Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 118 IA 394



118 Ia 394

54. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18.
November 1992 i.S. F. und Mitb. gegen Regierungsrat des Kantons Zürich
(staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 22ter BV; Festsetzung von Baulinien für einen Seeuferweg.

    1. Kognition des Bundesgerichtes (E. 2).

    2. Grundsatz der ufernahen Wegführung, allgemeine Anforderungen an
den konkreten Baulinienverlauf, Spielraum der Planungsbehörden (E. 3).

    3. Keine Eigentumsverletzung, wenn es die Baulinien in Anbetracht
des Niveauunterschiedes zwischen Garten und Weg sowie des nötigen
Freiraumes für die Anlage erlauben, eine zumutbare, auch die Privatsphäre
respektierende Wegführung zu realisieren (E. 4).

    4. Eigentumsverletzung,

    - wenn Baulinien bestehende zonenkonforme Gewerbebauten durchschneiden,
das Wegprojekt aber mit einem Steg befriedigend gelöst werden kann
(E. 5a-c);

    - wenn Baulinien für einen Uferweg von 2 bis 3,5 Metern Breite rund
die Hälfte einer grösseren Parzelle belasten, ohne dass die Notwendigkeit
dieser Belastung durch generelle Projektstudien näher belegt ist, und wenn
die Baulinie einer Freihaltezonenfestsetzung gleichkommt (E. 5d und f).

Sachverhalt

    A.- In der Gemeinde Thalwil befinden sich die nachstehenden Grundstücke
folgender Eigentümer:

    - F...............Grundstück........Nr...4490.

    - Erben G.............".............."...4865.

    - B...................".............."...7879.

    - Erben B.........Grundstücke.......Nrn..7551 und 7880.

    Mit Verfügung Nr. 2812 vom 16. August 1988 setzte die Direktion
der öffentlichen Bauten des Kantons Zürich (Baudirektion) auf dem
Gemeindegebiet Thalwil für den Seeuferweg S-61 Baulinien fest. Gegen
diese Verfügung erhoben die vorerwähnten Eigentümer Rekurs an den
Regierungsrat des Kantons Zürich; sie beantragten im wesentlichen, es sei
zumindest insoweit auf die Festsetzung von Baulinien für den Seeuferweg zu
verzichten, als ihre Grundstücke davon betroffen seien, bzw. es seien die
mit der angefochtenen Verfügung festgesetzten Baulinien aufzuheben. Mit
Entscheid Nr. 532 vom 13. Februar 1991 wies der Regierungsrat die
Rekurse ab.

    Am 22. März 1991 erheben F., die Erben G., B. und die Erben B. gegen
diesen Entscheid staatsrechtliche Beschwerde. Sie beantragen die Aufhebung
des angefochtenen Hoheitsaktes und rügen eine Verletzung von Art. 4 und
22ter BV. Das Bundesgericht weist die Beschwerden von F. und der Erben
G. ab und heisst diejenige des B. und der Erben B. gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Die Beschwerdeführer machen eine Verletzung ihrer durch die
Art. 4 und 22ter BV gewährleisteten Rechte geltend. Sie anerkennen,
dass eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Festsetzung der
Baulinien auf ihren Grundstücken vorliegt. Hingegen sind sie der Meinung,
die aus der Baulinie fliessende Eigentumsbeschränkung sei durch kein
genügendes öffentliches Interesse, das ihre privaten Interessen überwiege,
gerechtfertigt. Der Eingriff sei unverhältnismässig, willkürlich und
beruhe zum Teil auf unzutreffenden tatsächlichen Feststellungen.

