Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 117 IV 441



117 IV 441

76. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 23. Dezember 1991 i.S. C.
gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste

    Art. 144 StGB; Hehlerei.

    Verheimlichen durch Erschweren des Auffindens gestohlener Bilder
(Vortäuschen blosser Vermittlungsmöglichkeit trotz Besitz) (E. 2).

Sachverhalt

    A.- Am 5. September 1987 wurden aus der Galerie R. in Zürich unter
anderem ein Gemälde von Chagall im Werte von ca. Fr. 500'000.-- sowie
ein Gemälde von Rouault im Wert von ca. Fr. 200'000.-- gestohlen. Die
Täterschaft konnte nicht ermittelt werden. Als Folge dieses Diebstahls
zahlte die Versicherung dem Geschädigten R. einen Betrag von Fr. 700'000.--
aus.

    Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt nach diesem 5. September
übernahm C. von einem Unbekannten die beiden Gemälde. Am 29. Dezember
1987 erklärte er Direktor G. von der Versicherung, im November 1987
seien ihm die beiden Bilder zum Preise von Fr. 300'000.-- offeriert
worden. Direktor G. meinte darauf, dieser Preis erscheine ihm zu hoch,
ein Rückkauf könnte allenfalls zu einem Preis in der Höhe von 10% der
Schadenssumme, also für ca. Fr. 70'000.--, erfolgen. Ausserdem müssten die
Behörden zur ordnungsgemässen Rückgabe der gestohlenen Bilder eingesetzt
werden. C. lehnte ein Einschalten der Behörden ab. In der Folge kam es zu
verschiedenen Verhandlungen, zu welchen auch Rechtsanwalt W. als Berater
von C. beigezogen wurde. Am 14. Januar 1988 unterschrieb Direktor G. ein
Schriftstück mit dem folgenden Wortlaut:

                           AUFTRAG

    Auf der Basis von Hinweisen, die ein Vermittler von ihm unbekannten

    Personen erhalten hat, vereinbaren die Parteien was folgt:

    1.- Die Versicherung übergibt an W. Fr. 300'000.-- zwecks Verwahrung in
   seinem Safe bei der Zürcher Kantonalbank.

    2.- Die Versicherung beauftragt W., die Bilder von Marc Chagall ("Le
   village au soleil") und von Georges Rouault ("Nu à la longue chevelure")
   vom Vermittler entgegenzunehmen und am Montag, 18.1.1988, 14-16 Uhr
   zur fachmännischen Prüfung durch die Versicherung in seiner Kanzlei
   bereitzuhalten.

    3.- Unmittelbar nach der Prüfung der Bilder gemäss Ziff. 2 erklärt die

    Versicherung gegenüber W., ob sie die Bilder entgegennimmt oder
nicht. Die

    Versicherung ist bei ihrem Entscheid vollständig frei.

    4.- Übernimmt die Versicherung die Bilder nicht, ist ihr von W. der

    Betrag von Fr. 300'000.-- innert 24 Stunden zurückzuerstatten.

    5.- Die Versicherung ermächtigt W. unwiderruflich, im Falle der freien
   Übernahme der Bilder durch entsprechende Erklärung der Versicherung,
   zugunsten des Vermittlers über den Betrag von Fr. 300'000.-- frei
   verfügen zu können.

    6.- Werden die Bilder vom Vermittler nicht bis spätestens Montag,

    18.1.1988, 16.00 Uhr, zur Prüfung bei W. zur Verfügung gestellt
und nicht
   von der Versicherung oder der Kriminalpolizei übernommen, so hat W. Fr.

    300'000.-- bis Dienstag, 19.1.1988, 16.00 Uhr an die Versicherung
   zurückzuerstatten.

    7.- Die Versicherung verpflichtet sich im Falle des Erfolgs der

    Abwicklung gemäss Ziff. 1-6, W. nach Zeitaufwand, maximal mit
Fr. 1'000.--
   zu entschädigen; im Falle eines Misserfolges, der weitere Bemühungen
   veranlasst, nach Zeitaufwand."

