Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 118 V 119



118 V 119

15. Urteil vom 15. Mai 1992 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung
gegen Ausgleichskasse des Kantons Zug und Verwaltungsgericht des
Kantons Zug betreffend Anspruch auf Familienzulagen für nebenberuflich
selbständigerwerbende Landwirte i.S. B. Regeste

    Art. 5 Abs. 2 und Art. 9 Abs. 7 Satz 1 FLG. Für Kinder, die während
der zu beurteilenden Anspruchsperiode noch nicht geboren sind, kommt eine
Erhöhung der Einkommensgrenze nach Massgabe von Art. 5 Abs. 2 FLG nicht
in Betracht, weil es für die streitige Zeitspanne an einer entsprechenden
Unterhaltspflicht (vgl. BGE 116 V 175 Erw. 4b/cc) gebricht (Erw. 2a).

    Art. 5 Abs. 1, Art. 9, Art. 10 FLG.

    - Leistungskumulation: Abgrenzung der Anwendungsbereiche von Art. 9
Abs. 3 bis Abs. 5 FLG und Art. 10 FLG (Erw. 3a).

    - Art. 10 Abs. 3 FLG erfasst den doppelten Bezug eines Ansprechers von
Kinderzulagen nach FLG einerseits sowie nach kantonalem Recht anderseits
in dem Sinne, dass dem bundesrechtlichen Kinderzulagenanspruch ergänzende
Funktion gegenüber den kantonalen Leistungen zukommt (Erw. 3b, Erw. 3c).
Anwendungsbeispiel (Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- Der 1950 geborene Ernst B. bewohnt mit seiner Familie ein
landwirtschaftliches Anwesen und ist hauptberuflich zu rund 60% in
unselbständiger Stellung für eine Bewachungsgesellschaft tätig. Am
18. Januar 1990 meldete er sich bei der Ausgleichskasse Zug zum Bezug
von Familienzulagen für nebenberufliche Landwirte an. Gestützt auf eine
Meldung der Kantonalen Steuerverwaltung Zug vom 11. April 1988 über die
in den Berechnungsjahren 1985/86 (Bemessungsgrundlage für die 24. Periode
der direkten Bundessteuer) erzielten Erwerbseinkommen (Fr. 51'200.--)
verneinte die Ausgleichskasse den Anspruch auf Familienzulagen in der
Landwirtschaft bis Ende März 1990 zufolge Überschreitung der massgeblichen
Einkommensgrenze von Fr. 29'600.-- (Verfügung vom 7. September 1990). Diese
in der Folge in Rechtskraft erwachsene Verfügung wies gleichzeitig darauf
hin, dass die Einkommensgrenze auf den 1. April 1990 erhöht worden
sei und seither das Einkommen der 25. Bundessteuerperiode (1987/88)
berücksichtigt werde, weshalb Ernst B. Ende 1990 eine Bestätigung der
von ihm als Arbeitnehmer bezogenen Kinderzulagen einreichen könne, um so
eine erneute Prüfung eines allfälligen Anspruchs auf Familienzulagen in
der Landwirtschaft in die Wege zu leiten.

    Am 7. März 1991 stellte Ernst B. ein neues Gesuch um Zusprechung von
Familienzulagen für nebenberufliche Landwirte. Hierauf liess sich die Kasse
von der Bewachungsgesellschaft bestätigen, dass Ernst B. 1990 mit 1461
Arbeitsstunden einen Totallohn von Fr. 27'046.75 erzielt und Kinderzulagen
von Fr. 1'167.10 bezogen habe, wovon - laut telefonischer Auskunft -
Fr. 102.-- auf Dezember 1989 entfielen. Wiederum ausgehend von dem am
11. April 1988 von der Steuerverwaltung gemeldeten Durchschnittseinkommen
der Jahre 1985/86 gelangte die Ausgleichskasse zur Feststellung, dass die
nunmehr massgebliche Einkommensgrenze von Fr. 35'500.-- um Fr. 9'000.--
überschritten werde. Dementsprechend lehnte sie das Gesuch mit Verfügung
vom 3. Mai 1991 ab.

    B.- In der hiegegen erhobenen Beschwerde rügte Ernst B., dass erneut
auf ein bundessteuerpflichtiges Einkommen von Fr. 51'200.-- abgestellt
worden sei, welches er in den Jahren 1985/86 als kinderloser Lediger
erzielt habe und das seinem gegenwärtigen Verdienst nicht mehr gerecht
werde.