    Für die verfassungsrechtliche Beurteilung dieser Rügen kommt der
Berufung auf Art. 4 BV gegenüber Art. 22ter BV keine selbständige
Bedeutung zu (BGE 116 Ia 225 E. 1d, bb). Sowohl die den Sachverhalt
betreffenden Einwendungen als auch die Frage der Verhältnismässigkeit des
Eingriffs beurteilt das Bundesgericht bei der Prüfung der Frage, ob die
Baulinienfestsetzung die Eigentumsgarantie verletzt (BGE 115 Ia 359 E. 3;
114 Ia 244 E. 4b).

    b) Ob ausreichende öffentliche Interessen, welche die entgegenstehenden
privaten Interessen überwiegen, die Baulinienfestsetzung rechtfertigen,
prüft das Bundesgericht ohne Beschränkung seiner Kognition umfassend. Doch
auferlegt es sich Zurückhaltung, soweit die Beurteilung von einer
Würdigung der örtlichen Verhältnisse abhängt, welche die kantonalen
Behörden besser kennen und überblicken als das Bundesgericht, und
soweit sich ausgesprochene Ermessensfragen stellen. Dies gilt auch dann,
wenn das Bundesgericht einen Augenschein durchgeführt hat (BGE 117 Ia
431 f. E. 4a mit Hinweis). Diese Zurückhaltung ist nicht nur bei der
Festsetzung und Abgrenzung von Nutzungszonen zu beachten (BGE 117 Ia
431 f. E. 4a), sondern ebensosehr bei der Ziehung von Baulinien für
die Anlegung öffentlicher Strassen und Wege (BGE 103 Ia 42 E. 2 mit
Hinweisen). Das Bundesgericht ist nicht oberste Planungsbehörde. Es hat
nicht sein Ermessen an die Stelle desjenigen der zuständigen kantonalen
Planungsinstanzen zu setzen. Wohl aber hat es umfassend zu prüfen, ob die
für die Rechtfertigung der Eigentumsbeschränkung geforderten öffentlichen
Interessen vollständig ermittelt und mit den entgegenstehenden privaten
Interessen richtig abgewogen wurden und ob die Verhältnismässigkeit
des Eingriffs in Beachtung der allfälligen Enteignungsfolge in dem im
Ausführungsprojekt festzulegenden Ausmass gewahrt ist (BGE 114 Ia 117
E. 3 mit Hinweisen).

    c) Den Sachverhalt betreffende Rügen prüft das Bundesgericht
daraufhin, ob die Vorinstanz diesen in Verletzung der rechtsstaatlichen
Mindestanforderungen offensichtlich unvollständig oder unrichtig, somit
willkürlich, festgestellt hat (BGE 115 Ia 386 E. 3 mit Hinweis). Im
vorliegenden Falle beziehen sich die Einwendungen der Beschwerdeführer zu
den tatsächlichen Verhältnissen auf die Folgerungen, die der Regierungsrat
in bezug auf das Ausmass des Eigentumseingriffs gezogen hat. Die
entsprechende Kritik betrifft die rechtliche Würdigung des Sachverhalts
im Zusammenhang mit der Berücksichtigung und Abwägung der massgebenden
Interessen. Ob der Regierungsrat die zutreffenden Folgerungen gezogen hat,
prüft das Bundesgericht ohne Beschränkung seiner Kognition umfassend.

Erwägung 3

    3.- Für den Ausgang der Sache entscheidend ist die Beantwortung
der Frage, ob die vom Regierungsrat geschützte Baulinienfestsetzung die
Eigentumsgarantie verletzt. Dieser Beurteilung sind folgende allgemeine
Erwägungen zugrunde zu legen:

    a) Sowohl der eidgenössische als auch der kantonale Gesetzgeber
gewichten das Anliegen, Seeufer freizuhalten und den öffentlichen
Zugang und die Begehung zu erleichtern, erheblich. Zu verweisen ist aus
dem Bundesrecht namentlich auf die Art. 3 Abs. 2 lit. c und Art. 17
Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni
1979 (Raumplanungsgesetz, RPG; SR 700) sowie auf die Art. 2 ff. des
Bundesgesetzes über Fuss- und Wanderwege vom 4. Oktober 1985 (FWG; SR
704). Das kantonale Recht sieht speziell in § 18 Abs. 2 lit. i des Gesetzes
über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht vom 7. September 1975
(Planungs- und Baugesetz, PBG) vor, dass See- und Flussufer freigehalten
und der öffentliche Zugang und die Begehung erleichtert werden sollen. Für
die Planung der Fusswege verweist § 30 Abs. 4 lit. d PBG auf den
regionalen Richtplan bzw. Verkehrsplan. Die überörtliche Bedeutung des
Seeuferweges auf der linken Seite des Zürichsees unterstreicht der auch
für die Gemeinde Thalwil massgebende regionale Gesamtplan Zimmerberg,
der vom Regierungsrat im Jahre 1982 genehmigt wurde, mit der Aufnahme des
Seeweges von der Grenze der Stadt Zürich bis zur Kantonsgrenze Schwyz in
die Liste der Fuss- und Wanderwege von regionaler Bedeutung. Im Bericht zu
diesem Gesamtplan gemäss Beschluss des Regierungsrates Nr. 448/1982 wird
zum Seeuferweg festgehalten, dass dieser wo möglich und an den geeigneten
Stellen direkt am Wasser zu führen ist. Ein Ausweichen auf das Trottoir
der Seestrasse soll nur ausnahmsweise und nur für kurze Strecken erfolgen.

