Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 118 IA 446



118 Ia 446

60. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 9.
September 1992 i.S. Gemeinde Alvaneu gegen B., Departement des Innern
und der Volkswirtschaft des Kantons Graubünden sowie Verwaltungsgericht
(Kammer 4) des Kantons Graubünden (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Bauvorhaben in der Bündner Erhaltungszone; Gemeindeautonomie.

    1. Die Bündner Erhaltungszone kann mit einer beschränkten Bauzone
verglichen werden, welche eine Nichtbauzone überlagert; sie stützt sich
auf Art. 18 Abs. 1 RPG und kommt hinsichtlich ihrer Zielsetzung einer
Schutzzone nahe. Im vorliegenden Fall erübrigt es sich allerdings, die
Frage der Rechtsnatur dieser Erhaltungszone abschliessend zu beurteilen
(E. 2a/c).

    2. Das Interesse an der Bewahrung des ursprünglichen Ortsbildes des
Maiensässes überwiegt das Interesse des Bauherrn daran, das strittige
Bauvorhaben zu verwirklichen (grösserer Sonnenkollektor zur Betreibung
einer Solar-Schwerkraftheizung). Das kantonale Verwaltungsgericht hat
das Vorhaben auf willkürliche Weise als zonenkonform bezeichnet und damit
die Autonomie der das Projekt ablehnenden Gemeinde verletzt (E. 4).

Sachverhalt

    A.- B. ist Eigentümer einer Maiensäss-Liegenschaft in der
Erhaltungszone "Aclas Dafora" oberhalb der Gemeinde Alvaneu. Am 26. Juli
1990 unterbreitete er der Gemeinde ein Baugesuch zwecks Umbauarbeiten an
seiner Maiensäss-Hütte. Er ersuchte einerseits um die Bewilligung dafür,
einen neuen Kamin mit einem Holzkochherd und einen neuen Fussboden mit
Isolationseffekt im Erdgeschoss einbauen zu dürfen; und andererseits sei
ihm zu bewilligen, zwecks Betreibung einer Solar-Schwerkraftheizung einen
Sonnenkollektor mit den Massen 3,0 m x 1,25 m (3,75 m2) auf dem Dach der
erwähnten Baute montieren zu können.

    Mit Verfügung vom 10. September 1990 lehnte der Gemeindevorstand von
Alvaneu als Baubehörde das von B. eingereichte Baugesuch ab und begründete
dies im wesentlichen damit, das Vorhaben sei nicht mit der bestehenden
Erhaltungszone in "Aclas Dafora" vereinbar. Insbesondere ermögliche
die Solar-Schwerkraftheizung eine Komfortsteigerung und führe dadurch
zu einer erweiterten Gebäudenutzung, die dem Sinn einer Erhaltungszone
als nicht dauernd bewohntem Siedlungsgebiet zuwiderlaufe. Sodann sei
die Installation solcher Sonnenkollektoren als Ausbau bestehender
Erschliessungs- bzw. Infrastrukturanlagen zu qualifizieren, was mit
den einschlägigen Gesetzesbestimmungen der Gemeindebauordnung ebenfalls
nicht in Einklang zu bringen sei. Aus ästhetischer Sicht sei ferner
festzustellen, dass eine auf dem Dach anzubringende Kollektorenfläche
von 3,75 m2 unter Berücksichtigung der vom Baugesetz geforderten
einheitlichen Dachbedeckung nicht mehr akzeptabel sei, dies im
Gegensatz zu kleinflächigeren Sonnenkollektoren. Insgesamt verstosse
demnach die Erteilung der nachgesuchten Baubewilligung sowohl gegen die
Zielsetzungen einer Erhaltungszone als auch gegen die Anforderungen, die
in gestalterischer Hinsicht an die Dachlandschaft der Maiensäss-Siedlung
"Aclas Dafora" gestellt würden.

