Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 117 IV 170



117 IV 170

34. Urteil des Kassationshofes vom 28. Juni 1991 i.S. B. gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    1. Art. 252 StGB und Art. 23 Abs. 1 al. 1 ANAG; Verhältnis.

    Wer ausschliesslich aus fremdenpolizeilichen Motiven ein falsches
fremdenpolizeiliches Ausweispapier herstellt oder wissentlich gebraucht,
ist einzig nach Art. 23 Abs. 1 al. 1 ANAG und nicht (auch) gemäss Art. 252
StGB zu bestrafen; Art. 252 StGB ist nur dann anwendbar, wenn der Täter
eine Verwendung des Ausweispapiers im nicht-fremdenpolizeilichen Bereich
zumindest in Kauf genommen hat (E. 1 und 2).

    2. Aussergesetzlicher Rechtfertigungsgrund der Wahrung berechtigter
Interessen.

    Wahrung berechtigter Interessen bejaht in einem Fall, in dem
ein Staatenloser ohne Schriften unter Vorweisung eines gefälschten
ausländischen Passes in die Schweiz einreiste, um hier die Eheschliessung
mit einer Schweizerin, der Mutter seiner im Zeitpunkt der Einreise
anderthalbjährigen Tochter, vorzubereiten, nachdem verschiedene
Anstrengungen, die Bewilligung für die Einreise bzw. die erforderlichen
Papiere zu erhalten, erfolglos geblieben waren, bis zur Erreichung dieses
Ziels jedenfalls noch einige Zeit verstrichen wäre und dem Täter die Lage
hoffnungslos schien (E. 3).

Sachverhalt

    A.- Am 9. Februar 1989 reiste B., ein Schriftenloser südafrikanischer
Herkunft, mit dem Zug von Österreich herkommend bei Buchs/SG in die
Schweiz ein. Er wies sich gegenüber den schweizerischen Zollbeamten mangels
gültiger Ausweisschriften und in Kenntnis des Umstandes, dass eine Einreise
ohne entsprechende Dokumente erheblich erschwert oder verunmöglicht
sein könnte, mit einem von ihm zuvor in Athen gekauften gefälschten,
auf seinen Namen lautenden uruguayanischen Reisepass aus. Kurz nach dem
Grenzübertritt warf er den Pass im Zug zwischen Buchs und Zürich in die
Toilette. Mit Schreiben vom 21. Februar 1989 an die Fremdenpolizei des
Kantons Zürich reichte die Rechtsanwältin von B. für diesen ein Gesuch
um Aufenthaltsbewilligung für schriftenlose Ausländer bzw. um vorläufige
Aufnahme in der Schweiz ein. Sie hatte sich schon zuvor mit verschiedenen
Amtsstellen zwecks Klärung des Problems in Verbindung gesetzt. B. wollte
die schweizerische Staatsangehörige H., die Mutter seiner am 25. August
1987 geborenen Tochter, heiraten.

    B.- Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichts Zürich sprach
B. am 21. Juli 1989 von der Anschuldigung der Fälschung von Ausweisen
(Art. 252 StGB) und der Widerhandlung im Sinne von Art. 23 Abs. 1 al. 4
ANAG frei. Die II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich
sprach B. in Gutheissung der Berufung der Staatsanwaltschaft am 23.
Februar 1990 der Fälschung von Ausweisen im Sinne von Art. 252 Ziff. 1
Abs. 2 StGB und des Vergehens im Sinne von Art. 23 Abs. 1 al. 4 ANAG
schuldig und bestrafte ihn mit 7 Tagen Gefängnis, bedingt vollziehbar
bei einer Probezeit von 2 Jahren.

    C.- Der Verurteilte führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde
mit den Anträgen, der Entscheid des Zürcher Obergerichts sei aufzuheben
und die Sache zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen,
eventuell sei die Sache zu seiner Schuldigsprechung wegen Widerhandlung
im Sinne von Art. 23 Abs. 1 al. 1 und 4 ANAG und zu seiner Bestrafung
mit einer Busse im Sinne von Art. 23 Abs. 1 al. 6 letzter Halbsatz ANAG
an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich hat auf Gegenbemerkungen
verzichtet.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Gemäss Art. 252 Ziff. 1 Abs. 2 StGB wird mit Gefängnis oder
mit Busse bestraft, wer in der Absicht, sich oder einem andern
das Fortkommen zu erleichtern, von einem Dritten gefälschte oder
verfälschte Ausweisschriften usw. zur Täuschung gebraucht. Nach Art. 23
Abs. 1 ANAG wird mit Gefängnis bis zu 6 Monaten bestraft, wer falsche
fremdenpolizeiliche Ausweispapiere herstellt oder echte verfälscht,
und wer solche wissentlich gebraucht oder verschafft (al. 1), sowie wer
rechtswidrig das Land betritt oder darin verweilt (al. 4).

