Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 118 II 142



118 II 142

31. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 17. Februar 1992 i.S.
Willy L. gegen Peter S. (Berufung) Regeste

    Gemischter Kauf-/Werkvertrag über ein Grundstück mit noch im Bau
befindlichem Wohnhaus; Haftung für Sachmängel (Art. 18, 370 Abs. 3 und
371 Abs. 2 OR).

    1. Auslegung einer Vertragsklausel, mit der vereinbart wird, alle
bestehenden Verpflichtungen der Handwerker aus dem Hausneubau gingen vom
Verkäufer auf den Käufer über (E. 1).

    2. Beweislastverteilung hinsichtlich der Rechtzeitigkeit
der Mängelrüge; Bestätigung und Präzisierung von BGE 107 II 176
(E. 3a). Bemessung der Rügefrist (E. 3b).

    3. Bedeutung einer vertraglichen Vereinbarung, wonach Nutzen und
Schaden auf einen bestimmten, mit der versprochenen Fertigstellung des
Hauses übereinstimmenden Zeitpunkt auf den Käufer übergehen, in bezug
auf den Beginn der Verjährungsfrist gemäss Art. 371 Abs. 2 OR (E. 4).

Sachverhalt

    A.- Mit Vertrag vom 30. Juni 1982 kaufte Peter S. von Willy L. ein
Grundstück samt einem darauf noch im Bau befindlichen Wohnhaus zum Preis
von Fr. 430'000.--. L. verpflichtete sich, das Haus auf den 1. Oktober 1982
schlüsselfertig und bezugsbereit fertigzustellen. Der Grundbucheintrag
erfolgte sofort nach dem Vertragsabschluss, während Nutzen und Schaden
gemäss Vereinbarung der Parteien erst am 1. Oktober 1982 auf den Käufer
übergehen sollten. In Ziffer 10 des Vertrages vereinbarten die Parteien
ausserdem, alle bestehenden Garantie-Verpflichtungen der Handwerker aus
dem Hausneubau gingen vom Verkäufer auf den Käufer über.

    Entgegen der vertraglichen Vereinbarung war das Haus am 1. Oktober
1982 nicht fertig erstellt. Da sich L. nicht darum kümmerte, verzichtete
S. hinsichtlich der noch ausstehenden Arbeiten auf die nachträgliche
Leistung, vergab diese Arbeiten an Dritte und machte deren Kosten gegenüber
dem Verkäufer gerichtlich geltend. Im Winter 1985/86 traten zudem an den
Holzfassaden des Hauses Schäden auf (Verziehen der Bretter, Abblättern
des Anstrichs). Mit Schreiben vom 24. Februar 1986 rügte S. diese
Mängel. Da L. untätig blieb, veranlasste S. beim Bezirksgericht Aarau
eine vorsorgliche Beweisaufnahme und liess darauf die Fassaden durch
einen Dritten instand stellen.

    Im Dezember 1987 reichte S. beim Bezirksgericht Aarau Klage ein
mit dem Antrag, L. zur Zahlung von Fr. 20'563.90 nebst 5% Zins seit
2. November 1987 zu verpflichten. Der Beklagte beantragte die Abweisung
der Klage und verlangte widerklageweise den Betrag von Fr. 2'432.50 für
die ihm im Zusammenhang mit der vorsorglichen Beweisaufnahme entstandenen
Kosten. Mit Urteil vom 26. April 1989 schützte das Bezirksgericht die
Klage im Umfang von Fr. 20'018.90 nebst 5% Zins seit 2. November 1987
und wies die Widerklage ab.

    Eine Appellation des Beklagten wies das Obergericht des Kantons
Aargau mit Urteil vom 27. Dezember 1990 zwar ab; es korrigierte jedoch
einen Rechnungsfehler des Bezirksgerichts und hiess deshalb die Klage nur
noch im Betrag von Fr. 19'981.40 nebst 5% Zins seit 2. November 1987 gut.

