Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 118 IB 163



118 Ib 163

20. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 22. Mai 1992 i.S. S. gegen Schweizerische Eidgenossenschaft
(verwaltungsrechtliche Klage). Regeste

    Verantwortlichkeit des Bundes (Art. 3 VG).

    Begriff der Widerrechtlichkeit bei fehlerhaften Rechtsakten.

Sachverhalt

    A.- Am 5. August 1991 hat S., die in der Pferdezucht tätig ist,
verwaltungsrechtliche Klage gegen die Schweizerische Eidgenossenschaft
erhoben. Sie hatte vorerst vergeblich bei der Eidg. Pferdeschaukommission
darum ersucht, dass ein von ihr vorgeführter Hengst definitiv als
Zuchthengst anerkannt werde. Eine gegen die erstinstanzliche Verfügung
erhobene Beschwerde an das Bundesamt für Landwirtschaft führte nach
Rückweisung der Sache an die Eidg. Pferdeschaukommission rund ein Jahr nach
der Vorführung des Hengstes zwar zur Gutheissung ihres Begehrens. S. macht
mit ihrer Klage an das Bundesgericht aber geltend, es sei ihr durch die
ursprüngliche Verweigerung der Bewilligung ein Schaden entstanden, für
den die Schweizerische Eidgenossenschaft aufgrund von Art. 3 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes
sowie seiner Behördemitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz,
VG; SR 170.32) einzustehen habe.

    Das Bundesgericht hat die verwaltungsrechtliche Klage vollumfänglich
abgewiesen.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Der Bund haftet nur, wenn die Schadenszufügung widerrechtlich
ist (Art. 3 Abs. 1 VG). Widerrechtlichkeit setzt die Verletzung eines
Rechtsgutes voraus. Das Vermögen als solches ist kein Rechtsgut; seine
Schädigung für sich allein ist somit nicht widerrechtlich. Sie ist es
nur dann, wenn eine Norm des geschriebenen oder ungeschriebenen Rechts
verletzt wird, die zum Schutz vor solchen Schädigungen bestimmt ist
(BGE 116 Ib 195 E. 2a, 373 E. 4b; 115 II 18 E. 3 107 Ib 164; 103 Ib 68).

    Soweit Rechtsakte in Frage stehen, setzt die Widerrechtlichkeit
des Verhaltens eines Richters oder Beamten in Ausübung seiner amtlichen
Befugnis einen besonderen Fehler voraus, der nicht schon vorliegt, wenn
sich seine Entscheidung später als unrichtig, gesetzwidrig oder sogar
willkürlich erweist (BGE 112 Ib 449; Urteil X. vom 18. Januar 1980, in SJ
103/1981, S. 225 ff.). Haftungsbegründende Widerrechtlichkeit ist vielmehr
erst dann gegeben, wenn der Richter oder Beamte eine für die Ausübung
seiner Funktion wesentliche Pflicht, eine wesentliche Amtspflicht, verletzt
hat (BGE 112 II 235; Urteil X., aaO, S. 233). Die Amtspflichten sollen
vor Schädigungen durch fehlerhafte Rechtsakte schützen, nicht die Normen
des materiellen Rechts selbst, die der Richter oder Beamte anzuwenden hat.