    Die Vorinstanz vertritt unter Berufung auf BGE 99 IV 125 und auf
einen Entscheid des Zürcher Obergerichts (ZR 63 Nr. 17) die Auffassung,
dass Art. 252 StGB dem Art. 23 ANAG vorgehe, "sofern der Täter ausser
fremdenpolizeilichen Motiven auch die Absicht hat, sich das Fortkommen
zu erleichtern". Sie hält unter Hinweis auf bundesgerichtliche Entscheide
fest, unter Erleichterung des Fortkommens im Sinne von Art. 252 StGB sei
jede Verbesserung der persönlichen Lage zu verstehen (BGE 98 IV 59);
dazu gehöre insbesondere auch die Ermöglichung oder Erleichterung des
Grenzübertritts (BGE 81 IV 34). Sie führt weiter aus, dass das in Art. 252
StGB enthaltene Tatbestandselement der Erleichterung des Fortkommens in
Art. 23 Abs. 1 ANAG völlig fehle; daher könne sich die Frage, ob Art. 23
Abs. 1 ANAG gegenüber Art. 252 StGB "eine Spezialnorm mit Vorrang" sei,
gar nicht stellen; denn von einer Spezialnorm könne nur dann die Rede sein,
wenn sie auch sämtliche Elemente der Generalnorm enthalte.

    Der Beschwerdeführer anerkennt, dass er den Tatbestand von
Art. 23 Abs. 1 al. 4 ANAG erfüllte, indem er ohne gültigen Ausweis die
Schweiz betrat und darin verweilte. Er macht geltend, er könne wegen des
Gebrauchs des in Athen gekauften gefälschten uruguayanischen Passes beim
Grenzübertritt aber nicht gemäss Art. 252 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, sondern
nur nach Art. 23 Abs. 1 al. 1 ANAG verurteilt werden. Zur Begründung
führt er aus, Art. 23 Abs. 1 al. 1 ANAG habe als Spezialnorm Vorrang
vor dem allgemeineren Art. 252 StGB, wenn der gefälschte Ausweis, wie
dies vorliegend der Fall sei, einzig und allein aus fremdenpolizeilichen
Motiven, nämlich zur Ermöglichung bzw. Erleichterung des Grenzübertritts
verwendet worden sei. Wollte man den Täter, der zum rechtswidrigen
Betreten der Schweiz gefälschte Ausweispapiere verwendet, nach Art. 252
StGB bestrafen, dann würde sich die Spezialnorm von Art. 23 Abs. 1 al.
1 ANAG erübrigen. Der Gesetzgeber habe indessen auf eine Streichung
der Tatbestandsvariante des Gebrauchs gefälschter fremdenpolizeilicher
Ausweispapiere nach dem Inkrafttreten des StGB verzichtet, obschon er
dazu anlässlich der zahlreichen Revisionen des ANAG oft genug Gelegenheit
gehabt hätte. Nach den weiteren Ausführungen in der Beschwerde ist für
die Abgrenzung des Anwendungsbereichs von Art. 252 StGB und von Art. 23
Abs. 1 al. 1 ANAG, gleich wie für das Verhältnis etwa zwischen Art. 251
StGB und dem Fiskalstrafrecht, entscheidend, mit welcher Absicht der
Beschwerdeführer gehandelt hat.

