Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 118 IB 485



118 Ib 485

59. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 19. November 1992 i.S. Schweizerischer Bund für Naturschutz
und Bund für Naturschutz Baselland gegen W. und Mitbeteiligte,
Einwohnergemeinde Augst und Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Schutz des Lebensraums des Eisvogels (Art. 18 ff. NHG).

    Lebensräume (Biotope) vom Aussterben bedrohter Tier- und Pflanzenarten
sind nicht wie der Wald direkt aufgrund der Bestimmungen des Bundesrechts
geschützt. Vielmehr haben der Bund und die Kantone solche Gebiete
besonders zu bezeichnen und die Kantone die zum Schutz und Unterhalt
erforderlichen Massnahmen anzuordnen (Art. 18a und b NHG; E. 3a).

    Bei der Ausscheidung der schützenswerten Biotope und der Anordnung
geeigneter Schutzmassnahmen sind die gegenüberstehenden privaten und
öffentlichen Interessen umfassend abzuwägen (E. 3b).

    Der Biotopschutz hat innerhalb des vom RPG vorgezeichneten
Planungsprozesses zu erfolgen. Mit welchen Instrumenten die Kantone dem
bundesrechtlichen Auftrag nachkommen, bleibt ihnen überlassen (E. 3c).

    Der Eisvogel ist eine vom Aussterben bedrohte Tierart
(E. 4b). Abgrenzung des Lebensraums des Eisvogels und Pflicht der Kantone
zu dessen Schutz als Biotop von regionaler Bedeutung. Aufhebung eines
Quartierplans, der den Lebensraum des Eisvogels beeinträchtigt (E. 4a,
c, d und 5). Beurteilungsspielraum der kantonalen Behörden (E. 3d und 6).

Sachverhalt

    A.- Die Einwohnergemeinde Augst setzte am 12. Juni 1989
den Quartierplan "Im Rumpel" fest. Er erfasst die zur Bauzone WG 2
gehörenden Parzellen Nrn. 149, 150 und 834 in Augst, die von drei Seiten
vom Flüsschen Ergolz begrenzt werden und eine Art Halbinsel bilden. Der
Quartierplan sieht auf den genannten Grundstücken eine Überbauung mit drei
zweigeschossigen und zwei dreigeschossigen Ein- und Mehrfamilienhäusern,
je mit einem zusätzlichen Dachausbau, vor. Der Plan regelt verbindlich
die Lage, Grösse und Gestaltung der oberirdischen Bauten, Art und Mass
der Nutzung des Areals und der Bauten, die Gestaltung und Nutzung der
Freiflächen sowie die Erschliessung und die Erstellung von Parkplätzen.

    Verschiedene Grundeigentümer sowie der Bund für Naturschutz Baselland
(im folgenden BNBL genannt) erhoben gegen den Quartierplan Einsprache. Der
Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft wies am 5. Juni 1990 die
Einsprachen ab, soweit darauf einzutreten war, und genehmigte den
Quartierplan "Im Rumpel" mit einer geringfügigen Änderung im dazugehörigen
Reglement.

    Der Schweizerische Bund für Naturschutz (im folgenden SBN genannt)
und der BNBL haben den Entscheid des Regierungsrats vom 5. Juni 1990 mit
Beschwerde beim Bundesrat angefochten. Sie machen geltend, der Quartierplan
verletze Art. 18 Abs. 1bis und Art. 21 NHG, da die vorgesehene Überbauung
die vorhandene Ufervegetation beeinträchtige und zudem in den Lebensraum
des Eisvogels, einer bundesrechtlich geschützten Tierart, eingreife und
dessen Überleben in diesem Gebiet stark gefährde.

    Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hat am 8. Februar
1991 die Akten dem Bundesgericht übermittelt, da es dieses als zur
Behandlung der Sache zuständig erachtet.

