Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 119 IA 305



119 Ia 305

36. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 14. Oktober 1993 i.S. Stadt Zürich gegen X. AG und Mitbeteiligte
(staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Gemeindeautonomie; Art. 4 und 22ter BV; Dauer der Bindung des
zuständigen Gemeinwesens an seinen Verzicht, eine Häusergruppe unter
Denkmalschutz zu stellen.

    Fehlende gesetzliche Regelung der Frage, wie lange ein im
Provokationsverfahren nach § 213 des Zürcher Planungs- und Baugesetzes
ausgesprochener Verzicht, Denkmalschutzmassnahmen anzuordnen, das
zuständige Gemeinwesen zu binden vermag. Beurteilung anhand der Grundsätze
über den Widerruf von Verfügungen (E. 4).

    Ermittlung und Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen im
konkreten Fall. Keine Verletzung der Gemeindeautonomie dadurch, dass eine
nachträgliche Unterschutzstellung als unzulässiger Widerruf betrachtet wird
(E. 5).

Sachverhalt

    A.- Im 18. und 19. Jahrhundert entstand in Zürich unmittelbar nördlich
des Kreuzplatzes zwischen dem Zeltweg und der Klosbachstrasse eine
typische Bebauung für Kleinhandwerker und Taglöhner. Trotz mehrfachen
Umbauten und Veränderungen der Bausubstanz sind die Siedlungsstruktur
und der Charakter der Gebäude bis heute erhalten geblieben. Der Zustand
der aus 16 Häusern und Hausteilen bestehenden Überbauung ist jedoch sehr
schlecht. Die privaten Eigentümer der Liegenschaften möchten die alten
Häuser deshalb abreissen und das Areal neu überbauen. Eine Liegenschaft
ist im Eigentum der Stadt Zürich.

    Die privaten Eigentümer der Liegenschaften gelangten am 25. Juli 1984
an den Stadtrat von Zürich mit dem Ersuchen, förmlich festzustellen, dass
die bestehende, "hoffnungslos überalterte" Überbauung zwischen Zeltweg,
Kreuzplatz und Klosbachstrasse nicht schutzwürdig sei. Der Stadtrat
verzichtete mit Beschluss vom 5. Juni 1985 auf die Unterschutzstellung
sämtlicher Häuser im erwähnten Geviert, traf Anordnungen bezüglich
der Dokumentation durch das baugeschichtliche Archiv sowie bezüglich
allfälliger archäologischer Sondierungen. Zugleich nahm er Kenntnis von
der Verpflichtung der Grundeigentümer, zur Erlangung eines geeigneten
Neubauprojekts gemeinsam mit dem Stadtrat einen Ideenwettbewerb
durchzuführen, dessen Federführung städtischerseits beim Hochbauamt
liegen sollte.

    Am 4. Oktober 1985 stellte die Bausektion II des Stadtrats mittels
Vorentscheid fest, dass ein von den Grundeigentümern zur Ermittlung der
zulässigen Bruttogeschossfläche eingereichtes Projekt den derzeitigen,
allerdings in Änderung befindlichen Bauvorschriften entspreche. Für das aus
dem Ideenwettbewerb hervorgegangene Projekt "Stadt-Park" wurde am 12. Mai
1987 um einen Vorentscheid über die Bewilligungsfähigkeit nachgesucht. Die
Bausektion II trat am 12. Februar 1988 auf dieses Begehren nicht ein,
weil die Stadt Zürich als Eigentümerin eines von der Baueingabe erfassten
Grundstücks ihre Zustimmung zum Baugesuch zurückgezogen hatte. Am
3. August 1988 wies der Stadtrat ein von den privaten Grundeigentümern
eingereichtes Gesuch zur Einleitung eines Quartierplanverfahrens für das
fragliche Areal am Kreuzplatz provisorisch ab. Rechtsmittel gegen diese
Entscheide blieben ohne Erfolg.

