Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 118 II 312



118 II 312

61. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. Juni 1992 i.S. F.
gegen H. (Berufung) Regeste

    Arbeitsvertrag; Entschädigung des Arbeitgebers bei ungerechtfertigtem
Verlassen der Arbeitsstelle durch den Arbeitnehmer (Art. 337d Abs. 1 OR).

    Art. 337d Abs. 1 OR schliesst eine richterliche Schätzung des nicht
ziffernmässig nachweisbaren Schadens nach Art. 42 Abs. 2 OR nicht aus
(E. 2a).

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Nicht einzusehen ist, weshalb Art. 337d OR eine richterliche
Schätzung von nicht ziffernmässig nachweisbarem Schaden ausschliessen soll,
der dem Arbeitgeber daraus entstanden ist, dass der Arbeitnehmer seine
Stelle ohne wichtigen Grund fristlos verlassen hat. Art. 337d Abs. 1 OR
verleiht dem Arbeitgeber in einem solchen Fall einen Anspruch auf eine
Entschädigung, die dem Viertel des Lohnes für einen Monat entspricht,
behält daneben aber den Anspruch auf Ersatz weiteren Schadens ausdrücklich
vor. Mit der Festsetzung einer Pauschalentschädigung hat der Gesetzgeber
dem Umstand Rechnung getragen, dass bei vertragswidrigem Verlassen der
Arbeitsstelle der Schadensnachweis dem Arbeitgeber oft Schwierigkeiten
bereitet (Botschaft betreffend Revision der Bestimmungen des OR über den
Arbeitsvertrag vom 25. August 1967, BBl 1967 II, S. 390; STREIFF/VON
KAENEL, Leitfaden zum Arbeitsvertragsrecht, 5. Aufl. 1992, N 4 zu
Art. 337d OR; KUHN, Aktuelles Arbeitsrecht für die gewerbliche Praxis,
7/3.9.2*, S. 1). Die Bestimmung will somit den Arbeitgeber schützen
(STREIFF/VON KAENEL, aaO, N 10 zu Art. 337d OR), indem sie ihm die
Durchsetzung seiner Schadenersatzansprüche erleichtert, soweit diese den
Betrag des Viertels eines Monatslohnes nicht übersteigen. Dagegen kann
es nicht Sinn und Zweck von Art. 337d Abs. 1 OR sein, dem Arbeitgeber
die Möglichkeit abzuschneiden, sich bei der Geltendmachung weiteren
Schadens auf die Behelfe des allgemeinen Schadenersatzrechts zu berufen
(in diesem Sinne ebenfalls BRUNNER/BÜHLER/WAEBER, N 2 zu Art. 337d OR am
Ende). Die Vorschrift steht daher insbesondere auch einer richterlichen
Schätzung solchen Schadens gemäss Art. 42 Abs. 2 OR nicht entgegen.