    Eine Delegation des Bundesgerichts hat am 9. Juni 1992 unter Beizug
von Herrn Dr. Peter Voser, Forschungsstelle für Naturschutz und angewandte
Ökologie AG (FORNAT), Männedorf, als Experten und in Anwesenheit der am
Verfahren Beteiligten an Ort und Stelle einen Augenschein vorgenommen.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                 Auszug aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Das vom Quartierplan "Im Rumpel" erfasste Ergolzufer bedarf nach
Auffassung des SBN auch deshalb eines besonderen Schutzes, weil es einen
bedeutenden Lebensraum für die Tier- und Pflanzenwelt darstelle. An dem dem
Quartierplanperimeter gegenüberliegenden, steil abfallenden und bewaldeten
Ufer der Ergolz brüte der Eisvogel, eine bundesrechtlich geschützte und
vom Aussterben bedrohte Tierart. Die mit dem Quartierplan ermöglichte
Überbauung stelle dessen Überleben an der Ergolz ernsthaft in Frage.

    a) Nach Art. 18 NHG ist dem Aussterben einheimischer Tier- und
Pflanzenarten durch die Erhaltung genügend grosser Lebensräume (Biotope)
und andere geeignete Massnahmen entgegenzuwirken. Besonders zu schützen
sind Uferbereiche, Riedgebiete und Moore, seltene Waldgesellschaften,
Hecken, Feldgehölze, Trockenrasen und weitere Standorte, die eine
ausgleichende Funktion im Naturhaushalt erfüllen oder besonders günstige
Voraussetzungen für Lebensgemeinschaften aufweisen. Lässt sich eine
Beeinträchtigung schutzwürdiger Lebensräume durch technische Eingriffe
unter Abwägung aller Interessen nicht vermeiden, so hat der Verursacher für
besondere Massnahmen zu deren bestmöglichem Schutz, für Wiederherstellung
oder ansonst für angemessenen Ersatz zu sorgen.

    Biotope von nationaler Bedeutung werden vom Bundesrat nach Anhören der
Kantone bezeichnet. Die Kantone ordnen ihren Schutz und Unterhalt (Art. 18a
NHG). Biotope von regionaler und lokaler Bedeutung scheiden die Kantone
selber aus und sorgen für ihren Schutz und Unterhalt (Art. 18b NHG). Diese
Bestimmungen enthalten einen verbindlichen Auftrag zum Schutz wertvoller
Lebensräume für die Tier- und Pflanzenwelt. Bezüglich der Ausscheidung
von Biotopen von regionaler und lokaler Bedeutung steht den Kantonen
ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu. Die unbestimmten Begriffe des
"genügend grossen Lebensraums" (Art. 18 Abs. 1 NHG) bzw. des "Standorts,
der eine ausgleichende Funktion im Naturhaushalt erfüllt oder besonders
günstige Voraussetzungen für Lebensgemeinschaften aufweist" (Art. 18
Abs. 1bis NHG) und die unterschiedlichen Verhältnisse in den Kantonen
verbieten die Annahme, die zu schützenden Lebensräume würden unmittelbar
durch Art. 18 NHG bezeichnet. Die Auslegung dieser Bestimmung nach dem
Wortlaut, der systematischen Stellung und nach den Gesetzesmaterialien
ergibt vielmehr, dass diese Biotope anders als der Wald nicht bereits
aufgrund des Bundesrechts geschützt sind (vgl. die Nachweise in BGE 116 Ib
209 ff. E. 5). Der Bund und - soweit Biotope von regionaler oder lokaler
Bedeutung in Frage stehen - die Kantone haben deshalb im Einzelfall unter
Abwägung aller auf dem Spiele stehenden Interessen die nach Art. 18 NHG
zu schützenden Lebensräume zuerst besonders zu bezeichnen. Die Kantone
sind hierauf nach der erwähnten gesetzlichen Regelung verpflichtet,
die zur Erreichung des Schutzzwecks geeigneten Massnahmen anzuordnen.

    b) Sowohl bei der Ausscheidung dieser Biotope als auch bei der
Anordnung von Schutzmassnahmen trifft die zuständigen Behörden die
Pflicht, die sich gegenüberstehenden privaten und öffentlichen Interessen
abzuwägen. Der Auftrag zum Schutz von Naturgebieten gemäss Art. 18 ff. NHG
bezweckt, die Lebensgrundlage für Tier- und Pflanzenarten zu erhalten,
deren Überleben bedroht ist. Es sind um so strengere Schutzmassnahmen
anzuordnen, je seltener und bedeutender die an einem Ort vorkommende
Tier- und Pflanzenwelt ist. Daneben bedarf auch der Berücksichtigung,
dass Biotope in einer durch Zivilisation und Technik intensiv genutzten
Landschaft eine wichtige Ausgleichsfunktion erfüllen (vgl. auch BGE 114
Ib 272 f. E. 4).

