Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 117 II 273



117 II 273

53. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 13. Juni 1991
i.S. Erich K. und Margot M. gegen S. AG (Berufung) Regeste

    Werklieferungsvertrag mit Suspensivbedingung; Rücktritt des Bestellers
(Art. 365 und 377 OR).

    1. Werklieferungsvertrag mit suspensiv bedingter Bauverpflichtung.
Rechtsnatur und Inhaltskontrolle (E. 3).

    2. Der Besteller kann jederzeit nach den Regeln von Art. 377 OR vom
Werklieferungsvertrag zurücktreten (E. 4a). Rechtsnatur des dem Unternehmer
nach Art. 377 OR zustehenden Anspruchs; Anwendung von Art. 97 ff. OR
(E. 4b, 4c).

    3. Auslegung der Bauverpflichtung (E. 5).

Sachverhalt

    A.- Am 28. Oktober/20. November 1987 schlossen die Parteien einen
mit "Bau-Auftrag" überschriebenen Vertrag über die Lieferung eines
Typenhauses aus dem Sortiment der Firma S. AG (Klägerin) zum Preise von Fr.
98'849.- inklusive Architekturarbeiten, zu errichten auf einem bauseits
zu erstellenden Fundament ab Oberkante Kellerdecke. Darin vereinbarten
sie unter anderem:

    "Dieser Bau-Auftrag wird erst ausgeführt, wenn Herr K./Frl. M. ein

    Grundstück erwirbt, das nach Lage, Grösse und Preis ihren Vorstellungen
   entspricht, oder auf einem sonstigen Grundstück baut. Sollten die

    Bebauungsvorschriften eine andere Hausform, Dachneigung usw. erfordern,
   wählt Herr K./Frl. M. ein entsprechendes Haus auf gleicher Preisbasis
   aus dem Programm der Firma aus."

    Der Werkpreis wurde bis zum Oktober 1989 garantiert.

    Mit Schreiben vom 25. November 1987 erklärten Erich K. und Margot M.
(Beklagte), "ohne jede Verpflichtung" vom Vertrag zurückzutreten. In
der am 27. Januar 1988 nachgereichten Begründung gaben sie an, aus
finanziellen Erwägungen auf den Hausbau zu verzichten. Indessen hatten
sie bereits im Dezember 1987 ein Baugesuch für die Überbauung eines
inzwischen erworbenen Grundstückes eingereicht, welches sie in der Folge
in Erfüllung einer im Kaufvertrag eingegangenen Bauverpflichtung ohne
Zutun der Klägerin realisierten.

    B.- Die Klägerin belangte die Beklagten auf Schadenersatz für
entgangenen Gewinn von Fr. 36'018.-- nebst Zins. Das Bezirksgericht
Lenzburg wies die Klage am 8. Februar 1990 ab. In teilweiser Gutheissung
einer Appellation der Klägerin verpflichtete das Obergericht des
Kantons Aargau am 16. August 1990 die Beklagten zur Bezahlung von
Fr. 21'400.--. Eine Berufung der Beklagten heisst das Bundesgericht gut
und weist die Klage ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- a) Der Vertrag der Parteien hat die entgeltliche Erstellung
eines Gebäudes oder - im Hinblick auf die bauseits zu erbringenden
Fundationsarbeiten - eines Gebäudeteils mit Einschluss der
Stofflieferung durch die Klägerin zum Gegenstand und erscheint
damit als Werklieferungsvertrag (GAUCH, Werkvertrag, 3. Aufl. 1985,
S. 31 Rz. 110). Ob er im Hinblick auf das Projekt oder die von
der Klägerin zusätzlich zu erbringenden, in der Vertragsurkunde
nicht näher umschriebenen Architekturarbeiten weitergehend als
Totalunternehmervertrag zu qualifizieren ist, kann offenbleiben; im einen
wie im andern Fall untersteht er den Regeln des Werkvertrags (für den
Werklieferungsvertrag Art. 365 OR und GAUCH, Werkvertrag, S. 32 Rz. 112;
für den Totalunternehmervertrag BGE 114 II 54 E. 2).

