Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 118 IV 342



118 IV 342

60. Urteil des Kassationshofes vom 11. Dezember 1992
i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft gegen
T. (Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 63 StGB; Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG; qualifizierte Widerhandlung
gegen das Betäubungsmittelgesetz; Strafzumessung.

    Umstände, die zur Anwendung eines höheren oder tieferen Strafrahmens
führen, dürfen innerhalb des geänderten Strafrahmens nicht noch einmal
als Straferhöhungs- oder Strafminderungsgrund berücksichtigt werden
(Doppelverwertungsverbot). Der Richter darf aber das Ausmass eines
qualifizierenden oder privilegierenden Tatumstandes berücksichtigen. Die
erhebliche Drogenmenge darf bei der Festsetzung der Strafe innerhalb des
qualifizierten Strafrahmens straferhöhend berücksichtigt werden (E. 2b).

    Der Drogenmenge kommt bei der Strafzumessung keine vorrangige Bedeutung
zu (E. 2c).

    Sanktionen, die den Verurteilten aus einer günstigen Entwicklung
herausreissen, sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Hat sich der
Verurteilte von der Drogensucht befreit, darf der Richter im Rahmen der
Schuldangemessenheit die Heilung berücksichtigen und, wenn der Vollzug
einer unbedingten Freiheitsstrafe zum Rückfall in die Drogenabhängigkeit
führen könnte, eine Strafe verhängen, deren Dauer den bedingten Vollzug
zulässt (E. 2f).

    Generalpräventive Überlegungen dürfen in die Bemessung der Strafe
insoweit einfliessen, als damit die schuldangemessene Strafe nicht
überschritten wird. Wo aus spezialpräventiven Gründen eine 18 Monate
übersteigende und damit unbedingte Strafe vermieden werden soll, darf eine
den bedingten Strafvollzug ausschliessende Straferhöhung allerdings nicht
vorwiegend mit Gesichtspunkten der Generalprävention begründet werden
(E. 2g).

Sachverhalt

    A.- T. handelte in der Zeit von Januar 1989 bis Ende Januar 1990 mit
insgesamt rund 350 Gramm Heroin und 250 Gramm Kokain.

    B.- Am 8. August 1991 erklärte ihn das Strafgericht des Kantons
Basel-Landschaft schuldig der qualifizierten und der wiederholten und
fortgesetzten einfachen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz
sowie der wiederholten Verletzung von Verkehrsregeln und bestrafte ihn,
in Ausfällung einer teilweisen Zusatzstrafe zu einer Vorstrafe von 20
Tagen Gefängnis, mit 17 Monaten und 10 Tagen Gefängnis, bedingt bei einer
Probezeit von zwei Jahren, und mit einer Busse von Fr. 300.--.

    C.- Am 7. April 1992 bestätigte das Obergericht des Kantons
Basel-Landschaft dieses Urteil in Abweisung einer Appellation der
Staatsanwaltschaft.

    D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft erhebt
eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des
Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Neufestsetzung des Strafmasses
an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab aus folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Die Beschwerdeführerin richtet sich einzig gegen die
Strafzumessung. Sie ist der Ansicht, die dem Beschwerdegegner auferlegte
Strafe sei unhaltbar mild.