    Die Unterschutzstellung von Biotopen führt regelmässig zu - unter
Umständen empfindlichen - Einschränkungen des Privateigentums. Solche sind
nur zulässig, wenn sie im öffentlichen Interesse liegen und sich unter
den gegebenen Umständen als verhältnismässig erweisen (Art. 22ter Abs. 2
BV; BGE 116 Ib 215 E. 5j; 115 Ia 351 E. 3a; 113 Ia 447 f. E. 4). Die
bundesrechtlichen Bestimmungen des NHG müssen unter Berücksichtigung
dieser Grundsätze verfassungskonform ausgelegt werden.

    Der im öffentlichen Interesse liegende Schutz der Biotope kollidiert
häufig indessen nicht nur mit privaten Interessen der Grundeigentümer an
der uneingeschränkten Nutzung ihres Landes, sondern auch mit der Erfüllung
anderer öffentlicher Aufgaben. Es ist dabei nicht nur an die Erstellung
von öffentlichen Werken für den Verkehr, die Kommunikation oder die
Landesverteidigung zu denken, sondern namentlich auch an die Pflicht zur
haushälterischen Nutzung des Bodens (Art. 22quater BV; Art. 1 und 3 RPG).
Diesen Interessen haben die Kantone bei Massnahmen zum Biotopschutz
angemessen Rechnung zu tragen. Art. 18 Abs. 1 Satz 2 und Art. 18c Abs. 1
NHG verlangen zudem die Rücksichtnahme auf landwirtschaftliche und
forstwirtschaftliche Bedürfnisse (vgl. auch BGE 116 Ib 213 f. E. 5g).

    Wenn eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Lebensräume wegen
überwiegender entgegenstehender Interessen unvermeidlich ist, muss der
Verursacher für besondere Massnahmen zu deren bestmöglichem Schutz,
für die Wiederherstellung oder ansonst für angemessenen Ersatz sorgen
(Art. 18 Abs. 1ter NHG).

    c) Eine sachgerechte Lösung der aufgezeigten Interessenkonflikte
setzt voraus, dass die verschiedenen, unter Umständen gegensätzlichen
raumrelevanten Anliegen möglichst frühzeitig erkannt werden.

    Der Koordination dienen vor allem die von den Kantonen zu
erstellenden Richtpläne (vgl. Art. 6 und 8 RPG). In der auf die
Richtplanung abgestimmten Nutzungsplanung sind für die schützenswerten
Biotope geeignete Lösungen zu finden, vor allem durch die Festsetzung
von Schutzzonen nach Art. 17 RPG oder andere Massnahmen des kantonalen
Rechts. Der bundesrechtliche Auftrag zum Schutz der Biotope ist
demnach innerhalb des vom RPG vorgezeichneten Planungsprozesses zu
erfüllen. Mit welchen Instrumenten sie ihm nachkommen, bleibt den Kantonen
überlassen. Zu beachten ist, dass ein Bauverbot wegen der damit verbundenen
Eigentumsbeschränkung einer genügenden - bei schweren Eingriffen einer
klaren und unzweideutigen - gesetzlichen Grundlage im kantonalen Recht
bedarf. Art. 18 NHG genügt für sich allein nicht als gesetzliche Grundlage
für eine solche Anordnung (BGE 116 Ib 215 f.).