    Die Ausgleichskasse räumte in der Vernehmlassung ihren Irrtum ein,
hielt aber am Ergebnis der angefochtenen Verfügung fest. Zur Begründung
führte sie sinngemäss aus, die Neuberechnung anhand der jüngsten Meldung
der Steuerverwaltung (19. März 1990) führe zwar trotz Überschreitens der
Einkommensgrenze um Fr. 3'956.-- zu einem grundsätzlichen Anspruch auf
einen Drittel der Familienzulage (= Fr. 405.-- [April bis Dezember 1990]);
indes entfalle dieser bundesrechtliche Anspruch, nachdem der Versicherte
bereits von der Bewachungsgesellschaft Kinderzulagen von Fr. 1'167.--
bezogen habe.

    Das Verwaltungsgericht des Kantons Zug schloss sich dieser Sichtweise
an und wies die Beschwerde mit Entscheid vom 12. Dezember 1991 ab.

    C.- Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) führt
Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt die Aufhebung des kantonalen
Gerichtsentscheides sowie die Rückweisung der Sache zu neuer Verfügung an
die Ausgleichskasse. Dabei wird in grundsätzlicher Hinsicht vorgebracht,
das im Gesetz enthaltene Verbot des Doppelbezugs schliesse die Ausrichtung
sowohl von bundes- als auch von kantonalrechtlichen Kinderzulagen nicht
schlechthin aus, sondern wolle nur sicherstellen, dass betragsmässig für
den gleichen Zeitraum nicht mehr als eine volle Kinderzulage ausbezahlt
werde. Es sei daher zulässig, dass sich zwei Teilzulagen zu einer höchstens
vollen Zulage ergänzten.

    Während sich der Versicherte nicht vernehmen liess, schliesst die
Ausgleichskasse auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

      Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Mit der Revision der bundesrechtlichen Familienzulagenordnung für
landwirtschaftliche Arbeitnehmer und Kleinbauern durch das Bundesgesetz
vom 14. Dezember 1979, in Kraft seit 1. April 1980 (AS 1980 I 276 f.,
279), ist der Kreis der Anspruchsberechtigten auf die nebenberuflich
selbständigerwerbenden Landwirte erweitert worden (Art. 5 Abs. 1 FLG). Die
Familienzulage für die Kleinbauern besteht in einer Kinderzulage für jedes
Kind im Sinne von Art. 9 FLG (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 FLG). Sie beträgt für
die ersten beiden Kinder im Berggebiet Fr. 135.-- (Art. 7 Abs. 1 Satz 1
in Verbindung mit Abs. 2 FLG und Art. 2 der Verordnung über die Anpassung
der Einkommensgrenze und der Ansätze der Kinderzulagen nach dem FLG vom
12. März 1990, in Kraft seit 1. April 1990).

    Aufgrund der Akten ist der Versicherte als Eigentümer und Betreiber
eines landwirtschaftlichen Heimwesens mit einem Betriebseinkommen
von mehr als Fr. 2'000.-- einerseits sowie als Arbeitnehmer der
Bewachungsgesellschaft anderseits unbestrittenerweise nebenberuflich
selbständigerwerbender Landwirt im Sinne von Art. 5 Abs. 1 FLG
in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 FLG und Art. 3 Abs. 3 FLV. Seine
grundsätzliche Berechtigung zum Bezug von Familienzulagen für Kleinbauern
(Art. 5 Abs. 1 FLG) steht damit ausser Frage. Desgleichen ist die
Einreihung des vom Versicherten geführten Betriebs in das gemäss Art. 6
Abs. 1 FLG abgegrenzte Berggebiet nicht bestritten.

Erwägung 2

    2.- Die nebenberuflichen Landwirte haben nur Anspruch auf
Familienzulagen, wenn ihr reines Einkommen Fr. 27'500.-- im Jahr nicht
übersteigt. Die Einkommensgrenze erhöht sich um Fr. 4'000.-- je Kind
nach Art. 9 FLG (Art. 5 Abs. 2 Sätze 1 und 2 FLG in Verbindung mit Art. 1
der erwähnten Verordnung vom 12. März 1990).

