Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 117 IB 353



117 Ib 353

43. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 22.
November 1991 i.S. Anton Greber u. Mitb. gegen Schweiz. Eidgenossenschaft
(verwaltungsrechtliche Klage) Regeste

    Art. 60 Abs. 1 Beamtengesetz (BtG), Art. 116 lit. a und Art.
117 lit. c OG; Zulässigkeit der verwaltungsrechtlichen Klage bei
vermögensrechtlichen Ansprüchen gegen den Bund aus dem Dienstverhältnis.

    Eine falsche Berechnung des in Art. 57 der Beamtenordnung (3) vom
29. Dezember 1964 geregelten Kaufkraftausgleichs ist auf dem Weg der
verwaltungsrechtlichen Klage beim Bundesgericht geltend zu machen (E. 1).

Sachverhalt

    A.- Anton Greber und verschiedene andere Beamte arbeiteten
während unterschiedlichen Zeitabschnitten zwischen 1985 und 1990 für
das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten in der
nigerianischen Hauptstadt Lagos. Wegen eines Zerfalls der lokalen Währung
passte das Departement im Herbst 1986 den Zessionskurs, d.h. den von der
Botschaft in Lagos anzuwendenden Wechselkurs, von 1 Naira = SFr. 1.50 auf
1 Naira = SFr. 0.30 an, was zu einer Senkung des an das Botschaftspersonal
ausgerichteten Kaufkraftausgleichs (KKA) von + 40% auf 0% führte.

    Das Bundesgericht tritt auf eine von Anton Greber und anderen
Botschaftsangehörigen eingereichte verwaltungsrechtliche Klage ein aus
folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Nach Art. 60 Abs. 1 des Beamtengesetzes vom 30. Juni 1927 (BtG;
SR 172.221.10) urteilt das Bundesgericht als "Gericht einziger Instanz"
über streitige vermögensrechtliche Ansprüche des Bundes oder gegen den
Bund aus dem Dienstverhältnis, inbegriffen Ansprüche auf Leistungen einer
Versicherungskasse des Bundes an Anspruchsberechtigte.

    Art. 116 lit. a OG wiederholt diesen Grundsatz: Das Bundesgericht
beurteilt als einzige Instanz Klagen in Streitigkeiten aus dem
Verwaltungsrecht des Bundes über vermögensrechtliche Leistungen
aus dem Dienstverhältnis von Bundespersonal einschliesslich der
Personalversicherung. Diese Regelung steht aber unter dem ausdrücklichen
Vorbehalt von Art. 117 OG, nach dessen lit. c die verwaltungsrechtliche
Klage unzulässig ist, wenn die Erledigung des Streites einer Behörde
im Sinne von Art. 98 lit. b-h OG zusteht; gegen deren Verfügung ist
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (BGE 101 Ib 106 E. 1a mit
Hinweisen).

    b) Ein solcher Fall liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes
unter anderem bei Ansprüchen auf Vergütungen für ausserordentliche
Dienstleistungen gemäss Art. 44 Abs. 1 lit. f BtG und Art. 52 der
Beamtenordnung (1) vom 10. November 1959 (BO [1]; SR 172.221.101)
vor (BGE 102 Ib 241; 101 Ib 107 f. E. 1a; vgl. auch BLAISE KNAPP, Le
système de rémunération des agents publics en Suisse, in: RDAF 40/1984
S. 97 ff.). Im Urteil vom 30. Mai 1980 i.S. Meier gegen Eidgenössisches
Departement für auswärtige Angelegenheiten (BGE 106 Ib 281 E. 1) hat
das Bundesgericht entschieden, dass auch für Ansprüche auf einen Beitrag
an die Unterrichtskosten gemäss Art. 64 der Beamtenordnung (3) vom 29.
Dezember 1964 (BO [3]; SR 172.221.103) die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
und nicht die verwaltungsrechtliche Klage zur Verfügung stehe. Nach
Abs. 1 dieser Bestimmung erhalte der Beamte im Aussendienst für das Kind
unter 25 Jahren einen Beitrag an die Unterrichtskosten am Dienstort,
wobei das Departement die Beiträge festsetze (Abs. 7). Analog den
Vergütungen für ausserordentliche Dienstleistungen (Art. 44 Abs. 1
lit. f BtG) entscheide somit auch hier die Verwaltungsstelle bzw. das
ihr übergeordnete Departement über den entsprechenden Zuschuss.

