Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 117 II 179



117 II 179

38. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 30. Mai 1991
i.S. F. gegen Rekurskommission für Grunderwerb des Kantons Zürich
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 4 Abs. 1 Buchst. c und d BBSG.

    1. Ist ein Grundstück erschlossen worden, so darf die Bewilligung für
eine vorzeitige Veräusserung nicht mit der Begründung verweigert werden,
es liege noch keine gültige Baubewilligung vor. Art. 4 Abs. 1 Buchst. c
BBSG hat mit Bezug auf die Erschliessung gegenüber Buchst. d selbständige
Bedeutung (E. 2).

    2. Demgegenüber gibt die Mitwirkung bei der Planung einer Überbauung
keinen Anspruch auf eine Bewilligung für eine vorzeitige Veräusserung,
wenn noch keine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt (E. 2).

    3. Die Erschliessung eines Grundstücks ist dann im Sinne von Art. 4
Abs. 1 Buchst. c BBSG erheblich, wenn sie es ermöglicht, neuen Wohn-
oder Geschäftsraum zu schaffen (E. 3a).

    4. Schliessen sich mehrere Grundeigentümer für die Erschliessung
eines Quartiers zusammen, so hat der Veräusserer an der Erschliessung
seines Grundstücks im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c BBSG mitgewirkt,
wenn seine Leistungen einschliesslich einer allfälligen Landabtretung im
Verhältnis zu den Leistungen der anderen betroffenen Grundeigentümer in
etwa dem Anteil seines Grundstücks am ganzen damit erschlossenen Quartier
entsprechen (E. 3c und 4).

Sachverhalt

    A.- Mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom 2. September 1986
erwarb der Baumeister und Mitinhaber eines Architekturbüros Kurt F. das
Grundstück Kat.-Nr. A 2427, GB Bl. 717, in O. zum Kaufpreis von Fr.
2'255'850.--. Im Bereich dieses Grundstücks war zum Zeitpunkt des Erwerbs
ein amtliches Quartierplanverfahren anhängig.

    Gemäss öffentlich beurkundetem Vertrag vom 19. Oktober 1989 bildeten
Kurt F., die X. AG und die Stadt Y. eine Erschliessungsgemeinschaft,
aufgrund welcher Kurt F. von seinem Grundstück unter anderem insgesamt 268
m2 Wiesen für eine Quartierstrasse sowie für einen Fussweg unentgeltlich
an die Stadt Y. abtrat, um auf diese Art den Ausbau der X.-Strasse zu
ermöglichen. Daneben trat Kurt F. von seinem Grundstück für den Bau der
U.-Strasse weitere 430 m2 an die Stadt Y. ab.

    Kurt F. beabsichtigt, sein Grundstück Kat.-Nr. 2427 - neu Kat.-Nr. 4235
-, GB Bl. 717, Plan A 17, zu veräussern. Eine gültige Baubewilligung für
dieses Grundstück besteht nicht; nach den Feststellungen der Vorinstanz
wurde ein Baugesuch entweder wieder zurückgezogen oder es ist im
Rechtsmittelverfahren noch hängig.

    B.- Am 25. Oktober 1989 stellte Kurt F. beim Bezirksrat Y. das Gesuch
um Bewilligung der vorzeitigen Veräusserung des Grundstücks Kat.-Nr. 4235.

    Mit Beschluss vom 27. November 1989 verweigerte der Bezirksrat
Y. die nachgesuchte Bewilligung. Eine gegen diesen Beschluss gerichtete
Beschwerde von Kurt F. wurde am 5. November 1990 von der Rekurskommission
für Grunderwerb des Kantons Zürich abgewiesen.

    C.- Gegen diesen Beschluss gelangt Kurt F. mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Er verlangt die
Aufhebung des Beschlusses der Rekurskommission und die Erteilung der
nachgesuchten Bewilligung.

    Die Rekurskommission für Grunderwerb des Kantons Zürich beantragt
unter Hinweis auf den angefochtenen Entscheid und die Akten die Abweisung
der Beschwerde. Den gleichen Antrag stellt auch das Eidgenössische Justiz-
und Polizeidepartement.

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Die Rekurskommission wies die Beschwerde und damit das Gesuch um
Bewilligung für eine Veräusserung vor Ablauf der Sperrfrist ab, weil keine
gültige Baubewilligung vorliege. Der Beschwerdeführer habe das Grundstück
als Bauland erworben und sodann Aufwendungen für die Erschliessung
erbracht. Entgegen dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c BBSG genüge
dies aber nicht für eine Ausnahmebewilligung. Buchst. d und Abs. 3 der
gleichen Bestimmung, die erst in der parlamentarischen Beratung in den Text
aufgenommen worden seien, zeigten deutlich, dass eine Veräusserung erst
möglich sei, wenn eine rechtskräftige Baubewilligung vorliege. Eine andere
Auslegung beraube die vom Parlament eingefügten Bestimmungen jeden Sinnes.