    b) Die Parteien haben die Verbindlichkeit des Vertrags vom
Eintritt einer ungewissen Tatsache, vom Erwerb eines geeigneten
Baugrundstücks durch die Beklagten, abhängig gemacht; er steht damit
unter einer Suspensivbedingung (Art. 151 OR). Die Vertragsleistungen
der Parteien wurden hinreichend bestimmt (Haustyp aus dem Sortiment der
Klägerin, Preis), mittelbar aber auch hinreichend für den Fall, dass
baupolizeiliche Vorschriften eine Typenänderung erforderlich machen
sollten; diesfalls genügte inhaltlich die auf das Sortimentsangebot
der Klägerin eingegrenzte Bestimmbarkeit von Werk und Preis (BGE 98 II
307 E. 1; BUCHER, Die verschiedenen Bedeutungsstufen des Vorvertrages,
Berner Festgabe zum Schweizerischen Juristentag 1979, S. 169 ff., 183 ff.;
MERZ, Vertrag und Vertragsschluss, S. 155 Rz. 310; GAUCH, Werkvertrag,
S. 89 Rz. 308). Ob von einem bedingten Hauptvertrag oder allenfalls
hinsichtlich des Ersatzobjektes bloss von einem - ebenfalls bedingten -
Vorvertrag auszugehen ist (dazu GAUTSCHI, N. 22d zu Art. 365 OR; GAUCH,
Werkvertrag, S. 92 Rz. 317), kann wiederum offenbleiben, da die Beendigung
des Vertragsverhältnisses - soweit hier von Interesse - in beiden Fällen
sich nach Art. 377 OR bestimmt (GAUCH, Werkvertrag, S. 91 Rz. 315; GAUCH,
Der Rücktritt des Bestellers vom Werkvertrag - Gedanken zu Art. 377 des
Schweizerischen Obligationenrechts, FS Horst Locher, S. 35 ff., S. 46;
MERZ, aaO, S. 158 Rz. 318).

    c) Ob die Inhaltskontrolle zur Feststellung einer Vertragsnichtigkeit
nach Massgabe von Art. 20 OR führt oder einen Verstoss gegen die
Persönlichkeitsrechte der Beklagten ergibt, wie diese geltend machen,
wird gegebenenfalls zu prüfen sein, wenn das Auslegungsergebnis feststeht;
vorwegzunehmen ist jedoch, dass jedenfalls die Nichtigkeitsfolge nicht
eintritt, sofern und soweit der Vertrag sich gesetzes- oder sittenkonform
interpretieren lässt (KRAMER, N. 41 zu Art. 18 und N. 124 zu Art. 19/20
OR; JÄGGI/GAUCH, N. 441 ff. zu Art. 18 OR). Die Ungültigkeit des Vertrags
ergibt sich überdies auch nicht bereits daraus, dass die Bauverpflichtung
ausserhalb der Festpreisgarantie zeitlich nicht limitiert wurde, was
allenfalls auf eine übermässige und damit nach Art. 27 ZGB unzulässige
Bindung der Beklagten schliessen liesse (dazu GAUCH, Werkvertrag, S. 92
Rz. 316). Abgesehen davon, dass eine Befristung sich in solchen Fällen
bereits aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergibt (BGE 95 II 527),
bewirkt eine Verletzung des zeitlichen Übermassverbots im allgemeinen
bloss die Herabsetzung der Bindungsdauer auf das zulässige Mass (BGE 114 II
163 E. c). Dieses Höchstmass aber war im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung
durch den Rücktritt der Beklagten klarerweise nicht überschritten.

