Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 117 III 67



117 III 67

20. Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 6. Dezember
1991 i.S. Konkursamt Luzern-Stadt (Rekurs) Regeste

    Sicherheit für die Durchführung des Konkurses (Art. 230 Abs.  2 SchKG).

    Das Konkursamt darf den Kostenvorschuss für die Durchführung des
Konkurses so hoch ansetzen, dass damit auch nicht genauer abschätzbare
Kosten gedeckt werden können. Hingegen verbietet es der Zweck der
vom Gesetz vorgesehenen Sicherheitsleistung, dass durch sie Kosten
gedeckt werden, die in der Vergangenheit angefallen sind und wegen einer
Fehleinschätzung durch das Konkursamt einen grösseren als ursprünglich
angenommenen Betrag erreichen.

Sachverhalt

    A.- Im Zusammenhang mit dem am 4. Dezember 1985 eröffneten Konkurs
über L. B. ist schon in einem früheren Verfahren, das durch Entscheid des
Obergerichts des Kantons Luzern vom 29. Januar 1991 abgeschlossen wurde,
über die Kostenüberbindung gestritten worden.

    Mit Verfügung vom 28. August 1991 verlangte das Konkursamt Luzern-Stadt
von einer Gläubigerin, welche die Durchführung des Konkurses verlangt
hatte, einen weiteren Kostenvorschuss von Fr. 7'000.--. Es ging
dabei davon aus, dass mit dem verlangten Kostenvorschuss die bisher
aufgelaufenen Massekosten und konkursamtlichen Gebühren und Auslagen wie
auch die noch bis zum Verfahrensabschluss zu erwartenden Kosten gedeckt
würden. Über die Auferlegung dieses Kostenvorschusses beschwerte sich die
Gläubigerin beim Amtsgerichtspräsidenten III von Luzern-Stadt als unterer
kantonaler Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs, der die
Beschwerde guthiess und die Kostenverfügung aufhob. Das Konkursamt wurde
angewiesen, von der Beschwerdeführerin lediglich einen Kostenvorschuss
im Umfang der seit 29. August 1991 angefallenen bzw. mutmasslich noch
anfallenden Konkurskosten zu erheben, verbunden mit der Androhung, dass
bei Nichtleistung des Vorschusses innert einer Frist von zehn Tagen das
Konkursverfahren als geschlossen gelte.

    B.- Das Konkursamt Luzern-Stadt zog die Beschwerde an die
Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons
Luzern weiter, wurde aber von dieser mit Entscheid vom 5. November 1991
abgewiesen. Desgleichen wies die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Bundesgerichts den bei ihr erhobenen Rekurs des Konkursamtes ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Nach Art. 230 Abs. 2 SchKG hat das Konkursamt mit der
öffentlichen Bekanntgabe der Einstellung des Konkurses die Gläubiger,
die dennoch die Durchführung des Konkurses begehren, aufzufordern,
für die Kosten hinreichende Sicherheit zu leisten. Im vorliegenden
Fall hat das Konkursamt Luzern-Stadt diese hinreichende Sicherheit auf
Fr. 4'000.-- beziffert und ein Nachforderungsrecht vorbehalten. Die
Gläubigerin hat den genannten Betrag bezahlt und das Nachforderungsrecht
des Konkursamtes ausdrücklich anerkannt. Indessen hat sie sich geweigert,
eine Nachforderung von Fr. 7'000.-- für inzwischen aufgelaufene Prozess-
und Anwaltskosten zu bezahlen; diese sind im Zusammenhang mit einem
Prozess, in welchem die Gläubigerin und das Konkursamt Luzern-Stadt als
Beklagte ins Recht gefasst wurden, entstanden. Sie ist nur bereit, für
weitere künftige Kosten Vorschuss zu leisten.

    b) Die Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts
des Kantons Luzern hat - unter Hinweis auf die Ausführungen der unteren
kantonalen Aufsichtsbehörde - gestützt auf BGE 64 III 166 ff. und die
(unterschiedliche Auffassung vertretenden) Lehrmeinungen vor allem jüngeren
Datums eine unter bundesrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstandende
Lösung getroffen.

