Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 117 V 166



117 V 166

19. Auszug aus dem Urteil vom 8. Mai 1991 i.S. B. gegen Pensionskasse
der Micafil AG und Versicherungsgericht des Kantons Zürich Regeste

    Art. 6 und Art. 36 Abs. 1 BVG: Anpassung der Renten an die
Preisentwicklung. Art. 36 BVG stellt eine Mindestvorschrift dar,
die nur für die seit 1. Januar 1985 in Kraft stehende obligatorische
Versicherung der Arbeitnehmer gilt. Für eine aus vorobligatorischer
Vorsorge zugesprochene Invalidenrente besteht von Gesetzes wegen keine
Verpflichtung zur Anpassung an die Preisentwicklung.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Nach dem seit 1. Januar 1985 in Kraft stehenden Art. 36 BVG
werden Hinterlassenen- und Invalidenrenten, nicht aber Altersrenten, deren
Laufzeit 3 Jahre überschritten hat, für Männer bis zum vollendeten 65., für
Frauen bis zum vollendeten 62. Altersjahr nach Anordnung des Bundesrates
der Preisentwicklung angepasst (Abs. 1). Die Vorsorgeeinrichtung hat im
Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten Bestimmungen über die Anpassung der
laufenden Renten in den übrigen Fällen zu erlassen (Abs. 2). Gestützt auf
Art. 36 Abs. 1 BVG hat der Bundesrat am 16. September 1987 die Verordnung
über die Anpassung der laufenden Hinterlassenen- und Invalidenrenten an
die Preisentwicklung, in Kraft seit 1. Januar 1988, erlassen.

    Wie aus Art. 6 BVG hervorgeht, stellt Art. 36 BVG eine
Mindestvorschrift dar, welche einzig für die seit 1. Januar 1985 in
Kraft stehende obligatorische Versicherung der Arbeitnehmer (Art. 2
BVG) massgeblich ist. Art. 49 BVG schränkt die Selbständigkeit der
Vorsorgeeinrichtungen in der weitergehenden Vorsorge (Abs. 1), wozu
praxisgemäss auch die vorobligatorische Vorsorge zählt (BGE 114 V
35 Erw. 1a, 37 Erw. 2a), bezüglich Art. 36 BVG nicht ein (Abs. 2).
Doktrin (RIEMER, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz,
S. 29, N 14 in fine zu § 1) und Verwaltungspraxis (vgl. Mitteilungen des
Bundesamtes für Sozialversicherung [BSV] über die berufliche Vorsorge,
Nr. 5 Rz. 32, Nr. 11 Rz. 61 f. und Nr. 13 Rz. 80) gehen denn auch davon
aus, dass Art. 36 BVG nur für die obligatorische Vorsorge gilt, wogegen im
weitergehenden Bereich der beruflichen Vorsorge von Gesetzes wegen keine
Verpflichtung zur Anpassung der Hinterlassenen- oder Invalidenrenten an
die Preisentwicklung besteht.

Erwägung 3

    3.- a) Wie bereits im vorinstanzlichen Verfahren bringt der
Beschwerdeführer im wesentlichen einzig vor, die auf den 30. November 1983
erfolgte Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Micafil AG sei in
Verletzung der zwingenden arbeitsvertragsrechtlichen Bestimmungen über die
Kündigungsbeschränkung bei Krankheit des Arbeitnehmers erfolgt. Wäre sein
"Arbeitsverhältnis unter anständigen und regulären Bedingungen gekündigt
worden und nicht, wie geschehen, abseits von Recht und Gesetz, so hätte
der Austritt zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich mindestens 2 Monate
später, am 31. Januar 1984 stattgefunden. Dies wiederum hätte unter
Anrechnung einer einjährigen Karenzzeit bedeutet, dass (er) rückwirkend
auf den 1. Februar 1985 invalidisiert worden wäre." Damit will der
Beschwerdeführer geltend machen, dass bei ordnungsgemässer Beendigung
des Arbeitsverhältnisses der von der Pensionskasse übernommene Beginn der
Wartezeit (Art. 29 IVG) später erfolgt und der Rentenanspruch diesfalls
erst 1985 entstanden wäre, somit unter dem Obligatorium gemäss BVG.

    b) Diesen Vorbringen ist zunächst entgegenzuhalten, dass es im Rahmen
der Beurteilung eines vorsorgerechtlichen Anspruches grundsätzlich nicht
Sache des Eidg. Versicherungsgerichts sein kann, von einer durch die
Beteiligten geschaffenen arbeitsvertraglichen Sachlage abzugehen. Statt
dessen gestützt auf irgendwelche behauptete hypothetische Verhältnisse
zu entscheiden, geht jedenfalls dort nicht an, wo der Versicherte,
wie vorliegend, eine arbeitsgerichtliche Beurteilung hätte herbeiführen
können. Ob das Arbeitsverhältnis im Falle einer Klage des Beschwerdeführers
durch das Arbeitsgericht noch verlängert worden wäre, ist im übrigen nach
der Aktenlage fraglich, für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens
indessen in keiner Weise massgeblich. Denn ob eine Invalidenrente
vorobligatorischer Natur sei oder vom BVG-Obligatorium erfasst werde
und insoweit dem Teuerungsausgleich unterliege, beurteilt sich nicht
nach dem Zeitpunkt des Rentenbeginns. Die Annahme eines überhaupt dem
Obligatorium unterstehenden Versicherungsverhältnisses - und folglich
eine darauf beruhende Rentenberechtigung - setzt vielmehr voraus, dass der
Leistungsansprecher tatsächlich nach dem 1. Januar 1985 koordinierten Lohn
gemäss den Bestimmungen des BVG bezogen hat (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung
mit Art. 7 ff. BVG). Dies trifft hier nicht zu. Denn es ist unbestritten,
dass der Beschwerdeführer nach Ende November 1983 für die Firma Micafil
AG nicht mehr als Arbeitnehmer tätig gewesen ist, weshalb er zumindest
im hier streitigen und massgeblichen Verhältnis zur Pensionskasse nie
koordinierten Lohn im Sinne von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 7
ff. BVG bezog. Damit war er bei der Beschwerdegegnerin nie obligatorisch
nach Massgabe des BVG versichert mit der Folge, dass seine ausschliesslich
vorobligatorisch geäufnete Rente kein Altersguthaben umfasst, bezüglich
dessen, zur Invalidenrente umgerechnet (Art. 24 in Verbindung mit Art. 15
BVG), der gesetzliche Teuerungsausgleich nach Art. 36 BVG einzig zum
Tragen käme.

Erwägung 4

    4.- Handelt es sich somit bei der Invalidenrente des Beschwerdeführers
um einen Anspruch aus vorobligatorischer Vorsorge, gibt es keine
gesetzliche (und unbestrittenerweise auch keine reglementarische)
Grundlage, um seinem Antrag auf Indexierung der Rente stattzugeben. Dass
dieses Ergebnis als unbefriedigend erscheint, weil sich der
wirtschaftliche Wert der Invalidenrente zufolge der ansteigenden
Preisentwicklung, trotz der freiwilligen Anpassungen, verringert, gibt
dem Richter nicht die Befugnis, die Vorsorgeeinrichtung zur Indexierung
zu verpflichten. Art. 36 BVG, welcher selber für die verschiedenen
Rentenarten eine unterschiedliche Regelung enthält, zeigt, dass dies
Sache des Gesetzgebers ist (Erw. 3). Der vorinstanzliche Entscheid, mit
welchem das Rechtsbegehren um teuerungsbedingte Erhöhung der Invalidenrente
abgewiesen wurde, lässt sich somit nicht beanstanden.