Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 118 IB 76



118 Ib 76

10. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
4. März 1992 i.S. Erben O. gegen Gemeinderat Freienbach, Regierungsrat
und Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz (Verwaltungsgerichtsbeschwerde).
Regeste

    Art. 8 USG; Strassenbauvorhaben.

    Umweltschutzrechtliche Beurteilung eines Strassenprojekts, wenn
weitere Strassen geplant sind, deren Realisierung ungewiss ist (E. 2b).

Sachverhalt

    A.- Im Amtsblatt des Kantons Schwyz vom 14. Januar 1983
publizierte der Gemeinderat Freienbach folgende öffentliche
Planauflagen: "Verlegung der Etzelstrasse bis zur Churerstrasse
inkl. Anschlussbauwerk" sowie "Verlängerung der Poststrasse bis
Churerstrasse inkl. Anschlussbauwerk". Die beiden Strassenbauvorhaben
sollen u.a. auf den Parzellen Kat. Nr. 748 (unmittelbar nördlich der
Churerstrasse) und Kat. Nr. 747 (unmittelbar südlich der Churerstrasse)
realisiert werden. Die beiden Projekte bezwecken hauptsächlich die
Entlastung der Strassenknoten im Ortszentrum von Pfäffikon, insbesondere
der Löwenkreuzung, und überdies die Erschliessung der noch unüberbauten
Gebiete südlich und nördlich der Churerstrasse.

    Am 18. Januar 1983 erhoben die Erben O. gegen die beiden genannten
Projekte Einsprache, welche vom Gemeinderat Freienbach am 14. Januar 1984
abgewiesen wurde. Im anschliessenden Verwaltungsbeschwerdeverfahren
hiess der Regierungsrat des Kantons Schwyz die Beschwerde der
Erben O. mit Beschluss vom 5. März 1985 teilweise gut und hob den
Einspracheentscheid des Gemeinderats Freienbach vom 14. Januar 1984 in
bezug auf das Projekt "Verlegung der Etzelstrasse bis zur Churerstrasse
inkl. Anschlussbauwerk" auf. Im übrigen wies er die Beschwerde ab
und bestätigte den Einspracheentscheid des Gemeinderats hinsichtlich
des Projekts "Verlängerung der Poststrasse bis zur Churerstrasse
inkl. Anschlussbauwerk". Der Regierungsrat vertrat die Auffassung, das
Auflageprojekt für die Verlegung der Etzelstrasse, welches vom Gemeinderat
als Detailprojekt im Sinne der kantonalen Verordnung über den Bau und
Unterhalt der Strassen vom 2. April 1964 (StrV) ausgeschrieben worden war,
genüge höchstens den Anforderungen eines generellen Projekts oder eines
Überbauungsplans, nicht aber denjenigen eines detaillierten Bauprojekts.

    Gegen diesen Entscheid des Regierungsrats erhoben die Erben O.
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz.
Während der Pendenz dieses Verfahrens liess der Gemeinderat Freienbach
die öffentliche Planauflage für das Detailprojekt "Umlegung Etzelstrasse,
inkl. Anschlussbauwerke und Personenunterführung Churerstrasse" im
kantonalen Amtsblatt vom 20. November 1987 publizieren. Mit Einsprache
vom 9. Dezember 1987 beantragten die Erben O., auf das Projekt sei zu
verzichten und vom Bau der geplanten Erschliessungsstrasse sei Umgang zu
nehmen. Der Gemeinderat wies die Einsprache mit Beschluss vom 14. Juli
1989 im Sinne der Erwägungen ab. Die Erben O. zogen diesen Beschluss
mit Verwaltungsbeschwerde vom 4. November 1989 an den Regierungsrat
weiter. Am 10. Oktober 1989 überwies der Regierungsrat diese Beschwerde als
Sprungbeschwerde an das Verwaltungsgericht. Mit Entscheid vom 20. November
1990 wies dieses die Beschwerde gegen den Einspracheentscheid des
Gemeinderats vom 14. Juli 1989 betreffend Ausbau/Verlegung der Etzelstrasse
ab. Gleichzeitig hiess es die gegen den Regierungsratsentscheid vom
5. März 1985 gerichtete Beschwerde der Erben O. insoweit teilweise
gut, als es das im Amtsblatt vom 14. Januar 1983 publizierte Projekt
"Verlängerung der Poststrasse bis Churerstrasse inkl. Anschlussbauwerk"
im Sinne der Erwägungen an den Gemeinderat Freienbach zurückwies. Im
übrigen wies es die Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 12. April 1985
ab. Gegen diesen Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 20. November 1990
führen die Erben O. Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht und
beantragen die Aufhebung des angefochtenen Entscheids, soweit damit die
geplante Verlegung der Etzelstrasse zugelassen wird. Das Bundesgericht
weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Sinne der Erwägungen ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Von der heute durch den motorisierten Privatverkehr überlasteten
Löwenkreuzung im Zentrum von Pfäffikon führt in östlicher Richtung die
Churerstrasse zum Anschluss des Seedamms. Die heutige Etzelstrasse führt
vom Zentrum von Pfäffikon in südöstlicher Richtung u.a. zur Schützenstrasse
und von dort zu den Grossverteilzentren des Seedamm-Centers, zu einem
grossen Schwimmbad und zu den kantonalen Schulen. Aus dem Verkehrsrichtplan
der Gemeinde Freienbach, Stand 1988, geht hervor, dass das Zentrum
von Pfäffikon über den nördlich gelegenen Bahnhof mit zwei "Spangen",
einer Spange Ost und einer Spange West, umfahren werden soll. Überdies
soll die Etzelstrasse nicht mehr direkt das Ortszentrum erschliessen,
sondern vor dem Ortszentrum in nördlicher Richtung über das Land der
Beschwerdeführer zunächst zur Churerstrasse und dann weiter in die
Gegend von Post und Bahnhof geführt werden und in diesem Bereich an die
Spange Ost angeschlossen werden, welche ihre Fortsetzung in der Spange
West finden soll. Nach dem ursprünglichen Verkehrskonzept sollte die
Etzelstrasse über die Grundstücke der Erben O. eine direkte Verbindung
zur Churerstrasse erhalten (Umlegung Etzelstrasse), und von dort hätte
eine Fortsetzung lediglich zur Post (Poststrasse) erfolgen sollen.
Doch soll nach dem kommunalen Verkehrsrichtplan die Poststrasse nun zur
"Spange Ost" ausgebaut werden.