Erwägung 2

    2.- a) Der Kassationshof hat sich schon verschiedentlich mit den Fragen
des Verhältnisses zwischen den Strafbestimmungen des StGB einerseits und
nebenstrafrechtlichen Spezialnormen anderseits befasst, so etwa in den
Bereichen des Urkundenstrafrechts (BGE 108 IV 31/32, 180; 117 IV 182 E. 1
und des Betrugs (BGE 110 IV 24 ff., 112 IV 19 ff.; 117 IV 156 E. 5). Er hat
in BGE 108 IV 27 ff. in Änderung seiner früheren Rechtsprechung erkannt,
dass derjenige, welcher mit einem Urkundenfälschungsdelikt ausschliesslich
Steuervorschriften umgehen will und eine - objektiv mögliche - Verwendung
des Dokuments im nicht-fiskalischen Bereich auch nicht in Kauf nimmt,
nur nach dem Steuerstrafrecht zu verurteilen sei. Weder die objektive
Möglichkeit der Verwendung der zwecks Steuerhinterziehung gefälschten
Urkunde im nicht-fiskalischen Bereich (vgl. dazu 103 IV 36 ff.),
noch das Wissen des Täters um diese objektive Möglichkeit (so BGE 106
IV 38 ff.) reichen nach dem zitierten Entscheid für die Anwendung von
Art. 251 StGB aus; Art. 251 StGB ist nur dann neben den in Betracht
fallenden Bestimmungen des Steuerstrafrechts anwendbar, wenn der Täter
eine Verwendung der Urkunde im nicht-fiskalischen Bereich beabsichtigt
oder zumindest in Kauf nimmt. Der Kassationshof hat im Urteil vom 7. Juni
1991 (BGE 117 IV 182 E. 1) entschieden, dass diese zu Art. 251 StGB
entwickelten Kriterien grundsätzlich auch für die Erschleichung einer
falschen Beurkundung in Sinne von Art. 253 StGB Gültigkeit haben.

    b) Diese Grundsätze betreffend die Abgrenzung der Anwendungsbereiche
von Art. 251 und 253 StGB einerseits und nebenstrafrechtlichen
Spezialnormen anderseits müssen entsprechend auch für das Verhältnis
zwischen Art. 252 StGB und Art. 23 Abs. 1 al. 1 ANAG gelten. Die
Fälschung oder Verfälschung eines fremdenpolizeilichen Ausweispapiers ist
demzufolge einzig gemäss Art. 23 Abs. 1 al. 1 ANAG und nicht (auch) gemäss
Art. 252 Ziff. 1 StGB zu bestrafen, wenn der Täter ausschliesslich aus
fremdenpolizeilichen Motiven gehandelt und eine Verwendung des gefälschten
Ausweises im nicht-fremdenpolizeilichen Bereich nicht zumindest in Kauf
genommen hat. Ob der Fälscher oder Verfälscher, der eine anderweitige
Verwendung des fremdenpolizeilichen Ausweispapiers in Kauf genommen
hat, nach Art. 23 Abs. 1 al. 1 ANAG und nach Art. 252 Ziff. 1 StGB
(in Idealkonkurrenz) oder aber einzig nach Art. 252 StGB zu bestrafen
sei, kann hier dahingestellt bleiben. Der Gebrauch eines gefälschten
fremdenpolizeilichen Ausweispapiers ausschliesslich zu fremdenpolizeilichen
Zwecken ist einzig nach Art. 23 Abs. 1 al. 1 ANAG und nicht (auch) nach
Art. 252 StGB strafbar. Die Frage, ob der Täter, der den Ausweis nicht
selber auch gefälscht oder verfälscht hat, im Zeitpunkt des ausschliesslich
fremdenpolizeilich motivierten Gebrauchs des Dokuments dessen anderweitige
Verwendung in der Zukunft zumindest in Kauf genommen habe, stellt sich
nicht, da ja nur der tatsächliche Gebrauch des Dokuments als solcher und
nicht schon der Besitz des Ausweises zum späteren Gebrauch nach Art. 23
Abs. 1 ANAG bzw. nach Art. 252 StGB strafbar sein kann.