Erwägung 4

    4.- a) Solange das Werk unvollendet ist, kann der Besteller gegen
Vergütung der bereits geleisteten Arbeit und gegen volle Schadloshaltung
des Unternehmers jederzeit vom Vertrag zurücktreten (Art. 377 OR). Dieses
Rücktrittsrecht, welches seinem Wesen nach ein ex nunc wirkendes
Kündigungsrecht ist, steht dem Besteller jederzeit zu, solange das Werk
nicht vollendet ist, mithin auch bereits vor Inangriffnahme der Arbeiten
durch den Unternehmer und selbst bei bloss vorvertraglicher Bindung (GAUCH,
Werkvertrag, S. 110 Rz. 389; GAUCH, FS Locher, S. 36). Die Bestimmung
findet auch auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt Anwendung, zumal
nicht geltend gemacht ist, sie habe hinter einer abweichenden Parteiabrede
zurückzutreten; die Frage nach der zwingenden oder dispositiven Natur
von Art. 377 OR kann damit offenbleiben (zu dieser Streitfrage BGE 69
II 143; GAUCH, Werkvertrag, S. 117 f. Rz. 412 ff.; GAUCH, FS Locher,
S. 44 ff.; GAUTSCHI, N. 10 zu Art. 377 OR; TERCIER, La partie spéciale du
Code des Obligations, S. 355 Rz. 2739; TERCIER, L'extinction prématurée
du contrat, in Das Architektenrecht, S. 321 ff., 336 f. Rz. 1201 ff.;
CHRISTOPH LEUENBERGER, Dienstleistungsverträge, ZSR 106/1987 II 1 ff.,
71 f.; DESSEMONTET, Les contrats de service, ZSR 106/1987 II 93 ff.,
196 ff.). Ebenfalls offenbleiben kann, ob die gesetzliche Ordnung der
vorzeitigen Vertragsauflösung als abschliessend zu verstehen ist oder ob
dem Besteller daneben ein Rücktritts- oder Kündigungsrecht aus wichtigem
Grund zuzubilligen ist, welches unter bestimmten Voraussetzungen eine
Lösung ohne Pflicht zur vollen Schadloshaltung zulässt (BGE 96 II 199 E. 8;
Pra 77 S. 629 E. 3 mit Hinweisen). Ein wichtiger Grund ist vorliegend nach
Massgabe der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz jedenfalls zu
verneinen; er könnte insbesondere nicht darin erblickt werden, dass die
Beklagten zufolge eines geänderten Bauentschlusses für das vertragliche
Werk keine Verwendung mehr hatten oder aus finanziellen Überlegungen von
der Projektverwirklichung abgesehen haben (BGE 69 II 143 E. b; GAUCH,
Werkvertrag, S. 116 Rz. 410; GAUCH, FS Locher, S. 42 f.).

    b) Die Regelung in Art. 377 OR ist insoweit ungewöhnlich, als sie
einerseits einen einseitigen, zu Gunsten des Bestellers normierten
Einbruch in den Grundsatz der Vertragstreue enthält, diesen aber
gleichzeitig durch die Pflicht zur vollen Schadloshaltung relativiert
(LEO R. GEHRER, Vom Recht des Unternehmers, den Werkvertrag zu lösen,
Mélanges Assista 1989, S. 167 ff., 171; GAUCH, FS Locher, S. 41). Sie
wird im allgemeinen aus dem Wesen des Werkvertrags hergeleitet, aus dem
Grundsatz, dass die Ausführung des Werks nur eine Pflicht, nicht aber
ein Recht des Unternehmers sei (BGE 69 II 143 E. 4a; OSER/SCHÖNENBERGER,
N. 1 zu Art. 377 OR; BECKER, N. 1 zu Art. 377 OR; GAUTSCHI, N. 10 zu
Art. 377 OR). Es lässt sich aber auch die Frage stellen, ob sich das
Interesse des Unternehmers wirklich in der Vergütung erschöpft, er nicht
unter Umständen ebenfalls an der Werkausführung selbst interessiert ist,
namentlich im Hinblick auf Referenzen und mögliche Folgebestellungen
(STAUDINGER/PETERS, N. 3 zu § 649 BGB). Anderseits kann der Bestimmung
auch der verallgemeinerungsfähige Gedanke zugrunde liegen, dass der
Empfänger einer Sachleistung auf deren Entgegennahme soll verzichten
können, wenn er bereit ist, die legitimen Interessen der Gegenseite zu
wahren (STAUDINGER/PETERS, N. 42 zu § 649 BGB). Damit in Einklang steht
die Feststellung, dass die Kündigung eines Werkvertrags nach Art. 377
OR dasselbe Ergebnis zeitigt wie die schuldhafte Nichterfüllung eines
Kaufvertrags durch den Käufer; auch sie zieht die Pflicht zum Ersatz
des positiven Vertragsinteresses nach sich (GAUTSCHI, N. 4b zu Art. 377
OR; GEHRER, aaO, S. 171 Fn. 4). Dem ist jedenfalls beizupflichten,
sofern die Annahme des Kaufgegenstandes nicht als Vertragspflicht des
Käufers verstanden wird (GIGER, N. 21 ff. zu Art. 211 OR), die Pflicht
zur Schadloshaltung nach Art. 377 OR durch eine analoge Anwendung von
Art. 43/44 OR (in Verbindung mit Art. 99 Abs. 3 OR) gemindert werden kann
(verneinend BGE 96 II 199 E. 8, offengelassen in Pra 77 S. 630 E. 3b)
und nicht Genugtuungsansprüche in Frage stehen. Diesfalls unterscheidet
sich der Rücktritt nach Art. 377 OR vor Fälligkeit der Arbeitsleistung
des Unternehmers von der antizipierten Erfüllungsverweigerung
des Sachleistungsempfängers in vergleichbaren Verträgen zwar in der
Qualifikation der Haftungsvoraussetzungen, indem die Haftung entweder einer
schuldhaften Vertragsverletzung oder einem rechtmässigen Verhalten folgt,
nicht dagegen im schadenersatzrechtlichen Ergebnis, da beiden Haftungen
derselbe Schadenbegriff zugrunde liegt (zum antizipierten Vertragsbruch BGE
110 II 143 E. 1, grundlegend 69 II 243; VON TUHR/ESCHER, Allgemeiner Teil
des Schweizerischen Obligationenrechts, Band II, S. 106 Fn. 83; BUCHER,
Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl. 1988, S. 363
f.; GAUCH/SCHLUEP, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil,
4. Aufl. 1987, Band II, S. 94 Rz. 1611). Mithin spricht nichts dagegen,
Art. 97 ff. OR auf den vorliegenden Tatbestand analog mitanzuwenden.