    a) Die Vorinstanz legt dar, aus der Betäubungsmittelmenge ergebe
sich nicht das Strafmass. Es sei nicht nur die Tat-, sondern auch die
Täterkomponente zu würdigen. Eine vorwiegend auf die Betäubungsmittelmenge
abstellende Strafzumessung sei gesetzwidrig. Die Betäubungsmittelmenge sei
bei der Strafzumessung als Umstand mitzuberücksichtigen, habe aber keine
vorrangige Bedeutung. Es widerspreche nicht dem Doppelverwertungsverbot,
bei der Strafzumessung in Rechnung zu stellen, in welchem Ausmass die
Betäubungsmittelmenge über der vom Bundesgericht für den schweren Fall
gemäss Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG festgelegten Grenze von 12 Gramm Heroin
und 18 Gramm Kokain liege. In der bisherigen Praxis sei der Drogenmenge
eine erhebliche Bedeutung zugekommen. Bei 350 Gramm Heroin und 250
Gramm Kokain seien in der Regel Freiheitsstrafen von mehr als 18 Monaten
ausgesprochen worden. Die starke Gewichtung der Betäubungsmittelmenge habe
jedoch immer wieder zu Unbehagen geführt. Ergäbe sich aus einer bestimmten
Drogenmenge ein bestimmtes Strafmass, wäre eine blosse Erfolgshaftung
gegeben. Richtigerweise sei danach zu fragen, inwieweit der Täter den
Erfolg verschuldet habe. Die Betäubungsmittelmenge sei ein unzuverlässiges
Kriterium. Feststellungen hinsichtlich der Drogenmenge stützten sich in
der Regel auf die Aussagen der Angeklagten oder Mitbeteiligter und ergäben
sich häufig erst aufgrund aufwendiger und mühsamer Berechnungen. Lese
man in Einvernahmeprotokollen, gewinne man nicht selten den Eindruck,
die Mengen hätten etwas Zufälliges. Oft könnten sich die Betroffenen nicht
mehr genau an die verschiedenen strafbaren Tätigkeiten erinnern und liessen
sich - möglicherweise deshalb, um sich nicht dem Vorwurf widersprüchlichen
Aussageverhaltens auszusetzen - auf eine bestimmte Menge festlegen. Auch
deshalb sei es fragwürdig, der Betäubungsmittelmenge bei der Strafzumessung
entscheidendes Gewicht beizumessen. Die übrigen Strafzumessungskriterien
seien stärker als bisher in die Waagschale zu legen.

    Strafmindernd seien hier die Beweggründe zu würdigen. Der
Beschwerdegegner sei schwer drogenabhängig gewesen. Er habe die
Straftaten nicht in erster Linie aus finanziellem Interesse begangen,
sondern zur Deckung seines Drogenbedarfs. Den weitergehenden Erlös
habe er teilweise zur Zahlung alter Schulden verwendet, vorwiegend aber
für den Lebensunterhalt. Dass er diesen nicht durch Arbeitserwerb habe
decken können, sei auf seine Sucht zurückzuführen. Die Art und Weise der
Tatbegehung falle ebenfalls nicht straferhöhend ins Gewicht. Die Tätigkeit
des Beschwerdegegners sei weder organisiert noch von Druckausübung
begleitet gewesen. Seine Abnehmer seien mehrheitlich Bekannte gewesen. Die
Vorstrafen fielen nicht ins Gewicht. Sowohl seine persönlichen Verhältnisse
wie sein Verhalten nach der Tat seien zu seinen Gunsten zu würdigen. Von
erheblicher Bedeutung sei seine heutige Strafempfindlichkeit. Er
sei Ende Februar 1990 aus der Untersuchungshaft entlassen worden und
konsumiere seither - also schon seit mehr als zwei Jahren - keine Drogen
mehr. Seine Mutter und seine Freundin hätten ihm geholfen, drogenfrei zu
leben. Positiv zu werten sei auch, dass er anerkenne, noch einer weiteren
Festigung zu bedürfen. Er habe deshalb jede Verbindung zu den ehemaligen
Bekannten aus der Drogenszene abgebrochen. Er lebe mit seiner Freundin,
die er nach der Untersuchungshaft kennengelernt habe und die selber nie
etwas mit Drogen zu tun gehabt habe, in geordneten Verhältnissen. Kurz
nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft habe er eine Stelle als
Hilfsarbeiter annehmen und in der Folge eine vierjährige Berufslehre als
Schreiner beginnen können. Seine Lehrfirma stelle ihm gute Noten aus. Die
Strafempfindlichkeit falle daher stark ins Gewicht. Strafmindernd seien
schliesslich sein Geständnis, sein kooperatives Verhalten im Verfahren und
seine Einsicht zu berücksichtigen. Unter diesen Umständen habe sich die
Strafe an der unteren Grenze des Strafrahmens zu bewegen. Die beachtliche
Betäubungsmittelmenge wirke sich zwar straferhöhend aus, jedoch nicht in
dem Ausmass, wie das die Beschwerdeführerin beantrage. Eine Strafe von
17 Monaten und 10 Tagen Gefängnis sei dem Verschulden angemessen.