    Wohl ist nach den insoweit zutreffenden Ausführungen im angefochtenen
Urteil die Ermöglichung bzw. Erleichterung des rechtswidrigen
Grenzübertritts unter Verwendung eines gefälschten fremdenpolizeilichen
Ausweispapiers als Erleichterung des Fortkommens im Sinne von Art. 252
StGB zu qualifizieren (vgl. auch BGE 81 IV 34); das bedeutet aber
nicht ohne weiteres, dass der Täter nach Art. 252 StGB zu bestrafen
sei, sondern es bedeutet nur, dass sich eben die Konkurrenzfrage
stellt. Allerdings ist nicht zu übersehen, dass Art. 23 Abs. 1 al. 1
ANAG im Unterschied zu Art. 252 StGB nicht ausdrücklich eine bestimmte
Absicht des Täters voraussetzt, und ist Art. 252 StGB nach seinem Wortlaut
somit insoweit enger als Art. 23 Abs. 1 al. 1 ANAG. Das ist indessen
entgegen den Andeutungen im angefochtenen Urteil nicht entscheidend. Jedes
vorsätzliche menschliche Verhalten ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung
zweckgerichtet. Das gilt insbesondere auch für den vorsätzlichen Gebrauch
eines falschen fremdenpolizeilichen Ausweispapiers; eine solche Tat
kann gar nicht absichtslos verübt werden. Die in Art. 23 Abs. 1 al. 1
ANAG implizite vorausgesetzte Absicht der Umgehung fremdenpolizeilicher
Vorschriften ist enger als die in Art. 252 StGB vorausgesetzte Absicht
der Erleichterung des Fortkommens. Wenn der Täter einen von einem
Dritten gefälschten oder verfälschten ausländischen Pass, der unstreitig
ein fremdenpolizeiliches Ausweispapier ist (vgl. BGE 99 IV 125 E. 2),
ausschliesslich aus fremdenpolizeilichen Motiven, also nicht zugleich
auch zu andern Zwecken gebraucht, dann kann er nur gemäss Art. 23 Abs.
1 al. 1 ANAG, der das ganze Unrecht dieser Tat erfasst, bestraft werden. Ob
diese sich aus der gesetzlichen Regelung ergebende Privilegierung des
ausschliesslich aus fremdenpolizeilichen Motiven handelnden Täters
(Höchststrafe 6 Monate statt 3 Jahre Gefängnis) sachlich gerechtfertigt
sei, hat der Richter nicht zu beurteilen. Vielmehr muss er Art. 23 Abs. 1
al. 1 ANAG, der insoweit lex specialis gegenüber Art. 252 StGB ist,
anwenden, solange diese Vorschrift besteht, zumal Art. 23 Abs. 1 al. 1
ANAG für den Täter günstiger als Art. 252 StGB ist. Zwar ist das StGB
und damit dessen Art. 252 nach dem ANAG in Kraft getreten (vgl. dazu BGE
99 IV 126). Dennoch kann Art. 23 Abs. 1 al. 1 ANAG insoweit, als er sich
mit Art. 252 StGB deckt, entgegen der Meinung einzelner Autoren (HAFTER,
Strafrecht Besonderer Teil, S. 608, LOGOZ, Commentaire, art. 252 CP,
note 2) nicht als aufgehoben gelten. Denn der Gesetzgeber hat anlässlich
der Teilrevision des ANAG durch Bundesgesetz vom 8. Oktober 1948, in
Kraft seit 21. März 1949, die auch Art. 23 ANAG berührte, die schon im
Gesetz vom 26. März 1931 enthaltene Tatbestandsvariante der Fälschung und
Verfälschung fremdenpolizeilicher Ausweispapiere und des wissentlichen
Gebrauchs solcher Papiere (vgl. AS 1933 279 ff., 286) unverändert belassen.

    c) Der Beschwerdeführer brauchte den auf seinen Namen lautenden
gefälschten uruguayanischen Pass, den er in Athen gekauft hatte,
einzig zum Zweck des Grenzübertritts in die Schweiz. Er verfügte als
Staatenloser über keine Ausweispapiere. Er hatte sich durch verschiedene
Vorkehrungen während einiger Zeit um gültige Ausweispapiere, die ihm
das Betreten der Schweiz erlaubten, bemüht. Als dies ohne Erfolg blieb,
beschaffte er sich den fraglichen Pass, um mit diesem Dokument in die
Schweiz einzureisen. Gemäss seinen eigenen Angaben, auf welche die erste
Instanz in Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" abstellte und
welche im angefochtenen Entscheid nicht widerlegt werden, warf er den
Pass unmittelbar nach dem Grenzübertritt im Zug in eine Toilette. Seine
Rechtsanwältin kontaktierte verschiedene Behörden zwecks Regelung
seiner Anwesenheit. Der Beschwerdeführer hat damit den gefälschten
uruguayanischen Pass offensichtlich einzig aus fremdenpolizeilichen
Motiven, nämlich zum Zweck der Umgehung der für den Grenzübertritt
geltenden fremdenpolizeilichen Vorschriften, gebraucht. Die Vorinstanz
legt mit keinem Wort dar und es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern
der Gebrauch des fraglichen Ausweispapiers unter diesen Umständen
nicht ausschliesslich aus fremdenpolizeilichen Gründen erfolgt sei;
sie stellt auch nicht fest und nichts deutet darauf hin, dass der
Beschwerdeführer das gefälschte Dokument in der Schweiz auch noch zu
andern Zwecken gebraucht habe. Dass die Ermöglichung bzw. Erleichterung
des Grenzübertritts mittels des gefälschten Passes unter Umgehung der
relativ strengen fremdenpolizeilichen Vorschriften nach der insoweit
zutreffenden Auffassung der Vorinstanz als Erleichterung des Fortkommens
im Sinne von Art. 252 StGB qualifiziert werden kann, ändert nichts
daran, dass der Beschwerdeführer das fragliche Dokument in der Schweiz
ausschliesslich aus fremdenpolizeilichen Motiven, nämlich zur Umgehung
der fremdenpolizeilichen Vorschriften bei der Einreise in die Schweiz,
verwendet hat.

