Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 118 IB 356



118 Ib 356

46. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 13.
Juli 1992 i.S. E.F.A. Elegance Fashion Accessory SA gegen SRG und EVED
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 31 BV; Art. 15 Abs. 2 der Konzession vom 5. Oktober 1987 für
die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft; Art. 9 lit. e der
aufgehobenen bundesrätlichen Weisungen vom 15. Februar 1984 über die
Fernsehwerbung; Werbespot für "Camel-Trophy"-Uhren.

    1. Aktuelles praktisches Interesse an der Beurteilung der Beschwerde
trotz Inkrafttretens der neuen Radio- und Fernsehgesetzgebung (Art. 103
lit. a OG; E. 1a und 1b).

    2. Der Anzeiger im konzessionsrechtlichen Aufsichtsverfahren ist
in der Regel vor Bundesgericht nicht Verfahrensbeteiligter im Sinne von
Art. 110 Abs. 1 OG (E. 1c).

    3. Zuständigkeit zur Überprüfung von Konzessionsverletzungen durch
Werbesendungen am Fernsehen (E. 3).

    4. Das Verbot eines Fernsehspots, mit dem unmittelbar nicht für eine
Tabakware, jedoch für ein damit assoziativ verbundenes anderes Produkt
geworben wird, bedarf - Fälle von Rechtsmissbrauch vorbehalten - im
Hinblick auf die Handels- und Gewerbefreiheit einer klaren gesetzlichen
Grundlage (E. 4a-c).

    5. Frage offengelassen, ob eine solche Werbung als unterschwellige
Werbung nach Art. 14 Abs. 1 lit. f der Radio- und Fernsehverordnung
untersagt werden könnte (E. 5d).

Sachverhalt

    A.- Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG)
strahlte zwischen dem 25. März und dem 20. April 1991 wiederholt
einen Werbespot für "Camel-Trophy"-Uhren aus. Der Spot zeigte
in einer rasanten Abfolge von Bildeinstellungen Studioaufnahmen
verschiedener Modelle der Kollektion und ihren Einsatz unter extremen
Bedingungen an der "Camel-Trophy"-Autorallye. Die mit abenteuerlicher
Musik unterlegte Kommentierung lautete: "Zeit für Abenteuer. Zeit
für die 'Camel-Trophy'-Watch. Eine Uhr, in der das Abenteuer
tickt. 'Camel-Trophy'-Watch. In einer kompletten Kollektion."

    Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft Nichtrauchen und deren
Präsident, Dr. Martin Forster, reichten am 12. April 1991 beim
Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement hiergegen
Aufsichtsbeschwerde ein. Am 27. November 1991 stellte das Departement
fest, die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft habe durch die
Ausstrahlung des Werbespots Art. 15 Abs. 2 der Konzession vom 5. Oktober
1987 für die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (Konzession
SRG; BBl 1987 III 813) in Verbindung mit Art. 9 lit. e der bundesrätlichen
Weisungen vom 15. Februar 1984 (BBl 1984 I 364) über die Fernsehwerbung
verletzt. Der auf einem sogenannten Imagetransfer beruhende Spot werbe
indirekt für "Camel"-Zigaretten und verstosse deshalb gegen das Werbeverbot
für Tabakwaren am Fernsehen.

    Gegen diesen Entscheid erhob die E.F.A. Elegance Fashion Accessory SA,
welche neben anderen Uhren auch die "Camel-Trophy"-Watch in der Schweiz
vertreibt, am 10. Januar 1992 Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie rügt, die
angefochtene Verfügung greife ohne gesetzliche Grundlage in die Handels-
und Gewerbefreiheit ein, erweise sich als unverhältnismässig und sei
zudem ungeeignet, das angestrebte gesundheitspolitische Ziel zu erreichen.

    Das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement
schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während die Schweizerische Radio-
und Fernsehgesellschaft beantragt, sie gutzuheissen.

    Dr. Martin Forster verlangte am 6. März 1992 für die
Arbeitsgemeinschaft Nichtrauchen und für sich persönlich Einsicht in die
Beschwerdeschrift. Der Präsident der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
hat diesem Begehren am 30. März 1992 "vorerst nicht stattgegeben".

