Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 117 V 185



117 V 185

22. Urteil vom 10. September 1991 i.S. X gegen Ausgleichskasse des Kantons
Zürich und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich Regeste

    Art. 1 Abs. 3, Art. 45 Abs. 2 lit. g, Art. 55 Abs. 1 und Art.  56 VwVG,
Art. 101 lit. a und Art. 129 Abs. 2 OG, Art. 85 Abs. 2 und Art. 97
Abs. 2 AHVG. Negative Verfügungen sind der aufschiebenden Wirkung nicht
zugänglich; hier bedarf es der Anordnung positiver vorsorglicher Massnahmen
(Erw. 1b). Art. 56 VwVG bietet hiefür eine Grundlage im Bundesrecht,
obwohl dies gemäss der (nicht abschliessenden) Aufzählung in Art. 1 Abs. 3
VwVG nicht ausdrücklich vorgesehen ist (Erw. 1c). Die im Zusammenhang mit
Art. 55 VwVG und Art. 97 Abs. 2 AHVG entwickelten Grundsätze lassen sich
sinngemäss auf Art. 56 VwVG übertragen (Erw. 2b). Anwendungsfall einer
Interessenabwägung (Erw. 2c).

Sachverhalt

    A.- Der als Architekt tätige X wurde von der Ausgleichskasse des
Kantons Zürich mit Verfügung vom 2. Mai 1985 zur Entrichtung seiner
persönlichen Beiträge als Selbständigerwerbender für die Jahre 1984/85
von Fr. 9'381.60 zuzüglich Verwaltungskosten verhalten. Am 7. März
1989 und 29. September 1989 erliess die Ausgleichskasse drei weitere
Verfügungen, mit denen sie X zur Bezahlung von Verzugszinsen für die
Jahre 1981 bis 1985 von Fr. 3'598.45 und zu Beitragszahlungen für die
Jahre 1988/89 von insgesamt Fr. 23'997.60 zuzüglich Verwaltungskosten
verpflichtete. Per Mitte Dezember 1990 belief sich die Schuld von X aus
diesen mittlerweile allesamt in Rechtskraft erwachsenen Verfügungen
noch auf insgesamt Fr. 25'938.90; davon entfielen Fr. 1'299.95 auf
die persönlichen Beiträge für 1985, Fr. 21'040.50 auf diejenigen für
1988/89 sowie Fr. 3'598.45 auf die Verzugszinsen für die Beitragsjahre
1981 bis 1985.

    Am 16. März 1990 beantragte X bei der Ausgleichskasse die Herabsetzung
der Beiträge und den Erlass der Verzugszinsen. Gestützt auf eine Berechnung
der verfügbaren Mittel einerseits und des Notbedarfes anderseits lehnte
die Ausgleichskasse das Beitragsherabsetzungsgesuch ab, während sie
auf den Antrag um Erlass der Verzugszinsen nicht eintrat (Verfügung vom
14. Dezember 1990).

    B.- Mit der hiegegen eingereichten Beschwerde an die
AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich hielt X an seinem Gesuch um
Beitragsherabsetzung und Erlass der Verzugszinsen fest. Ferner verlangte
er nebst anderem, dass seiner Beschwerde die aufschiebende Wirkung
gewährt werde.

    Dieses Begehren wies der Präsident der AHV-Rekurskommission des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 5. Juni 1991 ab.

    C.- X lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, es
sei die Präsidialverfügung aufzuheben und der vorinstanzlichen Beschwerde
aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