    In Konkretisierung der Härtefallklausel gemäss Art. 5 Abs. 4 FLG hat
der Bundesrat sodann stufenweise gekürzte Kinderzulagen eingeführt. Diese
betragen zwei Drittel der Zulagen nach Art. 7 Abs. 1 FLG, wenn das
massgebende Einkommen die Grenze um höchstens Fr. 3'000.-- übersteigt
(Art. 3a Abs. 2 lit. a FLV), und einen Drittel der Zulagen, wenn das
massgebende Einkommen die Grenze um mehr als Fr. 3'000.--, höchstens aber
um Fr. 6'000.-- übersteigt (Art. 3a Abs. 2 lit. b FLV).

    Gestützt auf Art. 5 Abs. 3 FLG bestimmt der Bundesrat u.a. die Art der
Bewertung und Ermittlung des Einkommens; er kann kantonale Behörden mit der
Ermittlung des Einkommens beauftragen und diese verpflichten, das Einkommen
der Kleinbauern den kantonalen Ausgleichskassen zu melden. Von dieser
Befugnis hat der Bundesrat in den Art. 4 ff. FLV Gebrauch gemacht. Danach
sind - soweit für die Belange des vorliegenden Falles wesentlich - für
die Bemessung des Einkommens die Vorschriften der Gesetzgebung über die
direkte Bundessteuer massgebend (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FLV). Neben der
Veranlagung durch die Kasse selbst (Art. 5 FLV) sieht Art. 6 FLV vor,
dass die Ausgleichskassen für die Ermittlung des reinen Einkommens der
Kleinbauern u.a. auf die letzte rechtskräftige Veranlagung der direkten
Bundessteuer abstellen können (Abs. 1); dabei wird das reine Einkommen
der Kleinbauern aufgrund der rechtskräftigen Steuerveranlagung in der
Regel jeweils für diejenige Zeitspanne ermittelt, die in der Alters-
und Hinterlassenenversicherung eine Beitragsperiode bildet (Abs. 2). Die
zuständigen kantonalen Steuerbehörden haben den Ausgleichskassen auf
deren Verlangen unentgeltlich die für die Ermittlung des reinen Einkommens
notwendigen Angaben zu liefern (Abs. 3).

    a) Im Lichte dieser Bestimmungen ist die für den Beschwerdegegner
massgebliche Einkommensgrenze auf Fr. 31'500.-- - bestehend aus
dem Grundansatz von Fr. 27'500.-- zuzüglich Fr. 4'000.-- für den am
15. Dezember 1989 geborenen A. - zu veranschlagen. Dagegen hat die am
16. Februar 1991 geborene B. für die hier - zufolge der Rechtskraft der
ersten Verfügung vom 7. September 1990 - allein streitige Anspruchsperiode
von April bis Dezember 1990 bezüglich der in Art. 5 Abs. 2 FLG vorgesehenen
Erhöhung des Grundansatzes ausser acht zu bleiben, entsteht doch der
Anspruch auf Kinderzulagen nicht vor dem ersten Tage des Monats, in dem das
Kind geboren wird (Art. 9 Abs. 7 Satz 1 FLG). Dem steht die Rechtsprechung
nicht entgegen, wonach bei der Prüfung der Anspruchsberechtigung
nach Art. 5 Abs. 2 und 3 FLG in Verbindung mit Art. 3a FLV "sämtliche
Kinder" zu berücksichtigen sind, für die der Ansprecher kraft der aus
dem Kindesverhältnis resultierenden Unterhaltspflicht (Art. 276 ff.
ZGB) aufzukommen hat (BGE 116 V 175 Erw. 4b/cc). Denn eine solche
Unterhaltspflicht des Versicherten gegenüber der erst am 16. Februar 1991
geborenen Tochter existierte während der hier streitigen Anspruchsperiode
gerade nicht.