    Die Verurteilung des Beschwerdeführers gemäss Art. 252 StGB verletzt
demnach Bundesrecht. Der Beschwerdeführer machte sich dadurch, dass er
beim Grenzübertritt von Österreich in die Schweiz den schweizerischen
Zollbeamten einen gefälschten Pass vorwies, nicht des täuschenden Gebrauchs
einer gefälschten Ausweisschrift im Sinne von Art. 252 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
schuldig, sondern erfüllte den Tatbestand des Gebrauchs eines gefälschten
fremdenpolizeilichen Ausweispapiers im Sinne von Art. 23 Abs. 1 al. 1
ANAG. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist daher in diesem Punkt gutzuheissen.

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer beruft sich wie bereits im kantonalen
Verfahren auf den aussergesetzlichen Rechtfertigungsgrund der Wahrung
berechtigter Interessen. Die Vorinstanz hat im Unterschied zur ersten
Instanz diesen Rechtfertigungsgrund vorliegend als nicht gegeben erachtet.

    a) Der Beschwerdeführer ist am 1. Februar 1957 in Johannesburg
(Südafrika) als Sohn einer ägyptischen Mutter und eines englischen Vaters
geboren worden. Die Mutter starb bei seiner Geburt. Bis zu seinem
9. Lebensjahr wuchs er bei seinem Vater in Südafrika auf. Als dieser
starb, wurde der Beschwerdeführer von einem Bekannten nach Kairo in eine
Pflegefamilie gebracht, die für die Betreuung bis zu seinem 19. Lebensjahr
Geld erhielt. Der Beschwerdeführer ist Staatenloser und verfügte im
Zeitpunkt der inkriminierten Taten über keinerlei Ausweispapiere. Er lernte
im September 1985 in Griechenland die Schweizer Staatsangehörige H. kennen
und lebte dort mit ihr zusammen. H. wurde gegen Ende 1986 schwanger; im
6. Monat ihrer Schwangerschaft beschloss sie, für die Geburt des Kindes
in die Schweiz zurückzukehren, mit der Überlegung, dass sie für den Fall,
dass sie in eine Notlage geraten würde, nur hier Sozialhilfe erhielte. Am
25. August 1987 gebar sie eine Tochter. Der Beschwerdeführer ist der Vater
dieses Kindes; seine Vaterschaft wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts
Zürich vom 23. Juni 1988 infolge Anerkennung festgestellt, und der
Beschwerdeführer wurde zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von Fr. 500.--
an das Kind verpflichtet. H. bemühte sich seit ihrer Rückkehr in die
Schweiz darum, dem Beschwerdeführer, der sich weiterhin in Griechenland
aufhielt und weder Ausweispapiere noch eine Arbeitsbewilligung besass,
eine legale Einreise in die Schweiz zu ermöglichen und hier die Heirat
vorzubereiten. Von den Behörden erhielt sie den Bescheid, dass eine
Heirat in der Schweiz nur möglich sei, wenn sich der Bräutigam in
der Schweiz aufhalte; eine Einreise für einen Mann ohne Papiere werde
jedoch nicht bewilligt, selbst wenn er der Vater eines in der Schweiz
lebenden Kindes einer Schweizerin sei. Ein Gesuch des Beschwerdeführers
um Bewilligung der Einreise zur Vorbereitung der Heirat mit H. wurde
von der Fremdenpolizei des Kantons Zürich mit Verfügung vom 19. Oktober
1987 abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Gesuchsteller
nicht über ein gültiges Ausweispapier verfüge; dass die Voraussetzungen
zur Erteilung der gewünschten Einreisebewilligung zwecks Vorbereitung
der Heirat nicht erfüllt seien; dass die kantonale Verkündbewilligung
nicht vorliege und somit nicht feststehe, dass eine Heirat möglich sei;
dass zudem der Nachweis über ausreichende finanzielle Mittel nicht erbracht
sei. H. reichte im November 1988 bei der südafrikanischen Botschaft in Bern
für den Beschwerdeführer ein Passgesuch ein; die Anwältin von H. erhielt
im Frühling 1989 von einer Angestellten der Botschaft auf Anfrage hin die
Auskunft, dass es bis zur Behandlung des Gesuchs noch mindestens ein Jahr
dauern würde. Das englische Generalkonsulat in Zürich, welches um Hilfe bei
der Suche nach Verwandten des Beschwerdeführers angegangen wurde, verwies
diesen an die südafrikanische Botschaft in London. Der Beschwerdeführer
hatte seinerseits schon zu Beginn der 80er Jahre auf verschiedenen Wegen
versucht, Informationen über seine Herkunft zu erhalten.