    Im Entscheid Brunner gegen Schweizerische Eidgenossenschaft vom
11. Juli 1975 (nicht veröffentlichte E. 1 von BGE 101 Ib 348 ff.), wo es
um die Höhe der Abzüge für Wohnungskosten gemäss Art. 20 BO (3) ging und
der Kläger nachträglich, d.h. nach Abschluss des Auslandaufenthaltes,
die Differenz zwischen den von seinem Gehalt abgezogenen Beiträgen und
der vom Bund effektiv bezahlten (niedrigeren) Miete herausverlangte,
erklärte das Bundesgericht dagegen die verwaltungsrechtliche Klage als
zulässig. Die Frage, ob der Kläger in seinem subjektiven Vermögensrecht
auf eine gesetzmässige Besoldung durch zu hohe Abzüge verletzt worden
sei, könne die Verwaltung nach der allgemeinen Regel des Art. 116 lit. a
OG nicht in einem streitigen Verfahren selbst entscheiden. Art. 117
lit. c OG stelle mit Bezug auf das zur Durchsetzung vermögensrechtlicher
Ansprüche des Bundespersonals einzuhaltende Verfahren eine Ausnahmeregel
dar, die nur dort zur Anwendung gelangen könne, wo eine entsprechende
Norm eine Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden zur Erledigung der
vermögensrechtlichen Streitigkeit schaffe. Wohl liege die Kompetenz
zur Festsetzung der Entschädigung beim zuständigen Departement, das
seinen Entscheid im Einvernehmen mit dem Eidgenössischen Finanz- und
Zolldepartement fälle, doch könne daraus nicht geschlossen werden, dass
die gleichen Verwaltungsinstanzen auch zuständig seien, um über einen
vermögensrechtlichen Anspruch zu entscheiden, den ein Beamter nachträglich
anbringt, weil ihm angeblich während Jahren in gesetzwidriger Weise als
Entschädigung ein zu hoher Betrag von seiner Besoldung abgezogen worden
ist. Eine solche Verletzung in subjektiven Vermögensrechten sei nach der
allgemeinen Regel des Art. 116 lit. a OG klageweise anhängig zu machen,
wobei die Frage nach der Richtigkeit der früheren verwaltungsbehördlichen
Festsetzung des Besoldungsabzuges und nach der allfälligen Rechtskraft
dieser Verfügung Vorfragen darstellten.

    c) aa) Art. 57 BO (3), der gestützt auf Art. 42 BtG den
Kaufkraftausgleich näher regelt, lautet heute wie folgt:

    1 Sind die Preise der Güter und Dienstleistungen am Dienstort
höher oder
   geringer als in der Schweiz, so unterliegen die Besoldung und die in den
   Artikeln 55 und 56 vorgesehenen Zulagen einem Kaufkraftausgleich. Bei
   dessen Bemessung wird von den Bezügen des Beamten an der Zentrale
   ausgegangen. Besondere Verhältnisse, die sich auf die Zusammensetzung
   des

    Lebensbedarfes am Dienstort und die Höhe der Auslagen auswirken,
sowie der

    Wechselkurs werden berücksichtigt.

    2 Der Kaufkraftausgleich wird aufgrund periodischer Erhebungen über den
   allgemeinen Stand der Preise bemessen. Zwischen zwei Erhebungen wird
   er geändert, soweit die massgebenden Verhältnisse eine Erhöhung oder

    Verminderung rechtfertigen.

    3 Das Eidgenössische Finanzdepartement setzt den Kaufkraftausgleich im

    Einvernehmen mit dem Departement fest.