    Gegen diese Verfügung erhob B. Rekurs an das Verwaltungsgericht des
Kantons Graubünden, welchen dieses mit Entscheid vom 21. November 1990
guthiess, soweit er nicht gegenstandslos geworden war. Gegenstandslosigkeit
ergab sich insoweit, als die Gemeinde Alvaneu den projektierten Einbau
eines neuen Heizungskamines und die Installation eines neuen Fussbodens
mit Isolationseffekt im Erdgeschoss anerkannte. Die im übrigen erfolgte
Gutheissung des Rekurses wurde im wesentlichen damit begründet, die
Zuteilung der B. gehörenden Maiensäss-Hütte zur Erhaltungszone "Aclas
Dafora" sei zwar zu Recht erfolgt; entgegen der Ansicht der Gemeinde könne
aber im Hinblick auf die für diese Zone geltenden Vorschriften nicht
gesagt werden, die vorgesehene Dachinstallation von Sonnenkollektoren
sei unzulässig.

    Mit Eingabe vom 28. Januar 1991 erhob die Gemeinde Alvaneu
staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, der
Entscheid des Verwaltungsgerichtes des Kantons Graubünden vom 21. November
1990 sei aufzuheben.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Die Verordnung über die Raumplanung vom 2. Oktober 1989 (RPV;
SR 700.1), die am 20. Oktober 1989 in Kraft getreten ist, enthält die
folgenden für den vorliegenden Fall interessierenden Vorschriften:

    "3. Abschnitt: Erhaltung bestehender Bausubstanz

    Art. 23 Kleinsiedlungen ausserhalb der Bauzonen

    Zur Erhaltung bestehender Kleinsiedlungen ausserhalb der Bauzonen
können
   besondere Zonen nach Artikel 18 RPG (wie Weiler- oder Erhaltungszonen)
   bezeichnet werden, wenn der kantonale Richtplan (Art. 8 RPG) dies in der

    Karte oder im Text vorsieht.

    Art. 24 Ausnahmen ausserhalb der Bauzonen

    1 In Gebieten mit traditioneller Streubauweise, die von Abwanderung
   betroffen sind und in denen die Dauerbesiedelung im Hinblick auf die
   anzustrebende räumliche Entwicklung gestärkt werden soll, können die

    Kantone als standortgebunden (Art. 24 Abs. 1 Bst. a RPG) bewilligen:

    a. Die Änderung der Nutzung bestehender Gebäude mit Wohnungen zu
   landwirtschaftsfremden Wohnzwecken, wenn das Gebäude nach der Änderung
   ganzjährig bewohnt wird;

    b. die Änderung der Nutzung bestehender Gebäude oder Gebäudekomplexe
   mit Wohnungen zu Zwecken des örtlichen Kleingewerbes (wie

    Käsereien, holzverarbeitende Betriebe, mechanische Werkstätten,

    Schlossereien, Detailhandelsläden, Wirtshäuser); der Gewerbeanteil darf
   nicht mehr als die Hälfte des bestehenden Gebäudes oder Gebäudekomplexes
   beanspruchen.

    2 In Landschaften mit schützenswerten Bauten und Anlagen können die

    Kantone die Änderung der Nutzung bestehender Gebäude als
standortgebunden
   (Art. 24 Abs. 1 Bst. a RPG) bewilligen, wenn das Gebäude durch
   Verfügung der für Ortsbild- und Landschaftsschutz zuständigen Behörde
   als landschaftstypisch geschützt ist und die dauernde Erhaltung der

    Bausubstanz nicht anders sichergestellt werden kann.

    3 Bewilligungen setzen voraus, dass

    a. die Gebiete nach den Absätzen 1 und 2 im kantonalen Richtplan
(Art. 8

    RPG) örtlich festgelegt sind;

    b. das Gebäude für die landwirtschaftliche Nutzung nicht mehr benötigt
   wird;

    c. die äussere Erscheinung und die bauliche Grundstruktur des
Gebäudes im
   wesentlichen unverändert bleiben;

    d. die Änderung keine zusätzliche Verkehrserschliessung erfordert;

    e. keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (Art. 24 Abs. 1 Bst. b

    RPG). "

    Das Raumplanungsgesetz für den Kanton Graubünden vom 20. Mai 1973
(KRG) weist in Art. 27a folgende Bestimmungen auf:

    "Art. 27a Für die Erhaltung von landschaftlich oder kulturgeschichtlich
   wertvoller Bausubstanz können die Gemeinden Erhaltungszonen festlegen.