    b) Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe in
Ermessensüberschreitung die Tatkomponente zu wenig berücksichtigt. Sie
habe das Ausmass des verschuldeten Erfolges, die Art und Weise der
Herbeiführung dieses Erfolges, die Willensrichtung, mit der der
Beschwerdegegner gehandelt habe, und seine Beweggründe zu leicht
gewichtet. Das Ausmass der Gefährdung sei im Rahmen des Verschuldens zu
berücksichtigen. Auf der objektiven Seite stehe es an erster Stelle der
Zumessungsgründe. Dies gelte besonders im Betäubungsmittelrecht. Die hier
in Frage stehenden Mengen seien ausgehend von der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung, wonach 0,6 Gramm Heroin bzw. 0,9 Gramm Kokain einen
Menschen süchtig machen könnten, geeignet, die psychische Abhängigkeit von
861 Personen herbeizuführen. Diese Zahl mache das Gefährdungspotential der
Drogentransaktionen des Beschwerdegegners deutlich und zeige, welch hohes
Verschulden ihn in objektiver Hinsicht treffe. Das angefochtene Urteil
habe zur Folge, dass jemand, der sich einer Betäubungsmittelwiderhandlung
im Bereich von 12 Gramm Heroin oder 18 Gramm Kokain schuldig mache,
gemäss BGE 109 IV 143 ff. trotz allen vom Obergericht angeführten
Strafminderungsgründen zu einem Jahr Freiheitsentzug zu verurteilen
sei, während derjenige, der das 30 bis 40fache an Heroin bzw. Kokain
umsetze und über eine entsprechend erheblich grössere kriminelle
Energie verfüge, nur sechs Monate Freiheitsentzug mehr erhalte. Mit
dem gesetzgeberischen Grundgedanken von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG
sei das nicht zu vereinbaren. Entgegen der Vorinstanz dürften auch
generalpräventive Überlegungen nicht ausser acht gelassen werden. Die
Vorinstanz habe ferner den Beweggründen ungenügend Rechnung getragen. Der
Beschwerdegegner habe über die Finanzierung seines Eigenkonsums hinaus
einen Gewinn von Fr. 30'000.-- bis Fr. 40'000.-- erzielt und diese
Einnahmen für seine persönlichen Zwecke verwendet. Er habe damit den
Rahmen der Beschaffungsdelinquenz verlassen und sich zum "Money-Dealer"
entwickelt. Zur Milderung der Härte einer längeren unbedingten
Freiheitsstrafe bestehe die Möglichkeit der Begnadigung durch die dafür
zuständige Behörde. Der Richter dürfe diese Ausnahmekompetenz nicht durch
Überschreitung seines Strafzumessungsermessens faktisch an sich reissen.

Erwägung 2

    2.- a) Der Richter misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters
zu; er berücksichtigt die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen
Verhältnisse des Schuldigen (Art. 63 StGB). Dem Sachrichter steht bei der
Gewichtung der im Rahmen der Strafzumessung zu beachtenden Komponenten ein
erheblicher Spielraum des Ermessens zu. Das Bundesgericht greift in dieses
auf Nichtigkeitsbeschwerde hin, mit der ausschliesslich eine Verletzung von
Bundesrecht geltend gemacht werden kann (Art. 269 BStP), nur ein, wenn der
kantonale Richter den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten
hat, wenn er von rechtlich nicht massgebenden Gesichtspunkten ausgegangen
ist oder wenn er wesentliche Gesichtspunkte ausser acht gelassen bzw. in
Überschreitung oder Missbrauch seines Ermessens falsch gewichtet hat
(BGE 118 IV 15; 117 IV 114 mit Hinweisen).