    b) Was die Einkommensbemessung anbelangt, ist nichts dagegen
einzuwenden, wenn die Verwaltung im Rahmen ihrer richtiggestellten
Berechnung für die - zur ordentlichen AHV-Beitragsperiode 1990/91
gehörenden - Monate April bis Dezember 1990 von den am 19. März 1990
gemeldeten Erwerbseinkünften der Jahre 1987/88 (zweit- und drittletztes
Jahr gemäss Art. 22 Abs. 2 AHVV) ausgegangen ist. Ferner wird durch die
von der Kasse eingereichte Bestätigung der Kantonalen Steuerverwaltung vom
6. März 1992, entgegen den fallbezogenen Ausführungen in der Beschwerde,
klargestellt, dass der von ihr gemeldete Durchschnittsbetrag von
Fr. 43'056.-- keine Direktzahlungen enthält, die familienzulagenrechtlich
ausser acht zu bleiben hätten (vgl. BGE 106 V 185 f. Erw. 3 am Ende). Wie
die Vorinstanz im weiteren zutreffend und unbestrittenerweise dargelegt
hat, vermindert sich das gemeldete Einkommen von Fr. 43'056.-- um Abzüge
von insgesamt Fr. 7'600.-- (vgl. Rz. 62 am Ende der Erläuterungen des
BSV); dabei handelt es sich um Posten, die, im Gegensatz zu Art. 9
Abs. 2 AHVG, gemäss Art. 22 Abs. 1 lit. k, l BdBSt und folglich auch
gemäss Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FLV abziehbar sind. Für die Anspruchsperiode
April bis Dezember 1990 verbleibt somit ein massgebliches Einkommen von
Fr. 35'456.--.

    c) Mit diesem Ergebnis wird die massgebende Einkommensgrenze
(Fr. 31'500.--) um Fr. 3'956.-- überschritten, womit der Versicherte
in grundsätzlicher Hinsicht Anspruch auf eine Familienzulage von einem
Drittel erheben kann (Art. 3a Abs. 2 lit. b FLV).

Erwägung 3

    3.- Im folgenden bleibt jedoch zu prüfen, ob dieser Anspruch
deswegen dahinfällt, weil der Versicherte unbestrittenerweise während
der gleichen Zeit aus seiner unselbständigen Erwerbstätigkeit für die
Bewachungsgesellschaft Familienzulagen nach kantonalem Kinderzulagenrecht
von umgerechnet insgesamt Fr. 807.90 bezogen hat.

    a) Hinsichtlich der Leistungskumulation gilt es zunächst zwei
Tatbestände auseinanderzuhalten: Einerseits kann fraglich sein, wer von
mehreren Ansprechern die eine Kinderzulage für ein Kind beanspruchen
kann. Diese Frage wird in Art. 9 Abs. 3 bis 5 FLG geregelt, wie sich
aus Entstehungsgeschichte und Systematik schliessen lässt (BGE 116 V 174
Erw. 4b/bb; vgl. auch Rz. 116 der Erläuterungen). Zu dieser Bestimmung
hatte das Eidg. Versicherungsgericht - allerdings noch in ihrer Fassung
vor dem erwähnten Abänderungsgesetz vom 14. Dezember 1979 - entschieden,
dass Art. 9 Abs. 3 FLG, wonach für dasselbe Kind nur eine Kinderzulage
ausgerichtet werden darf, lediglich den Doppelbezug von Kinderzulagen
im Sinne des FLG selbst ausschliesst (BGE 100 V 121). Eine solche
Anspruchskonkurrenz verschiedener Ansprecher ist indes vorliegend nicht zu
beurteilen. Vielmehr geht es um den zweiten Tatbestand, der sich dadurch
auszeichnet, dass eine Person mehrere Kinderzulagen aus verschiedenen
Rechtstiteln, sei es innerhalb des FLG, sei es nach FLG und kantonalem
Zulagenrecht, beansprucht. Dieser Tatbestand fällt unter Art. 10 FLG,
wie die Verwaltungspraxis richtig erkannt hat (vgl. Rz. 117 ff. der
Erläuterungen). Allerdings hat das Eidg. Versicherungsgericht hiezu im
erwähnten BGE 100 V 121 festgehalten, Art. 10 FLG erfasse lediglich den
Doppelanspruch, der in der gleichzeitigen Stellung eines Bezugsberechtigten
als Kleinbauer und als landwirtschaftlicher Arbeitnehmer - je im Sinne
des FLG - gründe (BGE 100 V 125).

    Ob sich diese Auffassung nach der Gesetzesrevision von 1979 -
in deren Rahmen auch Art. 10 FLG geändert wurde - noch halten lässt,
scheint zweifelhaft. Wenn dem so wäre, könnte der Versicherte nicht nur
in dem vom BSV vertretenen Sinne eine anteilsmässige Kinderzulage nach
FLG beziehen; vielmehr müsste ihm gar die ganze Kinderzulage (von einem
Drittel) zugesprochen werden, weil der Bezug einer kantonalrechtlichen
Kinderzulage für dasselbe Kind von vornherein unerheblich bliebe.

    b) In der hier anzuwendenden seit 1. April 1980 geltenden Fassung
bestimmt Art. 10 FLG unter dem Titel "Verbot des Doppelbezugs; Dauer des
Anspruchs" was folgt:

    1 Niemand darf gleichzeitig die Familienzulagen als
landwirtschaftlicher

    Arbeitnehmer und als Kleinbauer beziehen.