    Unterdessen hatte der Gemeinderat der Stadt Zürich am 19. November
1986 eine Einzelinitiative unterstützt, die für das Häusergeviert am
Kreuzplatz einen öffentlichen Gestaltungsplan verlangte, welcher unter
anderem die Unterschutzstellung des Ensembles als eines der letzten
Zeugen Alt-Hottingens gewährleisten sollte. In der Folge beauftragte das
städtische Büro für Denkmalpflege den Kunsthistoriker PD Dr. Hans Martin
Gubler mit der Ausarbeitung eines kulturgeschichtlichen Gutachtens über
die Häusergruppe am Kreuzplatz. Es wurde am 10. April 1987 erstattet. Am
5. Mai 1987 legte Architekt Jürg Lendorff ein Gutachten über den
architektonischen Zustand der Häuser vor. Beim Architekturbüro Peter
Fässler wurde schliesslich eine Expertise eingeholt, welche - ausgehend
von der im Gutachten Gubler dargelegten Schutzwürdigkeit des Ensembles -
aufzeigen sollte, inwieweit die Bauten saniert und gemäss den heutigen
Bedürfnissen genutzt werden könnten und ob eine solche Sanierung den
Schutzcharakter zunichte machen würde. Sodann sprach sich die städtische
Denkmalpflegekommission am 6. November 1989 mehrheitlich für eine möglichst
weit gehende Unterschutzstellung der Häusergruppe aus.

    Am 14. November 1990 erliess der Stadtrat von Zürich zum Schutz
der Siedlung zwischen Zeltweg und Klosbachstrasse am Kreuzplatz eine
Schutzverordnung. Die betroffenen privaten Grundeigentümer fochten
diese bei der Baurekurskommission I des Kantons Zürich an. Sie hiess
am 23. August 1991 ihre Rechtsmittel gut und hob die stadträtliche
Schutzverordnung auf. Die dagegen erhobenen Beschwerden der Stadt Zürich
und des Zürcher Heimatschutzes wies das Verwaltungsgericht am 20. August
1992 ab. Es fügte seinem Urteil eine abweichende Minderheitsmeinung
an. Nach dieser sollte der Entscheid der Baurekurskommission aufgehoben
und die Sache zur weiteren Untersuchung und zu neuem Entscheid an den
Stadtrat zurückgewiesen werden. Die Stadt Zürich hat gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts eine staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht
eingereicht. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids,
weil er ihre Gemeindeautonomie verletze.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

    4.- Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, die Schutzverordnung
Kreuzplatz des Stadtrats vom 14. November 1990 laufe auf einen unzulässigen
Widerruf des früheren stadträtlichen Verzichts auf eine Unterschutzstellung
vom 5. Juni 1985 hinaus, und es hat aus diesem Grund die Aufhebung
der neuen Schutzverordnung durch die Baurekurskommission bestätigt.
Die Stadt Zürich ist der Auffassung, das Verwaltungsgericht habe bei der
Prüfung der Zulässigkeit des Widerrufs private und öffentliche Interessen
willkürlich gewürdigt, die erforderliche Abwägung willkürlich vorgenommen,
der Eigentumsgarantie und dem Grundsatz des Vertrauensschutzes eine zu
weit gehende Bedeutung beigemessen und überdies durch den Einbezug der
finanziellen Situation seine Prüfungsbefugnis überschritten.

    Um diese Rügen im einzelnen prüfen zu können, sind zunächst die
massgeblichen Verfassungsgrundsätze und Gesetzesbestimmungen zu ermitteln.

    a) Im Kanton Zürich sind die Voraussetzungen und Wirkungen von
Heimatschutzmassnahmen in den §§ 203 ff. PBG geregelt. Diese sind
am 1. September 1991 teilweise revidiert worden und gelten seit dem
1. Februar 1992 in der neuen Fassung. Das angefochtene Urteil erging
am 22. August 1992, also nach dem Inkrafttreten des neuen Rechts. Das
Verwaltungsgericht hat ausdrücklich auf das im Zeitpunkt des Erlasses der
Schutzverordnung Kreuzplatz am 14. November 1990 bzw. des Beschlusses auf
Nichtunterschutzstellung des Häusergevierts am 5. Juni 1985 massgebende
kantonale Recht abgestellt. Nichts anderes gilt für das staatsrechtliche
Beschwerdeverfahren, soweit es bei der Prüfung der Verfassungsmässigkeit
des angefochtenen Urteils direkt oder indirekt um die Gültigkeit der beiden
genannten stadträtlichen Beschlüsse geht. Konkret heisst dies, dass mit
Ausnahme von § 211 Abs. 2 (hier gilt die Fassung vom 20. Mai 1984) die
ursprüngliche Fassung des PBG vom 7. September 1975 zur Anwendung gelangt.