    In den Erhaltungszonen sind Neubauten unzulässig. Der Zweck
   bestimmungsgemäss nutzbarer Bauten darf innerhalb der bestehenden

    Bausubstanz geändert werden. Die Bauarbeiten sind in der herkömmlichen

    Bauweise auszuführen.

    Bei abgelegenen Erhaltungszonen können die Gemeinden besondere

    Vorschriften über die Erschliessung erlassen."

    Sodann ist Art. 14 der Raumplanungsverordnung für den Kanton Graubünden
(KRVO) vom 26. November 1986 von Bedeutung. Er lautet wie folgt:

    "Art. 14 Erhaltungszonen umfassen in der Regel Baugruppen von
mindestens

    5 Gebäuden.

    Kleinere Baugruppen oder besondere Bauobjekte können im Rahmen einer

    Gesamtbeurteilung als Erhaltungszone bestimmt werden. Voraussetzung
hiefür
   ist die Inventarisierung aller Bauten ausserhalb der Bauzonen in der
   betreffenden Gemeinde.

    Die Regierung kann im Genehmigungsverfahren über den Umfang von

    Zweckänderungen sowie Art und Weise der Ausbaumöglichkeiten der
einzelnen

    Gebäude Weisungen erteilen.

    Baubewilligungen für Bauvorhaben in der Erhaltungszone sind dem Amt für

    Raumplanung mitzuteilen.

    Die Regierung bestellt eine 3- bis 5-köpfige Kommission, die der
   zuständigen kantonalen Behörde in Fragen der Erhaltungszonen beratend
   zur

    Verfügung steht."

    Am 27. November 1991 hat der Grosse Rat des Kantons Graubünden Art. 14

    Abs. 1 KRVO ergänzt. Diese Bestimmung lautet neu wie folgt:

    "Erhaltungszonen umfassen in der Regel Baugruppen von mindestens 5

    Gebäuden. Ihre Ausscheidung setzt voraus, dass der kantonale Richtplan
   dies vorsieht."

    Schliesslich ist auf Art. 67bis des Baugesetzes der Gemeinde Alvaneu in
der Fassung vom 22. Januar 1982 (BauG), vom Regierungsrat genehmigt am 27.
September 1982, hinzuweisen, der folgenden Wortlaut hat:

    "4) Schaffung von 2 Erhaltungszonen Aclas Davains und Aclas Dafora

    Art. 67bis Die Erhaltungszonen in Aclas Davains und Aclas Dafora,
gemäss

    Zonenplan 1:5000, bezwecken die Erhaltung der Baugruppen als
Bestandteile
   der Kulturlandschaft. In diesen Zonen können alle bestehenden, nicht
   mehr landwirtschaftlich genutzten Bauten zu Ferienzwecken umgebaut
   werden, wenn nachstehende Bedingungen erfüllt sind:

    a) Das Gruppenbild und der Maiensässcharakter muss erhalten bleiben.

    b) Die Gebäude dürfen weder in Form noch im Volumen verändert
werden. Die

    Neugestaltung von aussen sichtbaren Gebäudeteilen ist in Form, Material
   und Farbe in herkömmlicher Weise vorzunehmen. Das Mauerwerk ist mit

    Rasapietra- oder Grubenkalk-Verputz zu verkleiden. Balkone und grosse

    Fenster sind nicht zulässig. Die Dächer dürfen nicht mit Blech oder

    Welleternit eingedeckt werden.

    c) Die Bauvorhaben sollen vor der Projektierung mit dem von der
Gemeinde
   bezeichneten Fachmann besprochen werden. Sie sind vor Erteilung der

    Baubewilligung durch diesen zu begutachten, wobei die Kosten zu
Lasten des

    Baugesuchstellers gehen.

    d) Die bestehende landwirtschaftliche Nutzung des Gebäudeumschwunges
muss
   auch nach dem Umbau gewährleistet sein. Die Herrichtung gartenähnlicher

    Anlagen und die Erstellung von festen Abzäunungen irgendwelcher
Art sind
   verboten. Nur während der Atzung sind ablegbare Zäune gestattet.