    c) Das Obergericht lässt die Pflicht der Beklagten zur Schadloshaltung
der Klägerin ohne weiteres der Rücktrittserklärung nach Art. 377 OR
folgen. Damit verkennt es jedoch die Rechtsnatur des dem Unternehmer
nach dieser Bestimmung zustehenden Anspruchs. Wie der Ersatzanspruch des
Gläubigers nach Art. 97 ff. OR entsteht auch derjenige nach Art. 377 OR
aus der ursprünglichen, bisher auf Erfüllung gerichteten Vertragsforderung
und gilt als deren Fortsetzung. Dies bedeutet, dass die Ersatzforderung nur
und in demselben Zeitpunkt fällig wird, in welchem bei ordnungsgemässer
Vertragsabwicklung die Erfüllung hätte verlangt werden können (VON
TUHR/ESCHER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts,
Band II, 3. Aufl. 1974, S. 104). Steht daher die Verbindlichkeit
eines nach Art. 377 OR gekündigten oder vorzeitig gebrochenen Vertrags
unter einer Suspensivbedingung, bestimmt die Bedingung nicht bloss den
Erfüllungsanspruch, sondern auch die Ersatzforderung aus Nichterfüllung
oder die Forderung auf Schadloshaltung aus dem Leistungsverzicht. Die
Beklagten sind daher zur Schadloshaltung der Klägerin nur verpflichtet,
wenn bei ungekündigtem Vertragsverhältnis die Bedingung eingetreten wäre,
wobei dem Bedingungseintritt dessen treuwidrige Vereitelung gleichgesetzt
ist (Art. 156 OR). Anders zu entscheiden wäre bloss, wenn bereits die
Verletzung des Anspruchs auf die bedingte Forderung, die Beeinträchtigung
der bedingt anwartschaftlichen Rechtsstellung des Gläubigers einen
Schaden bewirkte, was indessen für den vorliegenden Sachverhalt nicht
zutrifft. Damit verlagert die Streitentscheidung sich auf die Auslegung
der Bedingung des Vertrages vom 28. Oktober/20. November 1987 und die
Prüfung deren Eintritts.

Erwägung 5

    5.- a) Vertragsbezogene Willenserklärungen sind - wenn kein
übereinstimmender tatsächlicher Parteiwille festgestellt werden kann
- nach dem Vertrauensgrundsatz so auszulegen, wie sie vom Empfänger
in Treuen verstanden werden durften und mussten. Dies beurteilt sich
nicht nur nach ihrem Wortlaut und dem gesamten Zusammenhang, in dem sie
stehen, sondern auch nach den Umständen, die ihnen vorausgegangen und
unter denen sie abgegeben worden sind. Zu welchem Ergebnis eine solche
Auslegung führt, ist eine Frage der Rechtsanwendung, über welche das
Bundesgericht frei entscheidet (BGE 116 II 263 E. 5a). Gebunden ist es
aber an die Feststellungen des kantonalen Richters über die Umstände des
Vertragsschlusses und das Wissen der Vertragsparteien (BGE 115 II 60 E. c
mit Hinweisen).