    Der in Art. 230 Abs. 2 SchKG vorgesehene Kostenvorschuss hat in
der Tat nichts anderes als die "frais futurs éventuels" (GILLIÉRON,
Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 2. Auflage 1988, S. 317)
zu decken. Nach pflichtgemässer Beurteilung der Umstände, die das
Konkursverfahren allenfalls mit weiteren Kosten belasten werden, ist das
Konkursamt befugt, den Kostenvorschuss so hoch anzusetzen, dass damit
auch nicht genauer abschätzbare Kosten (so zum Beispiel Gerichts- und
Anwaltskosten bei Aktiv- und Passivprozessen) gedeckt werden können. Der
Gläubiger, der die Durchführung des Konkursverfahrens verlangt hat
und dem die Höhe der zu leistenden Sicherheit wie auch ein allfälliges
Nachforderungsrecht bekannt sind, mag dann seinerseits abwägen, ob er noch
immer auf der Durchführung des vom Konkursrichter oder vom Konkursamt als
nicht lohnend betrachteten Konkurses bestehen will. Hingegen verbietet
es der Zweck der vom Gesetz vorgesehenen Sicherheitsleistung, dass durch
sie Kosten gedeckt werden, die in der Vergangenheit angefallen sind und
wegen einer Fehleinschätzung durch das - mit der Sachlage am besten
vertraute - Konkursamt einen grösseren als ursprünglich angenommenen
Betrag erreichen. Die Ausführungen in BGE 64 III 169 f. E. 2 sind in
dieser Hinsicht unmissverständlich; es wird dort ausgeführt, dass es
sinnvollerweise nicht angehe, nachträglich ein mehreres zu verlangen,
einfach weil man sich anfänglich verrechnet hatte. Ähnliches ergibt sich
aus dem von der Vorinstanz ebenfalls zu Recht angerufenen BGE 113 III 152.

    Das Konkursamt hätte nach der Feststellung im angefochtenen Entscheid
genügend Zeit gehabt, um rechtzeitig einen weiteren Kostenvorschuss
einzufordern, zumal der Prozess wiederholt sistiert worden sei und
der vom Konkursamt beigezogene Rechtsanwalt grundsätzlich verpflichtet
gewesen wäre, seinerseits einen Kostenvorschuss einzufordern. Es sei dem
Konkursamt bei der Erhebung der Beschwerden bekannt gewesen, dass bereits
Kosten entstanden seien, für die keine Deckung vorhanden war. Auch wenn die
Gläubigerin im Prozess selber Beklagte gewesen sei - so die Vorinstanz -,
habe sie nicht damit rechnen müssen, für allfällige Kosten der Konkursmasse
über ihren Kostenvorschuss hinaus und ohne Ankündigung aufkommen zu
müssen. Das Konkursamt aber wäre berechtigt gewesen, einen weiteren
Kostenvorschuss zu verlangen; da es dies nicht rechtzeitig getan habe,
könne es die Gläubigerin nicht zwingen, die Fr. 7'000.-- noch zu bezahlen.

    c) Das Konkursamt Luzern-Stadt bringt nichts vor, was den angefochtenen
Entscheid als gesetzwidrig oder als im Widerspruch zur bundesgerichtlichen
Rechtsprechung erscheinen lassen könnte. Statt dessen setzt es sich -
zum Teil jedenfalls - in Gegensatz zu den tatsächlichen und damit für
das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 63
Abs. 2 in Verbindung mit Art. 81 OG). Im übrigen verkennt das Konkursamt
die Rechtsprechung, wenn es BGE 64 III 171 entnehmen zu können glaubt,
es stehe ihm das Recht zu, die Leistung eines weiteren Kostenvorschusses
nötigenfalls zu erzwingen. Das Konkursamt kann mit der Einforderung von
Vorschuss für künftige Konkurskosten höchstens die Androhung verbinden,
dass bei Nichtleistung des Kostenvorschusses der Konkurs eingestellt
werde. Die Folgen der Nichtleistung werden im übrigen in BGE 64 III 171 f.
genannt.