    b) Der Beschwerdegegner macht geltend, die erhebliche Drogenmenge
habe bereits zur Anwendung von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG geführt. Die
Mindeststrafe steige damit von Busse auf ein Jahr Gefängnis und die
Höchststrafe von drei Jahren Gefängnis auf 20 Jahre Zuchthaus. Mit dieser
Erhöhung des Strafrahmens sei der Drogenmenge Rechnung getragen. Es
gehe nicht an, die Menge innerhalb des erhöhten Strafrahmens ein
weiteres Mal straferhöhend zu berücksichtigen. Das widerspreche dem
Doppelverwertungsverbot.

    Umstände, die zur Anwendung eines höheren oder tieferen Strafrahmens
führen, dürfen innerhalb des geänderten Strafrahmens nicht noch einmal als
Straferhöhungs- oder Strafminderungsgrund berücksichtigt werden. Sonst
würde dem Täter der gleiche Umstand zweimal zur Last gelegt oder zugute
gehalten (STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allg. Teil II, § 7
N 21; TRECHSEL, Kurzkommentar, Art. 63 N 17). So ist es beispielsweise
unzulässig, bei Annahme der Bandenmässigkeit bei Diebstahl die "ganze
Mitwirkung in dieser Gesellschaft" erneut zuungunsten des Verurteilten
zu gewichten (BGE 72 IV 114). Mit dem Wechsel des Strafrahmens ist die
Bandenmässigkeit abgegolten. Der Richter ist dagegen nicht gehindert
zu berücksichtigen, in welchem Ausmass ein qualifizierender oder
privilegierender Tatumstand gegeben ist (STRATENWERTH, aaO). Hat somit
etwa der Räuber das Opfer grausam behandelt und erhöht sich deshalb der
Strafrahmen gemäss Art. 139 Ziff. 3 StGB auf fünf bis 20 Jahre Zuchthaus,
darf der Richter die Strafe wegen der grausamen Behandlung des Opfers
zwar nicht noch einmal anheben. Er ist hingegen bei der Festsetzung
der Strafe innerhalb des erhöhten Strafrahmens nicht nur berechtigt,
sondern verpflichtet zu gewichten, wie grausam der Räuber das Opfer
behandelt hat (STRATENWERTH, aaO). Der Richter verfeinert damit nur die
Wertung, die der Gesetzgeber vorgezeichnet hat. Entsprechendes gilt bei
einer Verurteilung gemäss Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG. Hier ist für die
Festsetzung der Strafe innerhalb des erhöhten Strafrahmens von Bedeutung,
in welchem Ausmass der Täter eine abstrakte Gefahr für die Gesundheit
vieler Menschen geschaffen hat. Das hängt sowohl von der Art als auch
von der Menge der Droge ab. Die Vorinstanz hat deshalb Bundesrecht nicht
verletzt, wenn sie die erhebliche Betäubungsmittelmenge zulasten des
Beschwerdegegners gewichtet hat.

    c) Der Drogenmenge kommt nach der zutreffenden Ansicht der Vorinstanz
bei der Strafzumessung allerdings keine vorrangige Bedeutung zu. Wie
das Bundesgericht bereits in BGE 107 IV 62 dargelegt hat, ist die
Strafe nicht allein nach der Gefährlichkeit einer Droge, sondern
auch und in erster Linie nach dem Verschulden des Täters zu bemessen
(ebenso Appellationsgericht Basel-Stadt, BJM 1977 S. 196 f.). Neben der
Menge und der daraus folgenden Gesundheitsgefährdung sind namentlich zu
berücksichtigen die Art und Weise der Tatbegehung, die Willensrichtung,
mit der der Täter gehandelt hat, die Beweggründe, das Vorleben und die
persönlichen Verhältnisse des Schuldigen sowie das Verhalten nach der Tat
und im Strafverfahren (dazu eingehend BGE 118 IV 24 f. E. 2b und 117 IV 113
E. 1, je mit Hinweisen). Diese weiteren Gesichtspunkte können im einen Fall
erheblich straferhöhend, im andern stark strafmindernd ins Gewicht fallen.
Deshalb lässt sich unter Hinweis allein auf die Drogenmenge das Strafmass
nicht begründen. Die Menge ist nur ein Gesichtspunkt der Strafzumessung
neben andern. Soweit die Praxis vom Gegenteil ausgehen sollte (so
JENNY, Strafrecht in der Drogenpolitik: eine kritische Bilanz, in:
BÖKER/NELLES, Drogenpolitik wohin?, Bern 1991, S. 172; ähnlich ALBRECHT,
Die Strafzumessung im Spannungsfeld von Theorie und Praxis, ZStR 108/1991,
S. 54/5), wäre das mit Art. 63 StGB nicht zu vereinbaren.

