Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 118 III 24



118 III 24

9. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 10.
Dezember 1992 i.S. B. & M. AG (Revision) Regeste

    Wechselbetreibung (Art. 178 SchKG; Art. 991 OR).

    Der Einwand, es fehle an einem Wechselprotest, führt zu einer
materiellrechtlichen Frage, die vom Rechtsöffnungsrichter zu beurteilen
ist. Der Betreibungsbeamte und in gleicher Weise die Aufsichtsbehörden
über Schuldbetreibung und Konkurs haben demgegenüber nur zu prüfen, ob
die eingereichte Forderungsurkunde alle wesentlichen Erfordernisse eines
Wechsels erfüllt und eine wechselmässige Verpflichtung des Schuldners
begründet.

Sachverhalt

    A.- Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts hatte
mit Urteil vom 20. Oktober 1992 einen Rekurs der B. & M. AG abgewiesen,
soweit darauf eingetreten werden konnte. Gegenstand jenes Rekursverfahrens
war eine Wechselbetreibung. Entgegen der Auffassung der Rekurrentin war
die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zum Ergebnis gelangt, dass die
umstrittene Forderungsurkunde alle Elemente, die Art. 991 OR für den
gezogenen Wechsel fordert, enthalte und dass deshalb die B. & M. AG als
wechselmässig verpflichtet zu betrachten sei.

    B.- Mit Rechtsschrift vom 13. November 1992 stellte die B. & M. AG ein
auf Art. 136 lit. d OG gestütztes Revisionsgesuch. Sie beantragte damit
die Aufhebung des bundesgerichtlichen Urteils vom 20. Oktober 1992 und
verlangte, dass der in der Wechselbetreibung Nr. 7526 des Betreibungsamtes
Bürglen gegen die B. & M. AG ausgestellte Zahlungsbefehl aufzuheben und
die Wechselbetreibung als nichtig zu erklären sei.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Die B. & M. AG räumt ein, dass sie mit ihrer Rekursschrift vom
2. Oktober 1992 das Fehlen des Wechselprotestes gegenüber ihr nicht
eigens als Nichtigkeitsgrund für die Wechselbetreibung geltend gemacht
habe. Ein solcher Einwand hätte ihr jedoch schon im Rekursverfahren
nicht geholfen; denn er führt zu einer materiellrechtlichen Frage,
die vom Rechtsöffnungsrichter zu beurteilen ist. Der Betreibungsbeamte
und in gleicher Weise die Aufsichtsbehörden über Schuldbetreibung und
Konkurs haben demgegenüber - wie im Urteil der Schuldbetreibungs- und
Konkurskammer des Bundesgerichts vom 20. Oktober 1992 erklärt worden ist
- nur zu prüfen, ob die eingereichte Forderungsurkunde alle wesentlichen
Erfordernisse eines Wechsels oder Checks erfüllt und eine wechselmässige
Verpflichtung des Schuldners begründet.

    In BGE 111 III 35 E. 1, auf den sich die Schuldbetreibungs- und
Konkurskammer in jenem Urteil berufen hat, ist auch gesagt worden, von
einer wechselmässigen Verpflichtung sei im allgemeinen auszugehen, wenn
der Schuldner die in Frage stehende Forderungsurkunde als Aussteller,
Akzeptant (Bezogener), Indossant oder Wechselbürge unterzeichnet hat. In
dem - nicht ganz auf der allgemeinen Linie liegenden - Fall des zitierten
Bundesgerichtsentscheides war der Protest nur deshalb von Bedeutung,
weil dieser die Zweideutigkeit des Wechsels in klarer Weise beseitigte;
denn aus der Protesturkunde erst ergab sich, dass Bezogener und Aussteller
die gleichen Personen waren, während die im Wechsel erwähnte Bank blosser
Zahlungsort war (siehe insbesondere BGE 111 III 36 f. E. 2b; Pra 74/1985,
Nr. 158 E. 2b).

    Aus diesem Grund - zur Feststellung, ob der Titel bei erster
Betrachtung eine Wechselbetreibung zulasse, wie es in der Regeste zu
BGE 111 III 33 ff. heisst - musste sich die Schuldbetreibungs- und
Konkurskammer des Bundesgerichts dort mit dem den Wechsel begleitenden
Protest befassen. Das ist aber nicht die Regel.

    b) Im vorliegenden Fall muss die Protesturkunde nicht herangezogen
werden, um - nach der Feststellung, wer Aussteller und Bezogener ist -
die Rechtsnatur der in Frage stehenden Forderungsurkunde zu bestimmen. Es
geht aus dem hier strittigen Wechsel unzweideutig hervor, dass ihn die
B. & M. AG als Ausstellerin im Sinne von Art. 993 Abs. 2 OR auf sich
selbst gezogen hat; und es kann auch nicht in Frage gestellt werden,
dass dieser gezogene Wechsel alle von Art. 991 OR geforderten Elemente
enthält. Als Ausstellerin ist die B. & M. AG namentlich nach Massgabe
von Art. 999 Abs. 1 OR wechselrechtlich verpflichtet.

    Das - und nichts mehr - hatte der Betreibungsbeamte aufgrund der ihm
vorgelegten Forderungsurkunde zu beurteilen. Ob sich in der Folge aus
irgendeinem Grund (zum Beispiel wegen unterlassenen Protestes mangels
Annahme oder Zahlung) etwas an der materiellen Rechtslage geändert habe,
brauchte der Betreibungsbeamte nicht zu prüfen. Daher kann - wie schon im
Urteil vom 20. Oktober 1992 erklärt worden ist - für die Entscheidung
im vorliegenden Fall nicht erheblich sein, was im Umfeld der X. GmbH
geschehen ist.