Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 117 IB 114



117 Ib 114

17. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 11.
Juli 1991 i.S. Mietervereinigung Bahnhof Stadelhofen etc., Gewerkschaft
Verkauf/Handel/Transport/Lebensmittel (VHTL) u. Mitb., Stadt Zürich
und Schweizerische Bundesbahnen gegen Eidgenössisches Verkehrs- und
Energiewirtschaftsdepartement etc. (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 39 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EBG); Begriff
des Bahnnebenbetriebes im Zürcher S-Bahnhof Stadelhofen.

    1. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichtes (E. 4).

    2. Nachdem weder das Bundesamt für Verkehr noch das Eidgenössische
Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement die Frage der Öffnungszeiten
der umstrittenen Geschäfte nach Art. 39 Abs. 3 EBG beurteilt haben, kann
das Bundesgericht nur die Auslegung von Art. 39 Abs. 1 EBG prüfen (E. 5).

    3. Zur Auslegung des Begriffes des Bedürfnisses des Bahnbetriebes
und des Verkehrs nach Art. 39 Abs. 1 EBG ist auf die Art, Lage
und Grösse des Bahnhofs sowie auf die Zusammensetzung der ihn
frequentierenden Bahnkundschaft abzustellen. Der Bahnnebenbetrieb ist
- neben traditionell anerkannten Einrichtungen (E. 6) oder heutigen
Bedürfnissen entsprechenden Weiterentwicklungen von solchen - analog der
Regelung im Nationalstrassenbereich (Art. 4 Abs. 1 der Verordnung über
die Nationalstrassen vom 24. März 1964) als kioskartiger Verkaufs- oder
Dienstleistungsraum zu verstehen. Er zeichnet sich durch eine beschränkte
Grösse und eine kioskartige Organisation aus (Schnell-/ Selbstbedienung
ohne grössere Kundenberatung bei beschränktem Warenangebot) (E. 7 u. 8).

Sachverhalt

    A.- Am 27. Dezember 1989 bezeichnete das Bundesamt für Verkehr im
Anstandsverfahren nach Art. 40 Abs. 1 lit. g des Eisenbahngesetzes vom
20. Dezember 1957 (SR 742.101) 14 Geschäfte auf dem Zürcher S-Bahnhof
Stadelhofen als Bahnnebenbetriebe gemäss Art. 39 Abs. 1 und 3 EBG sowie
zehn Geschäfte als kommerzielle Nutzungen nach Abs. 4 der gleichen
Bestimmung. Zur Frage der Öffnungszeiten äusserte sich das Bundesamt
nicht ausdrücklich.

    Nachdem von verschiedener Seite gegen diese Verfügung beim
Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement Beschwerde
geführt worden war, aberkannte dieses am 13. Juli 1990 einem vom
Bundesamt als Nebenbetrieb qualifizierten Geschäft diesen Status, sprach
ihn dagegen in Abweichung vom erstinstanzlichen Entscheid vier weiteren
neu zu. Gegen diesen Entscheid reichten die Mietervereinigung Bahnhof
Stadelhofen, die Ochsner Engros AG, die Feldpausch AG, die Spengler AG,
die Messer Dolmetsch AG sowie die Schweizerischen Bundesbahnen einerseits,
andererseits die Gewerkschaft Verkauf/Handel/Transport/Lebensmittel
(VHTL), der Kaufmännische Verband Zürich (KVZ) sowie die Stadt Zürich
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht ein.

    Die Geschäfte, denen der Status als Nebenbetrieb nicht zuerkannt worden
ist, die Mietervereinigung Bahnhof Stadelhofen und die Schweizerischen
Bundesbahnen beantragen die Aufhebung des angefochtenen Entscheides
unter Zusprechung des Nebenbetriebsstatus an alle Betriebe. Die von den
Bundesbahnen in die Mietverträge aufgenommenen Geschäftszeiten (von 08.00
Uhr bis 20.00 Uhr) seien zu bestätigen. Das vorliegende Verfahren solle
bis zur Hängigmachung des Entscheides über die Ladenöffnungszeiten vor
Bundesgericht sistiert werden. Die Verfahren seien dann zusammenzulegen
und gemeinsam zu behandeln.