    Aus der vom eidgenössischen und kantonalen Gesetzgeber vollzogenen
Wertung und den Folgerungen, welche in der kantonalen und regionalen
Richtplanung hiezu gezogen wurden, ergibt sich eine erste Beantwortung der
Einwendung der Beschwerdeführer, der Fuss- und Wanderweg sei im Bereiche
ihrer Liegenschaften nicht das Seeufer entlang, sondern über die Seestrasse
oder bergseits der Seestrasse entlang den Hängen des Zimmerberges und
über die Bürgerstrasse zu führen. Eine solche Wegführung wird weder den
gesetzlichen noch den behördeverbindlichen richtplanerischen Anordnungen
gerecht. Das Gewicht, das der Gesetzgeber der öffentlichen Zugänglichkeit
der Seeufer zubilligt, gebietet vielmehr eine ufernahe Führung, wo immer
eine solche sinnvoll, möglich und zumutbar ist.

    b) Hinsichtlich der grundeigentümerverbindlichen Baulinienfestsetzung
ist zu beachten, dass gemäss kantonalem Recht die Baulinien der Sicherung
bestehender und geplanter Anlagen und Flächen dienen (§ 96 Abs. 1 PBG). Das
kantonale Recht bezeichnet die für Fuss- und Wanderwege festzusetzenden
Linien ebenfalls als Verkehrsbaulinien; diese können gegebenenfalls
auch begleitende Vorgärten und Grünzüge erfassen (§ 96 Abs. 2 lit. a
PBG). Verkehrsbaulinien dürfen ein öffentliches Interesse an der bestimmten
Gestaltung von Verkehrsräumen und -plätzen wahrnehmen und näher umschreiben
(§ 97 Abs. 2 PBG). Sie sind so festzusetzen, dass sie den Bedürfnissen beim
voraussichtlichen Endausbau der betreffenden Anlagen genügen (§ 98 PBG).

    Für die für jedermann verbindliche Sicherung der in der Richtplanung
vorgesehenen Anlage des Seeuferweges ist ein Ausführungsprojekt noch nicht
erforderlich. Es genügen ausreichend konkretisierte Vorstellungen über die
Wegführung mit Einschluss der im öffentlichen Interesse erforderlichen
Umgebungsgestaltung, wie sie unter anderem in begleitenden Vorgärten,
Grünzügen, Fahrzeugabstellplätzen und Zugängen zum Uferweg ihren
Ausdruck finden. Solche Vorstellungen sind für den Seeuferweg am linken
Zürichseeufer grundsätzlich vorhanden, auch wenn dies nicht für alle hier
umstrittenen Grundstücke direkt zutrifft. Immerhin ergibt sich aus dem
massgebenden Baulinienplan, dass der Seeuferweg ohne die begleitenden
Anlagen jedenfalls auf den Parzellen Nrn. 4490 und 4865 eine Breite von
rund 2 bis 3,5 Metern aufweisen wird. Zwar steht mit der Rechtskraft
der Bau- und Niveaulinien dem Werkträger das Enteignungsrecht zu (§
110 PBG). Doch kann dieses Recht erst ausgeübt werden, wenn das noch
auszuarbeitende Ausführungsprojekt rechtsverbindlich genehmigt ist. Erst
aus diesem ergibt sich das genaue Ausmass der Fläche, die in das Eigentum
des Werkträgers überzuführen ist. Begleitende Anlagen wie Vorgärten und
Grünzüge können nach Massgabe des Ausführungsprojektes im Privateigentum
verbleiben, freilich mit der sich aus der Baulinie ergebenden Belastung. §
110 PBG bringt dies dadurch zum Ausdruck, dass das Enteignungsrecht,
das dem Werkträger zusteht, im Rahmen der Zweckbestimmung der Baulinien
gegeben ist. Es kann daher nur soweit in Anspruch genommen werden, als
das öffentliche Interesse die Abtretung des Landes für die Anlegung
des Weges und die der Allgemeinheit dienenden Anlagen der Umgebung
wie etwa Plätze und Aussichtsanlagen erfordert. Es ist daher zu
prüfen, ob der Linienverlauf und das Mass der mit der Linie belasteten
Fläche zur Sicherung der Ausführungsprojektierung einschliesslich der
Umgebungsgestaltung erforderlich ist. Dabei ist den zuständigen Behörden
auch das nötige Planungsermessen zuzubilligen. Unzulässig ist es jedoch,
Absichten zu verfolgen, die durch den gesetzlichen Zweck der Baulinie
nicht mehr gedeckt sind.

