Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 118 II 493



118 II 493

93. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 25. November 1992 i.S.
X. gegen Z. (Berufung) Regeste

    Abänderung eines Scheidungsurteils; Unterhaltspflicht gegenüber den
aus der geschiedenen Ehe hervorgegangenen Kindern (Art. 157 ZGB).

    Die Tatsache, dass den Kindern gestützt auf Art. 30 ZGB bewilligt
worden ist, den Familiennamen des zweiten Ehemannes der Mutter zu tragen,
bildet für sich allein kein Grund zur Aufhebung der im Scheidungsurteil
festgelegten Unterhaltspflicht des Vaters.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Den Hauptantrag, die Unterhaltspflicht vollumfänglich
aufzuheben, begründet der Kläger einzig damit, dass die weitere
Beanspruchung der strittigen Unterhaltsbeiträge einen offensichtlichen
Rechtsmissbrauch darstelle und der angefochtene Entscheid deshalb gegen
Art. 2 Abs. 2 ZGB verstosse; die weiteren rechtlichen Ausführungen
beziehen sich ausschliesslich auf das Eventualbegehren. Der Kläger weist
hauptsächlich darauf hin, dass die Beklagte und ihr heutiger Ehemann trotz
des ihm zustehenden Besuchsrechts vom Sommer 1987 an alles daran gesetzt
hätten, einen persönlichen Kontakt zu den beiden Kindern zu unterbinden,
und für diese eine Änderung des Familiennamens im Sinne von Art. 30 Abs. 1
ZGB erwirkt hätten; es sei ein Zustand geschaffen worden, der gegen aussen
in jeder Hinsicht der Adoption gleichzusetzen sei; von einer solchen
sei einzig deshalb abgesehen worden, um den ihm, dem Kläger, gegenüber
bestehenden Unterhaltsanspruch nicht untergehen zu lassen. Der Kläger hält
dafür, dass der vorliegende Sachverhalt mit dem Fall zu vergleichen sei,
da ein geschiedener Ehegatte den Konkubinatspartner nur deshalb nicht
heirate, weil er sonst die scheidungsrechtliche Rente verlieren würde.

    b) Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist - in sinngemässer
Anwendung der dem Wortlaut nach nur für die Wiederverheiratung geltenden
Bestimmung von Art. 153 Abs. 1 ZGB - eine Scheidungsrente in der Tat
auch dann aufzuheben, wenn der Rentenberechtigte in einem gefestigten
Konkubinat lebt, aus dem er ähnliche Vorteile zieht, wie sie eine
Ehe böte, das Festhalten an der Rente deshalb als im Sinne von Art. 2
Abs. 2 ZGB rechtsmissbräuchlich erscheint. In BGE 116 II 396 (E. c)
hat das Bundesgericht mit aller Deutlichkeit hervorgehoben, dass für
den betreffenden Entscheid ausschlaggebend sei, ob das Konkubinat im
einzelnen Fall eine mit der Ehe vergleichbare gegenseitige Unterstützung
der Partner gewährleiste. Entscheidend ist mit andern Worten die Qualität
der konkreten Lebensgemeinschaft, nicht die Frage, weshalb auf eine Heirat
verzichtet wird.

    c) Der Kläger verkennt, dass zwischen dem scheidungsrechtlichen
und dem kindschaftsrechtlichen Unterhaltsanspruch ein wesentlicher
Unterschied besteht. So ist es mit dem monogamischen Charakter
der Ehe unvereinbar, dass einem geschiedenen Ehegatten gleichzeitig
sowohl gegenüber dem früheren Ehepartner als auch gegenüber einem neuen
ehelichen oder im Sinne der vorerwähnten Rechtsprechung ausserehelichen
Partner ein Unterhaltsanspruch zusteht. Wo eine in dieser Weise
verpönte Anspruchshäufung gegeben wäre, fällt der scheidungsrechtliche
(nacheheliche) Unterhaltsanspruch aufgrund von Art. 153 Abs. 1 ZGB - der
gegebenenfalls sinngemäss zur Anwendung gelangt - dahin. Anders verhält
es sich beim Unterhalt für ein Kind. Das Gesetz sieht hier nicht etwa eine
ausschliessliche Leistungspflicht der Eltern vor. Nach Art. 278 Abs. 2 ZGB
steht dem Kind, dessen Eltern nicht (mehr) miteinander verheiratet sind,
ein - freilich nur mittelbarer - Anspruch nötigenfalls auch gegenüber dem
(neuen) Ehegatten von Mutter oder Vater zu.

    d) In Anbetracht der Gegebenheiten im vorliegenden Fall könnte dem
Kläger selbst dann nicht beigepflichtet werden, wenn eine Gleichbehandlung
der beiden erwähnten Sachverhalte, d.h. eine sinngemässe Anwendung der
zu Art. 153 Abs. 1 ZGB entwickelten Rechtsprechung, dem Grundsatze nach
bejaht werden wollte. Die Adoption eines Kindes durch den neuen Ehemann der
Mutter bringt das Kindesverhältnis zum leiblichen Vater zwar in der Tat zum
Erlöschen (Art. 267 Abs. 2 ZGB), was auch zum Untergang des entsprechenden
elterlichen Unterhaltsanspruchs führt (HEGNAUER, Berner Kommentar, N
45 zu Art. 267 ZGB). In Anlehnung an die Rechtsprechung zum Konkubinat
die gleiche Wirkung auch ohne formelle Adoption eintreten zu lassen,
wäre von vornherein nur dort zulässig, wo die Stellung des betroffenen
Kindes gegenüber dem Stiefvater in jeder Hinsicht mit derjenigen des
Adoptivkindes zum Adoptivvater vergleichbar ist. Dass dies im Falle
seiner beiden Kinder zutreffe, vermag der Kläger nicht darzutun. Wohl
tragen diese gestützt auf die Verfügung der Direktion des Innern ... vom
8. November 1990 heute den Familiennamen "Z.". Indessen liegt nichts dafür
vor, dass ihr Stiefvater sich etwa verpflichtet hätte, an ihren Unterhalt
mehr beizutragen als das, was er gemäss Art. 278 Abs. 2 ZGB zu leisten
verpflichtet werden kann. Es ist auch nicht ersichtlich, dass jener den
beiden Kindern in erbrechtlicher Hinsicht eine Stellung eingeräumt hätte,
die sich mit derjenigen des Adoptivkindes gegenüber dem Adoptivvater
(dazu HEGNAUER, N 65 zu Art. 267 ZGB) vergleichen liesse.