    Terrainveränderungen sind nur zulässig, wenn die Herbeiführung des
   ursprünglichen natürlichen Zustandes es erfordert.

    e) Die Baubehörde ist berechtigt, bestehende maiensässfremde Bauten auf

    Kosten des Eigentümers abändern zu lassen.

    f) Bestehende Erschliessungsanlagen dürfen erneuert, jedoch nicht
   ausgebaut werden. Die Erstellung neuer Anlagen, wie Wege, elektrische

    Leitungen oder Telefonleitungen ist nicht zulässig. Der Anschluss
an die

    Stromversorgung oder an das Telefonnetz kann gestattet
werden. Sämtliche

    Anschlüsse sind zu verkabeln.

    g) Für Abwasser- und Fäkalienbeseitigung ist eine Bewilligung des
   kantonalen Amtes für Gewässerschutz einzuholen. Der Kehricht ist von den

    Bewohnern in einem in Alvaneu-Dorf, Abzweigung
Kantons-/Maiensäss-Strasse,
   bereitgestellten Kehrichtschopf zu deponieren. Es gelten die
   entsprechenden Bestimmungen des Regulativs der Gemeinde und des

    Kehrichtverbandes.

    h) Der Bauherr hat an geeigneter Stelle die nach Art. 46 des
Baugesetzes
   erforderlichen Abstellplätze auf eigenem oder fremdem Boden zu erstellen
   und allfällige Rechte an fremdem Boden grundbuchlich nachzuweisen.

    Vorbehalten bleibt die Beteiligung an einer gemeinschaftlichen

    Parkierungsanlage.

    i) Der Gemeinde dürfen durch den Umbau oder die spätere Benützung des

    Gebäudes keine Kosten entstehen."

    c) Nach der Praxis des Bundesgerichtes ist die Festsetzung von
Kleinstbauzonen ausserhalb des Baugebietes, welche eine die Landschaft
und die geordnete Siedlungsentwicklung beeinträchtigende Streubauweise
sanktioniert, nicht nur unzweckmässig, sondern gesetzwidrig (nicht
publ. Urteil vom 26. März 1991 betr. Gemeinde Sent, BGE vom 23. Mai
1984 in: Informationshefte des BRP 1/85, S. 12 [= BVR 1984 S. 294
ff.], und BGE vom 3. Februar 1982 in: ZBl 83/1982 S. 351 ff. [= BVR
1982 S. 249 ff. bzw. BR 4/82 S. 79]; s. auch KARL SPÜHLER, Die Nutzung
leeren Gebäudevolumens ausserhalb der Bauzonen, ZBJV 125/1989 S. 339;
CHRISTOPH BANDLI, Bauen ausserhalb der Bauzonen, Diss. Bern 1989,
N. 98 S. 70; HEINZ AEMISEGGER, RPG/NO, Nr. 4/1982, S. 5 f.). Diese
Rechtsprechung bezieht sich jedoch nicht auf Erhaltungszonen der hier
umstrittenen Art. Sie ist vielmehr auf eigentliche, allgemeine Bauzonen
im Sinne von Art. 15 RPG ausgerichtet, in denen vor allem auch Neu-
und Erweiterungsbauten vorgesehen sind. Solche Bauzonen im Sinne von
Art. 15 RPG müssen allgemeinen planerischen Erwägungen hinsichtlich
der räumlichen Ausdehnung des Siedlungsgebietes und der rationellen
Erschliessung gemäss Art. 19 RPG entsprechen. Sie haben sich auf die
in Art. 22quater BV sowie namentlich in den Art. 1, 3, 15 und 19 RPG
enthaltenen Planungsgrundsätze auszurichten. Im Lichte dieser Grundsätze
sind Kleinstbauzonen, welche für Neubauvorhaben ausgeschieden werden,
unzulässig. Ganz anders verhält es sich aber bei den hier umstrittenen
Erhaltungszonen. Ihre Ausscheidung wird von der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung ausdrücklich begrüsst. So wird in BGE 115 Ib 151
dargelegt, die Zuweisung von bestehenden Kleinsiedlungen in Bauzonen
müsse nicht dazu führen, dass an sich unerwünschte Kleinstbauzonen
für Neubauten entstünden. Das Bundesgericht geht in diesem Entscheid
davon aus, solche Erhaltungszonen seien beschränkte Bauzonen und keine
Nichtbauzonen. So verhält es sich auch hinsichtlich der zur Diskussion
stehenden Erhaltungszone "Aclas Dafora". Die erwähnte, vom Departement
des Innern und der Volkswirtschaft des Kantons Graubünden diesbezüglich
dargelegte Rechtsauffassung ist weitgehend zutreffend. Sie ist allerdings
nachfolgend in gewissen Punkten zu präzisieren.