    D.- Mit Verfügung vom 22. Juli 1991 hat der Instruktionsrichter
des Eidg. Versicherungsgerichts die Ausgleichskasse des Kantons
Zürich verpflichtet, vorläufig weitere betreibungsrechtliche Schritte
zur Durchsetzung der rechtskräftigen Beitragsforderungen gegen X zu
unterlassen; überdies hat er ihr Gelegenheit zur Vernehmlassung eingeräumt.
Hievon hat die Ausgleichskasse Gebrauch gemacht.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Gemäss Art. 128 OG beurteilt das Eidg.  Versicherungsgericht
letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen
Verfügungen im Sinne von Art. 97 und 98 lit. b-h OG auf dem
Gebiet der Sozialversicherung. Hinsichtlich des Begriffs der mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbaren Verfügungen verweist Art. 97 OG
auf Art. 5 VwVG. Nach Art. 5 Abs. 1 VwVG gelten als Verfügungen Anordnungen
der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes
stützen (und im übrigen noch weitere, nach dem Verfügungsgegenstand näher
umschriebene Voraussetzungen erfüllen). Verfügungen im Sinne dieser
Umschreibung können nach dem Wortlaut des zweiten Absatzes von Art. 5
VwVG auch Zwischenverfügungen sein, insoweit sie den Anforderungen des
vorangehenden ersten Absatzes entsprechen. Hiezu gehören nach der in
Art. 5 Abs. 2 VwVG enthaltenen Verweisung auf Art. 45 VwVG unter anderem
die Verfügungen über vorsorgliche Massnahmen (Art. 45 Abs. 2 lit. g,
Art. 55 und 56 VwVG). Solche Verfügungen sind nach Art. 45 Abs. 1 VwVG nur
dann selbständig anfechtbar, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden
Nachteil bewirken können. Für das letztinstanzliche Beschwerdeverfahren ist
ferner zu beachten, dass gemäss Art. 129 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 101
lit. a OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Zwischenverfügungen
nur zulässig ist, wenn sie auch gegen die Endverfügung offensteht (BGE
116 V 132 Erw. 1 mit Hinweisen).

    b) Mit dem in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuerten
Antrag, es sei der gegen die Kassenverfügung vom 14. Dezember 1990
gerichteten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu gewähren, zielt
der Beschwerdeführer offensichtlich darauf ab, die im Hinblick auf
die Vollstreckung der Beitragsschuld drohende Zwangsverwertung seiner
Liegenschaft wenigstens vorläufig abzuwenden. Anlass hiezu gab ihm die in
der angefochtenen Verfügung enthaltene Verlautbarung der Ausgleichskasse,
wonach das Herabsetzungsverfahren (Art. 11 AHVG) nicht geeignet sei,
den Lauf der Verwirkungsfrist nach Art. 16 Abs. 2 AHVG zu hemmen, und
demzufolge die Eintreibung der Beiträge regelmässig selbst im Falle
eines hängigen Herabsetzungsverfahrens - wenn nötig auf dem Wege der
Zwangsvollstreckung - ohne Verzug vorangetrieben würde. Indes handelt
es sich beim angefochtenen Hoheitsakt, mit dem die Ausgleichskasse das
Gesuch um Herabsetzung der Beiträge und Erlass der Verzugszinsen verworfen
hat, um eine ausschliesslich negative Verfügung, bei der sich die Frage
der aufschiebenden Wirkung von vornherein nicht stellen kann (RSKV 1983
Nr. 528 S. 91 Erw. 3a, 1982 Nr. 472 S. 18 Erw. 2, ZAK 1982 S. 504 Erw. 2,
je mit Hinweisen, bestätigt im unveröffentlichten Urteil S.H. GmbH vom
25. Januar 1991; vgl. BGE 116 Ib 350 Erw. 3c). Mit ihrer ablehnenden
Verfügung hat die Ausgleichskasse nichts angeordnet, was der Vollstreckung
bedürfte und deren Aufschub überhaupt zugänglich wäre. Das Interesse
des Beschwerdeführers richtet sich denn auch gar nicht hierauf. Wie
eingangs dargelegt, geht es ihm vielmehr darum, den Vollstreckungsaufschub
bezüglich der bereits in Rechtskraft erwachsenen Beitragsverfügungen bis
zur endgültigen Beurteilung seines Herabsetzungsgesuchs zu erwirken, mithin
um den richterlichen Eingriff in ein parallel einhergehendes Verfahren. Um
dieses Ziel unter den hier gegebenen Umständen erreichen zu können, hilft
indes die Gewährung der aufschiebenden Wirkung nicht weiter, sondern es
bedarf der Anordnung einer positiven vorsorglichen Massnahme (BGE 116
Ib 350 Erw. 3c; GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 243;
vgl. auch GYGI, Aufschiebende Wirkung und vorsorgliche Massnahmen in der
Verwaltungsrechtspflege, in ZBl 77/1976 S. 4 vor Ziff. 4, S. 9 unten f.,
sowie GRISEL, Traité de droit administratif, 2. Aufl., Bd. 2, S. 923).