    b) Nach § 203 lit. c PBG - in der hier massgebenden Fassung vom
7. September 1975 - erstrecken sich die Massnahmen des Heimatschutzes
auf Orts-, Quartier-, Strassen-, und Platzbilder, Gebäudegruppen,
Gebäude und Teile sowie Zugehör von solchen, die als wichtige Zeugen
einer politischen, wirtschaftlichen, sozialen und baukünstlerischen
Epoche erhaltenswürdig sind. Die vom Stadtrat von Zürich gestützt auf
diese Bestimmung erlassene Schutzverordnung Kreuzplatz bringt für die
Grundeigentümer schwerwiegende Einschränkungen ihrer Befugnisse mit sich:
Sie sind gehalten, ihre Gebäude mit ihren Hof- und Gartenflächen in ihrer
wesentlichen Substanz zu erhalten und durch geeigneten Unterhalt wirksam
vor Beeinträchtigung und Beschädigung zu schützen. An den Gebäuden,
Hof- und Gartenflächen dürfen keine Änderungen vorgenommen werden, die
den sozialgeschichtlichen oder kulturhistorischen Wert der geschützten
Teile beeinträchtigen.

    Einschränkungen des Privateigentums sind nur zulässig, wenn sie auf
einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und
unter den gegebenen Umständen verhältnismässig sind (Art. 22ter Abs. 2
BV; vgl. BGE 116 Ia 181 E. 3c S. 185; 115 Ia 350 E. 3a S. 351; 109 Ia
257 E. 4 S. 258). Eigentumsbeschränkungen zum Schutz von Baudenkmälern
liegen allgemein im öffentlichen Interesse (BGE 116 Ia 41 E. 4d S. 49;
115 Ia 370 E. 3a S. 373; 109 Ia 257 E. 5a S. 259). Allerdings ist je
im konkreten Fall zu prüfen, wie weit das öffentliche Interesse reicht,
insbesondere welche Objekte denkmalpflegerischen Schutz verdienen und in
welchem Ausmass.

    c) § 213 PBG sieht vor, dass jeder Grundeigentümer vom Gemeinwesen
einen innert Jahresfrist zu fällenden Entscheid über die Schutzwürdigkeit
seines Grundstücks und den Umfang allfälliger Schutzmassnahmen verlangen
kann. Der Sinn dieser Vorschrift liegt darin, Rechtssicherheit darüber
zu schaffen, ob, und wenn ja, welche denkmalpflegerisch begründeten
Hindernisse für die bauliche Nutzung eines Grundstücks bestehen
(sog. Provokationsrecht). Im Gegensatz zum hier anwendbaren früheren
Recht regelt die neue, auf den 1. Februar 1992 in Kraft getretene
Fassung von § 213 Abs. 3 PBG auch die Folgen eines ausbleibenden
Provokationsentscheids. Danach darf eine Schutzmassnahme nur noch bei
wesentlich veränderten Verhältnissen angeordnet werden, wenn innerhalb der
mit dem Provokationsgesuch ausgelösten und allenfalls einmalig verlängerten
Frist kein Entscheid über die Schutzanordnung erfolgte.

    Mit dem Erlass der neuen Schutzverordnung Kreuzplatz am 14. November
1990 wurde der 1985 verfügte Verzicht auf eine Unterschutzstellung
zurückgenommen. Weder im alten noch im neuen Recht wird die Frage
geregelt, wie lange ein im Provokationsverfahren ausgesprochener
Verzicht auf die Anordnung von Schutzmassnahmen das zuständige
Gemeinwesen zu binden vermag. Da eine ausdrückliche gesetzliche Ordnung
fehlt, hat das Verwaltungsgericht die Zulässigkeit der Rücknahme eines
Provokationsentscheids nach den allgemeinen Grundsätzen über den Widerruf
von Verfügungen beurteilt. Von dieser zutreffenden Beurteilungsgrundlage
geht auch die Stadt Zürich aus.