    d) Die Vorinstanz hat auch die weiteren für die Strafzumessung
wesentlichen Gesichtspunkte gewürdigt, ohne ihr Ermessen zu
überschreiten. Zu Recht hat sie strafmindernd berücksichtigt, dass
der Beschwerdegegner zur Tatzeit schwer drogenabhängig war, erst 20
bzw. 21 Jahre alt war, keine wesentlichen Vorstrafen aufwies, sich im
Untersuchungsverfahren wie vor den Gerichten kooperativ verhielt,
ein umfassendes Geständnis ablegte, Reue zeigte und einsichtig
war. Bundesrechtlich nicht zu beanstanden ist es auch, wenn sie im
Rahmen der Würdigung der persönlichen Verhältnisse gemäss Art. 63 StGB in
erheblichem Ausmass strafmindernd gewichtet hat, dass der Beschwerdegegner
sich aus eigener Kraft von der Drogensucht gelöst, sich aufgefangen und
im Arbeitsleben wieder Fuss gefasst hat (vgl. BGE 102 IV 233).

    e) Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Strafe hätte erhöht
werden müssen, da dem Beschwerdegegner nach Abzug des für den eigenen
Drogenbedarf ausgegebenen Geldes aus dem Betäubungsmittelhandel ein Gewinn
von Fr. 30'000.-- bis Fr. 40'000.-- verblieben sei; er habe damit den
Rahmen der blossen Beschaffungsdelinquenz verlassen. Wie die Vorinstanz
verbindlich feststellt (Art. 277bis Abs. 1 BStP), hat der Beschwerdegegner
diesen Erlös zum Teil zur Zahlung alter Schulden, überwiegend aber zur
Finanzierung seines Lebensunterhaltes verwendet; es sei ihm aufgrund
seiner Sucht nicht möglich gewesen, einer geregelten beruflichen Tätigkeit
nachzugehen und den Lebensunterhalt durch Arbeitserwerb zu decken. Bei
dieser Sachlage verletzt es Bundesrecht nicht, wenn sie von einer
Straferhöhung abgesehen hat. Die Strafe wäre dann zu erhöhen gewesen,
wenn es der Beschwerdegegner abgelehnt hätte zu arbeiten, obgleich ihm
das möglich gewesen wäre, und es vorgezogen hätte, durch Drogenhandel
seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