    Der Vorinstanz ist diese Problematik nicht entgangen. Obwohl auch
in ihrem Entscheid - wie oft in solchen Fällen (BGE 103 Ib 7, EVGE
1954 S. 28; vgl. SALADIN, Das Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes,
Ziff. 22.23 Abs. 1, S. 208) - ausschliesslich von aufschiebender
Wirkung die Rede ist, hat sie den Antrag des Beschwerdeführers nicht
nur unter diesem Gesichtspunkt geprüft, sondern ihn in seiner ganzen
Tragweite erfasst. Indem sie zur Auffassung gelangt ist, dass für eine
Anweisung an die Ausgleichskasse, von der Anhebung oder Fortsetzung eines
Betreibungsverfahrens bis zur Erledigung des Herabsetzungsverfahrens
abzusehen, keine Notwendigkeit bestünde, hat sie der Sache nach zugleich
über die Anordnung vorsorglicher Massnahmen befunden.

    c) Im vorliegenden Fall stellt sich indes die Frage, ob sich für den
angefochtenen Entscheid eine bundesrechtliche Grundlage finden lässt
oder ob er allenfalls ausschliesslich auf kantonalem Recht beruht und
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde aus diesem Grund unzulässig wäre (BGE
112 V 106; vgl. BGE 116 Ia 266 Erw. 2b).

    In diesem Zusammenhang fällt auf, dass jedenfalls die vom
Bundesgesetzgeber in den Art. 85 Abs. 2 und Art. 97 Abs. 2 AHVG
angelegten Bestimmungen verfahrensrechtlicher Natur nichts enthalten,
was hiefür in Frage kommen könnte. Dennoch wäre es verfehlt, die
Grundlage des angefochtenen Entscheides allein im kantonalen Recht zu
suchen. Das Beispiel des vorliegenden Falles zeigt deutlich, dass sich die
aufschiebende Wirkung, wie sie in Art. 55 VwVG und Art. 97 Abs. 1 AHVG
verankert worden ist, nicht gegenüber jedem Verfügungsgehalt entfalten
kann und es zur Gewährung eines wirksamen einstweiligen Rechtsschutzes
anderweitiger Massnahmen bedarf. Anderseits hat sich die Praxis mitunter
gerade mit dem Mittel der aufschiebenden Wirkung zu helfen gewusst, wenn
das Gesetz die Möglichkeit vorsorglicher Massnahmen nicht kannte (GYGI,
ZBl, aaO, S. 10 f.). In diesem Sinne hängen aufschiebende Wirkung und
vorsorgliche Massnahmen eng zusammen, und es erstaunt nicht, wenn auch
der Bundesgesetzgeber unter dem einen Randtitel "Vorsorgliche Massnahmen"
in Art. 55 f. VwVG nicht nur die aufschiebende Wirkung, sondern mit
Art. 56 VwVG zugleich "Andere Massnahmen" vorgesehen hat (vgl. auch
Art. 45 Abs. 2 lit. g VwVG); danach kann "die Beschwerdeinstanz nach
Einreichung der Beschwerde von Amtes wegen oder auf Begehren einer Partei
andere vorsorgliche Massnahmen ergreifen, um einen tatsächlichen oder
rechtlichen Zustand einstweilen unverändert zu erhalten".