    Die II. öffentlichrechtliche Abteilung visionierte den beanstandeten
Werbespot am 7. Juli 1992.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut

Auszug aus den Erwägungen:

                  aus folgenden Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition,
ob es auf eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde eintreten kann (BGE 117 Ib
183 E. 1); es bezeichnet zudem die nach Art. 110 Abs. 1 OG am Verfahren
Beteiligten (BGE 114 Ib 205 E. 1a).

    a) Gemäss Art. 103 lit. a OG ist zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde
legitimiert, wer durch den angefochtenen Entscheid berührt ist und ein
schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Dieses
Interesse kann rechtlicher oder bloss tatsächlicher Natur sein und braucht
mit dem Interesse, das durch die vom Beschwerdeführer als verletzt
bezeichneten Normen geschützt wird, nicht übereinzustimmen. Immerhin
muss der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Entscheid stärker
als jedermann betroffen sein und in einer besonderen, beachtenswerten,
nahen Beziehung zur Streitsache stehen. Diese Anforderungen sollen die
Popularbeschwerde ausschliessen; ihnen kommt deshalb dann besondere
Bedeutung zu, wenn nicht der Verfügungsadressat im materiellen Sinn
(vgl. FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, Bern 1983, S. 148),
sondern ein Dritter den Entscheid anficht (BGE 116 Ib 323 E. 2a; 115
Ib 389 E. 2a). Ein Interesse ist grundsätzlich nur schutzwürdig, wenn
es im Zeitpunkt der Urteilsfällung noch aktuell ist (BGE 111 Ib 58/59
E. 2a mit Hinweisen). Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann in der Regel
schliesslich nur führen, wer formell beschwert erscheint, das heisst wer
am Verfahren vor der unteren Instanz teilgenommen hat und mit seinen dort
gestellten Anträgen ganz oder teilweise unterlegen ist. Das Bundesgericht
verzichtet indessen auf dieses Erfordernis, wenn der Beschwerdeführer,
ohne sein Verschulden, an jenem Verfahren nicht teilnehmen konnte (BGE
116 Ib 426 E. 3a, 108 Ib 94 E. 3b/bb; FRITZ GYGI, aaO, S. 155; vgl. auch
ANDRÉ GRISEL, Traité de droit administratif, Bd. II, S. 900, b).

    b) Die angefochtene Verfügung richtet sich zwar an die
Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft, doch berührt sie auch die
Beschwerdeführerin. Nach dem Entscheid des Eidgenössischen Verkehrs-
und Energiewirtschaftsdepartementes darf ihr Werbespot nicht mehr
ausgestrahlt werden; insofern kann der Ausgang des Beschwerdeverfahrens
ihre tatsächliche Stellung unmittelbar beeinflussen (vgl. BGE 111
Ib 184 E. 2a mit Hinweisen). Obwohl der Bundesrat seine Weisungen vom
15. Februar 1984 über die Fernsehwerbung im Hinblick auf das Inkrafttreten
des Bundesgesetzes vom 21. Juni 1991 über Radio und Fernsehen (RTVG;
AS 1992, 601) sowie der Radio- und Fernsehverordnung vom 16. März 1992
(RTVV; AS 1992, 680) auf den 1. April 1992 aufgehoben hat (BBl 1992
II 972), ist das Interesse der Beschwerdeführerin an der Beurteilung
ihrer Eingabe nach wie vor aktuell. Art. 15 der Konzession SRG, dessen
Abs. 2 Werbung im Fernsehen gemäss den Weisungen der Konzessionsbehörde
erlaubt, gilt weiterhin; auch Art. 18 des Radio- und Fernsehgesetzes
verbietet Tabakwerbung am Fernsehen (Abs. 5). Die Beschwerdeführerin
war am konzessionsrechtlichen Aufsichtsverfahren zwar nicht beteiligt,
doch muss wegen der Natur dieses Verfahrens und der Tatsache, dass sie
als Dritte unverschuldet daran nicht teilnehmen konnte, das Erfordernis
der formellen Beschwer hier entfallen (vgl. ANDRÉ GRISEL, aaO, S. 901).

    Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten.

    c) Der beanstandete Entscheid erging aufsichtsrechtlich auf eine
Anzeige der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft Nichtrauchen sowie
deren Präsidenten hin, welchen im Verfahren vor dem Departement indessen
keine Parteistellung zukam (Art. 71 VwVG; vgl. BLAISE KNAPP, Précis de
droit administratif, Basel und Frankfurt a. M. 1991, S. 377 ff., MARTIN
DUMERMUTH, Die Programmaufsicht bei Radio und Fernsehen in der Schweiz,
Basel und Frankfurt a.M. 1992, S. 137 und 154 ff.). Erhebt ein im Sinne
von Art. 103 lit. a OG Betroffener gegen eine solche Verfügung Beschwerde,
so stehen dem Anzeiger, der selber kein schutzwürdiges Interesse an der
Prüfung der in Frage stehenden Sache hat, auch im bundesgerichtlichen
Verfahren keine Parteirechte zu. Weder die Arbeitsgemeinschaft Nichtrauchen
noch ihr Präsident werden durch den Ausgang des vorliegenden Verfahrens
betroffen, weshalb sie nicht als Verfahrensbeteiligte im Sinne von Art. 110
Abs. 1 OG zu gelten haben.

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführerin bezweifelt die Zuständigkeit des
Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartementes zur
Behandlung der beiden Anzeigen und wirft die Frage auf, ob die Eingaben
nicht durch die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen zu
beurteilen gewesen wären.

    a) Die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen
entscheidet über Beanstandungen ausgestrahlter Radio- und Fernsehsendungen
schweizerischer Veranstalter, wobei sie prüft, ob eine oder mehrere
Sendungen Programmbestimmungen der Konzession verletzt haben (Art. 1
und 17 des Bundesbeschlusses vom 7. Oktober 1983 über die unabhängige
Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen, BB UBI, SR 784.45; heute:
Art. 58 ff. des Radio- und Fernsehgesetzes). Der Bundesrat führte in
seiner Botschaft vom 8. Juli 1981 über die Schaffung einer unabhängigen
Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen zu Art. 17 BB UBI aus, dieses
Organ untersuche Sendungen daraufhin, ob sie mit den Programmvorschriften
der Konzession übereinstimmten, nicht aber auch, ob sie den finanz-
und betriebsrechtlichen Vorschriften entsprächen (BBl 1981 III
118). Über solche Fragen entscheidet nach wie vor das Departement als
Aufsichtsbehörde. Die unter den beiden Instanzen in diesem Zusammenhang
herausgebildete Praxis unterscheidet zwischen Programmgesichtspunkten
und solchen rein finanzieller Art. Aspekte mit Programmnatur liegen vor,
wenn es um Fragen der Meinungs- und Willensbildung, um die Transparenz
einer Sendung oder um Probleme verfälschter Information geht. Nicht
ausgeschlossen erscheint, dass im gleichen Fall sowohl das Departement
wie die Unabhängige Beschwerdeinstanz zuständig sind (VPB 55/1991 S. 320
E. 2). Gestützt auf diese Abgrenzung prüfte das Departement in seiner
Praxis wiederholt Fragen aus dem Werbebereich, wenn dabei die finanzielle
Seite im Vordergrund stand (vgl. VPB 51/1987 S. 313/314; S. 315 E. 1;
S. 320).