    Die Bündner Erhaltungszone bezweckt die Erhaltung bestehender,
insgesamt betrachtet wertvoller Bausubstanz, die vor dem Zerfall
gerettet werden soll. Sie will solche Bausubstanz einer zweckmässigen
Nutzung zuführen und verfolgt damit Zielsetzungen des Ortsbild- und
Landschaftsschutzes. Diese Zielsetzungen könnten auch in Anwendung
von Art. 17 Abs. 2 RPG in Verbindung mit Art. 24 RPG und Art. 24 RPV
verwirklicht werden. In diesem Fall wären auf den Einzelfall zugeschnittene
Schutzmassnahmen zu treffen und gestützt darauf Bewilligungen im Sinne
von Art. 24 RPG zu erteilen (s. in diesem Zusammenhang nicht publ. Urteil
des Bundesgerichtes vom 19. April 1989 betr. Gemeinde Alterswil). Zur
Erhaltung der Bündner Maiensässe ist aber der Weg der Ausscheidung
von Erhaltungszonen oft zweckmässiger. Wie die Gemeinde in ihrer im
bundesgerichtlichen Verfahren erstatteten Replik zutreffend darlegt,
sind Baugesuche, welche sich an den Rahmen von Art. 67bis BauG halten
und damit zonenkonform sind, auf dem ordentlichen Baubewilligungsweg
in Anwendung von Art. 22 RPG zu beurteilen. Es stellt sich jedoch
die Frage, wie es sich verhält, wenn Baugesuche eingereicht werden,
die den Rahmen des gestützt auf Art. 67bis BauG Zulässigen sprengen.
Sind dann allenfalls Ausnahmebewilligungen gemäss Art. 23 RPG zulässig,
oder ist in einem solchen Fall Art. 24 RPG anwendbar? Mit Rücksicht auf
die besondere Natur der hier zur Diskussion stehenden Erhaltungszone muss
letzteres zutreffen. Dies bedeutet, dass die Bündner Erhaltungszone mit
einer eine Nichtbauzone überlagernden beschränkten Bauzone verglichen
werden kann, die sich auf Art. 18 Abs. 1 RPG stützt; hinsichtlich
ihrer Zielsetzung steht sie einer Schutzzone nahe (s. hierzu EJPD/BRP,
Erläuterungen zum RPG, N. 27 f. zu Art. 17, sowie LEO SCHÜRMANN, Bau-
und Planungsrecht, 2. Aufl., Bern 1984, S. 171 f.). Überschreitet ein
Vorhaben den Rahmen dessen, was in einer solchen auf die Erhaltung der
bestehenden Bausubstanz beschränkten Nutzungszone zonenkonform ist, so
kommen die Vorschriften der Grundnutzungszone zur Anwendung, welche von
der Erhaltungszone überlagert wird. In einem solchen Fall stellt sich
dann die Frage, ob das in der Erhaltungszone zonenwidrige Bauvorhaben
der Grundnutzungsordnung entspricht und mit Rücksicht darauf gestützt
auf Art. 22 RPG im ordentlichen Baubewilligungsverfahren bewilligt
werden kann. Trifft dies nicht zu, so ist das betreffende Baugesuch,
das den Rahmen der Erhaltungszone sprengt, gestützt auf Art. 24 RPG
und das dazu erlassene kantonale Ausführungsrecht zu überprüfen. Die
Verhältnisse liegen mithin ähnlich wie bei einer eine Landwirtschaftszone
überlagernden Kiesabbauzone, die nach Abbau und Rekultivierung des Landes
erneut der landwirtschaftlichen Nutzung zur Verfügung stehen soll. Es ist
auch denkbar, eine Erhaltungszone der erwähnten Art im Sinne einer auf die
Erhaltung der bestehenden Bausubstanz beschränkten Nutzungszone gestützt
auf Art. 18 Abs. 1 RPG als Grundnutzungszone auszuscheiden. Eine solche
könnte allerdings nicht als Bauzone im Sinne von Art. 15 RPG gelten, was
zur Folge hätte, dass Art. 24 RPG auf alle Bauvorhaben anwendbar wäre, die
mit den Nutzungsvorschriften der Erhaltungszone unvereinbar wären (vgl. in
diesem Zusammenhang auch die Regelung in bezug auf die Freihaltezone
gemäss § 40 Abs. 1 des Planungs- und Baugesetzes des Kantons Zürich vom
7. September 1975 in der Fassung vom 1. September 1991). Im Hinblick auf
die nachfolgenden Erwägungen erübrigt es sich hier allerdings, die Frage
der Rechtsnatur der Bündner Erhaltungszone abschliessend zu beurteilen.