    Danach können Verwaltungsakte, die dem Gesetz nicht oder nicht mehr
entsprechen, grundsätzlich widerrufen werden. Der Widerruf ist allerdings
in diesen Fällen nur unter den von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
entwickelten Voraussetzungen zulässig. Danach sind das Interesse an
der richtigen Durchsetzung des objektiven Rechts und dasjenige an der
Wahrung der Rechtssicherheit gegeneinander abzuwägen. Dem Postulat der
Rechtssicherheit kommt in der Regel dann der Vorrang zu, wenn durch
die frühere Verfügung ein subjektives Recht begründet worden ist oder
wenn die Verfügung in einem Verfahren ergangen ist, in welchem die sich
gegenüberstehenden Interessen allseitig zu prüfen und gegeneinander
abzuwägen waren, oder wenn der Private von einer ihm durch die fragliche
Verfügung eingeräumten Befugnis bereits Gebrauch gemacht hat. Diese Regel
gilt allerdings nicht absolut; ein Widerruf kann auch in einem der drei
genannten Fälle in Frage kommen, wenn er durch ein besonders gewichtiges
öffentliches Interesse geboten ist (vgl. BGE 115 Ib 152 E. 3a S. 155;
109 Ib 246 E. 4b S. 252; 107 Ib 35 E. 4a S. 36 f.; ANDRÉ GRISEL, Traité
de droit administratif, 1984, S. 431 ff.).

    d) Die von der Stadt Zürich vorgebrachten Rügen beziehen sich auf
das Gewicht der privaten und öffentlichen Interessen im Rahmen der unter
dem Gesichtspunkt der Eigentumsgarantie und des Widerrufs vorzunehmenden
Abwägungen sowie auf die Durchführung der Abwägung selbst. Dementsprechend
ist nachstehend zuerst die Bedeutung des öffentlichen Interesses an der
Unterschutzstellung (E. 5a), hierauf der entgegenstehenden Gesichtspunkte
des Vertrauensschutzes und des Eigentumsschutzes (E. 5b) und schliesslich
die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Abwägung zu prüfen (E. 5c). Dabei
ist an die bereits erwähnten Beschränkungen der bundesgerichtlichen
Überprüfungsbefugnis zu erinnern.

Erwägung 5

    5.- a) Die Stadt Zürich wirft dem Verwaltungsgericht vor, es sei in
willkürlicher Weise davon ausgegangen, der Beschluss über den Verzicht
auf die Unterschutzstellung vom 5. Juni 1985 sei nicht fehlerhaft
gewesen. Das Gutachten des Kunsthistorikers Hans Martin Gubler habe den
bedeutenden Zeugenwert des fraglichen Häuserensembles nachgewiesen und
die Beurteilung im Jahre 1985 als klar unzutreffend herausgestellt. Im
angefochtenen Entscheid werde das grosse öffentliche Interesse an der
Erhaltung der Häusergruppe in unhaltbarer Weise unterbewertet.

    Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Stadtrat
seinerzeit gestützt auf eine durchaus sachgerechte Überprüfung des
denkmalpflegerischen Sachverhalts und der massgebenden Interessen zum
Schluss gelangte, auf eine Unterschutzstellung des Häusergevierts am
Kreuzplatz könne verzichtet werden. Was die beschwerdeführende Stadt
Zürich in vorwiegend appellatorischer und daher unzulässiger Weise dagegen
einwendet, lässt die Einschätzung des Verwaltungsgerichts nicht als
mit den Tatsachen in Widerspruch stehend und unhaltbar erscheinen. Die
erhobenen Einwände vermögen insbesondere nicht aufzuzeigen, dass die
Sachverhaltsabklärungen vor dem Entscheid über den Verzicht auf die
Unterschutzstellung im Jahre 1985 (Besichtigung der Gebäude durch die
städtische Kommission für Denkmalpflege am 11. Oktober 1984; Stellungnahme
des städtischen Büros für Denkmalpflege zu einem Bericht der Karl
Steiner AG über den baulichen Zustand der betroffenen Liegenschaften;
Weisung vom 22. Mai 1985 des Vorstands des Bauamtes II an den Stadtrat,
welche sich einlässlich mit den Fragen der Schutzwürdigkeit und der
Verhältnismässigkeit von denkmalpflegerischen Massnahmen im vorliegenden
Fall befasste) ein völlig unzutreffendes Bild ergeben hätten.

