Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 118 IB 134



118 Ib 134

16. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 28. Februar 1992 i.S. L. Genossenschaft gegen Eidgenössisches
Volkswirtschaftsdepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde). Regeste

    Verwaltungsgerichtsbeschwerde; Beschwerdebegründung (Art. 108
Abs. 2 OG).

    Die Begründung muss sachbezogen sein. Eine Auseinandersetzung lediglich
mit der materiellen Seite des Falles genügt diesem Erfordernis nicht,
wenn die Vorinstanz aus formellen Gründen einen Nichteintretensentscheid
gefällt hat (E. 2).

Sachverhalt

    A.- Am 7. September 1990 verfügte das Bundesamt für Landwirtschaft
auf entsprechendes Feststellungsbegehren der L. Genossenschaft vom
27. August 1990 hin, Nierstückverkäufe der Genossenschaft könnten
für die Kontingentsbildung ihrer Käufer (Metzgereibetriebe) nicht
angerechnet werden. Es verwies darauf, dass die L. Genossenschaft nicht
importberechtigt sei, was nach Art. 31 Abs. 3 der Schlachtviehverordnung
vom 22. März 1989 (SR 916.341) Voraussetzung für die Kontingentsbildung
bei ihren Käufern wäre.

    Auf Beschwerde hin gelangte das Eidgenössische
Volkswirtschaftsdepartement zum Schluss, das Bundesamt für Landwirtschaft
hätte auf das Feststellungsbegehren der L. Genossenschaft gar nicht
eintreten dürfen, weil es an einem Feststellungsinteresse im Sinne von
Art. 25 Abs. 2 VwVG mangle. Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement
hob deshalb mit Entscheid vom 24. Juni 1991 die Feststellungsverfügung des
Bundesamtes für Landwirtschaft auf und trat auf das Gesuch vom 27. August
1990 um Erlass einer solchen nicht ein.

    Mit Schreiben vom 12. Juli 1991 gelangte die L. Genossenschaft an
das Bundesgericht und ersuchte um eine Fristerstreckung von zwei Monaten
für die Einreichung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Der Präsident
der II. öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts teilte der
L. Genossenschaft mit Schreiben vom 29. Juli 1990 mit, dass gesetzliche
Fristen nicht verlängert werden könnten, vorliegend aber die 30tägige
Beschwerdefrist aufgrund des Friststillstands während der Gerichtsferien
frühestens am 26. August 1991 ablaufe.

    Am 23. August 1991 gelangte die L. Genossenschaft mit einer weiteren
Eingabe an das Bundesgericht. Sie hielt fest, die unterschiedlichen
Auffassungen des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements
und des Bundesamtes für Landwirtschaft über die Zulässigkeit einer
Feststellungsverfügung interessierten sie nicht. Sie gelange mit dem
Ersuchen an das Bundesgericht, Art. 31 Abs. 3 der Schlachtviehverordnung
aufzuheben oder abzuändern.

    Am 8. Oktober 1991 räumte der Präsident der II. öffentlichrechtlichen
Abteilung der L. Genossenschaft für den Fall, dass die urteilende
Abteilung die Beschwerde als verbesserungsfähig erachten sollte, eine
Nachfrist bis zum 21. Oktober 1991 für die Einreichung einer verbesserten
Beschwerdeschrift ein.

    Mit Eingabe vom 18. Oktober 1991 stellte die L. Genossenschaft
den Antrag, "die Unzulässigkeitserklärung des Eidgenössischen
Volkswirtschaftsdepartements vom 24. Juni 1991 betreffend
Feststellungsverfügung des Bundesamtes für Landwirtschaft (sei)
aufzuheben".

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren hat die
Beschwerdeschrift nach Art. 108 Abs. 2 OG unter anderem die Begehren und
deren Begründung zu enthalten. Lassen die Begehren oder deren Begründung
die nötige Klarheit vermissen und stellt sich die Beschwerde nicht als
offensichtlich unzulässig heraus, so ist dem Beschwerdeführer eine kurze
Nachfrist zur Behebung des Mangels anzusetzen (Art. 108 Abs. 3 OG).