    b) Der aussergesetzliche Rechtfertigungsgrund der Wahrung berechtigter
Interessen ist gegeben, wenn die Tat ein zur Erreichung des berechtigten
Ziels notwendiges und angemessenes Mittel ist, sie insoweit den einzig
möglichen Weg darstellt und offenkundig weniger schwer wiegt als die
Interessen, die der Täter zu wahren sucht (BGE 113 IV 7 mit Hinweisen;
STRATENWERTH, Strafrecht Allgemeiner Teil I, § 10 N 76).

    Wie dieser Rechtfertigungsgrund im Einzelfall zu konkretisieren ist,
hängt unter anderem davon ab, wie weit man den Rechtfertigungsgrund des
Notstandes, insbesondere das Erfordernis der unmittelbaren, nicht anders
abwendbaren Gefahr, versteht.

    In BGE 113 IV 7 wurde die Rechtfertigung für das Verhalten eines
Motorradfahrers, der als offizieller Begleiter für die Sicherheit der
Teilnehmer eines Radrennens zu sorgen hatte und dabei namentlich die
zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritt, bejaht, soweit dies zur
Erfüllung seines Auftrages geboten war.

    In einem unveröffentlichten Urteil vom 22. August 1990 hat der
Kassationshof angenommen, dass sich ein Mieter nicht unter Rückgriff
auf den Rechtfertigungsgrund der Wahrung berechtigter Interessen gegen
seine Exmission wehren könne. Denn die Lösung des Interessenkonflikts
zwischen dem Mieter und dem Vermieter ergebe sich in erster Linie aus
dem Mietrecht (Art. 253 OR). Hier fänden sich sowohl die materiellen
Grundsätze als auch die verfahrensrechtlichen Prinzipien, nach denen
der Konflikt zu lösen ist. Wenn es in Anwendung dieser Regeln in einem
rechtsstaatlichen Verfahren zu einem rechtskräftigen vollstreckbaren
richterlichen Ausweisungsbefehl gekommen sei, der Interessenkonflikt
also zu Gunsten des Vermieters entschieden und damit das vom Mieter
behauptete Recht rechtskräftig verneint worden sei, könne sich der Mieter
zur Durchsetzung bzw. Verteidigung seines behaupteten Rechts nicht auf
die Wahrung berechtigter Interessen berufen. Ein Rechtfertigungsgrund
könnte höchstens dann in Erwägung gezogen werden, wenn sich nach dem
rechtskräftigen Abschluss des Exmissionsverfahrens wesentliche Umstände
verändert hätten. Die Leistung von Widerstand könne unter Umständen
angesichts der Art und Weise und insbesondere des Zeitpunkts des Vollzugs
der Ausweisungsverfügung gerechtfertigt sein, also etwa dann, wenn der
Mieter zum Zeitpunkt des Vollzugs schwer erkrankt ist.

