Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 118 II 459



118 II 459

88. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. August 1992 i.S.
Bernard Henrion gegen BMG Ariola (Schweiz) AG (Berufung) Regeste

    Urheberrecht; Dauer des Leistungsschutzes; unlauterer Wettbewerb
(Art. 4 Abs. 2 und Art. 36 URG; Art. 5 lit. c UWG).

    1. Die Rechte des Tonträgerherstellers nach Art. 4 Abs. 2 URG erlöschen
nach fünfzig Jahren (E. 2-4).

    2. Im Verhältnis zum Wettbewerbsrecht gehen die sondergesetzlichen
Schutzvorschriften vor (E. 4a).

Sachverhalt

    A.- Die Parteien sind in der Musikbranche tätig und vertreiben
Tonträger, die BMG Ariola (Schweiz) AG (Beklagte) namentlich solche
der Marke "Radio Corporation of America" (RCA). Diese produzierte
Ende der fünfziger Jahre Schallplattenaufnahmen mit Liedern von
Elvis Presley. Bernard Henrion (Kläger), Inhaber der Einzelfirma
"Gold Records", startete im September 1987 eine Verkaufsaktion über
die Presseorgane "Tagblatt der Stadt Zürich" und "Glücks-Post" sowie
den "Ex Libris"-Verlag. Er bot verschiedene Tonträger an, namentlich
die Compact Disc "Just Elvis", deren Herstellerin sich mit "LOR-DISC"
bezeichnete. Nach Interventionen der Beklagten und der International
Federation of Phonogram and Videogram Producers (IFPI) Schweiz setzten
die beiden Medien- und das Verlagsunternehmen die Aktion ab.

    B.- Auf Begehren des Klägers verbot der Einzelrichter im summarischen
Verfahren am Bezirksgericht Zürich der Beklagten mit Verfügung vom
16. November 1987, gegenüber Dritten zu äussern, der Kläger bzw. Gold
Records habe in illegaler Weise etwas mit Tonträger-Piraterie zu tun. Einen
Rekurs gegen diese Verfügung wies die II. Zivilkammer des Obergerichts
des Kantons Zürich am 26. Januar 1988 ab.

    C.- Bernard Henrion klagte hierauf am 25. Februar 1988 gegen die
BMG Ariola (Schweiz) AG. Er forderte, der Beklagten seien Äusserungen
zu verbieten, die ihn mit Tonträger-Piraterie in Verbindung bringen, die
Feststellung der Widerrechtlichkeit derartiger Äusserungen, die Mitteilung
des Entscheids an bestimmte Dritte sowie die Zusprechung von Schadenersatz
und Genugtuung. Die Beklagte erhob Widerklage auf Feststellung der
Unrechtmässigkeit des Vertriebs der Compact Disc "Just Elvis", auf Verbot
des Inverkehrbringens der unrechtmässig hergestellten Compact Discs sowie
auf Schadenersatz und Herausgabe des erzielten Gewinns. Das Handelsgericht
des Kantons Zürich hiess die Klage am 20. Dezember 1991 insoweit gut,
als es der Beklagten die Äusserung verbot, der Kläger habe im Inserat des
Tagblattes der Stadt Zürich vom 17. September 1987 neben den Compact Discs
"Just Elvis" und "Buona Sera" noch andere Compact Discs anbieten lassen,
die nicht legal seien, sowie der Kläger bzw. Gold Records versuche immer
wieder, Schwarzdrucke auf den Markt zu bringen; im übrigen wies es die
Klage ab. In teilweiser Gutheissung der Widerklage wurde sodann dem Kläger
verboten, die Compact Disc "Just Elvis" in Verkehr zu bringen.

    Auf Nichtigkeitsbeschwerde des Klägers strich das Kassationsgericht
des Kantons Zürich mit Urteil vom 8. Mai 1992 einen Teil der
handelsgerichtlichen Begründung. Im übrigen wies es die Beschwerde ab,
soweit es darauf eintrat.