    c) Diese für die Festsetzung von Baulinien für einen Seeuferweg
allgemein gültigen Erwägungen, die sich aus der gesetzlichen Regelung
des Bundesrechts und des kantonalen Rechts ergeben, schliessen nicht aus,
dass die konkrete Linienziehung im Bereiche der betroffenen Grundstücke
daraufhin zu überprüfen ist, ob die geplante Wegführung in Berücksichtigung
der gegebenen Verhältnisse sinnvoll, möglich und zumutbar ist und ob
das Mass der belasteten Fläche nicht weiter geht, als es der Zweck der
Baulinie zu rechtfertigen vermag. Für die Belastung einer zu grossen
Fläche könnte sich die Baulinienziehung nicht mehr auf ein ausreichendes
öffentliches Interesse stützen; auch würde sie insoweit den Grundsatz
der Verhältnismässigkeit verletzen.

Erwägung 4

    4.- Die Beurteilung der konkreten Linienführung auf der Liegenschaft
der Beschwerdeführer führt im Lichte der dargestellten Kognitionsgrundsätze
und allgemeinen Erwägungen zu folgenden Ergebnissen:

    a) Die Parzelle Nr. 4490 des Beschwerdeführers F. ist sowohl
auf ihrer nördlichen, gegen die Liegenschaft Nr. 4599 der Gemeinde
Thalwil gerichteten Seite als auch auf der Seeseite mit einer Baulinie
belastet. Die gegen die Gemeindeliegenschaft, auf der sich das Strandbad
Bürger befindet, gerichtete Baulinie hält entsprechend dem abgewinkelten
Verlauf der Parzellengrenze einen Grenzabstand von 1,5 Metern im Bereich
der rechtskräftigen Baulinie der Seestrasse und von rund 3,5 Metern auf der
Seeseite ein. Sie bezweckt, die Schaffung eines Zugangsweges zum Seeuferweg
zu sichern. Gemäss den Angaben der Vertreter der Gemeinde und des Kantons
anlässlich des Augenscheines soll dieser Weg auf der Gemeindeliegenschaft
angelegt werden, wobei darauf zu achten sei, dass er von allfälligen
baulichen Anlagen auf der Liegenschaft F. einen Abstand von 3,5 Metern
einhalte. Im Blick auf die bestehenden baulichen Verhältnisse ist dieser
Zweck der Baulinie nicht ohne weiteres ersichtlich, da eine höhere Mauer
die Liegenschaft Nr. 4490 vom Gemeindeareal trennt und Schopfbauten an
diese Mauer anschliessen. Der Beschwerdeführer ist daher der Meinung,
die nördliche Baulinie sei sinnlos; allfällige Bauten müssten ohnehin
einen Grenzabstand einhalten.