    Wenn das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang erwogen hat,
der Stadtrat habe im Jahre 1985 bei seinem Ermessensentscheid über den
Verzicht auf eine Unterschutzstellung des Häusergevierts mit guten Gründen
Überlegungen zur Verhältnismässigkeit allfälliger Schutzmassnahmen
angestellt und dabei eingedenk möglicher Enteignungsfolgen einer
Unterschutzstellung auch auf das Gebot des sparsamen Umgangs mit
öffentlichen Mitteln Bedacht genommen, so liegen hierin sachlich
vertretbare Überlegungen. Anders als die Beschwerdeführerin in
wiederum vorwiegend appellatorischer Kritik meint, kann jedenfalls
nicht gesagt werden, das Verwaltungsgericht habe insoweit seine
Überprüfungsbefugnis überschritten und in die Finanzautonomie der Gemeinde
eingegriffen. Überdies ist der Stadt Zürich in diesem Zusammenhang in
Erinnerung zu rufen, was der Stadtrat auf Antrag der Vorsteherin des
Bauamtes II am 29. Oktober 1986 im Rahmen einer Interpellationsantwort
zur Begründung des Verzichts auf die Unterschutzstellung wörtlich
ausgeführt hat:

    "Die städtebauliche Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass sich
   zwischen Zeltweg und Klosbachstrasse eine Gruppe der früheren dörflichen

    Siedlung erhalten hat. Diese ländlich anmutenden Häuser wirken zwar
   vertraut, sie stehen aber heute zunehmend isoliert im sich verdichtenden

    Stadtgefüge. Bergwärts schliesst zwar das Artergut mit seinem grossen

    Grünumschwung an, aber auch hier fehlt ein baulicher Zusammenhang. Aus
der

    Sicht der Denkmalpflege bildet die Häusergruppe einen zufällig
   herausgeschnittenen Überrest einer früheren Besiedlungsstruktur, die für
   sich allein schwer einzuordnen ist und bloss aufgrund geschichtlicher

    Kenntnisse verständlich ist. Das Ensemble wurde auch nie als
   schützenswertes Ortsbild im engeren Sinn bezeichnet, weder in
   städtischen noch in kantonalen Richtplänen. Die Bausubstanz ist in
   sehr schlechtem

    Zustand. Da auch mit dem Einsatz beträchtlicher Mittel die Ausbauten in
   ihrer ländlichen Charakteristik nicht mehr unberührt weitergetragen
   werden können, würde der Aufwand für eine Instandstellung im Verhältnis
   zum

    Nutzen unverhältnismässig. Die Kommission für Denkmalpflege der Stadt

    Zürich hat die Gebäude im Oktober 1984 besichtigt und auf einen
Antrag auf

    Unterschutzstellung der Häusergruppe verzichtet."