    Die Gewerkschaft Verkauf/Handel/Transport/Lebensmittel (VHTL) sowie der
Kaufmännische Verband Zürich (KVZ) beantragen, der angefochtene Entscheid
sei aufzuheben und verschiedenen Geschäften im S-Bahnhof Stadelhofen
der Nebenbetriebsstatus zu verweigern. Die Stadt Zürich beantragt, den
angefochtenen Entscheid teilweise aufzuheben und festzustellen, dass
es sich bei den im Untergeschoss des Bahnhofs Stadelhofen errichteten
Läden mit zwei Ausnahmen nicht um Bahnnebenbetriebe im Sinne von Art. 39
Abs. 1-3 EBG handle.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde der Ochsner Engros AG,
der Feldpausch AG, der Spengler AG und der Messer Dolmetsch AG
ab. Die Beschwerden der Mietervereinigung Bahnhof Stadelhofen, der
Schweizerischen Bundesbahnen, der Stadt Zürich und der Gewerkschaft
Verkauf/Handel/Transport/Lebensmittel (VHTL) rsp. des Kaufmännischen
Verbandes Zürich (KVZ) heisst es, soweit es darauf eintritt, im Sinne
der Erwägungen teilweise gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 4

    4.- a) Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann beim Bundesgericht
die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder
Missbrauch des Ermessens, gerügt (Art. 104 lit. a OG) sowie eine unrichtige
und unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes
geltend gemacht werden (Art. 104 lit. b OG). Nicht überprüfen kann das
Bundesgericht die Angemessenheit des angefochtenen Entscheides (Art. 104
lit. c OG).

    Das Bundesgericht kontrolliert die Anwendung des Bundesrechtes von
Amtes wegen. Da es an die Begründung der Begehren nicht gebunden ist, kann
es die Beschwerde aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen
oder den Entscheid mit einer von der Vorinstanz abweichenden Begründung
bestätigen (Art. 114 Abs. 1 in fine OG; BGE 115 Ib 57 E. 2b mit Hinweis).

    b) Die Frage, ob die Bedürfnisse des Bahnbetriebes oder des Verkehrs
einen Nebenbetrieb rechtfertigen, ist grundsätzlich eine Rechts- und
keine Ermessensfrage. Ermessensfrage ist, ob bei Bedürfnis nach einem
Nebenbetrieb die Bahn von der Befugnis, einen solchen einzurichten,
Gebrauch machen will oder nicht (BGE 98 Ib 229 E. 3). Das Bundesgericht
überprüft die Frage nach dem Bedürfnis daher grundsätzlich frei und
umfassend (BGE 115 Ib 135 E. 3, 112 Ib 428 E. 3 mit Hinweisen). Weil
der Begriff des Bedürfnisses aber ein unbestimmter Rechtsbegriff ist,
billigt es den Verwaltungsbehörden bei seiner Auslegung und Anwendung einen
gewissen Beurteilungsspielraum zu. Es hält sich dabei insbesondere dort
zurück, wo Verhältnisse zu beurteilen sind, welche die Verwaltungsbehörden
besser kennen und überblicken (BGE 112 Ib 549 E. 1d; vgl. RENÉ
A. RHINOW/BEAT KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung,
Ergänzungsband, Basel und Frankfurt 1990, S. 206 ff.). Bei der Würdigung
technischer Fragen, deren Beurteilung durch die zuständige Instanz im
Grenzbereich zwischen Rechtsanwendung und Ermessensbetätigung liegt,
lässt es ebenfalls eine gewisse Zurückhaltung walten. Zu prüfen ist
in solchen Fällen, ob die für den Entscheid zuständige Behörde alle
wesentlichen Gesichtspunkte vollständig und gewissenhaft geprüft hat
(BGE 115 Ib 136 E. 3).

Erwägung 5

    5.- Umstritten ist die Auslegung von Art. 39 des Eisenbahngesetzes
vom 20. Dezember 1957 (EBG; SR 742.101), der lautet:

    "1 Wo die Bedürfnisse des Bahnbetriebes und des Verkehrs es
   rechtfertigen, sind die Bahnunternehmungen befugt, auf Bahngebiet und in

    Zügen Nebenbetriebe einzurichten.

    2 Solche Nebenbetriebe unterstehen den Vorschriften über die Gewerbe-,

    Gesundheits- und Wirtschaftspolizei sowie den von den zuständigen
Behörden
   verbindlich erklärten Regelungen über das Arbeitsverhältnis.

    3 Soweit indessen Bedürfnisse des Bahnbetriebes und des Verkehrs es
   erfordern, finden die Vorschriften von Kantonen und Gemeinden über
   die Öffnungs- und Schliessungszeiten keine Anwendung.

    4 Einrichtung und Betrieb der auf Erwerb ausgerichteten Nebennutzungen
   auf Bahngebiet, die von Bahnbetrieb und -verkehr unabhängig sind,
   unterstehen der ordentlichen Gesetzgebung des Bundes und der Kantone."

    a) Nach dem Gesetzestext stellt sich zunächst die Frage, ob ein
Bedürfnis des Bahnbetriebes oder des Verkehrs die Einrichtung eines
Nebenbetriebes rechtfertigt. Erst wenn dies bejaht worden ist, kann
geprüft werden, ob im Interesse des Bahnbetriebes und des Verkehrs auch
von den ortsüblichen Öffnungs- und Schliessungszeiten abzuweichen ist. Da
die beiden Bedürfnisfragen eng miteinander verbunden sind, können sie
grundsätzlich im gleichen Verfahren beurteilt werden. Im vorliegenden
Fall wurden jedoch die Fragen getrennt, wobei das Bundesamt für Verkehr
am 7. Mai 1991 zudem auf ein Gesuch der Stadt Zürich, die Öffnungszeiten
der Nebenbetriebe im Bahnhof Stadelhofen zu bestimmen, wegen der vor
Bundesgericht hängigen Verfahren nicht eingetreten ist. Es stehe den
Parteien frei, nach dem Entscheid des Bundesgerichtes erneut an das
Bundesamt zu gelangen.