    b) Die Bauverpflichtung der Beklagten wurde unter die Bedingung
des Erwerbs eines geeigneten Grundstücks oder der Bauverwirklichung
auf einem sonstigen Grundstück gestellt. Entgegen der Auffassung der
Beklagten ist dieser Vertragsinhalt nach Art. 20 OR durchaus zulässig. Die
Alternative bezieht sich augenfällig auf den Eigentumserwerb an einem
Baugrundstück einerseits, auf die Verwirklichung eines Bauvorhabens auf
einem fremden Terrain, beispielsweise im Baurecht, anderseits. Dass die
Verpflichtung sich bloss auf Liegenschaften und nicht auch auf die diesen
im Rechtsverkehr nach Art. 655 ZGB (Abs. 2 Ziff. 2-4) gleichgestellten
Rechte bezieht, bedarf keiner weiteren Erörterung. Abwegig ist auch
die Meinung der Beklagten, ein Werkvertrag, welcher die Folgen seiner
Verletzung oder eines Rücktritts nach Art. 377 OR unerwähnt lasse,
verstosse bereits deswegen gegen das Persönlichkeitsrecht des Bestellers
und sei daher gemäss Art. 27 ZGB nichtig.

    c) In empirischer Vertragsauslegung stellt das Obergericht einzig fest,
dass nach dem tatsächlichen Willen der Parteien die Bauverpflichtung der
Beklagten bei Erwerb eines fertigen Hauses oder einer Eigentumswohnung
nicht wirksam werden sollte. Weitergehend ist der Vertrag normativ
auszulegen.

    Auszugehen ist vom Grundsatz, dass bei der Potestativbedingung,
wie eine hier zur Hauptsache vorliegt, eine Handlung im allgemeinen
deswegen nicht als Verpflichtung, sondern als Bedingung in den Vertrag
aufgenommen wird, weil der Kontrahent die Freiheit seines Entschlusses
zwar beschränken, nicht aber aufgeben will. Erfüllung oder Nichterfüllung
der Bedingung steht somit grundsätzlich im freien Willen dessen, der
den Vertrag geschlossen hat (VON TUHR/ESCHER, aaO, S. 272). Daran hat
sich auch die normative Vertragsauslegung zu orientieren. Liegt die mit
der Potestativbedingung bewirkte Freiheitsbeschränkung einer Partei im
alleinigen oder überwiegenden Interesse des Vertragsgegners, ist nach
dem Vertrauensprinzip im Zweifel von einer restriktiven Bedeutung der
bedingten Bindung auszugehen. So verhält es sich vorliegend.

    Nach dem empirischen Auslegungsergebnis waren die Beklagten frei, ein
fertiges Objekt zu erwerben oder selbst zu bauen. Nur im letztgenannten
Fall kam die Bauverpflichtung zum Tragen. Sollte der Vertragsgegenstand
auf dem künftigen Baugrundstück den baupolizeilichen Vorschriften
nicht entsprechen, hatten die Beklagten auf einen normenkonformen Typ
des klägerischen Sortiments auszuweichen. Ungeregelt blieb im Vertrag
der Fall, dass keiner der preiskonformen Sortimentstypen der Klägerin
den baupolizeilichen Vorschriften entsprechen sollte; es versteht sich
diesfalls von selbst, dass die Bauverpflichtung zufolge inhaltlicher
Unmöglichkeit nicht wirksam geworden wäre. Nach dem Vertrauensgrundsatz
aber durfte die Klägerin auch nicht davon ausgehen, die Beklagten hätten
sich der Freiheit entäussern wollen, ein Baugrundstück zu erwerben, welches
tatsächlich oder aufgrund privatrechtlicher Auflagen nicht mit einem
Gebäude des klägerischen Sortiments überbaut werden konnte oder durfte
(z.B. bei Verpflichtung zum Bau eines einheitlichen Reihenhauses, Erwerb
einer Parzelle mit konkurrierender Bauverpflichtung). Die Bedingung des
Vertrags ist daher so zu verstehen, dass die Bauverpflichtung nur wirksam
wurde, wenn die Beklagten ein Grundstück erwarben oder überbauten, welches
nach Massgabe der damit verbundenen öffentlich- und privatrechtlichen
Bindungen die Erstellung des Vertragsgegenstandes gestattete. Allein
diese Auslegung wird der konkreten Interessenlage gerecht. Sie trägt auch
dem sich aus Art. 27 ZGB ergebenden Anliegen Rechnung, Beschränkungen
der Entscheidungs- und Auswahlfreiheit durch Bauverpflichtungen nur in
zumutbarem Rahmen zu gestatten (MERZ, aaO, S. 157 ff. Rz. 312 ff. mit
Hinweisen).

