zugunsten einer
weitergehenden Konservierung aaO, S. 610 f.). Der Ständerat ist dem nach
erneuter Diskussion gefolgt (Amtl.Bull. SR 1991 450 ff. (Diskussion mit
abweichenden Voten, S. 453 f.) und 457 (Abstimmung)). Die damit verbundene
Beschränkung hat als Rahmenbedingung auch für die kantonale Gesetzgebung
Gültigkeit.

    Diese Überlegungen zeigen, dass zum Zwecke der Bekämpfung von
Missbräuchen keine überzähligen Embryonen erzeugt und etwa im Hinblick
auf einen späteren Zyklus kryokonserviert aufbewahrt werden dürfen. In
dieser grundsätzlichen Hinsicht erweist sich die Beschwerde demnach als
unbegründet. - Soweit lediglich die Aufbewahrung von Embryonen bis zur
unmittelbaren Einpflanzung in den weiblichen Körper in Frage steht, ist
sie in Anbetracht der Zulässigkeit der IVF/ET zu gestatten. Das Verbot
der Konservierung von Embryonen nach § 5 Abs. 2 GRM lässt sich in diesem
Sinne verfassungskonform interpretieren. Einer förmlichen Aufhebung bedarf
es hierfür nicht.

    Demnach ist die Beschwerde in bezug auf das Verbot der Aufbewahrung
von Embryonen nach § 5 Abs. 2 GRM im Sinne der vorstehenden Erwägungen
abzuweisen.

    c) Anlässlich der ständerätlichen Beratung der nunmehr in Kraft
stehenden Vorgabe von Art. 24novies Abs. 2 lit. c Satz 3 BV ist
unter Berufung auf die angehörten Experten über die verschiedenen
Entwicklungsstadien eines Embryos berichtet worden: Nach dem
Zusammenbringen von Samen- und Eizellen bildet sich vorerst das
sog. Vorkernstadium heraus. Erst kurz danach findet die eigentliche
Kernverschmelzung statt und kommt es zur Heranbildung des Präembryos oder
der Zygote. Der Embryo wächst hernach durch Zellteilung weiter und beginnt,
die Organe zu entwickeln (vgl. Amtl.Bull. SR 1991 451 f.; P. SPRUMONT,
Keimbildung, Befruchtung und Keimentwicklung, in: Reproduktionsmedizin und
Gentechnologie, herausgegeben von Hj. Müller, Basel und Stuttgart 1987,
S. 10 ff.; KELLER/GÜNTHER/KAISER, aaO, Rz. 1 ff. zu § 8, S. 247 ff. und
Fussnote auf S. 273 sowie Glossar S. 289 ff.). Die Auffassung darüber und
die Terminologie scheint in der Wissenschaft allerdings nicht unumstritten
zu sein, und es wird teilweise darauf hingewiesen, dass zwischen dem
Stadium des Embryos oder Präembryos und dem Vorkernstadium keine straffe,
kategoriale Unterscheidung getroffen werden könne (Amtl.Bull. SR 1991 451
f.; zur Terminologie vgl. auch ANTOINE SUAREZ, Ist der menschliche Embryo
eine Person? - Ein rationaler Beweis, in: Schweizerische Ärztezeitung
69/1988 S. 1030).

    Entsprechend diesen Entwicklungsstufen ist in den Eidgenössischen Räten
die Meinung vertreten worden, dass eine Kryokonservierung von befruchteten
Eizellen im Vorkernstadium zugelassen werden sollte, wenn bei dieser
Methode Missbräuche ausgeschlossen seien. Von wissenschaftlicher Seite her
wird darauf hingewiesen, dass eine derartige Aufbewahrung von Eizellen im
Vorkernstadium leichter zu bewerkstelligen sei als eine Kryokonservierung
von unbefruchteten Eizellen (vgl. insbes. Amtl.Bull. SR 1991 452 und 456;
KELLER/GÜNTHER/KAISER, aaO, Rz. 4 und 22 zu § 1 Abs. 1 Nr. 5, S. 167 f.).

    Wie es sich mit dieser differenzierenden Betrachtungsweise und dem
Verbot der Aufbewahrung von Embryonen im Sinne von Art. 24novies Abs. 2
lit. c Satz 3 BV und von § 5 Abs. 2 GRM verhält, braucht im vorliegenden
Verfahren nicht entschieden zu werden. Es ist in erster Linie Aufgabe des
Gesetzgebers (auf eidgenössischer und vorerst auch kantonaler Stufe),
entsprechende präzisierende Regeln zu erlassen, so dass darauf nicht
näher eingegangen zu werden braucht.