    Wie der Beitrag an die Unterrichtskosten nach Art. 64 BO (3) oder die
Vergütung für ausserordentliche Dienstleistungen (Art. 52 BO [1]) wird
dem Wortlaut nach somit auch der Kaufkraftausgleich durch die Verwaltung
festgesetzt (Art. 57 Abs. 3 BO [3]). Trotzdem kann die Bestimmung des
Kaufkraftausgleichs den Fällen, die Gegenstand von BGE 106 Ib 279 und
der dort angeführten Entscheide bildeten, nicht gleichgestellt werden.

    bb) Die Berechnung des Kaufkraftausgleichs an sich stellt keine
Streiterledigung dar. Ihr liegt gestützt auf Art. 8 des Vollzugsreglementes
IV vom 22. Dezember 1965 des Eidgenössischen Departementes für auswärtige
Angelegenheiten zur Beamtenordnung (3) und der Vergleichsindex-Verordnung
vom 29. August 1983 bzw. vom 29. Mai 1989 des Eidgenössischen Finanz- und
Zolldepartementes (heute: Finanzdepartement) eine komplexe Mischrechnung
zugrunde. Der Kaufkraftausgleich wird ermittelt, indem - unter Einbezug des
Wechselkurses - regelmässig die Teuerung auf den Ausgaben in der Schweiz
sowie jenen am Dienstort in lokaler und anderer Währung (Importanteil)
festgestellt wird. Die getrennt ermittelten Teuerungsraten werden
gewichtet, und zwar grundsätzlich gleich, nämlich die Ausgaben in der
Schweiz in der im vorliegenden Fall relevanten Zeitperiode mit 33% und jene
am Dienstort, unter Einschluss des Importanteils, mit 67%. Diese zweite
Gruppe variiert je nach Grösse des ausgewiesenen Importanteils; bei der
Festlegung des Verhältnisses wirken die schweizerischen Vertretungen
im Ausland mit, indem sie - heute mindestens alle 30 Monate - eine
Preiserhebung am Dienstort durchführen. Der so bestimmte Index wird
quartalsweise aufgrund der Preiserhebungen und Wechselkursveränderungen
fortgerechnet. Die am Dienstort und in den Importländern aufgelaufene
Teuerung wird in der Fortrechnung des Kaufkraftausgleichs halbjährlich
einzeln berücksichtigt.

    cc) Die Berechnung des Kaufkraftausgleichs hat somit keinen direkten
Einfluss auf das Verhältnis zwischen dem einzelnen Mitarbeiter und der
Eidgenossenschaft, sondern stellt schematisiert für einen bestimmten
Dienstort den zu leistenden Kaufkraftausgleich fest, damit generell
das Einkommen der schweizerischen Beamten in einem bestimmten Land -
trotz Preisunterschieden von Gütern und Dienstleistungen - dem hiesigen
Lohnwert entspricht. Es besteht keine Norm, die für Streitfälle im
Anschluss an die Festsetzung oder Fortrechnung des Kaufkraftausgleichs
eine Behörde zur Streiterledigung zuständig erklären würde. Art. 117
lit. c OG stellt mit Bezug auf das zur Durchsetzung vermögensrechtlicher
Ansprüche des Bundespersonals einzuhaltende Verfahren aber - wie dargelegt
- eine Ausnahmeregelung dar, die nur dort zur Anwendung gelangen kann,
wo eine entsprechende Norm eine Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden
zur Erledigung der vermögensrechtlichen Streitigkeit schafft (in BGE 101
Ib 348 ff. nicht publizierte E. 1). Im vorliegenden Fall räumt Art. 57
Abs. 3 BO (3) lediglich eine Zuständigkeit ein, die Berechnung des
Kaufkraftausgleichs zu regeln und den Ausgleich für jeden Dienstort zu
bestimmen, nicht aber auch eine solche, damit verbundene Streitigkeiten im
Einzelfall zu erledigen. Die ursprüngliche Regelung von Absatz 3 lautete
denn dementsprechend auch (AS 1965 178):

    3 Das Departement bestimmt, je im Einvernehmen mit dem Finanz- und

    Zolldepartement, wie die Preiserhebungen vorzunehmen sind und setzt den

    Ausgleichsansatz für jedes Land oder jeden Dienstort fest.

    Die verwaltungsrechtliche Klage erweist sich somit im vorliegenden
Fall als das zulässige Rechtsmittel.