    Soweit die Unterschutzstellung von Biotopen die Änderung geltender
Nutzungspläne erfordert, müssen auch die Voraussetzungen von Art. 21 Abs. 2
RPG erfüllt sein. Aus Gründen der Rechtssicherheit lässt diese Bestimmung
die Änderung von Nutzungsplänen nur zu, wenn sich die Verhältnisse
erheblich geändert haben. Führen die Schutzmassnahmen zu einer Auszonung
von bisherigem Bauland, so ist allenfalls nach den Grundsätzen über die
materielle Enteignung Entschädigung zu leisten (Art. 5 Abs. 2 RPG; BGE
116 Ib 213 f. E. 5g).

    d) Das Bundesgericht prüft grundsätzlich frei, ob die Kantone den
bundesrechtlichen Auftrag zum Schutz der Biotope korrekt erfüllen. Es
untersucht namentlich, ob dabei alle massgebenden Gesichtspunkte
berücksichtigt werden und ob die bundesrechtlich gebotene umfassende
Interessenabwägung stattgefunden hat. Doch billigt das Gericht den
kantonalen Behörden bei der Auslegung und Anwendung der unbestimmten
Gesetzesbegriffe von Art. 18 Abs. 1 NHG einen Beurteilungsspielraum zu
und trägt auch dem Umstand Rechnung, dass die kantonalen und kommunalen
Behörden die örtlichen Gegebenheiten im allgemeinen besser kennen und
überblicken (BGE 116 Ib 209; 115 Ib 135 E. 3; 112 Ib 428 E. 3).

    e) Im Lichte dieser Grundsätze ist im folgenden zunächst die
Schutzwürdigkeit des vom Quartierplan "Im Rumpel" erfassten Uferbereichs
der Ergolz zu untersuchen (E. 4). Anschliessend fragt es sich, ob
überwiegende öffentliche und private Interessen einer Unterschutzstellung
entgegenstehen (E. 5). Soweit dies nicht der Fall ist, stellt sich
schliesslich das Problem der Bestimmung geeigneter Massnahmen zum Schutz
des fraglichen Biotops (E. 6).

Erwägung 4

    4.- Das Quartierplangebiet "Im Rumpel" gilt nicht als Biotop von
nationaler Bedeutung gemäss Art. 18a Abs. 1 NHG. Es fragt sich hingegen, ob
der Kanton für seinen Schutz als Biotop regionaler oder lokaler Bedeutung
zu sorgen hat.

    a) Die vom umstrittenen Quartierplan erfassten Parzellen liegen an
zentraler Lage südöstlich vom Dorfkern von Augst. Die Ergolz bildet
hier eine Schlaufe und umfliesst das Quartierplangebiet auf drei
Seiten. Zur Zeit hat es auf dem ganzen Areal lediglich ein Haus, das bei
der Realisierung der im Quartierplan vorgesehenen Überbauung abgerissen
würde. Die nördlich angrenzenden Parzellen sind überbaut. Im Westen steht
auf einer direkt an die Ergolz anstossenden Parzelle ein fünfgeschossiges
Wohnhaus. Das dem Quartierplangebiet gegenüberliegende Ufer der Ergolz
weist Sandsteinwände auf und befindet sich in einem naturnahen Zustand
mit einer typischen Bestockung. In diesen Steilwänden haben Eisvögel
ihre Brutstätten. Am Augenschein konnte die Anwesenheit des Eisvogels
festgestellt werden.

    b) Der Eisvogel ist eine vom Aussterben bedrohte Tierart im Sinne von
Art. 18 Abs. 1 NHG. Er gehört nach Art. 25 und 7 des Bundesgesetzes über
die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel vom 20. Juni
1986 (SR 922.0) zu den geschützten Tierarten. Das Übereinkommen über
die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und
ihrer natürlichen Lebensräume vom 19. September 1979 (SR 0.455; Berner
Konvention) zählt in Anhang II den Eisvogel zu den streng geschützten
Tierarten. In der Liste der schweizerischen Vogelwarte von Sempach über
die gefährdeten und verletzlichen Vogelarten in der Schweiz (sog. Rote
Liste, Ausgabe 1989) figuriert der Eisvogel in der Gefährdungskategorie
3, d.h. unter den "Arten, deren Bestand wegen ihrer Biotopansprüche
... klein und daher in den meisten Fällen besonders verletzlich
ist..." (Kategorie 1 umfasst die Arten, deren Bestand auf eine kritische
Grösse zusammengeschmolzen ist, Kategorie 2 die Arten, die regional stark
zurückgegangen und aus vielen Gegenden verschwunden sind).