    Der Beklagte hat gegen das Urteil des Obergerichts Berufung eingelegt,
die vom Bundesgericht teilweise gutgeheissen wird.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Der Beklagte beanstandet mit der Berufung, das Obergericht habe
die vom Kläger ihm gegenüber geltend gemachten Gewährleistungsansprüche
trotz fehlender Passivlegitimation gutgeheissen. Er beruft sich zur
Stützung seiner Auffassung auf Ziffer 10 des Kaufvertrages, wonach die
Garantie-Verpflichtungen der Handwerker dem Kläger abgetreten worden sind.

    a) Wird ein Grundstück verkauft, auf dem ein Gebäude erstellt werden
soll oder sich bereits im Bau befindet, so können die Parteien entweder
zwei getrennte Verträge (Grundstückkauf und Werkvertrag) abschliessen
oder einen einzigen gemischten Vertrag, welcher die kaufrechtliche
Leistungspflicht mit der werkvertraglichen Herstellungspflicht verbindet
(BGE 117 II 264). Im vorliegenden Fall ist ein gemischter Vertrag
anzunehmen, da die Entschädigung für den Boden und für die Erstellung des
Bauwerks nicht aufgeteilt, sondern in einem Gesamtpreis zusammengefasst
worden ist. Auf die Pflicht zur Herstellung bzw. Vollendung der Neubaute
sind die werkvertraglichen Regeln über die Mängelhaftung anzuwenden,
und zwar auch hinsichtlich der Gebäudeteile, die bei Vertragsabschluss
bereits erstellt waren (GAUCH, Der Werkvertrag, 3. Aufl., S. 56 Rz. 193;
SCHUMACHER, Die Haftung des Grundstückverkäufers, in: Der Grundstückkauf,
S. 246 Rz. 631).

    Nach Gesetz haftet der Unternehmer für alle Mängel des abgelieferten
Werks (Art. 368 OR). Diese Haftung kann im Rahmen der gesetzlichen
Schranken vertraglich wegbedungen werden (BGE 91 II 348 E. 2a). Ob und
in welchem Umfang die Mängelhaftung des Unternehmers im konkreten Fall
wegbedungen worden ist, muss durch die Auslegung der entsprechenden
Vertragsklausel ermittelt werden. Solche Freizeichnungsklauseln sind im
Zweifel eng und somit zu Ungunsten des Unternehmers auszulegen (BGE 109
II 25 E. 4: Kaufvertrag; GAUCH, aaO, S. 488 Rz. 1868).

    b) Die Abtretung von Forderungen oder Ansprüchen ist ein
Verfügungsgeschäft, kraft dessen der Zessionar anstelle des Zedenten
Gläubiger wird. Welche Bedeutung der Zession im Verhältnis zwischen dem
Zedenten und dem Zessionar zukommt, ergibt sich aus dem Grundgeschäft,
das den sachlichen Anlass zur Abtretung bildet. Die Übertragung
der abgetretenen Forderung kann die Erfüllung eines Kaufvertrages
oder eine Schenkung darstellen, an Zahlungs Statt, zahlungshalber,
sicherungshalber oder treuhänderisch zum Inkasso erfolgen (BUCHER,
Schweiz. Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl., S. 552 f.;
GUHL/MERZ/KOLLER, Das Schweiz. Obligationenrecht, 8. Aufl., S. 245). Bei
der Abtretung zum Zweck der Erfüllung einer eigenen Verpflichtung des
Zedenten ist gemäss Art. 172 OR anzunehmen, dass die Abtretung nicht an
Zahlungs Statt, sondern nur zahlungshalber erfolgt. Dies entspricht der
allgemeinen Regel, wonach bei sogenannten liberatorischen Rechtsgeschäften
jene Partei die Beweislast trägt, die den weitergehenden Inhalt, das heisst
die Leistung an Erfüllungs Statt behauptet (WEBER, N 144 Einleitung und
Vorbemerkungen zu Art. 68-96 OR).

    Die Abtretung der Gewährleistungsansprüche gegenüber den
Handwerkern sagt somit für sich allein nichts aus über den Umfang
der eigenen Gewährleistungspflicht des Beklagten gegenüber dem
Kläger. Das Obergericht ist zum Schluss gekommen, dass die Parteien
nicht eine allgemeine Freizeichnung vereinbaren wollten, sondern nur eine
Abtretung des Nachbesserungsanspruchs sowie des Anspruchs auf Ersatz eines
allfälligen Mängelfolgeschadens. Gewährleistungspflichtig blieb bei dieser
Auslegung der Beklagte. Mit der Abtretung erlangte der Kläger jedoch
die Möglichkeit, den dem Beklagten zustehenden Nachbesserungsanspruch
gegenüber den Handwerkern selbst geltend zu machen. Alle auf diesem
Weg von den Handwerkern erbrachten Leistungen werden dann auf die
Gewährleistungspflicht des Beklagten angerechnet.