Erwägung 3

    3.- a) Die vorstehenden Erwägungen führen zum Ergebnis, dass das hier
umstrittene Bauvorhaben in zutreffender Weise im Verfahren gemäss Art.
22 RPG auf seine Zonenkonformität und damit auf seine Übereinstimmung
mit Art. 67bis BauG überprüft worden ist. Die Beschwerdeführerin ist
der Auffassung, das Verwaltungsgericht habe derart auf willkürliche
Weise kantonales Recht und damit auch ihre Gemeindeautonomie
verletzt. Zutreffend hat sie diese Rüge im Rahmen der staatsrechtlichen
Beschwerde vorgetragen. Durch den angefochtenen Entscheid wird die
Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als Trägerin hoheitlicher Gewalt
getroffen. Sie ist daher beschwerdelegitimiert. Ob ihr im betreffenden
Bereich tatsächlich Autonomie zusteht, ist keine Frage der Legitimation,
sondern Gegenstand der materiellen Beurteilung (BGE 117 Ia 354 f. E. 3a,
116 Ia 43 E. 1a, 114 Ia 76 E. 1, 81 E. 1a und 467 E. 1a, 113 Ia 202 E.
1a, mit Hinweisen).

    b) Eine Gemeinde ist in einem Sachbereich autonom, wenn das
kantonale Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz oder
teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ
erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt (BGE 117 Ia 355 f. E. 4a, mit
Hinweisen). Ist diese Voraussetzung erfüllt, so kann sich die Gemeinde mit
staatsrechtlicher Beschwerde dagegen zur Wehr setzen, dass die kantonale
Behörde im Rechtsmittelverfahren ihre Prüfungsbefugnis überschreitet oder
dass sie bei der Anwendung der kommunalen, kantonalen und bundesrechtlichen
Normen, die den betreffenden Sachbereich ordnen, gegen das Willkürverbot
verstösst, oder, soweit kantonales oder eidgenössisches Verfassungsrecht
in Frage steht, dieses unrichtig auslegt oder anwendet (BGE 115 Ia 44,
114 Ia 169 f. und 372 E. 2a, 112 Ia 270 E. 2a, je mit Hinweisen).

    c) Wie das Bundesgericht schon vielfach festgestellt hat, sind die
Bündner Gemeinden in weiten Bereichen der Raumplanung und des Bauwesens
autonom (BGE 110 Ia 207 E. 2b, 108 Ib 238 E. 3b, mit Hinweisen). Diese
Autonomie erstreckt sich klarerweise auf die Frage der Zonenkonformität,
welche sich nach den im kantonalen und kommunalen Baurecht enthaltenen
Grundsätzen beurteilt. Im vorliegenden Fall sind in dieser Hinsicht
die Art. 27a KRG und 67bis BauG massgebend. Es ist zu prüfen, ob das
Bauvorhaben des Beschwerdegegners in der Erhaltungszone "Aclas Dafora"
namentlich im Lichte von Art. 67bis BauG zonenkonform ist. Bei der
Anwendung dieser Vorschrift steht der Gemeinde Alvaneu zweifellos eine
relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit zu.