    b) Das Bundesgericht seinerseits hat zur Feststellung von
Konzessionsverletzungen durch unbezahlte Werbung am Fernsehen die
Unabhängige Beschwerdeinstanz zuständig erklärt (BGE 116 Ib 45 E. 5b). Die
Frage, ob Programme als Plattform für solche Werbung zur Verfügung gestellt
worden seien, gehöre zur Programmbeurteilung, welche die Bundesversammlung
der Unabhängigen Beschwerdeinstanz übertragen habe. In BGE 114 Ib 154
E. 2c, der eine Werbesequenz an einem Lokalradio betraf, erklärte es,
dass sich am Gehalt der Werbung nichts ändere, ob sie innerhalb des
Programmteils erscheine oder von diesem getrennt; eine unzulässige Werbung
unterstehe auch dann den Finanzierungsvorschriften, wenn sie im Programm
ausgestrahlt worden sei. Das Bundesgericht hat sich bis heute zur Frage
der Zuständigkeit zur Überprüfung bezahlter Werbesendungen nicht direkt
geäussert.

    c) Die Unabhängige Beschwerdeinstanz hat in einem jüngeren Entscheid
ohne weitere Begründung festgehalten, potentiell unterstünden alle
Sendungen, ob Programm oder Werbung, ihrer Aufsicht; ihre Prüfungsbefugnis
erstrecke sich auf sämtliche Programmbestimmungen der Konzession, zu
denen auch Art. 15 gehöre. Art. 1 und 17 BB UBI gingen insoweit Art. 16
der Weisungen des Bundesrates über die Fernsehwerbung vor, welcher das
Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement mit der Aufsicht
über die Einhaltung der Weisungen betraut (VPB 55/1991 S. 320 E. 2). Dieser
Auffassung kann insofern beigepflichtet werden, als es im Zusammenhang
mit der bezahlten Werbung um Fragen der freien Willensbildung geht, deren
Beurteilung aus staats- und medienpolitischen Gründen der Unabhängigen
Beschwerdeinstanz übertragen worden ist (vgl. MARTIN DUMERMUTH, aaO,
S. 182 ff.).

    Im vorliegenden Fall stand indessen ausschliesslich die
Zulässigkeit einer Wirtschaftswerbung und damit ein finanzrechtlicher
Aspekt zur Diskussion, weshalb sich das Eidgenössische Verkehrs- und
Energiewirtschaftsdepartement als zuständig erachten durfte.

Erwägung 4

    4.- Nach Art. 15 Abs. 2 der Konzession SRG ist Werbung am Fernsehen
gemäss den Weisungen der Konzessionsbehörde erlaubt. Gestützt auf
Art. 3 des Bundesgesetzes vom 14. Oktober 1922 betreffend den Telegrafen-
und Telefonverkehr (TVG; SR 784.10) sowie in Anwendung von Art. 14 der
Konzession für die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft vom 27.
Oktober 1964/22. Dezember 1980, welche "eine begrenzte und direkte
Werbung gemäss den Weisungen der Konzessionsbehörde" erlaubte (BBl 1981
I 289), erliess der Bundesrat am 15. Februar 1984 die Weisungen über die
Fernsehwerbung, welche im vorliegenden Fall noch zur Anwendung kommen.

    a) Das Bundesgericht hat in BGE 111 Ib 60 im Zusammenhang mit dem
Unterschied zwischen erlaubter Wirtschaftswerbung und unzulässiger
politischer Propaganda erklärt, die der Schweizerischen Radio-
und Fernsehgesellschaft erteilte Konzession und die Weisungen
über die Fernsehwerbung beruhten auf keiner besonderen gesetzlichen
Grundlage. Es bestehe seit dem 2. Dezember 1984 zwar in Art. 55bis BV
eine klare verfassungsmässige Basis für die Gesetzgebung über Radio und
Fernsehen, doch habe es der Gesetzgeber bisher unterlassen, im Bereich
der Monopolmedien eine angemessene Ordnung aufzustellen. Solange solche
Regeln fehlten, hätten sich die Bestimmungen in der Konzession und in
den Weisungen auf die Wahrung des öffentlichen Interesses im Rahmen der
verfassungsmässigen Rechte zu beschränken. Diesen komme in doppelter
Hinsicht Bedeutung zu: Einerseits sei ihre Wahrung eine Aufgabe, die
im Rahmen der Monopolkonzession wahrgenommen werden müsse, andererseits
seien die hierzu verfügten Einschränkungen nur zulässig, soweit sie sich
aus der verfassungsmässigen Ordnung selbst ergäben.