    a) Die Beschwerdeführer bringen vor, es sei unklar, ob die Spange
Ost und die Verbindung zur bestehenden Poststrasse (PTT) oder nur
die Spange Ost verwirklicht werden solle. Diese Frage werde auch vom
Verwaltungsgericht offengelassen. Die Gemeinde beabsichtige, mit der
Umfahrung Etzelstrasse die Löwenkreuzung und damit das Ortszentrum
von Pfäffikon zu entlasten. Der Verkehr auf der Etzelstrasse und auf
ihren Zubringern (insbesondere der zum Teil sehr stark befahrenen
Schützenstrasse) solle nicht mehr ins Ortszentrum, sondern über das
Grundstück der Beschwerdeführer (Kat. Nr. 747) direkt in die Churerstrasse
geleitet werden. Werde auch die Poststrasse und zusätzlich die Spange
Ost erstellt, so entstünde eine direkte Verkehrsverbindung über die
ebenfalls den Beschwerdeführern gehörende Parzelle Kat. Nr. 748 zur
Post und zum Bahnhof. Falls zudem die Gesamtplanung ausgeführt werde,
also die Spangen Ost und West, welche als Einheit zu betrachten seien,
so sei in jedem Fall mit einem bedeutsamen Mehrverkehr auch auf der
Umfahrung Etzelstrasse zu rechnen.

    Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, das Verwaltungsgericht
habe es zu Unrecht abgelehnt, die zwei bzw. drei Strassen (Umlegung
Etzelstrasse südlich der Churerstrasse, Poststrasse/Spange Ost Richtung
Norden mit Spange West) aus der Sicht des Bundesgesetzes über den
Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (USG) gesamtheitlich zu beurteilen. Dies
sei umso unverständlicher, als im angefochtenen Entscheid die Errichtung
der neuen Strassenverbindungen im Norden (Spange Ost, Poststrasse) als
praktisch sicher bezeichnet worden sei.

    b) Gemäss Art. 8 USG werden Einwirkungen sowohl einzeln als auch
gesamthaft und nach ihrem Zusammenwirken beurteilt. Der Vorwurf der
Beschwerdeführer, das Verwaltungsgericht habe diesen Grundsatz verletzt,
ist unbegründet. Die zur Diskussion stehenden Einwirkungen durch das
Strassenprojekt "Umlegung Etzelstrasse" wurden im angefochtenen Entscheid
sowohl für sich als auch gesamthaft und nach ihrem Zusammenwirken
beurteilt. Das Verwaltungsgericht hat lediglich darauf verzichtet,
weiteren geplanten Strassenbauvorhaben Rechnung zu tragen. Wann und ob
diese weiteren Projekte verwirklicht werden, ist ungewiss. Das zeigt
sich schon daran, dass für keines dieser Vorhaben mit Einschluss der
hier umstrittenen Umlegung der Etzelstrasse ein Baukredit bewilligt
worden ist. Ist die Umlegung der Etzelstrasse für sich betrachtet
umweltschutzrechtlich zulässig und hat ihre isolierte Verwirklichung
auch einen Sinn, so kann die Strasse nicht mit umweltschutzrechtlichen
Argumenten verhindert werden. Will die Gemeinde jedoch später weitere
Bauvorhaben ausführen, so sind für die Bewilligung dieser weiteren Projekte
die umweltschutzrechtlichen Fragen unter Einschluss der Einwirkungen der
bewilligten Umlegung der Etzelstrasse zu beurteilen. Das kann dazu führen,
dass die Verwirklichung weiterer in Aussicht stehender Strassenprojekte aus
umweltschutzrechtlichen Gründen erschwert oder mitunter gar verunmöglicht
wird. Baut die Gemeinde die für sich betrachtet umweltschutzrechtlich
zulässige Umlegung der Etzelstrasse, ohne sich um die Probleme weiterer
von ihr geplanter Strassenbauvorhaben zu kümmern, so geht sie in bezug
auf spätere Strassenprojekte ein gewisses Risiko ein. Ein etappenweises
Verwirklichen von Strassenprojekten ist jedoch aus umweltschutzrechtlicher
Sicht nicht absolut unzulässig; nur darf dies nicht dazu führen, dass
dadurch die Rechtsstellung der davon betroffenen Bürger beeinträchtigt
wird.