    f) Die Vorinstanz hat bei einer Einsatzstrafe von 20 Tagen
Gefängnis eine teilweise Zusatzstrafe von 17 Monaten und 10 Tagen
Gefängnis ausgesprochen. Sie hat der Grenze von 18 Monaten für die
Gewährung des bedingten Strafvollzugs gemäss Art. 41 Ziff. 1 StGB damit
Rechnung getragen. Das ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden (BGE
118 IV 339 E. 2c). Sanktionen, die den Verurteilten aus einer günstigen
Entwicklung herausreissen, sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Hat sich
der Verurteilte, wie der Beschwerdegegner, selber von der Sucht befreit,
ist der Richter deshalb berechtigt, der Heilung Rechnung zu tragen und
mit Blick darauf, dass der Vollzug einer unbedingten Freiheitsstrafe
zum Rückfall ins Drogenelend führen könnte, eine Strafe zu verhängen,
deren Dauer den bedingten Vollzug zulässt. Unstatthaft ist dies nur dann,
wenn diese Strafe dem Verschulden nicht mehr gerecht wird. Das trifft hier
nicht zu. Mit der Aussprechung einer bedingten Freiheitsstrafe lässt es
sich im übrigen auch vermeiden, dass der Täter, der sich aus eigener Kraft
von den Drogen gelöst hat, benachteiligt wird gegenüber jenem, dem das
erst aufgrund einer Behandlung gemäss Art. 44 StGB gelungen ist. Denn die
zugunsten einer Massnahme nach Art. 44 StGB aufgeschobene Strafe wird
nach einer erfolgreichen Behandlung in der Regel nicht mehr vollzogen
(BGE 107 IV 24).

    g) Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, die Vorinstanz hätte
generalpräventive Gesichtspunkte nicht ausser acht lassen dürfen.

    Nach der Lehre lässt sich eine Strafe gegenüber dem Betroffenen
ausschliesslich in dem Masse rechtfertigen, wie ihm ein Schuldvorwurf
gemacht werden kann. Deshalb darf die schuldangemessene Strafe nicht aus
Gründen der Prävention überschritten werden (vgl. STRATENWERTH, aaO, §
7 N 64; SCHULTZ, Bericht und Vorentwurf zur Revision des Allgemeinen Teils
(...) des Schweizerischen Strafgesetzbuches, Bern 1987, Art. 46 Abs. 3 und
S. 116 ff.). Es ist nicht statthaft, über die nach dem Tatschuldprinzip
bemessene Strafe aus generalpräventiven Gründen hinauszugehen (DUBS,
Die analytische Bewertung als Grundlage richterlicher Strafzumessung,
Festgabe zum Schweizerischen Juristentag, Basel 1963, S. 19; SCHULTZ,
Einführung in den allgemeinen Teil des Strafrechts, 2. Band, 4. Aufl.,
S. 76 und 78; STRATENWERTH, aaO; vgl. auch TRECHSEL, Kurzkommentar, Art. 63
N 8 mit Hinweisen). Zulässig ist die Berücksichtigung generalpräventiver
Erwägungen somit nur insoweit, als damit die schuldangemessene Strafe nicht
überschritten wird (BGE 118 IV 16). Generalpräventiven Überlegungen ist
bei der Gewichtung des das Verschulden bestimmenden gesamten Unrechts-
und Schuldgehalts der konkreten Straftat (vgl. dazu BGE 117 IV 113 E. 1)
grundsätzlich in dem Sinne Rechnung zu tragen, dass die Strafe geeignet
sein muss, die Allgemeinheit zu veranlassen, sich an die Strafrechtsnormen
zu halten, und so zur Verbrechensverhütung beiträgt. Dort wo, wie
im vorliegenden Fall, aus spezialpräventiven Gründen eine 18 Monate
übersteigende und damit unbedingte Strafe vermieden werden soll (siehe E. f
hievor), darf eine den bedingten Strafvollzug ausschliessende Straferhöhung
indessen nicht vorwiegend mit Gesichtspunkten der Generalprävention
begründet werden. Insoweit ist der Verhütung weiterer strafbarer Handlungen
beim konkreten Täter vor der allgemeinen Verbrechensbekämpfung, mit anderen
Worten der Spezial- vor der Generalprävention der Vorrang einzuräumen. Die
Vorinstanz hat deshalb Bundesrecht nicht verletzt, wenn sie von einer
Erhöhung der Strafe aus generalpräventiven Gründen abgesehen hat.

    h) Da die Vorinstanz ihr Ermessen nicht überschritten hat, ist auch
dem Vorbringen der Beschwerdeführerin die Grundlage entzogen, sie habe
sich durch die Aussprechung einer unhaltbar milden Strafe faktisch die
Befugnisse der Begnadigungsbehörde angemasst.