    Die Handlungsfreiheit des bedingt Verpflichteten wird indessen
beschränkt durch den Grundsatz von Treu und Glauben. Danach gilt eine
Bedingung auch als eingetreten, wenn ihr Eintritt von einem Vertragspartner
- und zwar demjenigen, zu dessen Nachteil der Bedingungseintritt
gereichen würde (SECRETAN, L'article 156 du code des obligations et la
condition potestative, in Aequitas und bona fides, FS Simonius 1955,
S. 351 ff., 357) - wider Treu und Glauben verhindert worden ist (Art. 156
OR). Entgegen einer in der Literatur geäusserten Auffassung (BUCHER, aaO,
S. 513; GAUCH/SCHLUEP, aaO, S. 321 Rz. 2665) findet die Bestimmung auch
im Bereich der Potestativbedingungen Anwendung. Wann ein Verhalten in
diesem Sinne gegen Treu und Glauben verstösst, ergibt sich in der Regel
aus einer am Vertrauensprinzip orientierten Auslegung des dem Verhalten
zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts (MERZ, N. 574 zu Art. 2 ZGB). Es
gilt dabei das Gesamtverhalten unter Berücksichtigung aller Umstände
des Einzelfalles zu würdigen; das Verhalten erscheint namentlich dann
als treuwidrig, wenn es gegen den Inhalt des Rechtsgeschäfts gerichtet
ist. Nicht erforderlich ist dabei nach der Rechtsprechung, dass das den
Bedingungseintritt hindernde Verhalten absichtlich erfolgt; es genügt,
wenn es gegen den Vertrauensgrundsatz verstösst (BGE 113 II 36 E. b, 109
II 20 mit Hinweisen); stets muss es aber unlauter sein (BGE 44 II 499;
auch 113 II 35 E. 2b).

    d) Nach dem Gesagten wurde die Bauverpflichtung der Beklagten nur
wirksam, wenn diese nach dem Erwerb eines Grundstücks zu Überbauungszwecken
die rechtliche Möglichkeit hatten, darauf den Vertragsgegenstand oder
ein anderes Gebäude aus dem Sortiment der Klägerin zu errichten. Dagegen
wurden sie aus dem Vertrag mit der Klägerin nicht verpflichtet, sofern
öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkungen oder an die Erwerbsmöglichkeit
geknüpfte privatrechtliche Bindungen entgegenstanden. Art. 156 OR
sodann schliesst die Berücksichtigung rechtlicher Schranken in diesem
Sinne im allgemeinen nur aus, wenn der Bedingungsverpflichtete sie
zur Umgehung des Bedingungseintritts freiwillig errichtet. Von einem
unredlichen Verhalten könnte aber nicht bereits gesprochen werden, wenn
die Beklagten aus beachtlichen, ausserhalb der Bedingungsvereitelung
liegenden Gründen von mehreren Angeboten dasjenige ausgewählt hätten,
welches die Erfüllung des bedingten Werkvertrages nicht erlaubte. Insoweit
blieb ihre Handlungsfreiheit nach dem Gesagten gewahrt.

    Das Bezirksgericht wie die Minderheit des Obergerichts gehen davon
aus, die von den Beklagten mit dem Erwerb des Baugrundstücks eingegangene
Baumeisterverpflichtung sei Voraussetzung des Eigentumserwerbs gewesen;
für die Mehrheit des Obergerichts stellt sich entsprechend der von ihr
vertretenen Rechtsauffassung die Frage nicht. Die Klägerin wendet sich
in ihren Rechtsschriften nicht gegen diese tatsächliche Feststellung,
hält aber - entgegen der hier vertretenen Auffassung - dafür, eine
solche Verpflichtung schliesse den Bedingungseintritt nicht aus. Damit
ist in tatbeständlicher Hinsicht davon auszugehen, dass die zusätzliche
Bauverpflichtung nicht treuwidrig eingegangen worden ist, womit Art. 156
OR keine Anwendung findet. Daran ändert nichts, dass die Beklagten
in der Begründung ihrer Kündigung wahrheitswidrig angegeben haben, auf
eine Baurealisierung überhaupt zu verzichten. Nicht darauf kommt es an,
sondern allein auf die Frage, ob die Bedingung eingetreten oder treuwidrig
vereitelt worden ist. Beides ist nach dem Gesagten zu verneinen. Dies
führt zur Gutheissung der Berufung und zur Abweisung der Klage.