    Auch wenn die Einwendung des Beschwerdeführers verständlich ist, kann
dennoch nicht gesagt werden, die Baulinie, welche den künftigen Zugangsweg
entlang einen Freihaltestreifen sichern will, sei mit der Eigentumsgarantie
nicht vereinbar. Sie hat kaum eine ins Gewicht fallende Belastung des
Eigentums zur Folge. Sodann ist zu bedenken, dass der geplante Zugangsweg
zu einer Grenzbereinigung und damit zu einer Neugestaltung der heute im
Bereich der Grenze bestehenden baulichen Anlagen führen kann. Die Wahrung
einer solchen, der guten Gestaltung dienenden Möglichkeit wird vom Zweck
der Baulinie gemäss den §§ 96 und 97 PBG erfasst.

    Zu einem schwerer wiegenden Eingriff führt die seeseitige
Baulinie. Sie hält von der gegen den See gerichteten Fassade des
Wohnhauses einen Grenzabstand von etwa 6,5 Metern ein. Die Befürchtung
des Beschwerdeführers, dass der Fussweg zu einer erheblichen Störung des
Privatbereiches führen könnte, ist verständlich. Doch hat der Augenschein
ergeben, dass sich auf der Liegenschaft im Abstand von rund 4,25 Metern
von der Hausfassade eine Ufermauer befindet und der Weg aller Voraussicht
nach in dem an diese Mauer anschliessenden Abschnitt in tieferer Lage
etwas über dem Wasserstand wird angelegt werden können, wie dies der
Vertreter des Zürcher Amtes für Raumplanung erläutert hat. Dank der
vorhandenen Niveauunterschiede darf angenommen werden, dass bei der
Ausführungsprojektierung eine für den Beschwerdeführer zumutbare Lösung
wird gefunden werden können, die dem Gebot der Verhältnismässigkeit nicht
widerspricht. Zu gegebener Zeit wird der Beschwerdeführer die Möglichkeit
erhalten, gegenüber dem Ausführungsprojekt mit Einsprache und allenfalls
Beschwerde seine Rechte zu wahren.

    Die dargestellten tatsächlichen Verhältnisse auf dem Grundstück F.
unterscheiden sich wesentlich von denjenigen auf dem in der Gemeinde
Kilchberg liegenden Grundstück des Beschwerdeführers G., über dessen
staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verkehrsbaulinien ebenfalls
mit heutigem Datum zu entscheiden war. In diesem Fall ergab es sich,
dass aufgrund der im Vergleich zur hier umstrittenen Parzelle wesentlich
grösseren Niveaudifferenz zwischen dem Gartenareal und dem Seespiegel der
von der Baulinie belastete Abschnitt für bauliche Anlagen gar nicht in
Anspruch genommen werden muss. Vielmehr soll dort der Seeuferweg gänzlich
entlang einer hohen Ufermauer so geführt werden, dass ein Einblick vom
Niveau des Weges in die Gartenanlage gänzlich ausgeschlossen ist (BGE
118 Ia 407 E. 4b), was vorliegend nicht ohne weiteres zutrifft.

    Dass im vorliegenden Fall eine Wegführung entlang dem Seeufer
an sich möglich ist, hat der Augenschein bestätigt. Bei dieser
Sachlage kann nicht gesagt werden, die seeseitige Baulinie verstosse
gegen die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Eigentums des
Beschwerdeführers. Die Freifläche, welche die Linie sichert, wird aller
Voraussicht nach nur zum Teil für die Weganlage in Anspruch genommen und
vom Beschwerdeführer abgetreten werden müssen. Die restliche Fläche wird
im Sinne eines den Weg begleitenden Grünzuges Gartenareal verbleiben,
das weiterhin zur Liegenschaft des Beschwerdeführers gehören wird.
Bei dessen Gestaltung wird allerdings darauf zu achten sein, dass der
Zweck der Baulinie respektiert wird, wie dies § 99 PBG vorsieht. Die
staatsrechtliche Beschwerde von F. ist somit als unbegründet abzuweisen.