    Besteht demnach aufgrund des öffentlichen Rechts des Bundes die
grundsätzliche Möglichkeit zur Anordnung vorsorglicher Massnahmen, ist
freilich nicht einzusehen, weshalb Art. 56 VwVG nicht auch bezüglich
des vorliegend angefochtenen Präsidialentscheides als bundesrechtliche
Grundlage dienen sollte. Es mag zwar zutreffen, dass die fragliche
Bestimmung gemäss der Aufzählung in Art. 1 Abs. 3 VwVG "auf das Verfahren
letzter kantonaler Instanzen, die gestützt auf öffentliches Recht des
Bundes verfügen", nicht ausdrücklich für anwendbar erklärt wird, doch
ist diese Aufzählung bis heute mehrheitlich nicht als abschliessend
erachtet worden (BGE 96 V 142 Erw. 1; siehe auch BGE 108 Ib 469 Erw. 2c,
106 Ib 116 Erw. 2a, 99 V 64 Erw. 2b sowie SALADIN, aaO, Ziff. 9.263,
S. 48, und GYGI, Verwaltungsrechtspflege und Verwaltungsverfahren im
Bund, 2. Aufl., S. 29, nunmehr in Bundesverwaltungsrechtspflege, aaO,
S. 26, 93; vgl. auch GRISEL, aaO, S. 865). An dieser Sichtweise ist auch
im vorliegenden Fall festzuhalten. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil
die Annahme, es fehle diesbezüglich an einer bundesrechtlichen Grundlage,
eine Gabelung des Rechtsweges mit sich brächte, die sich mit dem nicht
nur für das einzelne Verfahrensstadium, sondern für den Verfahrensablauf
insgesamt geltenden Einfachheitsgebot im Sinne von Art. 85 Abs. 2 lit. a
AHVG nicht vereinbaren liesse (BGE 110 V 61 Erw. 4b).

    d) Die Zulässigkeit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde
hängt im weiteren davon ab, ob dem Beschwerdeführer aus der angefochtenen
Zwischenverfügung ein nicht wieder gutzumachender Nachteil erwachsen
könnte (Art. 128 in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 OG und Art. 5 Abs. 2
sowie Art. 45 Abs. 1, 2 lit. g VwVG). Dieses Erfordernis liegt mit Bezug
auf das Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht erst dann vor,
wenn sich die nachteiligen Folgen des Zwischenentscheides selbst durch
ein für den Beschwerdeführer günstig ausfallendes Endurteil nicht mehr
abwenden liessen. Vielmehr genügt bereits ein als schutzwürdig erachtetes
Interesse, wobei die Rechtsprechung für dessen Beurteilung nicht nur ein
einziges Kriterium gelten lässt (BGE 110 V 355 Erw. 1c, ZAK 1987 S. 478
Erw. 1c, je mit Hinweisen).

    Nachdem seitens der Ausgleichskasse ausgeführt worden ist, sie pflege
die Vollstreckung von Beitragsforderungen selbst im Falle eines hängigen
Herabsetzungs- oder entsprechenden Beschwerdeverfahrens voranzutreiben,
und anderseits der Beschwerdeführer seine missliche finanzielle Situation
glaubhaft dargelegt hat, besteht für diesen tatsächlich die Gefahr eines
nicht behebbaren Nachteils. So lässt sich nicht von der Hand weisen,
dass ein Vorgehen der Ausgleichskasse im dargelegten Sinn, also die
zwangsweise Durchsetzung der Beitragsforderung von rund Fr. 25'000.--,
mit der Zwangsverwertung der hoch belasteten Liegenschaft enden könnte.

    Die Eintretensvoraussetzung des drohenden nicht wieder
gutzumachenden Nachteils ist demnach ebenfalls erfüllt. Auf die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit einzutreten.

Erwägung 2

    2.- a) Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz im wesentlichen vor,
die Hoffnungslosigkeit seiner wirtschaftlichen Situation ebenso wie die
Endgültigkeit der voraussehbaren vollstreckungsrechtlichen Massnahmen
verkannt und sein Interesse an einem Aufschub der Beitragsvollstreckung
unterschätzt zu haben.