    Der Kläger hat gegen das Urteil des Handelsgerichts Berufung eingelegt,
die vom Bundesgericht abgewiesen wird.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Streitig ist einzig die Frage, wie lange die Rechte eines
Tonträgerherstellers an der Aufnahme geschützt sind. Der Kläger macht
geltend, die umstrittenen Presley-Titel seien vor mehr als dreissig
Jahren aufgenommen worden. Die Schutzfrist des Tonträgerherstellers
sei gesetzlich nicht geregelt und vorliegend längst verstrichen. Die
Auffassung der Vorinstanz, die zeitliche Dauer der Schutzrechte gemäss
Art. 4 Abs. 2 URG betrage fünfzig Jahre, sei bundesrechtswidrig.

    a) Dass auf die Streitsache schweizerisches Recht anzuwenden ist,
ist zu Recht unbestritten.

    b) Das Handelsgericht stützt sich auf Art. 4 Abs. 2 URG sowie Art. 5
lit. c UWG und geht hinsichtlich der Schutzdauer des Tonträgerherstellers
von einer echten Lücke praeter legem aus. Das geltende URG kenne nur
eine Frist, nämlich jene von fünfzig Jahren für den Schutz des Werkes
(Art. 36 URG). Angesichts der Nähe der Rechte des Tonträgerherstellers zum
Urheberrecht sei es angebracht, hier ebenfalls von einer fünfzigjährigen
Schutzfrist auszugehen, welche mit dem Ablauf des Herstellungsjahres zu
laufen beginne.

    c) Wird ein literarisches oder musikalisches Werk durch persönliche
Betätigung von Ausübenden auf Instrumente übertragen, die dazu dienen,
es mechanisch vorzutragen oder aufzuführen, ist diese Übertragung als eine
unter den Schutz des Gesetzes fallende Wiedergabe anzusehen (Art. 4 Abs. 2
URG). Diese Norm findet sich im Abschnitt der allgemeinen Bestimmungen und
steht unter der Marginalie zu Art. 1 URG "Geschützte Werke". Das Gesetz
selbst enthält nur eine Schutzfrist (Art. 36 URG). Es ist zu prüfen,
ob diese werkbezogene Schutzdauer von fünfzig Jahren seit dem Tod des
Urhebers auf die vorliegende Streitsache analog Anwendung findet oder,
falls dies zu verneinen ist, welche zeitliche Beschränkung anzuwenden ist.

Erwägung 3

    3.- a) Gibt das URG über die Schutzdauer von Tonträgern keine
Antwort, liegt eine Lücke vor, welche gemäss den in Art. 1 Abs. 2 und
3 ZGB enthaltenen Grundsätzen zu füllen ist (BGE 107 II 379 E. d). Der
Richter hat hiezu die Ratio des Gesetzes oder der Norm zu ermitteln
(BGE 116 II 527 E. b, 114 II 407 E. 3). Dabei können sich aus der
Entstehungsgeschichte Hinweise ergeben. Zu berücksichtigen sind die
Interessen, deren Schutz durch das Gesetz oder die Norm beabsichtigt ist,
sowie die Praktikabilität einer Lösung Mitzuberücksichtigen ist aber auch
eine laufende Gesetzesrevision (BGE 110 II 296 E. a).