    b) Der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft ist mit der
Konzession die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe übertragen worden
(Öffentlicher Dienst). Für die Werbung an Radio und Fernsehen ergeben sich
hieraus im öffentlichen Interesse Schranken: Sie kann sowohl verboten
wie zeitlich und inhaltlich beschränkt werden. Art. 31 BV begründet
grundsätzlich keinen Anspruch auf eine staatliche Leistung; die Handels-
und Gewerbefreiheit schützt lediglich vor staatlichen Eingriffen (BGE 117
Ib 394 E. 6c/aa). Ist die Werbung an einem konzessionierten Medium indessen
zugelassen, müssen sich (insbesondere) die inhaltlichen Beschränkungen,
wozu das Verbot bestimmter Reklamen zu zählen ist, an den Grundrechten
und damit auch an der Handels- und Gewerbefreiheit orientieren (BGE 117
Ib 395 E. 6d).

    c) Unter dem Schutz von Art. 31 BV steht - eine Einschränkung durch
die Bundesverfassung und der auf ihr beruhenden Gesetzgebung vorbehalten
- jede gewerbsmässig ausgeübte privatwirtschaftliche Tätigkeit, die der
Erzielung eines Gewinnes oder eines Erwerbseinkommens dient; die Handels-
und Gewerbefreiheit umfasst auch das Recht, zu werben und die entsprechende
Anpreisung inhaltlich zu gestalten (vgl. BGE 104 Ia 475 E. 2 mit Hinweisen,
116 Ia 345 ff.; ferner: RENÉ A. RHINOW, in: Kommentar BV, Art. 31, Rz. 84).
Verschiedene Autoren leiten zum Teil aus Art. 31 BV zudem unmittelbar
ein "Recht auf freie Kennzeichnung und damit auch einen Anspruch auf
Kennzeichnung" ab (EUGEN MARBACH/CHRISTIAN HILTI, Einschränkung des
Markenkennzeichnungsrechts durch Werbeverbote im schweizerischen Recht,
in: GRUR International [Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht,
Internationaler Teil] 1985 S. 383 mit weiteren Literaturhinweisen).

    d) Durch das Werbeverbot für Tabakwaren am Fernsehen wird die
in Art. 31 BV enthaltene Werbefreiheit im öffentlichen Interesse
beschränkt. Über die monopolrechtliche Grundlage hinaus (Art. 3 TVG)
kann sich diese Massnahme auf die Lebensmittelgesetzgebung des Bundes
stützen. Nach Art. 54 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 8. Dezember 1905
betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen
(LMG; SR 817.0) erlässt der Bundesrat die nötigen Vorschriften zum
Schutze der Gesundheit und zur Verhütung von Täuschungen im Verkehr
mit den Waren und Gegenständen, welche den Bestimmungen dieses Gesetzes
unterliegen. Art. 420d der bundesrätlichen Verordnung vom 26. Mai 1936
über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (Lebensmittelverordnung,
LMV; SR 817.02) untersagt jede Werbung für Tabakerzeugnisse, die sich
in deutlicher Weise an Minderjährige richtet und bezweckt, sie zum
Tabakgenuss zu veranlassen. Verboten ist insbesondere die Werbung an
Orten, wo sich hauptsächlich Minderjährige aufhalten; in Werbeträgern,
die hauptsächlich für Minderjährige bestimmt sind; auf Sportkleidern und
den bei der Ausübung des Sportes verwendeten Gegenständen und Fahrzeugen
sowie die Werbung durch unentgeltliche Abgabe von Tabakerzeugnissen an
Minderjährige. Soweit die bundesrätlichen Weisungen an die Schweizerische
Radio- und Fernsehgesellschaft Werbung für Tabakwaren als solche verbieten,
besteht damit hierfür eine hinreichende gesetzliche Grundlage.