    b) Das Eidg. Versicherungsgericht hat in seiner Rechtsprechung zu
Art. 55 VwVG und Art. 97 Abs. 2 AHVG die für den Entzug der aufschiebenden
Wirkung geltenden Grundsätze einlässlich dargestellt (BGE 110 V 45 Erw. 5b,
105 V 268 Erw. 2, je mit Hinweisen). Aufgrund des erläuterten engen
Zusammenhangs zwischen aufschiebender Wirkung und anderen vorsorglichen
Massnahmen im Sinne von Art. 56 VwVG (Erw. 1c hievor) lassen sich diese
Grundsätze sinngemäss auf letztere übertragen. Demnach hat die über
die Anordnung anderer (vorsorglicher) Massnahmen nach Art. 56 VwVG
befindende Behörde ebenfalls zu prüfen, ob die Gründe, die für die
sofortige Vollstreckbarkeit der Verfügung sprechen, gewichtiger sind
als jene, die für die gegenteilige Lösung angeführt werden können. Dabei
steht ihr ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. Im allgemeinen wird sie
ihren Entscheid auf den Sachverhalt stützen, der sich aus den vorhandenen
Akten ergibt, ohne zeitraubende weitere Erhebungen anzustellen. Bei der
Abwägung der Gründe für und gegen die sofortige Vollstreckbarkeit können
auch die Aussichten auf den Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache ins
Gewicht fallen; sie müssen allerdings eindeutig sein. Im übrigen darf
die verfügende Behörde die aufschiebende Wirkung nur entziehen, wenn sie
hiefür überzeugende Gründe geltend machen kann (BGE 110 V 45 Erw. 5b,
105 V 268 Erw. 2, 99 Ib 220 Erw. 5, 98 V 222 Erw. 4).

    c/aa) Die hier streitige Massnahme beschlägt ein Herabsetzungs- und
Erlassverfahren gemäss Art. 11 AHVG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 IVG
und Art. 27 Abs. 3 EOG. Was die Aussichten auf dessen Ausgang anbelangt,
liegen die Verhältnisse in Anbetracht der verworrenen Darstellung der
Vermögensverhältnisse sowie der gesamten Aktenlage nicht derart eindeutig,
dass ihnen bereits im Rahmen der Anordnung vorsorglicher Massnahmen
Rechnung getragen werden könnte.

    bb) Schwieriger verhält es sich hingegen mit der Abwägung der
widerstreitenden Interessen. Einerseits gilt es hier dasjenige der
Verwaltung an der zielstrebigen Vorantreibung des betreibungsrechtlichen
Vollstreckungsverfahrens zu erwähnen, dem vor allem im Hinblick auf die
drohende Vollstreckungsverwirkung (Art. 16 Abs. 2 AHVG, Art. 3 Abs. 2
IVG, Art. 27 Abs. 3 EOG) erhebliches Gewicht zukommt. Dem gegenüber
steht das Interesse des Beschwerdeführers an der Abwendung der drohenden
Zwangsverwertung seines Restvermögens, namentlich seiner Liegenschaft
S., zwecks Deckung von Beitragsforderungen, deren Herabsetzung im
Hauptverfahren gerade streitig ist.

    Den Akten lässt sich entnehmen, dass die Beitragsschulden des
Beschwerdeführers zufolge Ablaufs der dreijährigen Verwirkungsfrist -
gerechnet ab Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Beitragsverfügung
rechtskräftig wurde (Art. 16 Abs. 2 AHVG) - teils bereits erloschen sind,
teils noch längere Zeit geltend gemacht werden können. Ersteres trifft für
die auf das Jahr 1985 entfallenden Beiträge zu, nachdem die entsprechende
Verfügung bereits anfangs Juni 1985 unangefochten in formelle Rechtskraft
erwuchs und das in der folgenden Betreibung gestellte Fortsetzungsbegehren
am 3. Juni 1990 zurückgezogen wurde. Gleiches gilt sodann bezüglich der für
die Jahre 1981 bis 1985 aufgelaufenen Verzugszinsen; obwohl die formelle
Rechtskraft dieser Verfügung erst Mitte November 1989 eingetreten ist,
darf nicht ausser acht gelassen werden, dass keine Verzugszinsen mehr
geltend gemacht werden können, wenn und insoweit eine Beitragsforderung
gemäss Art. 16 Abs. 2 AHVG erloschen ist (BGE 111 V 96 Erw. 5c). Was
hingegen die verbleibende Forderung anbelangt - mithin die für 1988/89
geschuldeten, seit anfangs Juli 1990 rechtskräftigen Beiträge -, wird die
Verwirkungsfolge vorbehältlich Art. 16 Abs. 2 3. Satz AHVG erst per Ende
1993 eintreten, während diejenigen Verzugszinsforderungen, die sich nicht
auf bereits erloschene Beitragsschulden beziehen, Ende 1992 untergehen
werden (ZAK 1982 S. 118 Erw. 3). Aus dieser Sicht muss das Interesse der
Verwaltung am ungesäumten Fortgang der Zwangsvollstreckung, im heutigen
Zeitpunkt, dem entgegengesetzten Anliegen des Beschwerdeführers, seine
Liegenschaft nicht unter den möglicherweise ungünstigeren Umständen einer
Zwangsvollstreckung versilbern zu müssen, wenigstens vorläufig weichen. Es
rechtfertigt sich daher, das in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Sache
nach gestellte Begehren um Erlass vorsorglicher Massnahmen einstweilen
zu bewilligen.