    Der Beklagte bringt mit der Berufung nichts vor, was diese
Vertragsauslegung als bundesrechtswidrig erscheinen liesse. Gegen eine
allgemeine Freizeichnung spricht schon der Wortlaut von Ziffer 10 des
Vertrages, da nirgends von einer Einschränkung der Gewährleistungspflicht
des Beklagten die Rede ist. Es wird vielmehr der Eindruck erweckt, damit
werde die Stellung des Klägers verbessert bzw. erleichtert, was nur im
Fall des Fortbestandes der gesetzlichen Gewährleistungspflicht verbunden
mit einer Abtretung erfüllungshalber zutrifft. Hätte der Beklagte von
jeder eigenen Gewährleistungspflicht befreit werden sollen, so hätten
ihm wenigstens minimale Pflichten auferlegt werden müssen, damit seine
Garantieansprüche gegenüber den Handwerkern aufrechterhalten bleiben
und diese vom Kläger auch tatsächlich geltend gemacht werden konnten.
Die Auslegung nach dem Vertrauensprinzip verbietet es deshalb, die erwähnte
Klausel als Wegbedingung einer eigenen Gewährleistungspflicht des Beklagten
zu verstehen.

    c) Wird eine Forderung erfüllungshalber abgetreten, so ergibt sich in
Analogie zu Art. 467 Abs. 2 OR für den Zessionar daraus die Verpflichtung,
vorerst die abgetretene Forderung geltend zu machen; die vom Zedenten
geschuldete eigene Leistung gilt so lange als gestundet (WEBER, N 137
Einleitung und Vorbemerkungen zu Art. 68-96 OR; GUHL/MERZ/KOLLER, aaO, S.
217). Die Geltendmachung der abgetretenen Gewährleistungsansprüche durch
den Kläger setzt jedoch voraus, dass ihm der Beklagte die Namen der
beteiligten Handwerker nennt und diese Ansprüche nicht wegen Umständen,
die der Beklagte zu verantworten hat, bereits untergegangen sind. Das
Obergericht hat dazu festgestellt, der Beklagte habe es unterlassen,
den Kläger zu dokumentieren und damit in die Lage zu versetzen, den
verantwortlichen Unternehmer zur Nachbesserung der mangelhaften Arbeit
anzuhalten. Insbesondere habe er ihm nie eine Handwerkerliste übergeben und
den Namen des Zimmereibetriebs, welcher die Holzfassaden erstellt hatte,
erst in der Klageantwort preisgegeben. Unterlassen habe der Beklagte auch
eine Mängelrüge gegenüber diesem Handwerker nach Eingang der Beanstandung
seitens des Klägers. Damit hat er die Verwirkung des abgetretenen
Nachbesserungsanspruchs selbst zu verantworten, weshalb er sich nicht auf
die mit der Abtretung erfüllungshalber verbundene Stundungswirkung berufen
kann. Die Vorinstanz hat demnach zu Recht angenommen, der Beklagte hafte
gegenüber dem Kläger gemäss Art. 368 ff. OR für Mängel des Hauses.

Erwägung 3

    3.- Eine Verletzung von Bundesrecht erblickt der Beklagte ausserdem
darin, dass das Obergericht die Rechtzeitigkeit der Mängelrüge bejaht
hat. Das Obergericht führt dazu aus, der Kläger habe die im Winter
1985/86 aufgetretenen Schäden an den Holzfassaden erst nach seiner
Rückkehr aus den Skiferien (17. Januar 1986) festgestellt, worauf er
sie mit Schreiben vom 24. Februar 1986 gerügt habe; etwas anderes sei
vom Beklagten nicht nachgewiesen worden. Nach Auffassung des Beklagten
beruht diese Feststellung auf einer unzulässigen Umkehr der Beweislast
hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Mängelrüge. Er macht zudem geltend,
die Rüge sei jedenfalls zu spät erfolgt, weil der Kläger gemäss Art. 370
Abs. 3 OR die Mängel sofort nach ihrer Entdeckung hätte anzeigen müssen.