    Nach Angaben des vom Bundesgericht beigezogenen Gutachters leben
in der Schweiz zur Zeit noch höchstens 180 Brutpaare des Eisvogels. An
der Ergolz gebe es vier oder fünf Brutbiotope, wobei eines durch die
Umfahrung von Sissach gefährdet sei. Zu beachten ist dabei, dass der
Eisvogel in der Regel nur in tieferen Lagen unter 600 Metern über Meer
und an Gewässern mit Steilwänden brütet, so dass in der Schweiz die Zahl
der geeigneten Brutgebiete sehr begrenzt ist. Auch für das nördlich an die
Gemeinde Augst angrenzende deutsche Bundesland Baden-Württemberg wird das
Überleben des Eisvogels als stark gefährdet bezeichnet und der strenge
Schutz aller Brutgewässer ab mindestens zwei Paaren verlangt (vgl. Die
Vögel Baden-Württembergs, Band 1: Gefährdung und Schutz, bearbeitet von
Jochen Hölzinger, 1987, S. 1120 f.).

    In Anbetracht der dargelegten bestehenden Bedrohung des Eisvogels
in der Schweiz sind die Kantone verpflichtet, dessen Lebensraum durch
geeignete Massnahmen nach Art. 18 NHG zu schützen.

    c) Im vorliegenden Fall fragt es sich, ob der Lebensraum des Eisvogels,
der seine Brutstätten wie erwähnt am gegenüberliegenden Flussufer hat,
sich auch auf das Quartierplangebiet "Im Rumpel" erstreckt.

    aa) Weder die Gemeinde Augst noch der Regierungsrat des Kantons
Basel-Landschaft haben bei der Festsetzung bzw. Genehmigung des
Quartierplans "Im Rumpel" Massnahmen zum Schutz des Biotops des Eisvogels
geprüft. Der Regierungsrat anerkennt im angefochtenen Entscheid zwar,
dass es sich beim fraglichen Uferbereich um grundsätzlich schützenswerte
Lebensräume handle. Er hat sich aber im wesentlichen auf die Untersuchung
beschränkt, ob der Quartierplan mit dem Regionalplan Landschaft und mit
dem im Entwurf vorliegenden kommunalen Zonenplan Landschaft übereinstimme,
und bejahte dies. Der Regionalplan Landschaft stammt aus den Jahren
1976/1980, also einer Zeit, in der weder die neuen, 1985 und 1988 in
Kraft getretenen Bestimmungen der Art. 18 ff. NHG galten, noch - nach den
Aussagen des Vertreters des kantonalen Amtes für Orts- und Regionalplanung
- eine Gefährdung der Brutplätze des Eisvogels bei einer Überbauung
des Quartierplans bekannt war. Der vom Landrat genehmigte Regionalplan
Landschaft sieht zwar am Ergolzlauf ober- und unterhalb der fraglichen
Flussschlaufe in Augst Naturschutzgebiete vor, nicht aber im Bereich des
Quartierplans selber. Die Gemeinde Augst sieht im Entwurf des kommunalen
Zonenplans mit Rücksicht auf den Quartierplan "Im Rumpel" ebenfalls keine
Zuweisung dieses Gebiets zu einer Naturschutzzone vor. Ein im Auftrag
des Gemeinderats Augst erstelltes Naturschutzgutachten der Hintermann &
Weber AG, Ökologische Beratung und Systemanalysen, vom September 1985,
auf das der Regierungsrat verweist, hebt zwar die grosse ökologische
Bedeutung des unteren Laufs der Ergolz hervor und empfiehlt die Aufnahme
in das kantonale Inventar der geschützten Naturdenkmäler. Das Gutachten
beschränkt sich aber auf das Gebiet ausserhalb der Bauzonen, behandelt
das in der Bauzone WG 2 liegende Quartierplangebiet "Im Rumpel" nicht
und enthält demzufolge auch keine Empfehlungen für dessen Schutz.