    b) aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts bezweckt
Art. 4 Abs. 2 URG unter anderem, die Hersteller von Tonträgern
(Schallplatten, Compact Discs, Kassetten, Musikdosen) vor unerlaubter
Nachpressung und Inverkehrsetzung unrechtmässig hergestellter Tonträger
zu schützen. Die Tonträgerhersteller sind nach dieser Rechtsprechung
nicht Inhaber von Urheberrechten, sondern können sich lediglich auf einen
Schutz wettbewerbsrechtlicher Art berufen (BGE 85 II 439 ff., 87 II 322,
110 II 414 E. a). Das Wettbewerbsrecht bezweckt aber ausschliesslich,
den Missbrauch des freien wirtschaftlichen Wettbewerbs durch täuschende
oder andere gegen Treu und Glauben verstossende Mittel zu bekämpfen.
In Zusammenhang mit Tonträgern im Sinne von Art. 4 Abs. 2 URG geht es
namentlich um den Schutz gegen die Nachahmung des Tonträgers (BGE 85 II
439 E. d), den Schutz gegen unlautere Wettbewerbshandlungen (BGE 87 II
326 E. b), den Schutz gegen die unbefugte Nachpressung von Schallplatten
und gegen die Inverkehrsetzung der so hergestellten Erzeugnisse (BGE
87 II 335 E. 6). Einen darüber hinausgehenden Schutz des Platten- oder
Tonträgerherstellers verneinte das Bundesgericht (BGE 87 II 335 E. 6). Es
begründete dies damit, dass eine solche Erstreckung ein auf den Fabrikanten
übergegangenes Urheberrecht des ausübenden Künstlers oder mindestens ein
sogenanntes Nachbarrecht zu einem solchen voraussetzen würde (BGE 87 II
338 E. 7a; dazu auch PEDRAZZINI, Über den Leistungsschutz der Interpreten,
der Ton- und Tonbildträgerhersteller und der Sendeunternehmen, ZSR 96/1977
II 1 ff., 68 f.).

    bb) Der Hersteller von Tonträgern kann nach dieser Rechtsprechung
lediglich wettbewerbsrechtlichen Schutz beanspruchen. Nach Art. 5
lit. c UWG (in Kraft seit 1. März 1988) handelt unlauter, wer das
marktreife Arbeitsergebnis eines andern ohne angemessenen eigenen
Aufwand durch technische Reproduktionsverfahren als solches übernimmt
und verwertet. Geschützt ist danach nicht das Arbeitsergebnis per se,
sondern nach wie vor der lautere Wettbewerb. Der Schutz materialisierter
Arbeitsergebnisse hat sich in diesen Kontext einzufügen und wird durch
das Lauterkeitsrecht nur in dem Umfang gewährleistet, in dem der lautere
Wettbewerb gefährdet wird (CHRISTIAN HILTI, Wettbewerbsrechtlicher
Leistungsschutz statt Nachbarrechte?, Diss. Zürich 1986, S. 99). Nach aUWG
konnte sich der Hersteller von Tonträgern als Wettbewerbsteilnehmer auf die
Generalklausel von Art. 1 Abs. 1 aUWG berufen (PEDRAZZINI, aaO, S. 71 f.;
auch HILTI, aaO, S. 80 f.); ferner war er vor Nachahmung seiner Leistung
dann geschützt, wenn dadurch eine Verwechslungsgefahr im Sinn von Art. 1
Abs. 2 lit. d aUWG entstand (PEDRAZZINI, aaO, S. 70; HILTI, aaO, S. 83
f.). Im Rahmen der Revision des UWG ist dieser Leistungsschutz ausdrücklich
verankert und der bisherigen Rechtsprechung, wonach der in Art. 4 Abs. 2
URG vorgesehene Schutz des Tonträgerherstellers wettbewerbsrechtlicher
Natur ist, Rechnung getragen worden.

    c) Den Materialien zum geltenden URG lässt sich zur Frage des
Leistungsschutzes für Tonträgerhersteller nichts entnehmen. Die allgemeine
urheberrechtliche Schutzdauer betrug gemäss Art. 37 URG (Fassung von 1918;
dazu BBl 1918 III 571 ff.) dreissig Jahre (BBl 1918 III 671). Sie beträgt
seit 1. Dezember 1955 fünfzig Jahre (AS 1955 855; dazu BBl 1954 II 639
ff., 663 und BBl 1984 III 176).