    2 Hauptberufliche Kleinbauern, die zeitweise im Nebenberuf eine andere

    Erwerbstätigkeit ausüben, haben auch während dieser Zeit Anspruch auf

    Familienzulagen, wenn sie nicht schon eine andere Familienzulage
beziehen.

    Sind sie zeitweise als landwirtschaftliche Arbeitnehmer tätig,
so können
   sie für diese Zeit zwischen den beiden Arten von Familienzulagen wählen.

    3 Nebenberufliche Kleinbauern und Älpler haben nur für die Zeit der

    Tätigkeit im landwirtschaftlichen Betrieb oder auf der Alp Anspruch auf

    Familienzulagen. Sie haben keinen Anspruch auf Kinderzulagen für
ein Kind,
   für das sie gleichzeitig andere Familienzulagen beziehen.

    Im Vergleich zur vorgängigen Fassung (vgl. AS 1952 826) ist
somit Art. 10 FLG namentlich um den gesamten hier in erster Linie
interessierenden dritten Absatz sowie im zweiten Absatz um den Einschub
"... wenn sie nicht schon eine andere Familienzulage beziehen" erweitert
worden. Diese Neuerungen erweisen sich insbesondere im Zusammenhang
mit Art. 5 Abs. 1 FLG als bedeutsam. Denn mit der Ausdehnung der
Bezugsberechtigung auf die nebenberuflich tätigen Landwirte (Art. 5
Abs. 1 FLG) eröffnet sich dem nunmehr geltenden Doppelbezugsverbot
ein ungleich weiterer Anwendungsbereich als Art. 10 alt FLG, dessen
Gehalt sich im wesentlichen noch darin erschöpfte, den sich aus dem FLG
ergebenden gleichzeitigen Bezug eines Ansprechers von Familienzulagen
für landwirtschaftliche Arbeitnehmer und für Bergbauern auszuschliessen
(BGE 100 V 125; vgl. auch die Botschaft zum Entwurf eines BG über die
Familienzulagen für landwirtschaftliche Arbeitnehmer und Bergbauern vom
15. Februar 1952, BBl 1952 I 227). Überhaupt ist die Problematik des
Doppelbezugs mit der Neufassung des Art. 5 Abs. 1 FLG erst richtig zutage
getreten, übt doch ein nebenberuflicher Landwirt notwendigerweise eine -
meistens unselbständige - hauptberufliche Erwerbstätigkeit aus, die ihm
nach den kantonalen Familienzulagengesetzen die Anspruchsberechtigung
für Kinderzulagen vermittelt.

    Dieser Gesichtspunkt gelangt denn auch in der bundesrätlichen Botschaft
zur Reformvorlage verschiedentlich zum Ausdruck (Botschaft betreffend die
Änderung des FLG vom 15. August 1979, BBl 1979 II 769 ff.). So heisst es
etwa, die Ausübung einer nebenberuflichen Tätigkeit als Kleinbauer müsse
gefördert und dürfe nicht dadurch gehemmt werden, dass der Betroffene wegen
seiner Einkünfte aus nichtlandwirtschaftlicher Tätigkeit den Anspruch auf
Kinderzulagen für Kleinbauern einbüsse; soweit möglich müssten Lücken in
der Bezugsberechtigung vermieden und die Zulagen auch nebenberuflichen
Kleinbauern gewährt werden. Im weiteren verweist die Botschaft
ausdrücklich auf das Verhältnis der Kinderzulagen für Kleinbauern zu den
kantonalen Gesetzen über die Familienzulagen für nichtlandwirtschaftliche
Arbeitnehmer, nach denen die Kinderzulagen entsprechend dem zeitlichen
Umfang der Tätigkeit als Arbeitnehmer anteilsmässig gewährt würden (BBl
1979 II 781). Unter Hinweis darauf, dass die bundesrechtliche Zulage
lediglich die Lücken auszufüllen habe, schlug der Bundesrat vor, ihre
Ausrichtung jeweilen am Ende jedes Jahres vorzunehmen, wenn die aufgrund
kantonalen Rechts erfolgten Kinderzulagenbezüge anhand der Lohnausweise
feststellbar seien (BBl 1979 II 782).