    Es ist zwar richtig, dass das Gutachten Gubler, welches nach
Auffassung der Beschwerdeführerin mit seiner sozial-, wirtschafts- und
siedlungsgeschichtlichen Sicht "den Weg vom bloss vertrauten Bild zum
Denkmal gewiesen" haben soll, erst am 10. April 1987 vorlag. Indessen
vermag nach dem Gesagten diese im Verhältnis zum Provokationsverfahren
nachträgliche Expertenmeinung für sich allein weder den Verzicht auf
die Unterschutzstellung aus dem Jahre 1985 als qualifiziert fehlerhaft
hinzustellen noch gar den negativen Provokationsentscheid ungeschehen
zu machen. Solches anzunehmen wäre um so weniger haltbar, als diese
nachträglich eingenommene andere Sichtweise lediglich ein einziges
von mehreren für die Unterschutzstellung massgebenden Kriterien anders
gewichtet. Dass im Vorfeld des negativen Provokationsentscheides und
unter Beizug der städtischen Kommission für Denkmalschutz die sozial-
und siedlungshistorischen Aspekte nicht einfach ausgeblendet worden
sind, ergibt sich neben den im angefochtenen Entscheid erwähnten
Untersuchungshandlungen auch aus der vorstehend zitierten stadträtlichen
Interpellationsantwort sowie aus dem Umstand, dass in den Ziffern 2
und 3 des Beschlusses vom 5. Juni 1985 Anordnungen zur Dokumentation
baugeschichtlich und archäologisch bedeutsamer Sachverhalte getroffen
worden sind. Weiter ist schliesslich zu beachten, dass seit dem Verzicht
auf die Unterschutzstellung im Jahre 1985 am oder um das interessierende
Ensemble herum keine neuen für den Denkmalschutz erheblichen Sachverhalte
zutage getreten sind.

    Das Verwaltungsgericht konnte somit ohne Willkür annehmen, das
öffentliche Interesse an einer Unterschutzstellung sei auch aus heutiger
Sicht nicht erheblich höher zu bewerten als im Jahre 1985, als der Stadtrat
auf die Anordnung von Schutzmassnahmen verzichtete.

    b) Die beschwerdeführende Stadt Zürich kritisiert weiter, der
angefochtene Entscheid räume den privaten Interessen der Grundeigentümer,
die rein finanzieller Natur seien, ein viel zu grosses Gewicht ein. Auch
das "abstrakte Interesse" an der Wahrung der Rechtssicherheit sei im
vorliegenden Fall nicht allzu hoch zu veranschlagen, da die privaten
Beschwerdegegner bereits im Vorentscheid der Bausektion II vom 4. Oktober
1985 auf das Fehlen einer planungsrechtlichen Festlegung für das
fragliche Areal hingewiesen worden seien und demzufolge nicht hätten
darauf vertrauen dürfen, dass eine neue Zonenfestlegung die ins Auge
gefasste Gesamtüberbauung noch ermöglichen würde.

    Sogar wenn man den Provokationsentscheid vom 5. Juni 1985 als
ursprünglich fehlerhaft bezeichnet, wie dies der Sichtweise der Stadt
Zürich entspricht, bleibt festzuhalten, dass er in einem gesetzlich
vorgesehenen, qualifizierten Verfahren ergangen ist, weshalb nach der
dargestellten Rechtsprechung der Rechtssicherheit grundsätzlich der Vorrang
vor der Verwirklichung des objektiven Rechts zukommt. Dies gilt um so
mehr, als die privaten Eigentümer gestützt auf den Provokationsentscheid
Dispositionen getroffen haben. Zu erwähnen sind namentlich die Ausarbeitung
eines Vorprojekts für den baurechtlichen Vorentscheid vom 4. Oktober
1985, die Durchführung des Ideenwettbewerbs (hälftige Kostenbeteiligung)
für eine Gesamtüberbauung, das Bereitstellen der Gesuchsunterlagen
zum Vorentscheid über die Bewilligungsfähigkeit des aus dem Wettbewerb
hervorgegangenen Neubauprojekts, das Einreichen eines Gesuchs für ein
Quartierplanverfahren und das Ergreifen von Rechtsmitteln gegen die
negativen Entscheide in den zuletzt genannten Gesuchssachen.