    c) Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten - Gebrauch eines
gefälschten uruguayanischen Passes einzig beim Grenzübertritt sowie
kurzfristiger unberechtigter Aufenthalt in der Schweiz - erscheinen nicht
als gravierend. Der Beschwerdeführer verfolgte das Ziel, die in der Schweiz
lebende Mutter seiner Tochter, die Schweizerin ist, zu heiraten und dem
im Zeitpunkt der inkriminierten Taten schon anderthalbjährigen Kind den
Vater als Bezugsperson zu verschaffen. Dieses Ziel ist, wie sich aus
den Wertentscheidungen der Rechtsordnung (Art. 8 und 12 EMRK) ergibt,
offensichtlich wesentlich höherwertig als das staatliche Interesse an
der Beachtung von fremdenpolizeilichen Verwaltungsvorschriften, deren
Verletzung mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Busse bestraft
wird. Erste Voraussetzung zur Erreichung des angestrebten Ziels war die
Anwesenheit des Beschwerdeführers in der Schweiz.

    Allerdings stellt sich die Frage, ob die inkriminierten Taten als
notwendiges, angemessenes und einzig mögliches Mittel zur Erreichung
des angestrebten Ziels betrachtet werden können. Der Beschwerdeführer
und insbesondere seine Freundin H. hatten sich während längerer Zeit
durch eine ganze Reihe von Vorkehrungen um Papiere bemüht, welche
dem Beschwerdeführer die legale Einreise in die Schweiz ermöglichen
sollten. Alle diese Bemühungen waren erfolglos. Sie wären vielleicht
erfolgreich gewesen, wenn der Beschwerdeführer bzw. seine Freundin,
die lange Zeit nicht anwaltlich vertreten waren, die Gesuche unter
rechtskundiger Beratung gestellt hätten. Auch kann nicht ohne weiteres
gesagt werden, dass das Ziel der Einreise in die Schweiz auf legalem
Wege unmöglich zu erreichen war (vgl. dazu auch Art. 2 Abs. 9 ANAV sowie
die Verordnung über Reisepapiere für schriftenlose Ausländer, SR 143.5).
Es ist indessen zu beachten, dass die Realisierung dieses Ziels auf legalem
Wege einige Zeit in Anspruch genommen hätte. Der Zeitfaktor spielte aber
gerade vorliegend eine wesentliche Rolle, wo es darum ging, endlich die
Familie zu vereinigen. Der Rechtfertigungsgrund der Wahrung berechtigter
Interessen kann in einem Fall der vorliegenden Art, in dem der Zeitfaktor
eine grosse Rolle spielte, auch dann bejaht werden, wenn das angestrebte,
hochwertige Ziel innert vernünftiger Frist auf legalem Wege nicht erreicht
werden kann. Davon ist vorliegend auszugehen. Dafür spricht unter anderem,
dass die Behörden nicht in der Lage waren, dem Beschwerdeführer während der
vergleichsweise langen Zeit seit der Geburt der Tochter die Einreise in die
Schweiz unter anderem zur Vorbereitung der Heirat mit H. zu ermöglichen.

    Das Vorliegen des aussergesetzlichen Rechtfertigungsgrundes der Wahrung
berechtigter Interessen kann entgegen der Auffassung der Vorinstanz auch
nicht mit den - im übrigen weitgehend spekulativen - Erwägungen verneint
werden, dass es H. notfalls möglich und zumutbar gewesen wäre, für die
Dauer des gegebenenfalls langen Verfahrens betreffend die Beschaffung der
für die Einreise des Beschwerdeführers in die Schweiz erforderlichen
Papiere nach Griechenland zum Beschwerdeführer zurückzukehren und
eventuell sogar zu versuchen, dort die Ehe zu schliessen. Denn wenn es
um die Beurteilung des Beschwerdeführers geht, ist es unzulässig, auf
die Möglichkeit abzustellen, dass eine andere Person sich anders hätte
verhalten können.

    Selbst wenn man aber annehmen wollte, dass objektiv die Voraussetzungen
des Rechtfertigungsgrundes der Wahrung berechtigter Interessen nicht
gegeben seien, wäre dem Beschwerdeführer zuzubilligen, dass er unter den
gegebenen Umständen das von ihm gewählte Vorgehen als den einzig möglichen
Weg angesehen hat und in guten Treuen ansehen durfte. Das schliesst aber
zumindest einen subjektiven Unrechts- und Schuldvorwurf aus.

    d) Die Verurteilung des Beschwerdeführers verletzt somit
Bundesrecht. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist daher auch in diesem Punkt
gutzuheissen.