Erwägung 5

    5.- Der angefochtene Entscheid des Departementes liesse sich demnach
nicht kritisieren, wenn es sich dabei um ein Verbot direkter Werbung für
Tabakerzeugnisse handelte. Der fragliche Spot wirbt indessen (unmittelbar)
nicht für eine Zigarettenmarke, sondern für eine Uhrenkollektion.

    a) Das Departement beanstandet nicht den Spot an sich, sondern
die damit verbundene Werbewirkung, welche durch den Imagetransfer
für "Camel"-Zigaretten erzielt wird. Angesichts der Schwere der
gesundheitlichen und sozialen Probleme, die der Tabakkonsum mit sich
bringt, bestehe ein öffentliches Interesse an einer strengen Handhabung
des Werbeverbotes. Dieses untersage grundsätzlich jegliche direkte
oder indirekte Werbewirkung für Tabakprodukte am Fernsehen, wobei nur
jene Fälle auszunehmen seien, in denen die Veranstalter keinerlei
Einflussmöglichkeiten auf die von ihnen übertragenen Ereignisse
hätten. Gegenüber dem gesundheitspolitisch motivierten Anliegen habe
das wirtschaftliche Interesse, die Werbekraft einer bekannten Marke
zu verwerten, zurückzutreten. Tabak sei eines der gefährlichsten und
verbreitetsten Suchtmittel. Andere Stoffe dieser Kategorie, welche ähnliche
Gefahren in sich bergen würden, seien mit einem umfassenden Verbot belegt,
welches Anbau, Handel und Konsum rigoros untersage und sich nicht auf
ein teilweises Werbeverbot am Fernsehen beschränke.

    b) Dass ein Imagetransfer im vorliegenden Fall stattfindet, lässt
sich nicht ernsthaft bestreiten. Fraglich ist dagegen, ob sich das
ausgesprochene Verbot deswegen rechtfertigt oder ob ihm nicht die Handels-
und Gewerbefreiheit entgegensteht.

    Art. 420d LMV untersagt in Abs. 1 "jede Werbung für Tabakerzeugnisse,
die sich in deutlicher Weise an Minderjährige richtet und bezweckt, sie
zum Tabakgenuss zu veranlassen". Nach Art. 9 lit. e der Weisungen des
Bundesrates ist "Werbung für Tabakwaren" am Fernsehen verboten. Beide
Vorschriften erfassen ohne Zweifel die direkte Werbung, sie nennen
indessen indirekte Werbewirkungen, welche von einem anderen Produkt für
das Image einer Tabakware ausgehen, nicht ausdrücklich. Weil eine solche
Vorschrift auch sonst fehlt, kann das Verbot nur mit einer ausdehnenden
Interpretation auf die hier in Frage stehende indirekte Werbung erstreckt
werden. Dem steht entgegen, dass ein Werbeverbot für ein Produkt -
wegen des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen und dem
darin enthaltenen Gebot zur Wettbewerbsneutralität - keinen leichten
Eingriff in die Handels- und Gewerbefreiheit darstellt. Heute ist es
weithin üblich geworden, den spezifischen Symbolgehalt bekannter Zeichen
für unterschiedliche Zwecke zu vermarkten, sei es zur Kennzeichnung
branchenfremder Produkte, als dekorativer Aufdruck, für Accessoires oder
anderes mehr (vgl. ANNETTE KUR, Zur Benutzung bekannter Zigarettenmarken
für andere Produkte, Die "Camel-Adventures"-Entscheidung des schwedischen
Marktgerichts, in: GRUR International 1990 S. 443; EUGEN MARBACH/CHRISTIAN
HILTI, aaO, S. 381 mit Hinweisen). Die wirtschaftliche Diversifizierung
einer Unternehmung wird unter Umständen erheblich erschwert, ist
ihr untersagt, an ein bestehendes Image und die damit assoziierten
Elemente anzuknüpfen. Für einen derartigen Eingriff bedarf es einer
klaren gesetzlichen Grundlage. Dem Departement ist zuzugestehen, dass das
Verbot im vorliegenden Fall sich zwar nur auf die Fernsehwerbung bezieht,
doch kann diese heute gerade ein wesentliches Element der Werbestrategie
ausmachen, so dass es zu einer nicht zu unterschätzenden Schlechterstellung
der Inhaber von Zigarettenmarken und ihren Lizenznehmern im Vergleich zu
Inhabern sonstiger Zeichen kommen kann, denen die werbemässige Ausnutzung
des Eigenwerts ihrer Marken auch am Fernsehen uneingeschränkt möglich
bleibt.