    Der Beschwerdeführer sieht darin eine Verletzung von
Bundesrecht. Art. 4 Abs. 1 Buchst. c BBSG habe neben Buchst. d dieser
Bestimmung selbständige Bedeutung. Aufwendungen zur Erschliessung führten
deshalb unabhängig davon, ob eine Baubewilligung vorliege oder nicht,
dazu, dass die vorzeitige Veräusserung bewilligt werden müsse.

    b) Der bundesrätliche Entwurf kannte nur drei Gründe für
eine Veräusserung während der Sperrfrist. Neben der gewinnlosen
Weiterveräusserung (Art. 4 Abs. 1 Buchst. a) und der Veräusserung nach
Eigengebrauch (Art. 4 Abs. 1 Buchst. b) liess Art. 4 Abs. 1 Buchst. c
des Entwurfes eine vorzeitige Veräusserung zu, wenn "der Veräusserer das
Grundstück als Bauland oder zum Umbau erworben hat und im Rahmen seiner
Geschäftstätigkeit massgeblich mit Arbeit oder Materiallieferungen an
der Planung, Erschliessung oder Erstellung des Baues mitgewirkt hat".

    Dem Parlament war diese Ausnahmeregelung zu eng. Es befürchtete,
die Sperrfrist habe zur Folge, dass die Bautätigkeit beeinträchtigt und
deshalb nicht mehr genügend Wohn- und Geschäftsraum geschaffen werde. Es
wurde deshalb Art. 4 Abs. 1 insbesondere um Buchst. d erweitert, welcher
einen Verkauf auch zulässt, wenn eine rechtskräftige Baubewilligung
vorliegt. Gleichzeitig wurden die Voraussetzungen in Buchst. c erheblich
gelockert, indem der Veräusserer nicht mehr mit eigener Arbeit oder
Materiallieferung mitgewirkt haben muss, sondern diese auch durch Dritte
erfolgt sein kann. Zudem wurde präzisiert, dass es sich um die Mitwirkung
an der Erschliessung des Grundstücks handeln müsse.

    Dadurch haben die einzelnen Tatbestandselemente teilweise eine andere
Bedeutung erhalten. Im Entwurf ging es darum, dass der Veräusserer
selber mit Arbeit oder Materiallieferung mitgewirkt haben musste. Die
Mitwirkung an der Erschliessung oder Planung hatte die Bedeutung,
sicherzustellen, dass der Architekt oder Tiefbauunternehmer, der
nur in einer dieser Bauphasen mitgewirkt hatte, das anschliessend
fertiggestellte Objekt vorzeitig veräussern konnte. Da es nach der
Gesetz gewordenen Fassung aber genügt, dass ein Dritter die Arbeiten
ausgeführt hat, braucht nach Erstellen des Gebäudes auf das Mitwirken
in der Planungs- und Erschliessungsphase nicht mehr zurückgegriffen zu
werden. Das Erstellenlassen des Gebäudes gibt bereits Anspruch auf eine
Ausnahmebewilligung, ohne dass es einer besonderen Mitwirkung beim Planen
und Erschliessen bedürfte.

    Der Vorinstanz kann insoweit gefolgt werden, als nicht zu sehen ist,
wie die blosse Mitwirkung an der Planung eine Ausnahmebewilligung nach
Art. 4 Abs. 1 Buchst. c BBSG rechtfertigen könnte, solange sie nicht
zu einer rechtskräftigen Baubewilligung geführt hat. Andernfalls würden
Buchst. d und somit auch Abs. 3 ihres Anwendungsbereichs beraubt. Soweit
es um die blosse Planung geht, ist deshalb ausschliesslich Buchst. d
anwendbar. Daraus darf aber nicht geschlossen werden, das Gleiche gelte
auch für die Phase der Erschliessung. Nach dem bundesrätlichen Entwurf
konnte derjenige, der Land kauft und dieses erschliesst, ohne weiteres
auch dann eine Ausnahmebewilligung erhalten, wenn überhaupt noch kein
Gebäude geplant war. Der Entstehungsgeschichte ist nichts zu entnehmen,
das den Schluss zuliesse, der Gesetzgeber habe ausschliessen wollen,
dass bereits nach dieser Phase eine Ausnahmebewilligung erteilt werde.

    Soweit die Vorinstanz die Bewilligung verweigert hat, weil noch
keine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt, kann ihr - wie auch das
Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement in seiner Vernehmlassung
festhält - nicht gefolgt werden.

Erwägung 3

    3.- Es bleibt aber zu prüfen, ob die Voraussetzungen von Art.
4 Abs. 1 Buchst. c BBSG erfüllt sind. Dabei ist unbestritten, dass der
Beschwerdeführer das Grundstück als Bauland erworben hat. Ausser Zweifel
steht auch, dass er bei der Erschliessung mitgewirkt hat. Fraglich
erscheint demgegenüber, ob die Mitwirkung eine massgebliche gewesen und
durch (eigene oder fremde) Arbeit oder Materiallieferung erfolgt ist.

    a) Wie bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Renovation
Anspruch auf eine Ausnahmebewilligung gibt, ist zu prüfen, wann die
Mitwirkung als eine massgebliche bezeichnet werden kann.