    Der Regierungsrat stützt sich im angefochtenen Entscheid demnach
auf veraltete Planungsgrundlagen bzw. auf ein Gutachten, das die
interessierende Frage ausklammert. Angesichts der vom BNBL in der
erhobenen Einsprache vorgebrachten Einwendungen hätte der Regierungsrat
bei der Genehmigung des Quartierplans "Im Rumpel" die Anforderungen des
revidierten NHG prüfen und sorgfältig untersuchen müssen, ob das davon
erfasste Gebiet den Lebensraum des Eisvogels tangiert.

    bb) Nach dem vom Bundesgericht eingeholten Gutachten benötigt der
Eisvogel zum Brüten steile Sandsteinwände und waldfreie oder mässig
bestockte Abschnitte eines Fliessgewässers. Er erträgt ein mittleres
Mass an Störungen durch Menschen, Haustiere usw. Für die Arterhaltung
besonders wichtig sind die Brutzeit und die angrenzenden Abschnitte,
d.h. die Monate März bis Juli. Die hier fraglichen Brutplätze werden
nach Auffassung des Gutachters mit grosser Wahrscheinlichkeit auch noch
im August benützt. Wichtig sei, dass den Eisvögeln genügend lange Zeiten
ohne Störungen für die Nahrungssuche zur Verfügung stünden.

    Die zur Zeit gegebenen Verhältnisse beeinträchtigen den Lebensraum
der in der Ergolzschlaufe brütenden Eisvögel nicht ernsthaft. Vom
Quartierplangebiet gingen bisher Störungen von den Arbeiten bei der
Bestellung der vorhandenen Gärten aus. Sie fallen nach Auffassung des
Experten ebenso wie die Beeinträchtigungen durch Fischer, spielende Kinder
im Sommer oder Arbeiten für den Gewässerunterhalt nicht allzu stark
ins Gewicht, da sie sich zeitlich auf wenige Stunden und auf einzelne
Zeitperioden beschränken. Auch der Strassen- und Eisenbahnlärm fällt aus
Gründen der Distanz als Störfaktor für den Eisvogel kaum ins Gewicht.

    Der Experte und das BUWAL legen überzeugend dar, dass die im
Quartierplangebiet vorgesehene Überbauung das bestehende Brutbiotop des
Eisvogels erheblich gefährden würde. In der Bauphase würden sich die
Störungen sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in ihrer Intensität
vervielfachen, und auch nach dem Bezug der Häuser wären Anzahl und
Intensität der Störquellen viel grösser als heute. Die Bewohner würden
sich häufig auf Balkonen, Terrassen und in den Vorgärten aufhalten. Aber
auch abgesehen von den zu erwartenden zusätzlichen Lärm- und nachts auch
Lichteinwirkungen empfänden die Eisvögel bereits das ruhige Umhergehen von
Menschen und vor allem auch von Haustieren als Gefahr. Es kann als erhärtet
angesehen werden, dass eine intensive Bautätigkeit im Quartierplangebiet,
jedenfalls in den Monaten der Brutzeit, das revierbesetzende Männchen
wahrscheinlich vertreibt und das Brutbiotop in Frage stellt. Eine Rückkehr
des Männchens gilt als unsicher bis unwahrscheinlich, wenn die Überbauung
wie geplant realisiert würde. Eine Gefährdung des Brutbiotops muss nach
den Darlegungen des Experten und des BUWAL aber auch angenommen werden,
wenn die Bauarbeiten auf das Winterhalbjahr beschränkt würden.

    An dieser Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, dass auf der
westlichen Nachbarparzelle bereits heute ein fünfgeschossiger Bau bis sechs
Meter an das Ufer der Ergolz heranreicht, ohne dass deswegen der Eisvogel
vertrieben worden wäre. Einmal liegt dieser Bau wesentlich weiter von
den hier interessierenden Steilwänden des südlichen Ergolzufers entfernt
als die projektierten Bauten im Quartierplangebiet. Ausserdem ist damit
die Feststellung nicht entkräftet, dass der Druck auf den Eisvogel durch
eine Realisierung der im Quartierplan "Im Rumpel" vorgesehenen Überbauung
wesentlich verstärkt würde.