    Danach wurden W. die verlangten Fr. 300'000.-- übergeben, der den
Betrag umgehend in dem auf seinen Namen lautenden Safe bei der Zürcher
Kantonalbank deponierte. Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt,
spätestens am 15. Januar 1988, übergab C. die gestohlenen Bilder W. in
dessen Anwaltskanzlei. Dieser erteilte in der Folge Rechtsanwalt X. den
Auftrag, den im Safe deponierten Betrag von Fr. 300'000.-- (entgegen
der Vereinbarung) vor Übernahme der Bilder durch die Versicherung
abzuholen, was X. auch tat. Damit verhinderte er, dass die Polizei diesen
Betrag nach Übergabe der Bilder behändigen konnte. Danach zeigte W. in
seiner Anwaltskanzlei Direktor G. und einem Bilderexperten die beiden
gestohlenen Bilder, die von diesem sofort als echt erkannt wurden.
Direktor G. erklärte W., damit sei die Abmachung erfüllt, er könne über
das Geld verfügen, worauf dieser durch X. den Betrag bei der Bank H. auf
ein Konto von C. einzahlen liess.

    B.- Am 16. November 1990 verurteilte das Geschworenengericht des
Kantons Zürich C. wegen Hehlerei zu 18 Monaten Gefängnis mit bedingtem
Strafvollzug. Von der Anklage der Nötigung sprach es ihn frei.

    W. sprach es sowohl von der Anklage der Hehlerei wie auch der
Nötigung frei. Überdies beschloss es die definitive Einziehung eines
beschlagnahmten Bargeldbetrages in Höhe von Fr. 18'000.--. Der bei der
Bank H. beschlagnahmte Betrag von Fr. 300'000.-- wurde einstweilen weiter
beschlagnahmt bis zur rechtskräftigen gerichtlichen oder endgültigen
aussergerichtlichen Erledigung der Schadenersatzforderung der Versicherung
gegen C.

    C.- Das Kassationsgericht des Kantons Zürich ist auf eine von C. gegen
dieses Urteil eingereichte kantonale Nichtigkeitsbeschwerde am 4. Juli
1991 nicht eingetreten.

    D.- C. erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das
angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung
sowie zur Neuregelung der Nebenfolgen an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Die Vorinstanz geht beweismässig davon aus, dass der
Beschwerdeführer die gestohlenen Bilder im Einverständnis mit der
berechtigten Versicherung erworben habe. Deshalb liege darin keine
tatbestandsmässige Hehlereihandlung. Auch in der Übergabe der Bilder an
den Angeklagten W., damit dieser die Bilder im Sinne der Vereinbarung
der Berechtigten zurückerstatten könne, liege keine Hehlerei.

    Die Vorinstanz bejaht jedoch die Erfüllung des Hehlereitatbestandes,
weil der Beschwerdeführer durch Täuschungsmanöver gegenüber der Polizei
den Besitz der gestohlenen Bilder verheimlichte. Er habe nämlich am
14. Januar realisiert, dass er von der Polizei observiert wurde. Zu
diesem Zeitpunkt habe er die Bilder schon übernommen gehabt und in
seinem Keller aufbewahrt. Er habe aber nicht gewollt, dass die Polizei
sie beschlagnahme. Deshalb habe er verschiedene Täuschungsmanöver
unternommen. So habe er von einem Bekannten Fr. 50'000.-- beschafft,
die er dann innerhalb ungefähr einer Stunde bei sieben Bankinstituten
abwechslungsweise in Fünfhunderter- und Tausendernoten umwechselte. Damit
habe er bei der Polizei den Eindruck erwecken wollen, er bereite die
Bilderübernahme vor, sei also noch gar nicht im Besitze der Bilder.
Zu diesem Zweck habe er auch eine Kartonrolle gekauft. In der Folge musste
er die Bilder unbemerkt von der Polizei aus seinem Keller ins Büro von W.
schaffen. Deshalb verbarg er sie im Auto seiner damaligen Freundin,
das sich in der Tiefgarage des Gebäudekomplexes K. befand. Dabei ging
er davon aus, dass die Polizei dieses mit Basler Kontrollschildern
versehene Fahrzeug nicht mit ihm in Zusammenhang bringen würde und er
so ungehindert die Tiefgarage verlassen könne. Weil er bemerkt hatte,
dass die Polizei aus mehreren Fahrzeugen die Strasse im Bereich seiner
Wohnung beobachtete, stellte er bei seiner Rückkehr das Fahrzeug mit den
Bildern nicht mehr in die Tiefgarage, sondern parkierte es andernorts,
von wo er von der Polizei unbemerkt in den Gebäudekomplex und zu seiner
Wohnung gelangen konnte. So gelang es ihm, am folgenden Tag die Bilder
unbemerkt ins Büro von W. zu bringen.