    Seit 1958 wird an einer Totalrevision des URG von 1922/1955 gearbeitet
(BBl 1984 III 178). Ein erster Vorentwurf datiert von 1971, der zweite
von 1981. Letzterer wurde überarbeitet und mit Botschaft vom 29. August
1984 der Bundesversammlung unterbreitet (BBl 1984 III 173 ff.). In diesem
Entwurf wurde Art. 4 Abs. 2 URG ersatzlos gestrichen. Die Bestimmung
sei wettbewerbsrechtlicher Natur und habe somit im Urheberrecht keinen
Platz. Die Frage eines Leistungsschutzes für Tonträgerhersteller sei
vielmehr im Rahmen der Revision des Bundesgesetzes über den unlauteren
Wettbewerb oder allenfalls eines neuen Leistungsschutzgesetzes zu
prüfen (BBl 1984 III 193 f.). Der Ständerat wies jedoch die Vorlage
gerade deswegen am 3. Oktober 1985 an den Bundesrat zurück mit dem
Auftrag zu prüfen, wie der Schutz der Produzenten und der verschiedenen
Nutzerkreise verbessert werden könnte (Amtl.Bull./SR 1985 584 ff., 590);
gleich entschied am 10. Juni 1986 der Nationalrat (Amtl.Bull./NR 1986
695 ff., 711).

    Im Gesetzesentwurf vom 19. Juni 1989 wurden die verwandten
Schutzrechte, namentlich jene des Tonträgerherstellers, berücksichtigt
(BBl 1989 III 477 ff., 486 ff.). Art. 36 E-URG (1989) sieht unter dem
dritten Titel "Verwandte Schutzrechte" vor, dass der Hersteller von
Ton- und Tonbildträgern das ausschliessliche Recht habe, die Aufnahmen
zu vervielfältigen und die Vervielfältigungsexemplare anzubieten,
zu veräussern oder sonstwie zu verbreiten (BBl 1989 III 624). Art. 39
E-URG (1989) regelt die Schutzdauer. Danach beginnt der Schutz mit der
Darbietung des Werks durch den ausübenden Künstler, mit der Herstellung der
Ton- und Tonbildträger sowie mit der Ausstrahlung der Sendung und erlischt
nach fünfzig Jahren (BBl 1989 III 625). Die Regelung lehnt sich in der
Sache an das Internationale Abkommen über den Schutz der ausübenden
Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen,
abgeschlossen in Rom am 26. Oktober 1961 (Rom-Abkommen, BBl 1989 III 696
ff.) sowie an das Übereinkommen zum Schutz der Hersteller von Tonträgern
gegen die unerlaubte Vervielfältigung ihrer Tonträger, abgeschlossen
am 29. Oktober 1979 (Genfer Tonträger-Übereinkommen; BBl 1989 III 708
ff.) an. Zur Schutzdauer führte der Bundesrat aus, diese folge der
international feststellbaren Tendenz, über die Mindestschutzdauer des
Rom-Abkommens von zwanzig Jahren hinauszugehen (BBl 1989 III 553). Die
Bestimmungen von Art. 36 und 39 E-URG gaben in der Detailberatung der
beiden Räte, im Ständerat am 6. März 1991 (Amtl.Bull./SR 1991 118 und
120) und im Nationalrat am 28. Januar 1992 (Amtl.Bull./NR 1992 44 f.),
zu keinen weiteren Bemerkungen Anlass. Dem Entwurf wurde diesbezüglich
vorbehaltlos zugestimmt. Im übrigen sah bereits die parlamentarische
Initiative Morf vom 5. Oktober 1983 zum Erlass eines Bundesgesetzes zum
Schutz der Interpreten, der Hersteller von Ton-, Bild- und Tonbildträgern
sowie von Sendeunternehmen eine Schutzdauer von fünfzig Jahren vor (Art. 8
der Initiative; Amtl.Bull./NR 1986 695; Ausführungen dazu bei HILTI, aaO,
S. 61 ff.).