    b) Keine andere Folgerung ist für die benachbarte Liegenschaft Nr. 4865
der Erben G. zu ziehen. Die Baulinie verläuft im wesentlichen parallel zur
Parzellengrenze in einem Abstand von 10-11 Metern. Sie durchschneidet die
bestehende Gartenanlage mit Einschluss eines Sitzplatzes, der durch eine
Stützmauer abgegrenzt ist. Doch wird - wie der Augenschein bestätigt hat -
der Weg in den tiefer gelegenen Parzellenteil im Bereich einer Böschung
angelegt werden können. Die Beschwerdeführer werden deshalb wohl nicht
genötigt werden, den ganzen durch die Baulinie gesicherten Freiraum an
den Staat abzutreten. Auch wenn nicht auszuschliessen ist, dass der Weg
im unteren Teil der Parzelle ganz oder überwiegend auf heutigem Eigentum
der Beschwerdeführer angelegt wird, so kann doch damit gerechnet werden,
dass jedenfalls der Bereich des heutigen Sitzplatzes nicht angetastet
werden wird. In diesem Bereich dient die Baulinie der Sicherung des
Abstandes allfälliger baulicher Anlagen vom Weg, wobei der betreffende
Freiraum als Gartenanlage weiterhin im Eigentum der Beschwerdeführer wird
bleiben können. Bei dieser Sachlage ist auch die Beschwerde der Erben
G. als unbegründet abzulehnen. Beigefügt sei, dass die Beurteilung des
weiteren Baulinienverlaufs auf den benachbarten Liegenschaften Nrn. 4866
und 4201 zu keinem anderen Ergebnis führt (Urteil des Bundesgerichtes
vom 25. November 1992 i.S. P. und G., E. 4).

Erwägung 5

    5.- a) Die Liegenschaft Nr. 7551 der Erben B. liegt gemäss dem
rechtsgültigen Zonenplan der Gemeinde in der Gewerbezone in empfindlichem
Gebiet, eine Zoneneinteilung, welche die auf beiden Seiten angrenzenden
Einfamilienhauszonen in empfindlichem Gebiet trennt und sich daraus
erklärt, dass die Parzelle weitgehend mit Gewerbebauten überbaut ist.
Der Augenschein hat die Richtigkeit der Darstellung der Beschwerdeführer
hinsichtlich des Verlaufs der Baulinie bestätigt. Gegenüber der
Grenze zur Nachbarliegenschaft Nr. 4201 verläuft die Baulinie in
einem Grenzabstand von rund 5 Metern und dient der Sicherung eines
Zugangsweges zum Seeufer. In Berücksichtigung der parallelen Baulinie
auf dieser Nachbarliegenschaft wird zu diesem Zwecke ein rund 8,5 Meter
breiter Streifen mit einem Bauverbot belegt. Auf der Liegenschaft der
Beschwerdeführer schneidet die Baulinie die bestehenden Gewerbebauten
Assek-Nr. 1671 auf einer Länge von rund 36 Metern und einer variablen
Breite von bis zu 3 Metern an. Die Baulinie folgt anschliessend in
einem Abschnitt von ca. 8 Metern Länge der bestehenden Gebäudefassade.
Rechtwinklig zu ihrem Verlauf schliesst die seeseitige Baulinie an. Sie
hält einen Abstand von ungefähr 9 Metern von der Parzellengrenze ein und
durchschneidet die bestehende zusammengebaute Gebäudegruppe der Fabrik
und des angebauten Magazins. In einem Abstand von 3,5 Metern folgt die
Baulinie alsdann dem Verlauf einer bestehenden privaten Bootshaab,
die den Beschwerdeführern dient. Sie erfasst anschliessend den noch
unüberbauten Teil der Parzelle Nr. 7571, wobei sie eine Fläche von gegen
575 m2 belastet. Von der Parzellengrenze hält sie in diesem Bereich einen
Abstand von 22-25 Metern ein.