    Die Abgrenzung kann auf das Ausmass der getätigten Investitionen
abstellen. Als "massgeblich" werden Erschliessungsarbeiten nur
angesehen, wenn deren Kosten ein bestimmtes Ausmass erreichen. Dieses
müsste in Prozenten des Wertes des Grundstückes bzw. des Erwerbs- oder
Veräusserungspreises bemessen werden. Abgesehen von der Ungewissheit
der Ausgangsgrösse stellt sich dann allerdings sofort die Frage, welcher
Prozentsatz massgebend sein soll.

    Die Abgrenzung kann aber auch durch ein qualitatives Element
vorgenommen werden. Art. 4 Abs. 1 Buchst. c BBSG hat den Zweck, negative
Auswirkungen der Sperrfrist auf den Bau neuer Wohn- und Geschäftsräume
zu verhindern. Eine Veräusserung sollte deshalb innerhalb der Sperrfrist
ermöglicht werden, wenn der bisherige Eigentümer mit seinen Investitionen
zur Erstellung neuen Wohn- oder Geschäftsraums massgebend beigetragen
hat. Dem Zweck der Norm folgend hat das Bundesgericht deshalb entschieden,
dass die Renovation eines bestehenden Gebäudes in der Regel nur dann einen
Anspruch auf eine Ausnahmebewilligung nach Art. 4 BBSG gibt, wenn mit den
Investitionen zusätzlicher Wohn- oder Geschäftsraum geschaffen bzw. nicht
mehr verwendbarer seiner Zweckbestimmung wieder zugeführt wird. Dabei
bleibt grundsätzlich ohne Bedeutung, wie teuer diese Renovation zu stehen
kommt (BGE 117 II 171 ff.).

    Wenn bei Renovationen ein Abstellen auf die Höhe der Kosten abgelehnt
wird, muss dies auch im Zusammenhang mit der Erschliessung eines
Grundstückes geschehen. Mit Bezug auf diese ist es noch schwieriger als
bei einem Umbau, eine für die "Massgeblichkeit" taugliche Ausgangsgrösse
und einen objektiv begründbaren Prozentsatz für die Investitionskosten
zu finden. Wie teuer eine Erschliessung ist, hängt ganz vom Einzelfall ab.

    Auch hier kann auf den Nutzen der Erschliessung abgestellt
werden. Soweit diese es ermöglicht, neuen Wohn- oder Geschäftsraum zu
schaffen, kann sie als im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c BBSG erheblich
bezeichnet werden.

    b) Dem angefochtenen Entscheid ist nicht zu entnehmen, ob das
Grundstück durch die vorgenommenen Arbeiten nun vollständig erschlossen
ist, so dass es ohne weitere Erschliessungsarbeiten überbaut werden
kann. Mangels entsprechender Feststellungen lässt sich nicht beurteilen,
ob von erheblichen Erschliessungsarbeiten in diesem Sinne gesprochen
werden kann.

    c) Im Gegensatz zum Erstellen eines Baues braucht bei der Erschliessung
allerdings der Grundeigentümer nicht in jedem Fall mitzuwirken. Es ist
möglich, dass sein Grundstück ausschliesslich von der Erschliessung eines
andern Grundstückes profitiert. Eine solche Erschliessung kann aber nicht
nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. c BBSG Anspruch auf eine Ausnahmebewilligung
geben. Andernfalls wäre das Erfordernis der Mitwirkung durch eigene
oder fremde Arbeit bzw. Materiallieferung gegenstandslos. Es kommt
deshalb darauf an, ob die Erschliessung massgeblich auf Handlungen
des entsprechenden Grundeigentümers selber zurückzuführen ist. Auch
diesbezüglich finden sich im angefochtenen Entscheid keine genügenden
Feststellungen. Entgegen der in der Vernehmlassung des Eidgenössischen
Justiz- und Polizeidepartements vertretenen Meinung kann jedoch nicht
schon vom finanziellen Aufwand her geschlossen werden, die Investitionen
seien ungenügend.

Erwägung 4

    4.- Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des angefochtenen
Beschlusses und die Erteilung der Veräusserungsbewilligung. Das
Bundesgericht kann aber in der Sache selber nicht entscheiden, weil
es im angefochtenen Entscheid an genügenden Sachverhaltsfeststellungen
fehlt. Der Entscheid ist somit aufzuheben und die Sache zu ergänzender
Feststellung und neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    Die Vorinstanz wird zu klären haben, ob die vorgenommenen Investitionen
eine hinreichende Erschliessung des Grundstücks gewährleisten und ob
die Erschliessung nicht auf vom Beschwerdeführer unabhängige Handlungen
Dritter zurückzuführen ist. Dabei wird es massgebend darauf ankommen, ob
die Leistungen des Beschwerdeführers einschliesslich der Landabtretung im
Verhältnis zu den Leistungen der anderen betroffenen Grundeigentümer in
etwa dem Anteil seines Grundstücks am ganzen damit erschlossenen Quartier
entsprechen oder nicht.