    Aus diesen Gründen ist davon auszugehen, dass sich der Lebensraum
des Eisvogels auch auf das Quartierplangebiet erstreckt und die geplante
Überbauung den Fortbestand der bestehenden Brutbiotope in Frage stellen
würde. Unter diesen Umständen kann offenbleiben, ob dem Quartierplangebiet
auch eine Funktion als Durchgangskorridor für Wasservögel und kleinere
Säugetiere zwischen der Ergolzmündung und dem flussaufwärts gelegenen,
ökologisch wertvollen Biotop "Pfefferlädli" zukomme, wie das BUWAL
ausführt. Das Quartierplangebiet bildet in jedem Fall Teil eines Biotops
von zumindest regionaler Bedeutung. Gleichzeitig ist zu beachten, dass nach
unbestrittener Feststellung des BUWAL an der Ergolz keine Möglichkeiten
zur Herstellung eines Ersatzbiotops gemäss Art. 18 Abs. 1ter NHG bestehen.

    d) Im angefochtenen Entscheid wird demzufolge zu Unrecht davon
ausgegangen, dass sich der Lebensraum des Eisvogels nicht auf das
Quartierplangebiet erstreckt. Zu einer Aufhebung des Genehmigungsentscheids
führt dies indessen nur, wenn sich auch aufgrund der erforderlichen
umfassenden Interessenabwägung (vgl. E. 3b und c) ergibt, dass der
Quartierplan "Im Rumpel" Art. 18 und 18b NHG verletzt.

Erwägung 5

    5.- Die vom Quartierplan "Im Rumpel" erfassten Parzellen Nrn.  149,
150 und 834 liegen in der Bauzone WG 2 gemäss Zonenplan der Gemeinde
Augst vom 15. November 1968. Gestattet sind in dieser Zone Bauten mit zwei
Vollgeschossen, einer Fassadenhöhe von sechs Metern und einer Gebäudehöhe
von acht Metern sowie einer Länge von 35 Metern. Die Parzellen sind
grob erschlossen.

    a) Die Anordnung einer Massnahme zum Schutz des fraglichen Brutbiotops
des Eisvogels führt zumindest für einen Teil des Quartierplangebiets
zu einer Einschränkung der nach dem geltenden Zonenplan zulässigen
baulichen Nutzung. Die Erhaltung eines Biotops von regionaler Bedeutung
rechtfertigt jedoch eine Einschränkung baulicher Möglichkeiten. Das gilt im
vorliegenden Fall um so mehr, als zum Schutz des Lebensraums des Eisvogels
das Bauen nicht im ganzen Quartierplangebiet untersagt werden muss und
im rückwärtigen Bereich möglicherweise eine - wenigstens teilweise -
Kompensation für die verlorene Baumöglichkeit in Ufernähe gewährt werden
kann. Eine Gesamtplanung mit Gemeinschaftsanlagen erscheint jedenfalls
auch in einem bescheideneren Rahmen möglich.

    Die Nichtgenehmigung des Quartierplans "Im Rumpel" allein hat im
fraglichen Gebiet allerdings noch nicht die zum Schutz des Eisvogelbiotops
erforderliche Einschränkung der baulichen Nutzung zur Folge. Hiefür
bedarf es vielmehr auch gezielter Schutzanordnungen durch den Kanton
oder die Gemeinde Augst. Es kommt etwa die Ausscheidung einer Schutzzone
gemäss § 21 des Baugesetzes vom 15. Juni 1967 (BauG) für einen Teil des
Quartierplangebiets oder eine auf Art. 18b NHG in Verbindung mit dem
kantonalen Recht (vgl. etwa §§ 41 und 43 BauG) gestützte Schutzanordnung
in Betracht. Die betroffenen Grundeigentümer können sich solchen
Schutzanordnungen gestützt auf Art. 21 Abs. 2 RPG nicht widersetzen, da
bei Erlass des Zonenplans von 1968 weder die allfällige Gefährdung der
Brutplätze des Eisvogels durch eine Überbauung bekannt war, noch die 1985
und 1988 in Kraft getretenen verschärften Bestimmungen des NHG galten.

    b) Die Gemeinde Augst weist auf ihr Interesse an einer
uneingeschränkten baulichen Nutzung der Parzellen des Quartierplangebiets
hin. Sie habe nur wenig Baulandreserven und sei auf deren haushälterische
Nutzung angewiesen. An der verdichteten Überbauung des zentral gelegenen
Areals in der Ergolzschlaufe bestehe daher ein erhebliches öffentliches
Interesse.