    d) Ebenfalls in Zusammenhang mit Art. 5 lit. c UWG wird eine
zeitliche Befristung des Leistungsschutzes verlangt. In den Materialien
wird ausdrücklich festgehalten, dass mit einer zeitlichen Befristung des
wettbewerbsrechtlich gewährleisteten Schutzes gemäss Art. 5 lit. c UWG jene
des urheberrechtlichen oder gewerblichen Rechtsschutzes nicht unterlaufen
werden dürfe (BBl 1983 II 1009 ff., 1048 f.; Amtl.Bull./NR 1985 I 842). Die
Dauer des Schutzes werde von den Gerichten im Lichte der Generalklausel
des UWG beurteilt und entschieden werden müssen (Amtl. Bull./NR 1985 I
842). Nach TROLLER (Immaterialgüterrecht, Band II, 3. Aufl. 1985, S. 958)
soll der wettbewerbsrechtliche Schutz nach Art. 5 lit. c. UWG erst enden,
wenn eine Nachahmung der Arbeitsleistung den Erstleistenden im Wettbewerb
nicht mehr benachteiligt. Er verwirft dagegen die Amortisationstheorie,
wonach der Schutz so lange zu gewähren ist, bis der Aufwand amortisiert ist
(zur Amortisationstheorie das Handelsgericht des Kantons Zürich in einem
Urteil vom 19. September 1969, SJZ 66/1970 326 ff. Nr. 141; BAUDENBACHER,
Das neue Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, recht 1988 73
ff., 82 Anm. 64; BAUDENBACHER, Die Revision des schweizerischen UWG,
GRUR Int. 1981 167 f.; Zusammenfassung der verschiedenen Standpunkte zur
Amortisationsthese bei MARKUS FIECHTER, Der Leistungsschutz nach Art. 5
lit. c UWG, Diss. St. Gallen 1992, S. 197 f.). Der Auffassung TROLLERS
stimmt HILTI (aaO, S. 107 f.) grundsätzlich zu, wobei zu berücksichtigen
sei, dass eine gewisse Benachteiligung des Erstleistenden gegenüber dem
Zweitleistenden, d.h. jenem, der vervielfältigt, wettbewerbsimmanent
sei und damit lauterer und unlauterer Vorteil voneinander abzugrenzen
seien. Für eine zeitliche Beschränkung des Leistungsschutzes spricht
sich auch BAUDENBACHER aus, um eine Unterlaufung des Numerus clausus
der gewerblichen Schutzrechte zu verhindern (GRUR Int. 1981 168). Die
Meinung der verschiedenen Autoren geht dahin, dass die Dauer des Schutzes
von Fall zu Fall in Abwägung der gegenseitigen Interessen zu bestimmen
sei. Die Frage kann jedoch offenbleiben, da es vorliegend um die zeitliche
Beschränkung des sondergesetzlichen Schutzes nach Art. 4 Abs. 2 URG geht.

    e) Rechtsvergleichend sind vor allem die bereits zitierten Abkommen
von Rom und Genf (BBl 1989 III 696 ff. bzw. BBl 1989 III 708 ff.) zu
erwähnen, welche beide eine Mindestschutzdauer für die Tonträgerhersteller
von zwanzig Jahren vorsehen. Nach deutschem Recht erlischt das Recht
fünfundzwanzig Jahre nach dem Erscheinen des Tonträgers, jedoch bereits
fünfundzwanzig Jahre nach der Herstellung, wenn der Tonträger innerhalb
dieser Frist nicht erschienen ist (§ 85 Abs. 2 UrhG; dazu FROMM/NORDEMANN,
Urheberrecht (UrhG), 7. Aufl. 1988, §§ 85/86; MESTMÄCKER/SCHULZE, Kommentar
zum deutschen Urheberrecht, N 5 zu §§ 85/86). Frankreich hat 1985 bei der
Einführung der verwandten Schutzrechte anlässlich der Urheberrechtsrevision
ebenfalls eine fünfzigjährige Schutzfrist normiert (Art. 30 de la Loi no
85-660 du 3 juillet 1985, Propriété littéraire et artistique).

Erwägung 4

    4.- a) Art. 36 E-URG und Art. 5 lit. c UWG sind Ausfluss der
Entwicklung und der vielseitigen Möglichkeiten der modernen Technik,
welche die Voraussetzungen schafft, fertige Arbeitsprodukte Dritter durch
technische Reproduktion zu verwerten. Dieser Umstand verlangt nach einem
verstärkten Schutz des Herstellers der Erstleistung.