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdeführerin begründet ihre Willkürrüge in bezug
auf Art. 67bis BauG damit, diese Vorschrift bezwecke die Erhaltung der
Maiensäss-Siedlungen als Bestandteil der Kulturlandschaft. Ursprünglich
hätten die Bergbauern die Maiensässe als Unterkunft im Herbst benützt, wenn
sie das Vieh hätten ausfüttern müssen. Daher wiesen die Maiensässe auch
einen Stall- und einen Wohnteil auf. Diese Bausubstanz sei erhaltenswert,
zeige sie doch deutlich die kulturhistorische Bedeutung der Maiensässe
auf. Infolge des Bedeutungsverlustes der Berglandwirtschaft hätten auch die
Maiensässe ihre ursprüngliche Funktion verloren. Trotzdem habe die Gemeinde
Alvaneu den besonderen Charakter solcher Siedlungen bewahren wollen. Um
die bestehenden Bauten einem erweiterten Nutzungszweck zu öffnen,
habe die Gemeinde in ihrem Baugesetz eine Ferienhausnutzung ermöglicht,
welche jedoch nur unter Einhaltung strengster Bedingungen zulässig sein
solle. So enthalte Art. 67bis BauG ein ausdrückliches Ausbauverbot
der bestehenden Erschliessungsanlagen. Das zeige deutlich, dass die
bestehenden Verhältnisse gewahrt werden sollten und die Wohnnutzung auf
denjenigen Rahmen beschränkt sei, welcher mit der bestehenden Erschliessung
vereinbar und verträglich sei. Das Verwaltungsgericht habe den Zweck der
Erhaltungszone krass falsch definiert. Die bestehende Bausubstanz solle
nur beschränkt dem Wohnen dienen, und vor allem solle der ursprüngliche
Zustand erhalten werden. Es gehe darum, einen künftig drohenden Zerfall
der Maiensäss-Hütten zu verhindern und die Bausubstanz zu bewahren. Deshalb
sei die Erhaltungszone auch nicht diejenige Zone, in welcher vor allem die
umweltverträglicheren Alternativenergien gefördert werden sollten. Das sei
bei Bauvorhaben in der eigentlichen Bauzone zu tun. In der Erhaltungszone
sei ein Aus- und Neubau unzulässig. Die Gemeinde Alvaneu werde daher
den Einbau eines Solar- oder konventionellen Ölheizungssystems in einem
Gebäude der Erhaltungszone nie bewilligen, da sonst eine zonenwidrige
Benutzung möglich wäre. Sie wolle alle Vorkehren treffen, um einen solchen
zonenwidrigen Zustand zu verhindern, weshalb sie auch noch nie den Einbau
eines Heizsystems in einer Maiensäss-Hütte bewilligt habe. Darüber hinaus
hätten auch die bestehenden Blechdächer keinen Einfluss auf den Zweck der
Erhaltungszone. Die Erhaltungszone sei u.a. gerade deshalb ausgeschieden
worden, um derartige Missgriffe in Zukunft zu verhindern. Die Gemeinde
habe seit 1982 kein Blechdach mehr bewilligt. Die Maiensäss-Siedlung
"Aclas Dafora" sei trotz der altrechtlichen Bausünden von ausnehmender
Schönheit und deshalb erhaltenswert.