    In Berücksichtigung der bestehenden Gewerbebauten und der Einweisung
der gesamten Parzelle in die Gewerbezone stellt der dargelegte Verlauf
der Baulinie eine ausserordentlich schwere Eigentumsbeschränkung dar. Die
Gewerbebauten werden im Falle der Rechtskraft der Baulinie zum grössten
Teil baulinienwidrig. Sie unterliegen dem Änderungsverbot von § 101
PBG. Wann der Seeuferweg in dem in Frage stehenden Abschnitt verwirklicht
werden soll, steht zur Zeit nicht fest. Bauliche Vorkehren, die über
den Gebäudeunterhalt hinausgehen, sind daher gemäss § 101 Abs. 2 PBG
nur zulässig, wenn mit sichernden Nebenbestimmungen zur baurechtlichen
Bewilligung ausgeschlossen wird, dass das Gemeinwesen bei Durchführung
der Baulinie den entstandenen Mehrwert zu entschädigen hat.

    b) Die Vertreter des Staates und der Gemeinde Thalwil rechnen - wie
sich am Augenschein ergeben hat - nicht damit, dass die Erstellung des
Seeuferweges zwingend zum Anlass genommen werden muss, die bestehenden
Gewerbebauten abzubrechen. Hiezu wäre aller Voraussicht nach die
Durchführung eines Enteignungsverfahrens mit den entsprechenden
Entschädigungsfolgen unumgänglich. Die Vertreter des Staates haben
dargelegt, dass die Möglichkeit besteht, den Fussweg im Sinne einer
Steglösung die Mauer des bestehenden Magazingebäudes entlang über dem
Seespiegel zu führen. Im Bereiche der Bootshaab ist eine Wegführung um
die Haab herum denkbar. Mit generellen Projektstudien näher konkretisierte
Vorstellungen liegen hiezu allerdings noch nicht vor.

    Bei dieser Sachlage ist die Einwendung, die Baulinie führe zu einem
verfassungswidrigen Eigentumseingriff, verständlich. Baulinien dürfen
zwar zur Sicherung der künftigen Anlegung von Strassen und Wegen auch
bestehende Bauten, welche das Vorhaben verhindern, anschneiden. Die
Konsequenz der Beseitigung einer Baute, die einer geplanten Strassen-
und Wegführung entgegensteht, muss jedoch unvermeidlich sein. Hiezu
wären zumindest generelle Projektstudien nötig (BGE 103 Ia 44 E. 4b;
118 Ia 379 E. 5e). Im vorliegenden Falle ist die Unvermeidlichkeit des
Abbruchs der bestehenden Gewerbebauten zu verneinen. Kann das Projekt des
Seeuferweges mit einer Steglösung befriedigend gelöst werden, ist der
schwere Eigentumseingriff, zu dem die Baulinien führen, soweit sie die
bestehenden Bauten anschneiden, durch kein ausreichendes öffentliches
Interesse, das die entgegenstehenden privaten Interessen überwiegt,
gedeckt; auch ist der Eingriff als unverhältnismässig zu bezeichnen.

    c) Die Vertreter des Staates und der Gemeinde möchten offenbar
im Hinblick auf die Möglichkeit eines Abbruchs der bestehenden Bauten
und einer Neuüberbauung der Parzelle die Möglichkeit offenhalten, den
Seeuferweg dem Ufer entlang auf heutigem Privatareal zu führen, das an
den Staat abgetreten werden müsste. Sollte zu einem späteren Zeitpunkt
eine Neuüberbauung der Liegenschaft in Erwägung gezogen werden, so wäre
es wohl nicht ausgeschlossen, dass entsprechende planungsrechtliche
Festlegungen getroffen werden, müsste doch bei Abbruch des bestehenden
Magazingebäudes auch der allfällige Steg, auf dem der Weg geführt wird,
beseitigt werden. Bis zur Festsetzung der alsdann erforderlichen Baulinien
könnte einem Bauvorhaben die fehlende planungsrechtliche Baureife im
Sinne der §§ 233 ff. PBG entgegengehalten werden.

    Es ist nicht Aufgabe des Bundesgerichts, die Wege aufzuzeigen, welche
eingeschlagen werden können, um zu gegebener Zeit unter Inanspruchnahme
eines Teiles der Parzelle Nr. 7551 eine befriedigende Wegführung zu
erreichen. Hingegen ist festzustellen, dass in Berücksichtigung des
gegenwärtigen, noch nicht näher konkretisierten Standes der Planung
eines Seeuferweges in dem in Frage stehenden Abschnitt die Belastung
des Grundstückes Nr. 7551 mit den im vorgesehenen Ausmass festgelegten
Baulinien sich durch kein ausreichendes öffentliches Interesse
rechtfertigen lässt und im Hinblick auf die Schaffung baulinienwidriger
Zustände als unverhältnismässig zu bezeichnen ist.