    Es wurde bereits erwähnt, dass der Schutz des Eisvogelbiotops eine
massvolle Überbauung des Quartierplangebiets nicht ausschliesst. Der
Meinung des Gemeinderats Augst, eine Gesamtüberbauung liesse sich nur
mit dem vorliegenden Quartierplan realisieren, kann nicht zugestimmt
werden. Wohl ist eine Überbauung mit der Dichte des vorliegenden Projekts
nicht mehr möglich, was unter dem Gesichtspunkt der haushälterischen
Nutzung des Bodens und der beschränkten Baulandreserven der Gemeinde Augst
ins Gewicht fällt. Indessen kommt diesem Aspekt allein keine entscheidende
Bedeutung zu. Im vorliegenden Fall überwiegt vielmehr das bedeutende
öffentliche Interesse an der Erhaltung eines natürlichen Lebensraums der
einheimischen Tierwelt, von welcher der Eisvogel ein markanter Vertreter
ist. Dies ist im vorliegenden Fall um so mehr geboten, als - wie erwähnt
- für das bestehende Eisvogelbiotop in der Ergolzschlaufe kein Ersatz
geschaffen werden könnte. Schliesslich kommt in der dichtbesiedelten
Agglomeration Basel, zu der die Gemeinde Augst zählt, der Erhaltung
natürlicher Lebensräume ein besonders hoher Stellenwert zu. Dies ist bei
der Planung zu berücksichtigen (Art. 1 Abs. 2 lit. a RPG).

    c) Aus diesen Erwägungen folgt, dass dem Schutz des Lebensraums des
Eisvogels im Gebiet des Quartierplans "Im Rumpel" keine überwiegenden
privaten und öffentlichen Interessen entgegenstehen. Die Genehmigung
des Quartierplans verletzt demnach Art. 18 und 18b NHG. Der angefochtene
Entscheid des Regierungsrats ist daher aufzuheben.

Erwägung 6

    6.- Es ist bereits dargelegt worden, dass den Kantonen beim Erlass
von geeigneten Schutzmassnahmen nach Art. 18 ff. NHG ein erheblicher
Beurteilungsspielraum zukommt und das Bundesgericht die örtlichen
Verhältnisse weniger gut kennt als die kantonalen und kommunalen Behörden
(E. 3d). Das Bundesgericht hat daher nicht darüber zu befinden, ob
und wie der Quartierplan "Im Rumpel" den Erfordernissen von Art. 18
ff. NHG angepasst werden kann. Von der vom Beschwerdeführer beantragten
Nichtgenehmigung des Quartierplans bzw. von einer entsprechenden Weisung
an den Regierungsrat ist deshalb abzusehen, da es Sache des Regierungsrats
sein wird, über das weitere Vorgehen zu befinden.

    Es sei immerhin darauf hingewiesen, dass sowohl der vom Bundesgericht
beigezogene Experte als auch das BUWAL Massnahmen genannt haben, welche zum
erforderlichen Schutz des Eisvogelbiotops beitragen könnten. Sie umfassen
insbesondere den Erlass gewisser baulicher Beschränkungen (Rückversetzung
der Bauten, Reduktion von Geschosszahl und Gebäudehöhe). Vorgeschlagen
werden ferner eine bessere Umgebungsgestaltung (Abschirmung allfälliger
Bauten durch entsprechende Bepflanzung), Beschränkung des Zutritts zur
Ergolz sowie Beschränkungen des Bauvorgangs auf die Wintermonate. Eine
massvolle Überbauung des Areals scheint jedenfalls nicht ausgeschlossen. Es
bleibt zu beachten, dass neben dem Quartierplan "Im Rumpel" - wie bereits
erwähnt - auch der Zonenplan der Gemeinde Augst von 1968 den Anforderungen
des Biotopschutzes anzupassen ist.