Erwägung 12

    12.- § 8 Abs. 1 des angefochtenen Gesetzes schreibt vor, dass lebende
Embryonen, Föten oder Teile davon nicht zu Forschungszwecken verwendet
werden dürfen.

    a) Die Beschwerdeführer machen in bezug auf § 8 Abs. 1 GRM geltend,
Einschränkungen der Forschung an lebenden Embryonen und Föten liessen
sich, wie bei der Forschung am Menschen schlechthin, nur insofern
rechtfertigen, als Gesundheit und Leben bzw. Entwicklungsfähigkeit
auf dem Spiele stünden. Werde das Forschungsverbot ausschliesslich
mit dem Schutz des werdenden menschlichen Lebens begründet, sei
das generelle Verbot nach § 8 Abs. 1 GRM unverhältnismässig. Die
verfahrensbegleitende Beobachtung des Embryos, welche ebenfalls als
Forschung zu bezeichnen sei, müsse vielmehr zulässig bleiben. Die
Beschwerdeführer anerkennen andererseits, dass für lebende Embryonen
und Föten gefährliche bzw. gesundheitsschädliche, d.h. die sogenannte
verbrauchende Forschung verboten sein soll bzw. verfassungsrechtlich
verboten werden könne. Da das generelle Forschungsverbot vom Grossen Rat
aber ausschliesslich gesellschaftspolitisch begründet sei, erweise es sich
als verfassungsrechtlich unzulässiger Versuch der Forschungszensur. -
Eventualiter beantragen die Beschwerdeführer die Streichung der in §
8 Abs. 1 GRM enthaltenen Wendung "oder Teile davon". Unter Teilen von
lebenden Embryonen und Föten könnten nur Zellen oder Gewebe verstanden
werden, die nicht selbständig lebensfähig seien. Solche Zellen
und Gewebe würden z.B. bei der Fruchtwasserpunktion (Amniozentese)
zwecks Diagnostizierung von Mongolismus gewonnen, ferner bei der
Chorionzottenbiopsie und bei der Nabelschnurpunktion (Chordozentese). Warum
an solchen Zellen und Geweben Forschung generell verboten werden müsse,
sei nicht ersichtlich. - Die Methoden der pränatalen Diagnostik sind
nach der Auffassung der Beschwerdeführer im angefochtenen Gesetz zudem
nicht geregelt. Das gehe aus § 1 desselben hervor. Verboten seien nach
dem Gesagten lediglich Eingriffe zu Forschungszwecken, die auf eine
Instrumentalisierung menschlichen Lebens hinausliefen.

    Demgegenüber legt der Grosse Rat in seiner Beschwerdeantwort dar, das
Bundesgericht habe in BGE 115 Ia 234 lediglich das Verbot der Forschung an
Keimzellen für unzulässig erklärt. Ferner habe es durchblicken lassen,
dass es die Forschung an Embryonen wegen schwerwiegender Gefahren
und Missbrauchsmöglichkeiten für unzulässig halte. Für ein Verbot der
Embryonenforschung sprächen gewichtige Interessen. Zulässigkeit und
Sinn einer solchen Forschung seien im übrigen höchst umstritten, wie
sich insbesondere aus dem Bericht der Expertenkommission Humangenetik
und Reproduktionsmedizin (BBl 1989 III 1029, insbes. 1131 ff.) und den
Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften
von 1985 (BBl 1987 III 1210 Ziff. 7 und 8) ergebe. - In bezug auf den
Eventualantrag der Beschwerdeführer bringt der Grosse Rat vor, § 8 Abs. 1
GRM bezwecke in erster Linie, Forschung am Embryo oder Teilen hievon zu
verhindern, die mit dessen Integrität nicht zu vereinbaren sei und auf
eine blosse Instrumentalisierung menschlichen Lebens zu Forschungszwecken
hinauslaufe, wie durch das Wort "verwendet" deutlich gemacht werde. Diese
Gefahr bestehe auch bei der "Verwendung" eines Teils des lebenden Embryos.

    b) Vorerst ist im Zusammenhang mit der Anfechtung des
Forschungsverbotes zu prüfen, auf welches Verfassungsrecht sich die
Beschwerdeführer mit ihrer staatsrechtlichen Beschwerde berufen können.