    a) Werden vom Besteller Sachgewährleistungsansprüche geltend
gemacht, so obliegt es dem Unternehmer zu behaupten, das Werk sei infolge
verspäteter Mängelrüge genehmigt worden (BGE 107 II 54). Die Beweislast für
die Rechtzeitigkeit der Mängelrüge liegt jedoch nach der allgemeinen Regel
beim Besteller (BGE 107 II 176; GAUCH, aaO, S. 413 Rz. 1581). Entgegen
der Auffassung von BUCHER (ZSR 1983 II 343) ist die Verspätung der
Rüge nicht eine rechtshindernde, sondern ihre Rechtzeitigkeit eine
rechtsbegründende Tatsache. Die Rechtzeitigkeit der Mängelrüge gehört zu
den Anspruchsvoraussetzungen, die vom Besteller zu beweisen sind (HONSELL,
Schweiz. Obligationenrecht, Besonderer Teil, S. 201). Das Erfordernis
sofortiger Mängelrüge gemäss Art. 370 Abs. 3 OR unterscheidet sich von
anderen Verwirkungsfristen des Gesetzes nur dadurch, dass die Frist nicht
absolut, das heisst zum Beispiel in einer bestimmten Anzahl von Tagen
angegeben, sondern durch einen auslegungsbedürftigen Begriff umschrieben
wird. Für die Einhaltung einer Verwirkungsfrist trägt jedoch stets der das
Recht Ausübende die Beweislast (KUMMER, N 151 und 312 ff. zu Art. 8 ZGB).

    Liegt die Beweislast für die Rechtzeitigkeit der Mängelrüge beim
Besteller, so gehört dazu auch der Nachweis, wann er den gerügten Mangel
entdeckt hat (BGE 107 II 176; a.M. GAUCH, aaO, S. 413 Rz. 1581). Die
Entdeckung eines Mangels ist eine innere Tatsache, von der im allgemeinen
nur der Besteller selbst Kenntnis hat. Er hat deshalb den Nachweis zu
erbringen, in welchem Zeitpunkt dies der Fall war. Wendet demgegenüber
der Unternehmer ein, der Besteller habe den gerügten Mangel schon früher
entdeckt, so hat der Unternehmer seinerseits seine Behauptung zu beweisen
(KUMMER, N 316 zu Art. 8 ZGB).

    Nach ständiger Praxis des Bundesgerichts ist die Frage der
Beweislastverteilung indessen gegenstandslos, wenn die Vorinstanz -
wie im vorliegenden Fall - aufgrund eines Beweisverfahrens zum Ergebnis
gelangt ist, bestimmte Tatsachenbehauptungen seien bewiesen oder widerlegt
(BGE 114 II 291 mit Hinweisen). Die Frage, ob das Obergericht von einer
anderen als der erörterten Beweislastverteilung ausgegangen ist, kann
deshalb offenbleiben. Die obenstehenden Erwägungen zur Beweislastfrage
behalten jedoch ihre Gültigkeit für den Fall, dass die Streitsache zu
neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen werden muss.

    b) Aufgrund des angefochtenen Urteils ist unklar, wann genau der Kläger
die Mängel entdeckt hat. Die Feststellung des Obergerichts kann entweder
bedeuten, der Kläger habe die Mängel am 17. Januar 1986 entdeckt. Sie kann
aber auch so verstanden werden, dass die Entdeckung in einem unbestimmten
Zeitpunkt im Zeitraum zwischen dem 17. Januar und dem 24. Februar 1986
erfolgt sei. Im ersten Fall wäre die Mängelrüge gemäss der Praxis des
Bundesgerichts zu spät erhoben, denn in BGE 107 II 176 f. E. 1b ist für den
- jedenfalls bezüglich des allgemeinen zeitlichen Rahmens - vergleichbaren
Fall eines Wassereinbruchs in einem Gebäude die rund drei Wochen nach
der Entdeckung des Mangels mitgeteilte Rüge als verspätet betrachtet
worden. Bei der Beurteilung, ob eine Rüge rechtzeitig erfolgt ist, muss
zwar auf die konkreten Umstände des Einzelfalles, insbesondere die Art
der Mängel abgestellt werden. Entscheide in anderen Fällen sind deshalb
nur mit Zurückhaltung heranzuziehen. Allgemein kann aber gesagt werden,
dass die Rügefrist kurz zu bemessen ist, wenn es sich um einen Mangel
handelt, bei dem die Gefahr besteht, dass ein Zuwarten zu einem grösseren
Schaden führen kann (PEDRAZZINI, in SPR Bd. VII/1, S. 528). Dem Besteller
ist auch eine Erklärungsfrist zuzubilligen, die jedoch ebenfalls kurz zu
bemessen ist (GAUCH, aaO, S. 403 Rz. 1541 und S. 410 f. Rz. 1571). In
Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte erscheint eine Mängelrüge,
die erst fünf Wochen nach der Entdeckung der Schäden an den Holzfassaden
erfolgt wäre, als verspätet.