    c) Die mit dem bundesrätlichen Reformvorschlag übereinstimmende
geltende Fassung des Art. 10 Abs. 3 FLG ist im Lichte dieser Materialien
zu würdigen. Dabei kann aus historischer und systematischer Sicht
kein Zweifel bestehen, dass mit Art. 10 Abs. 3 FLG auch die auf
einem anderen Rechtstitel als dem FLG, namentlich die auf kantonalem
Recht beruhenden Kinderzulagen in die bundesrechtliche Ordnung der
Anspruchskonkurrenz einbezogen werden sollten. Denn weil laut Art. 7
Abs. 1 die Familienzulage nach FLG für den Kleinbauern von vornherein
stets nur in einer Kinderzulage besteht, kann sich der verwendete Begriff
"gleichzeitig andere Familienzulagen" folgerichtig nicht auf die im
fraglichen Bundesgesetz selbst enthaltene Leistungsordnung beziehen. Sodann
kommt hinzu, dass mit derselben Revision - auf Antrag der ständerätlichen
Kommission (Amtl.Bull. SR 1979 442, NR 1979 1428) - auch Art. 10 Abs. 2 FLG
in gleicher Weise erweitert wurde, wobei dessen Wortlaut und Systematik -
namentlich unter Berücksichtigung des zweiten Satzes und der sehr allgemein
gehaltenen Formulierung des ersten Satzes ("andere Erwerbstätigkeit") -
den Einbezug kantonalrechtlicher Familienzulagen deutlich erkennen lassen.

    Freilich darf dieses auf die kantonalen Kinderzulagen erweiterte Verbot
des Doppelbezugs im Lichte der Materialien nicht so verstanden werden,
dass jede - insbesondere niedrigere - Bezugsberechtigung nach kantonalem
Recht den bundesrechtlichen Anspruch auf Familienzulagen entfallen
liesse. Insofern ist Rz. 118 der Erläuterungen, wonach nicht gleichzeitig
eine Zulage nach FLG und nach kantonalen Gesetzen bezogen werden dürfe,
zu absolut gefasst. Richtig ist aufgrund der dargelegten Materialien
vielmehr jene Auslegung von Art. 10 Abs. 3 FLG, die dem bundesrechtlichen
Kinderzulagenanspruch gegenüber den kantonalen Leistungen ergänzende
Funktion beimisst. Diese Betrachtungsweise entspricht im übrigen nicht
nur einem wesentlichen Ziel der Gesetzesrevision - nämlich die Aufnahme
nebenberuflicher Erwerbstätigkeiten in der Landwirtschaft zu fördern
(vgl. BBl 1979 II 781 sowie Amtl.Bull. NR 1979 1418) -, sondern leuchtet
auch aus verfassungsrechtlicher Sicht ein, solange der Bund die ihm an
sich zustehende Kompetenz (vgl. Art. 34quinquies BV) nicht generell
ausgeschöpft hat und die Regelung der Familienzulagen ausserhalb der
Landwirtschaft den Kantonen anheimgestellt bleibt.

    Es ergibt sich somit, dass jedem gemäss Art. 5 FLG Bezugsberechtigten -
namentlich den bewusst in den Kreis der Anspruchsberechtigten aufgenommenen
nebenerwerblichen Kleinlandwirten - der (bundesrechtliche) Anspruch
auf Familienzulagen gewahrt sein soll, und zwar in Berücksichtigung
des Umstandes, ob und in welchem Ausmass der Ansprecher aus einer
unselbständigen hauptberuflichen Erwerbstätigkeit eine Kinderzulage nach
kantonalem Recht bezieht.

Erwägung 4

    4.- Insoweit ist der Standpunkt des beschwerdeführenden Amtes
begründet. Der Versicherte muss sich an den in den neun Monaten April bis
Dezember 1990 maximal möglichen Kinderzulagenanspruch von 9 x Fr. 135.--
= Fr. 1'215.-- den von der Bewachungsgesellschaft bezogenen Betrag von
umgerechnet Fr. 807.90 anrechnen lassen. Für den ungedeckten Betrag von
Fr. 407.10 hat das FLG seine Ergänzungsfunktion wahrzunehmen. Daraus
folgt, dass der Versicherte - weil seine Einkommensgrenze um mehr als
Fr. 3'000.--, aber um weniger als Fr. 6'000.-- übertroffen wird - Anspruch
auf einen Drittel davon, Fr. 135.70, hat.