    Im Jahre 1989 liess das Bundesgericht die Frage offen, ob die
Wissenschafts- oder Forschungsfreiheit als Garantie eines unantastbaren
schöpferischen Kerns wissenschaftlicher Erkenntnis und Lehre sowie zur
Bewahrung der geistigen und methodischen Unabhängigkeit der Forschung im
Sinne eines ungeschriebenen, eigenständigen Verfassungsrechts anzuerkennen
ist. Es genügte damals, entsprechende Teilgehalte an bestehende
geschriebene oder ungeschriebene Grundrechte anzuknüpfen. Hierfür fiel
einerseits die Meinungsfreiheit in dem Sinne in Betracht, sich mittels
Forschung eine Meinung über Sachverhalte zu bilden und diese später
allenfalls zu verbreiten; andererseits ging das Bundesgericht davon aus,
dass die Forschung, verstanden als Methode zur Vertiefung und Mehrung der
Erkenntnisse, unmittelbar der Selbstverwirklichung des Menschen dienen
und insofern der persönlichen Freiheit zugeordnet werden könne (BGE 115
Ia 234 S. 268 f.).

    Die Frage nach einer ausdrücklichen Anerkennung der Wissenschafts-
und Forschungsfreiheit braucht auch im vorliegenden Fall, der sich nicht
wesentlich von der Konstellation bei der Anfechtung der st. gallischen
Fortpflanzungsregelung unterscheidet, nicht abschliessend entschieden zu
werden. Es genügt auch hier, wenn sich die in Lehre und Forschung tätigen
Beschwerdeführer im dargelegten Sinne auf die Meinungsfreiheit und die
persönliche Freiheit berufen können. Ob sie darüber hinaus auch in der
Handels- und Gewerbefreiheit betroffen sind, kann offengelassen werden.

    c) Der so verstandene Freiraum kann nicht unbeschränkt gelten und
unterliegt wie bei anderen Grundrechten der Einschränkung, soweit
eine solche im öffentlichen Interesse liegt und verhältnismässig
ist. Schranken ergeben sich in allgemeiner Weise auf den Gebieten
des Straf- und Polizeirechts sowie des Persönlichkeitsrechts, deren
Normen dem ebenfalls verfassungsrechtlichen Schutz von Rechtspositionen
dienen. Besonders problematisch erweist sich die Forschungsfreiheit auf
dem Gebiete der medizinischen Biologie, wo elementare Verfassungsziele und
die Menschenwürde entgegenstehen können (BGE 115 Ia 234 S. 269 f.). -
Im folgenden ist zu prüfen, ob das in § 8 Abs. 1 des angefochtenen
Gesetzes enthaltene Forschungsverbot im öffentlichen Interesse liegt und
verhältnismässig ist.

    d) Im Zusammenhang mit der Prüfung der st. gallischen Gesetzgebung
über die Fortpflanzungsmedizin brauchte das Bundesgericht zur Forschung
an Embryonen und Föten nicht Stellung zu nehmen und konnte sich mit dem
Hinweis begnügen, dass eine solche Forschung sowie die Veränderung des
Erbgutes die Möglichkeit zu bedeutenden Gefahren und Missbräuchen eröffnen
könnten. An anderer Stelle hat es ausgeführt, dass mit der Befruchtung
einer Eizelle eine menschliche Identität determiniert sei und demnach das
Schicksal des Embryos in vitro der Rechtsgemeinschaft nicht gleichgültig
sein könne (BGE 115 Ia 234 S. 264). Dieses Grundanliegen hat auch für
die Frage der Forschung am Embryo Gültigkeit.

    Die Expertenkommission Humangenetik und Reproduktionsmedizin hat
sich in ihrem Bericht eingehend auch mit der Forschung und insbesondere
der Frage nach der Zulässigkeit und den Bedingungen der Forschung am
Embryo in vitro als zentralem Thema auseinandergesetzt. Einerseits hat
sie den Eigenwert des menschlichen Lebens schon im Embryonalstadium
betont und darauf hingewiesen, dass Forschung am keimenden Leben als
entwürdigende Instrumentalisierung menschlichen Lebens empfunden werde
und die grundsätzliche Zulassung der Forschung alles Bestreben, keine
überzähligen Embryonen entstehen zu lassen, faktisch zunichte mache. Auf
der andern Seite möge es hochrangige Forschungsziele geben, die eine
Forschung am Embryo in vitro rechtfertigen könnten; immerhin seien bisher
keine relevanten Forschungsziele bekanntgeworden, welche die Forschung
am Embryo in vitro unerlässlich machten (BBl 1989 III 1029, 1131 ff.).