    Die Materialien zum URG-Entwurf von 1989 und der Werdegang dieses
Entwurfes zeigen klar die Tendenzen auf. Die sogenannten Nachbarrechte
des Urheberrechts sollen auch sondergesetzlich, d.h. im Rahmen des
URG geschützt werden; der Leistungsschutz soll demnach nicht mehr
ausschliesslich wettbewerbsrechtlicher Natur sein, wie dies der bisherigen
Rechtsprechung (BGE 85 II 431 ff., 87 II 320 ff., zuletzt in BGE 110 II
414 E. a) entsprach.

    Zur Frage, auf welche Schutznorm sich der Tonträgerhersteller in
erster Linie zu berufen hat, gilt der Grundsatz, dass zunächst die
sondergesetzlichen Schutzvorschriften auszuschöpfen sind. Erst danach
kann sich der Betroffene auf einen ergänzenden wettbewerbsrechtlichen
Leistungsschutz berufen. Ein ergänzender Lauterkeitsschutz kommt nur
dann zum Tragen, wenn spezifisch wettbewerbsrechtliche Motive, die keine
Parallelitäten zum sondergesetzlichen Schutz aufweisen oder klarerweise
mit den lauterkeitsrechtlichen Grundsatzwertungen korrespondieren, eine
Beschränkung der Nutzungsfreiheit gebieten (dazu BGE 92 II 206 E. 6,
84 II 584; FIECHTER (aaO, S. 189, weitere Nachweise in Fn. 14; dazu auch
FROMM/NORDEMANN, UrhG, aaO, N 7 zu §§ 85/86).

    b) Das Handelsgericht geht von einer Schutzdauer von fünfzig
Jahren aus, da das Schutzrecht des Tonträgerherstellers trotz allem
urheberrechtlicher Natur sei und das geltende Urheberrechtsgesetz
lediglich eine einzige Schutzfrist vorsehe. Diesem Auslegungsergebnis der
Vorinstanz ist zuzustimmen. Die Lücke der zeitlichen Beschränkung des
Leistungsschutzes nach Art. 4 Abs. 2 URG ist in möglichst weitgehender
Anlehnung an die Prinzipien des geltenden URG auszufüllen. Die Annahme
einer fünfzigjährigen Schutzfrist verträgt sich durchaus mit dem System des
geltenden Rechts (Art. 36 URG) wie auch mit der bisherigen Rechtsprechung
des Bundesgerichts zur rechtlichen Natur des Leistungsschutzes nach
Art. 4 Abs. 2 URG. Die Lösung widerspricht auch nicht dem neu in Art. 5
lit. c UWG vorgesehenen Leistungsschutz, da ebenfalls dieser Schutz nicht
unbefristet sein kann; es ergeben sich auch keine Schwierigkeiten aus
dem Nebeneinander von URG und UWG, da nach dem Gesagten (E. 4a hievor)
der sondergesetzliche Schutz ohnehin vorgeht. Ausschlaggebend ist dabei,
dass die Annahme einer Schutzdauer von fünfzig Jahren der bevorstehenden
URG-Revision, welche für den urheberrechtlichen Leistungsschutz diese
vorsieht (dazu E. 3c hievor), vollumfänglich Rechnung trägt. Im Rahmen der
richterlichen Lückenfüllung ist eine Gesetzesrevision, die abgeschlossen
ist, und welcher die Legislative zugestimmt hat, zu berücksichtigen,
und die Lücke in Übereinstimmung mit der neuen Regelung zu schliessen. Es
ginge nicht an, dass der Richter kurz vor Inkrafttreten einer Bestimmung,
welche die zu beurteilende Streitfrage zum Gegenstand hat, sich über den
Willen des Gesetzgebers hinwegsetzte und die Lücke abweichend von dessen
Regelungsabsicht füllte. Darüber hinaus steht die Lösung in Einklang mit
der internationalen Tendenz zur Verlängerung der in den einzelnen Abkommen
vorgesehenen Mindestschutzdauer.