    Trotz diesen von der Beschwerdeführerin geäusserten Bedenken entschied
das Verwaltungsgericht, die Baubewilligung für die Installation eines
Sonnenkollektors mit den Massen 3,0 m x 1,25 m (3,75 m2) auf dem
Dach der Maiensäss-Hütte des Beschwerdegegners sei zu erteilen. Dies
sei sowohl im Hinblick auf den Wortlaut von Art. 67bis BauG als auch
angesichts des Zwecks der Erhaltung von Wohnsubstanz notwendig. Am
bundesgerichtlichen Augenschein hat sich ergeben, dass die Gemeinde
die Bewilligung der vom Beschwerdegegner für die Betreibung einer
Solar-Schwerkraftheizung projektierten Anlage vor allem bekämpft, weil
sie ein negatives Präjudiz für die übrigen Dachflächen des Maiensässes
"Aclas Dafora" befürchtet. Bisher wurden dort zwar Sonnenkollektoren
bewilligt, aber nur kleinflächige von in der Regel rund 1/3 m2. Diese
dienen ausschliesslich zur Stromerzeugung für Beleuchtungs-zwecke.
Die Gemeinde liess diese Anlagen nicht zuletzt deshalb zu, weil sie
wesentlich ungefährlicher sind als andere Beleuchtungssysteme, wie etwa
Petrol- oder Gaslampen. Im Interesse der Zielsetzungen der Erhaltungszone
"Aclas Dafora" wurde der Nutzen dieser Lichtstromanlagen höher gewertet
als die Interessen am Schutz des Ortsbildes. Die vom Beschwerdegegner
vorgesehene Sonnenkollektoranlage soll Heizzwecken dienen. Sie ersetzt
aber die bestehende Holzheizung nicht, sondern soll diese lediglich
unterstützen und ergänzen. Am Augenschein ist klar geworden, dass
der Heizungsbeitrag der geplanten Anlage im Verhältnis zum gesamten
Heizungsbedarf unwesentlich ist. Schon aus diesem Grund ist es willkürlich,
wenn das Verwaltungsgericht das Interesse an der Erhaltung des Ortsbildes
des in Frage stehenden Maiensässes weniger hoch bewertete als das Interesse
des Beschwerdegegners an der Errichtung der Heizungsanlage.

    Aber auch aus einem weiteren Grund ist der angefochtene Entscheid
des Verwaltungsgerichtes verfassungsrechtlich nicht haltbar. Würde
dem Beschwerdegegner die umstrittene Sonnenkollektoranlage bewilligt,
so müsste dies auch gegenüber weiteren Hausbesitzern des Maiensässes
getan werden. Dadurch würde aber die heute - von einzelnen, wenn auch
nicht unübersehbaren Ausnahmen abgesehen - guterhaltene Dachlandschaft
des Maiensässes "Aclas Dafora" stark beeinträchtigt. Eine solche
Beeinträchtigung des Ortsbildes wollen aber die erwähnten kommunalen und
kantonalen Vorschriften betreffend die Erhaltungszone "Aclas Dafora"
offensichtlich verhindern. Davon, dass das ursprüngliche Ortsbild
des Maiensässes schon an verschiedenen Stellen beeinträchtigt ist,
hat sich die bundesgerichtliche Delegation am Augenschein überzeugen
können. Dies ist zwar bedauerlich, vermag aber das Interesse daran,
das auch heute noch sehr schöne und beeindruckende Erscheinungsbild des
Maiensässes mit verhältnismässigen Vorkehren zu erhalten, nicht wesentlich
herabzumindern. Die Gemeinde bemüht sich im übrigen seit einigen Jahren
mit ihrer am Augenschein näher dargelegten Baubewilligungspraxis sehr
um die sinnvolle und zweckmässige Erhaltung des Maiensässes, wobei
sie ganz besonders auf ästhetische Belange achtet. Sie beabsichtigt,
vorhandene Beeinträchtigungen nach Möglichkeit zu beseitigen und neue
zu verhindern. Das ist keine leichte Aufgabe, besonders wenn es auch
darum geht, eigenmächtigem unbewilligtem Vorgehen von Hauseigentümern
zu begegnen.

    Indem das Verwaltungsgericht den geplanten Sonnenkollektor mit
Solar-Schwerkraftheizung in der Erhaltungszone "Aclas Dafora" von Alvaneu
als zonenkonform bezeichnet hat, hat es somit die Bestimmungen gemäss
Art. 27a KRG in Verbindung mit Art. 67bis BauG in verfassungsrechtlich
unhaltbarer Weise angewendet. Sein Urteil verstösst daher gegen die
Gemeindeautonomie. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde der Gemeinde
Alvaneu gutzuheissen und das angefochtene Urteil aufzuheben.