    Wäre die Feststellung des Obergerichts dagegen im zweiten Sinne zu
verstehen, so genügte sie nicht, um die Rechtzeitigkeit der Mängelrüge
zu überprüfen. Auch die Akten enthalten keine Anhaltspunkte, die es dem
Bundesgericht ermöglichen würden, die Tatbestandsfeststellung in diesem
Punkt gemäss Art. 64 Abs. 2 OG zu ergänzen. Das angefochtene Urteil muss
deshalb aufgehoben und die Streitsache zur allfälligen Vervollständigung
des Sachverhalts und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen
werden.

    Das Obergericht wird im Fall einer Ergänzung des Sachverhalts zu
beachten haben, dass ein Mangel erst mit dessen zweifelsfreier Feststellung
entdeckt ist (BGE 107 II 175 E. 1a). Der Besteller muss vom Mangel solche
Kenntnis erlangt haben, dass er eine genügend substantiierte Rüge erheben
kann (TERCIER, La partie spéciale du Code des obligations, S. 334 Rz. 2572
und 2574). Bei Mängeln, die nach und nach zum Vorschein kommen, weil sie
in ihrer Ausdehnung oder Intensität wachsen, genügen dafür noch nicht
die ersten Anzeichen. Es ist vielmehr erforderlich, dass der Besteller
die Bedeutung und Tragweite dieser Mängel erfassen kann (GAUCH, aaO,
S. 411 Rz. 1573; im gleichen Sinne GIGER, N 7 zu Art. 200 OR). Die
strengen Rügevorschriften würden sonst dazu führen, dass der Besteller
bereits jede Bagatellerscheinung anzeigen muss, um nicht für den Fall
einer ungünstigen weiteren Entwicklung seiner Mängelrechte verlustig zu
gehen. Bei nach und nach zum Vorschein kommenden Mängeln darf deshalb
eine Entdeckung erst angenommen werden, wenn der ernsthafte Charakter
des Zustandes deutlich wird.

Erwägung 4

    4.- Eine Rückweisung der Streitsache an das Obergericht würde sich
erübrigen, wenn gemäss der weiteren Rüge des Beklagten die Ansprüche
des Klägers verjährt wären. Er vertritt die Auffassung, die unstreitig
anwendbare fünfjährige Verjährungsfrist von Art. 371 Abs. 2 OR habe bereits
am 1. Oktober 1982 zu laufen begonnen; das Sühnebegehren vom 2. November
1987 habe deshalb die Verjährung nicht mehr unterbrechen können.

    Gemäss Art. 371 Abs. 2 OR beginnt die Verjährungsfrist mit der Abnahme
des Werkes zu laufen. Von dieser gesetzlichen Regel kann zwar durch
vertragliche Vereinbarung abgewichen werden. Im vorliegenden Fall ist das
indessen entgegen der Behauptung des Beklagten nicht geschehen. Wenn in
Ziffer 1 des Vertrages vom 30. Juni 1982 der Übergang von Nutzen und
Schaden auf den 1. Oktober 1982 vereinbart worden ist, so ist darin
nach dem Vertrauensprinzip keine zeitliche Festlegung des Beginns der
Verjährungsfrist für allfällige Mängel zu erblicken. Der kaufrechtliche
Übergang des Nutzens kann auch eintreten, ohne dass die Baute schon
vollendet und eine Abnahme erfolgt ist. Gemäss den Vertragsbestimmungen
war der Beklagte zwar verpflichtet, das Wohnhaus auf den 1. Oktober
1982 fertigzustellen. Art. 371 Abs. 2 OR stellt jedoch nicht auf einen
vereinbarten Fertigstellungstermin, sondern auf den tatsächlichen
Zeitpunkt der Abnahme ab. Nach den Feststellungen der Vorinstanz war
das Haus entgegen der vertraglichen Vereinbarung am 1. Oktober 1982
noch nicht fertig erstellt. Ausstehend waren noch Leistungen im Wert von
mehr als Fr. 48'000.--, um deren Erbringung sich der Beklagte dann aber
nicht mehr gekümmert hat. Zur Ablieferung und Abnahme eines Werkes gehört
jedoch auch dessen Vollendung (GAUCH, aaO, S. 27 Rz. 95). Davon kann unter
den gegebenen Umständen keine Rede sein. Die Vorinstanz hat deshalb die
Verjährung der Gewährleistungsansprüche des Klägers zu Recht verneint.