    d) Kein ausreichendes öffentliches Interesse kann auch für die
Belastung einer Fläche von rund 575 m2 des unüberbauten Parzellenteiles
anerkannt werden. Es ist nicht einzusehen, dass für eine seeufernahe
Führung des geplanten Weges eine derart grosse Fläche mit der Baulinie
belastet werden muss. Die Liegenschaft ist bereits mit der rechtsgültigen
Baulinie der Seestrasse belastet. Die heute überbaubare, in der Gewerbezone
liegende Fläche wird bei Ziehung der Seeuferwegbaulinie in dem in Frage
stehenden Abschnitt rund zur Hälfte mit einem Bauverbot belastet. Die
Beschwerdeführer halten zutreffend fest, dass die Notwendigkeit, einen
derart grossen Abschnitt mit der Baulinie zu belasten, im angefochtenen
Entscheid nicht näher begründet wird.

    Diese Feststellung trifft in gleicher Weise für die weitere, den
Erben B. gehörende Parzelle Nr. 7880 zu. Auch diese Liegenschaft, die
nach dem Zonenplan der Gemeinde vollständig in der Einfamilienhauszone in
empfindlichem Gebiet liegt, ist mit der Baulinie der Seestrasse belastet
und wird durch die vom Regierungsrat geschützte Baulinienfestsetzung
in einem Ausmass belastet, dessen Notwendigkeit für die Anlegung des
Seeuferweges mit Einschluss der Umgebungsgestaltung und der Sicherung
eines Freiraumes im Sinne eines begleitenden Grünzuges nicht zu
rechtfertigen ist. Jedenfalls müsste dieses Ausmass mit zumindest
generellen Projektstudien näher konkretisiert werden.

    e) Nach dem Gesagten verletzt die Belastung der Parzellen Nrn. 7551
und 7880 der Erben B. mit den festgesetzten Verkehrsbaulinien für den
Seeuferweg die Eigentumsgarantie. Dementsprechend ist ihre staatsrechtliche
Beschwerde gutzuheissen.

    f) Zu keinem anderen Ergebnis führt die Überprüfung der auf
der Liegenschaft Nr. 7879 von B. festgesetzten Baulinie. Dieses
Grundstück ist vollständig der Einfamilienhauszone in empfindlichem
Gebiet zugewiesen. Auch wenn die gesetzlichen Abstände, welche Bauten
vom Seeufer einhalten müssen, berücksichtigt werden und beachtet wird,
dass ein Teil der Liegenschaft Seeanlageland darstellt, auf dem bauliche
Anlagen nur mit Zustimmung der kantonalen Baudirektion errichtet werden
dürfen, fehlt eine ausreichende Begründung für die Ziehung der Baulinie
in einem Grenzabstand von rund 18 Metern mit einer Vergrösserung bis auf
33 Meter im Bereiche der angrenzenden Bootshaab. Eine Baulinienziehung zur
Sicherung einer Wegführung um diese benachbarte Bucht herum ist zweifellos
zulässig, doch ist nicht zu sehen, weshalb für die Verwirklichung des
Projektes eines Weges von etwa 2-3,5 Metern Breite entlang dem heutigen
Verlauf des Ufers eine Parzellenfläche von gegen 800 m2 mit der Baulinie
belastet werden muss. Ein ausreichendes öffentliches Interesse für
die Belastung einer derart grossen Fläche ist nicht ausgewiesen. Die
Breite des mit der Baulinie belasteten Areales kommt vielmehr der
Festsetzung einer Freihaltezone nahe, wie sie in der Gemeinde Thalwil
auch bei anderen Seeuferabschnitten gegeben ist. Eine durch das Projekt
des Seeuferweges nicht gerechtfertigte Freihaltezonenfestsetzung ist
hingegen durch den gesetzlichen Zweck der Baulinie gemäss § 96 PBG nicht
mehr gedeckt. Demgemäss ist auch die Beschwerde von B. gutzuheissen und
die Baulinienfestsetzung auf Parzelle Nr. 7879 aufzuheben.