    Zwar soll nicht verkannt werden, dass der Verzicht auf die
Unterschutzstellung vom 5. Juni 1985 keine unbeschränkt tragfähige
Vertrauensbasis abgab. So konnten die Grundeigentümer beispielsweise eine
Änderung der Zonenordnung nicht zum vornherein ausschliessen. Dennoch
durften, ja mussten die betroffenen Grundeigentümer im Nachgang zum
stadträtlichen Entscheid vom 5. Juni 1985 in der beschriebenen Weise
tätig werden. Ein anderes Verhalten hätte dem Sinn und Zweck des
Provokationsentscheides widersprochen und wäre praktischer Vernunft
zuwidergelaufen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann
jedenfalls nicht gesagt werden, das Verwaltungsgericht habe zulasten der
Gemeindeautonomie anerkannte Regeln des Vertrauensschutzes missachtet,
indem es diese Dispositionen der Grundeigentümer als ein dem Widerruf
des Provokationsentscheids grundsätzlich entgegenstehendes Element
berücksichtigte.

    c) Die Stadt Zürich macht ebenfalls geltend, bei der Abwägung aller
auf dem Spiele stehenden Interessen habe das Verwaltungsgericht der
Eigentumsgarantie und dem Vertrauensschutz eine zu weit gehende Bedeutung
beigemessen. Vor allem sei dem besonders gewichtigen öffentlichen Interesse
an der Unterschutzstellung zu Unrecht nicht der Vorrang eingeräumt worden.

    Das Verwaltungsgericht hat in dem vornehmlich durch das Gutachten
Gubler aufgezeigten sozial-, wirtschafts- und siedlungsgeschichtlich
begründeten Denkmalschutzanliegen kein besonders gewichtiges öffentliches
Interesse gesehen, das den Widerruf des Unterschutzstellungsverzichts
gebieten würde. Es durfte so verfahren, ohne in Willkür zu verfallen. Das
auch vom Verwaltungsgericht unbestrittene Denkmalschutzanliegen erleidet
im vorliegenden Fall keine unhaltbare Zurücksetzung, wenn ihm nicht
widerrufsbegründende Kraft beigemessen wird. Eine andere Beurteilung drängt
sich auch nicht durch den Umstand auf, dass das fragliche Häusergeviert im
Rahmen der neuen, noch nicht rechtskräftigen Bau- und Nutzungszonenordnung
der Kernzone zugewiesen wurde. Da diese Kernzone - sollte sie rechtskräftig
werden - in ihren Wirkungen hinter der Schutzverordnung vom 14. November
1990 zurückliegt und für sich allein namentlich keine Substanzerhaltung
(sc. Abbruchverbot) zu bewirken vermag (vgl. § 50 PBG in der Fassung vom
1. September 1991), hat ihr das Verwaltungsgericht mit sachlich haltbarem
Grund keine entscheidende Bedeutung beigemessen.

    Ebensowenig gab das Verwaltungsgericht dem Vertrauensschutz und der
Eigentumsgarantie eine zu grosse Tragweite, als es in Rechnung stellte,
dass die Sanierung der Liegenschaften gemäss dem Gutachten von Architekt
Fässler ca. Fr. 1'000.--/m3 kosten würde; ferner dass dabei im Gegensatz
zu einem Neubau erst noch lediglich in beschränktem Mass eine Verbesserung
der wohnhygienischen Verhältnisse oder andere wünschbare Anpassungen
an heutige Bedürfnisse möglich wären. Die Stadt Zürich legt nicht dar,
dass diese Annahmen unzutreffend wären.

    d) Zusammenfassend ergibt sich, dass dem Verwaltungsgericht keine
Verletzung der Gemeindeautonomie vorzuwerfen ist, und zwar weder
mit Blick auf Auslegung und Anwendung der hier in Frage stehenden
Denkmalschutzvorschriften des PBG noch in bezug auf die von der
Beschwerdeführerin angerufenen Verfassungsgrundsätze. Es ist somit aus
verfassungsrechtlicher Sicht haltbar, dass das Verwaltungsgericht den
faktischen Widerruf des stadträtlichen Beschlusses vom 5. Juni 1985 durch
die Schutzverordnung Kreuzplatz vom 14. November 1990 als unzulässig
betrachtete. Soweit die Autonomiebeschwerde der Stadt Zürich im Sinne
von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG überhaupt genügend begründet worden ist und
darauf eingetreten werden kann, muss sie demnach abgewiesen werden.