    Im Unterschied zur staatsrechtlichen Beschwerde, wo das Rügeprinzip
gilt (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 110 Ia 3 E. 2a), ist das Bundesgericht
an die Begründung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht gebunden
(Art. 114 Abs. 1 in fine OG). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
sind an Begehren und Begründung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde
keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, wenn aus der
Beschwerdeschrift ersichtlich ist, in welchen Punkten und weshalb
der angefochtene Entscheid beanstandet wird (BGE 113 Ib 287 f. mit
Hinweisen). Die Begründung braucht nicht zuzutreffen, sie muss aber
immerhin sachbezogen sein (BGE 101 V 127). Auch in der Lehre wird die
Auffassung geteilt, eine minimale Sachbezogenheit der Begründung sei bei
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde Gültigkeitserfordernis (ANDRÉ GRISEL,
Traité de droit administratif, Neuchâtel 1984, S. 915; FRITZ GYGI,
Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. Bern 1983, S. 197). Ist die
Vorinstanz auf das Begehren des Beschwerdeführers nicht eingetreten, so
muss sich die Begründung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dieser Frage
befassen. Eine Auseinandersetzung lediglich mit der materiellen Seite des
Falles ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht sachbezogen,
wenn die Vorinstanz aus formellen Gründen einen Nichteintretensentscheid
gefällt hat (ASA 49, 251; zustimmend GRISEL, aaO, S. 915). Anders könnte es
sich allenfalls dann verhalten, wenn materielle und formelle Frage in engem
Zusammenhang stehen, beispielsweise, wenn das prozessuale Eintreten auf
ein Gesuch von einer erheblichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse
abhängig ist (vgl. BGE 109 V 119, der sich allerdings nur zum Antrag,
nicht aber zur Begründung äussert).

    Eine Nachfrist ist nur anzusetzen, wenn die Angaben in der Beschwerde
unklar, d.h. mehrdeutig sind. Die Nachfrist kann jedoch nicht dazu dienen,
eine inhaltlich ungenügende Rechtsschrift zu ergänzen (BGE 112 Ib 635
E. 2a; 96 I 96).

Erwägung 3

    3.- Die fristgerecht eingereichte Beschwerdeschrift vom 23.  August
1991 ist an sich klar. Sie enthält das Begehren, Art. 31 Abs. 3 der
Schlachtviehverordnung aufzuheben oder abzuändern; die Beschwerdeführerin
begründet auch, weshalb diese Bestimmung ihrer Meinung nach rechtswidrig
sei.

    Indessen lassen Antrag und Begründung jeden Bezug zum angefochtenen
Entscheid des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements
vermissen. Dieses hat die Feststellungsverfügung des Bundesamtes
für Landwirtschaft aufgehoben und ist auf das Gesuch um Erlass einer
solchen nicht eingetreten, weil es an einem schutzwürdigen Interesse im
Sinne von Art. 25 Abs. 2 VwVG fehle. Das hätte die Beschwerdeführerin
beanstanden können, und sie hätte den Antrag stellen können, dass sich
die Vorinstanz materiell mit ihrem Feststellungsbegehren zu befassen
habe. Nichts dergleichen lässt sich jedoch der Beschwerdeschrift vom
23. August 1991 entnehmen. Diese enthält weder einen Antrag, inwiefern der
Nichteintretensentscheid des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements
abzuändern wäre, noch eine Begründung hiezu. Gegenteils erklärt die
Beschwerdeführerin ausdrücklich, die (einzig massgebliche) Frage der
Zulässigkeit einer Feststellungsverfügung interessiere sie nicht. Das
zeigt mit aller Deutlichkeit, dass auch für die Beschwerdeführerin die
Unterscheidung zwischen formeller und materieller Seite des Streites
ohne weiteres erkennbar war. Hinzu kommt, dass der Antrag auf Aufhebung
eines Erlasses im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren ohnehin
unzulässig ist (Art. 97 OG). Da es sich um eine den Anforderungen von
Art. 108 Abs. 2 OG nicht genügende Beschwerdeschrift handelt, ist eine
nachträgliche Verbesserung nicht möglich, weshalb die nach Ablauf der
Beschwerdefrist eingereichte Eingabe vom 18. Oktober 1991 unbeachtlich
ist. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist folglich nicht einzutreten.