    Es versteht sich indes von selbst, dass damit eine endgültige
Beurteilung der beidseitigen Interessenlage wesensgemäss nicht
stattgefunden hat, sondern sich im weiteren Verlauf eine Neubewertung
aufdrängen könnte. Dies namentlich mit Blick auf das Nahen der
Beitragsverwirkung, aber auch auf ein denkbares vollstreckungsrechtliches
Vorprellen anderer Gläubiger. Gerade dieser zweitgenannte Gesichtspunkt
zeigt die Notwendigkeit, der Ausgleichskasse die Möglichkeit angemessener
Interessenwahrung zu belassen. Der Einleitung der Betreibung kommt
in diesem Zusammenhang insofern grosse Bedeutung zu, als sie zunächst
den Eintritt der Verwirkungsfolge hinauszuzögern vermag (Art. 16 Abs.
2 3. Satz AHVG), ohne dass damit unmittelbare nachteilige Folgen für den
Beschwerdeführer verbunden wären. Zum andern erlangt die Ausgleichskasse
mit der definitiven Rechtsöffnung die Möglichkeit, sich den allfälligen
Pfändungsbegehren weiterer Gläubiger anzuschliessen (Art. 110 SchKG) oder
das Pfändungsbegehren aus eigenem Antrieb zu stellen (Art. 88 SchKG);
der im Gesetz gegebene zeitliche Rahmen des Verfahrensablaufs lässt
dabei ein schonendes, den Verhältnissen angemessenes Vorgehen allemal
zu (Art. 88 Abs. 2 SchKG; vgl. auch Art. 116 Abs. 1 SchKG). Auch diese
Vorkehren können dem Beschwerdeführer zugemutet werden, geht doch damit
noch kein endgültiger Rechtsverlust einher (Art. 101 SchKG; vgl. Art. 19
VZG). Dies ist erst mit der eigentlichen Verwertung der Fall, weshalb
es hier mit einem entsprechenden (vorläufigen) Verbot sein Bewenden
haben kann. Sollte sich die Ausgleichskasse wider Erwarten tatsächlich
genötigt sehen, die Verwertung der (gepfändeten) Liegenschaft schon vor
der rechtskräftigen Erledigung des Herabsetzungsverfahrens zu veranlassen,
hätte sie um Aufhebung dieses Verbots nachzusuchen, und zwar bei derjenigen
Instanz, die in diesem Zeitpunkt mit der Hauptsache befasst ist.

Erwägung 3

    3.- Mit diesem Urteil fällt die instruktionsrichterliche Verfügung
vom 22. Juli 1991 dahin.

Erwägung 4

    4.- (Parteientschädigung)

Entscheid:

        Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid
des Präsidenten der AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich vom 5. Juni
1991 aufgehoben und die Ausgleichskasse des Kantons Zürich verpflichtet,
im Rahmen der Zwangsvollstreckung der rechtskräftigen Beitragsforderungen
von der Stellung des Verwertungsbegehrens vorläufig abzusehen.