    Zusammenfassend nimmt die Vorinstanz an, dass das Verheimlichen des
Besitzes der Bilder gegenüber der Versicherung strafrechtlich nicht
relevant sei, weil im passiven Verhalten gemäss Rechtsprechung keine
Hehlerei liege. Demgegenüber habe der Beschwerdeführer die Bilder durch
die Täuschungsmanöver gegenüber der Polizei verheimlicht.

    b) Der Beschwerdeführer macht im wesentlichen geltend, er habe
sich so verhalten, wie es die Versicherung als die Berechtigte verlangt
habe. Mit Rücksicht auf die Perpetuierungstheorie könne er deshalb den
Tatbestand der Hehlerei nicht erfüllt haben. Zusätzlich macht er dafür
sachenrechtliche Gründe geltend. Bei dieser Sachlage sei sein Verhalten
gegenüber der Polizei irrelevant.

Erwägung 2

    2.- Die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Hehlerei
ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar ist zutreffend,
dass die Hehlerei ein Vermögensdelikt darstellt, weshalb Handlungen,
die ausschliesslich eine Benachteiligung der polizeilichen Aktivitäten
darstellen, den Hehlereitatbestand nicht erfüllen. Der Beschwerdeführer hat
jedoch durch sein Verhalten das Auffinden der Sache erschwert und damit
Hehlerei in der Form des Verheimlichens begangen, wie die Vorinstanz
zutreffend annimmt. Er hat dabei nicht nur passiv den Besitz an den
Bildern verschwiegen, sondern diesen aktiv verheimlicht. Er kann sich
nicht darauf berufen, dass die Versicherung damit einverstanden gewesen
wäre. Diese ging nämlich davon aus, der Beschwerdeführer sei noch gar
nicht im Besitze der Bilder. Ihr Hauptziel musste sein, die Bilder
unentgeltlich wiederzuerlangen und den Schaden so praktisch auf Null
reduzieren zu können. Hätte sie gewusst, wo sich die Bilder befanden,
hätte sie diese unter Einschaltung der Polizei auch ohne jede Zahlung
zurückerhalten können. Nur für den Fall, dass dieses Hauptziel nicht
realisierbar schien, konnte ihr der vom Beschwerdeführer vorgeschlagene
Weg attraktiv erscheinen. Durch seine Täuschungsmanöver, insbesondere das
Vorspiegeln einer blossen Vermittlungsmöglichkeit, obwohl er bereits im
Besitze der Bilder war, hat der Beschwerdeführer erreicht, dass die Bilder
nicht aufgefunden werden konnten, was die Durchsetzung des Anspruchs
des Opfers der Vortat (bzw. der letztlich geschädigten Versicherung)
auf Wiedererlangung der gesamten entfremdeten Sache (bzw. der gesamten
dafür entrichteten Versicherungssumme) ebenfalls verunmöglichte.