    Unter allgemeinen Gesichtspunkten ist schliesslich auf die neue
Verfassungsbestimmung von Art. 24novies BV hinzuweisen. Nach dessen Abs. 1
ist der Mensch und seine Umwelt gegen Missbräuche der Fortpflanzungs- und
Gentechnologie geschützt. Als materielle Vorgabe für die Gesetzgebung
nennt Abs. 2 den Schutz der Menschenwürde, der Persönlichkeit und
der Familie. Eingriffe in das Erbgut von menschlichen Keimzellen und
Embryonen sollen unzulässig sein (lit. a). Diese verfassungsrechtlichen
Leitlinien haben Auswirkungen auch auf die Frage der Zulässigkeit der
Forschung an Embryonen.

    e) Die sogenannte verbrauchende Forschung, bei der das Embryo in vitro
"verbraucht" wird und keine Chance zum Weiterleben hat, ist bereits von der
Expertenkommission Humangenetik und Reproduktionsmedizin abgelehnt worden
(BBl 1989 III 1029, 1132). In der parlamentarischen Beratung ist darauf
hingewiesen worden, die Forschungsfreiheit sei nicht grenzenlos und es sei
klar auszuschliessen, dass Embryonen zu Forschungszwecken erzeugt würden
(Amtl.Bull. SR 1990 478 und 1991 451). Die Beschwerdeführer anerkennen
denn auch selber, dass für lebende Embryonen und Föten gefährliche
bzw. gesundheitsschädliche oder zerstörende Forschung verboten sein soll
bzw. verfassungsrechtlich verboten werden könne. In dieser Hinsicht erweist
sich die Bestimmung von § 8 Abs. 1 GRM in Anbetracht der obenstehenden
Ausführungen als verfassungsmässig. Das gilt auch für die Forschung an
Teilen von lebenden Embryonen oder Föten, soweit die Herauslösung von
solchen gesundheitsschädigende oder zerstörende Wirkung zeitigt. Weitere
Grenzen ergeben sich ferner aus den in § 8 Abs. 3 GRM enthaltenen, nicht
selbständig angefochtenen Verboten. Schliesslich kann auf die Richtlinien
der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften für die
ärztlich-assistierte Fortpflanzung hingewiesen werden, nach welchen
menschliche Embryonen nicht als Forschungsobjekte verwendet werden dürfen
(Ziff. 11).

    Demgegenüber erscheint die Forschung an Embryonen und Föten in
einem andern Lichte, soweit es sich um deren Beobachtung bzw. um
Forschungsuntersuchung handelt. Die Beobachtung und das Verfolgen der
Entwicklung eines Embryos in vitro, welche bereits als Forschung bezeichnet
werden können, dienen dessen Gesunderhaltung und können darauf abzielen,
bessere Bedingungen für die Entwicklung zu schaffen. Eine solche Tätigkeit
ist mit der Würde des Menschen, welche schon dem Embryo in vitro zukommt,
durchaus vereinbar (vgl. Art. 24novies Abs. 1 und Abs. 2 BV). Bei solchen
Vorgängen wird die heranwachsende Frucht nicht "verbraucht" und nicht
in unwürdiger Weise instrumentalisiert. In diesem Rahmen steht einer
Forschung an lebenden Embryonen oder Föten aus verfassungsrechtlicher
Sicht nichts entgegen.

    Was die von den Beschwerdeführern ausdrücklich erwähnten Techniken
der pränatalen Diagnose betrifft, so werden diese vom Gesetz über
die Reproduktionsmedizin beim Menschen nach der Umschreibung des
Geltungsbereichs in § 1 nicht erfasst. Im übrigen kann man bei den Zell-
und Gewebeentnahmen, die bei der Anwendung der genannten Methoden der
pränatalen Diagnostik erfolgen, nicht von lebenden Embryonen und Föten oder
Teilen davon im Sinne von § 8 Abs. 1 des angefochtenen Gesetzes sprechen.

    f) Aufgrund dieser Erwägungen ergibt sich, dass das Forschungsverbot
an lebenden Embryonen und Föten oder Teilen davon vor der Verfassung
standhält. Soweit hingegen eine begleitende oder beobachtende
Forschung erfolgen soll, kann dem aus verfassungsrechtlicher Sicht
nichts entgegengehalten werden. § 8 Abs. 2 GRM ist in diesem Sinne
verfassungskonform auszulegen.

    Demnach ist die Beschwerde in bezug auf § 8 Abs. 2 GRM im Sinne der
Erwägungen abzuweisen. (...)

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    2. Die staatsrechtliche Beschwerde wird teilweise gutgeheissen.

    Das Gesetz des Kantons Basel-Stadt vom 18. Oktober 1990 betreffend
die Reproduktionsmedizin beim Menschen wird im Sinne der Erwägungen in
folgendem Umfang aufgehoben:

    - § 4 Abs. 2 lit. a

    - § 4 Abs. 2 lit. c

    - § 4 Abs. 2 lit. d

    - § 4 Abs. 2 lit. e

    - § 5 Abs. 1

    - in § 5 Abs. 2 die Worte "Eizellen und"

    Im übrigen wird die staatsrechtliche Beschwerde im Sinne der Erwägungen
abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.