    c) Eine ausdehnende Interpretation der bestehenden gesetzlichen
Grundlagen ist im öffentlichen Interesse indessen zulässig, um eindeutige
Umgehungen zu erfassen, d.h. gegen Produkteanpreisungen vorzugehen,
bei denen es nicht um ernsthafte wirtschaftliche Diversifikationen,
sondern lediglich - ohne reellen Hintergrund - um versteckte Werbung
für Tabakwaren geht. Ein solcher Missbrauch liegt nach den Akten im
vorliegenden Fall aber nicht vor. Die Beschwerdeführerin vertreibt
verschiedene Uhrenmarken, worunter auch die preislich der mittleren
Kategorie zuzurechnende "Camel-Trophy"-Watch. Sie hat hierzu in der ganzen
Schweiz ein effektives Verteilnetz von Uhrengeschäften und Warenhäusern
aufgebaut. Ihre Werbung dient dem Absatz dieser Uhr; der Spot selber
knüpft zwar an das Image der Zigarettenmarke an, doch kann nicht gesagt
werden, dies geschehe in einer Art und Weise, die erkennen lässt, dass
es bloss um eine werbemässige Festigung der ursprünglichen Marke gehen
kann. Der angefochtene Entscheid und das damit verbundene Werbeverbot
für den visionierten Spot der "Camel-Trophy"-Uhr halten demnach vor der
Handels- und Gewerbefreiheit, soweit sie für den hier in Frage stehenden
öffentlichen Dienst gilt, nicht stand und sind aufzuheben.

    d) Dahingestellt kann die Frage bleiben, ob mit dem Radio-
und Fernsehgesetz und dem in Art. 14 RTVV vorgesehenen Verbot der
unterschwelligen Werbung (Abs. 1 lit. f) heute eine hinreichende
Rechtsgrundlage bestünde, Werbungen für Produkte zu untersagen,
welche assoziativ mit dem Image von Tabakwaren verknüpft sind. Der
Vollständigkeit halber sei aber auf die Botschaft des Bundesrates vom
9. März 1992 zu den zurzeit hängigen Zwillingsinitiativen vom 23. März
1988 "zur Verminderung der Tabakprobleme" (BBl 1988 I 1619) und "zur
Verminderung der Alkoholprobleme" (BBl 1988 I 1622) verwiesen. Nach dem
indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates bleibt die Verwendung von für
Genussmittel gebrauchten Marken für andere Produkte als alkoholische
Getränke und Tabakwaren zulässig, sofern damit nicht die Förderung des
Verkaufs alkoholischer Getränke oder von Tabakwaren "bezweckt wird". Auch
die Werbung für solche Produkte - sofern sie nicht die Förderung des
Verkaufs alkoholischer Getränke oder Tabakwaren "bezweckt" - bleibt
erlaubt; nicht verboten wird überdies die Verwendung der Marken von anderen
Produkten als Genussmitteln für Tabakwaren oder alkoholische Getränke,
jedoch darf die Werbung für die Ausgangsprodukte auch in diesem Fall nicht
die Förderung des Verkaufs von Tabakwaren oder alkoholischen Getränken
"bezwecken". Die Werbung für Waren, deren Marke zwar an Alkohol und Tabak
erinnert, jedoch ausschliesslich für andere Produkte als Genussmittel
verwendet wird, bleibt möglich (vgl. BBl 1992 II 1167/68).

    Es erscheint daher zweifelhaft, ob der beanstandete Werbespot für die
"Camel-Trophy"-Uhr bei der heute geltenden Regelung als unterschwellige
Werbung untersagt werden könnte; doch braucht die Frage, wie bereits
ausgeführt, nicht abschliessend beurteilt zu werden.