    b) Wenn es auch wünschbar gewesen wäre, die Frage des Charakters
als Nebenbetrieb und der Öffnungszeiten vor Bundesgericht gemeinsam zu
behandeln, kann doch dem Antrag verschiedener Beschwerdeführerinnen,
dies heute direkt zu tun, nicht entsprochen werden. Der Entscheid über
die Öffnungszeiten fällt nach Art. 40 Abs. 1 lit. g EBG bei Anständen
dem Bundesamt für Verkehr zu. Gegen seine Verfügung steht der Rechtsweg
an das Departement und anschliessend an das Bundesgericht offen. Nachdem
weder das Bundesamt noch das Departement die Frage der Öffnungszeiten
beurteilt haben, fehlt es in diesem Punkt an einer Verfügung nach
Art. 5 VwVG, welche das Bundesgericht letztinstanzlich beurteilen könnte
(vgl. Art. 97 Abs. 1 OG). Wohl spricht das Bundesamt für Verkehr in seinem
Entscheid vom 27. Dezember 1989 von "Nebenbetrieben im Sinn von Art. 39
Abs. 1 und 3 EBG", doch ergibt sich aus der Begründung der Verfügung,
dass es das Anstandsverfahren auf die Abklärung des Bedürfnisses nach
Abs. 1 beschränkt hat. Zur Beurteilung des Bedürfnisses nach abweichenden
Ladenöffnungszeiten gemäss Abs. 3 von Art. 39 EBG kommt es massgebend auf
das durch die Eisenbahn im Bahnhof Stadelhofen ausserhalb der normalen
Öffnungs- und Schliessungszeiten bewirkte Verkehrsaufkommen an. Zu diesem
haben sich aber weder Bundesamt noch Departement bereits geäussert.

    Der Entscheid in den vorliegenden Verfahren ist dementsprechend auf die
Frage nach dem Charakter als Nebenbetrieb der verschiedenen Geschäfte unter
Auslegung von Art. 39 Abs. 1 EBG zu beschränken. Auf das Rechtsbegehren,
es seien die Ladenöffnungszeiten der Nebenbetriebe von täglich 08.00 Uhr
bis 20.00 Uhr festzusetzen, kann nicht eingetreten werden. Der Antrag
der Feldpausch AG, die vorliegenden Verfahren vorläufig zu sistieren,
ist mit dem unangefochten gebliebenen Entscheid des Bundesamtes vom
7. Mai 1991 hinfällig geworden. Da das Bundesgericht nicht die im Rahmen
von Art. 39 Abs. 3 EBG vorgesehenen Ladenöffnungszeiten zu prüfen hat,
kann offenbleiben, ob das entsprechende kantonale oder kommunale Recht
auf gewisse Betriebe wegen ausserhalb dieser bundesrechtlichen Regelung
liegender Gründe keine Anwendung findet.

Erwägung 6

    6.- a) Bei seiner Einführung im Jahre 1957 zielte Art. 39 Abs. 1 EBG
mit der Umschreibung, wonach Nebenbetriebe eingerichtet werden können,
"wo die Bedürfnisse des Bahnbetriebes und des Verkehrs es rechtfertigen",
auf einen relativ begrenzten Kreis von Geschäften und Einrichtungen
ab, wie etwa Bahnhofswirtschaften, Speisewagen, Kioske für Zeitungen,
Bücher, Lebensmittel und anderen Reisebedarf. Die Bestimmung sollte
aber bereits damals den wachsenden Ansprüchen einer zunehmenden Zahl
von Reisenden auf Erleichterungen und Annehmlichkeiten unterwegs wie
während den Umschlagszeiten in Zügen und auf dem Bahngebiet Rechnung
tragen. Während der parlamentarischen Beratung unterstrich der
Berichterstatter im Nationalrat, Art. 39 Abs. 1 EBG sei weit gefasst,
er decke beispielsweise auch die Einrichtung von Hotels ab, wie sie im
Ausland in zahlreichen Bahnhöfen bereits bestünden (Sten. Bull. 1957 NR
724; Votum Bratschi). Ganze Basare und Warenhäuser wolle man aber nicht
sich installieren lassen; vorläufig werde nicht dem Beispiel gewisser
ausländischer Bahnverwaltungen gefolgt, "die den Passagieren noch alle
möglichen andern Gelegenheiten" zur Verfügung stellten (Sten. Bull. 1957
NR 725; Votum Huber).

    b) In der Literatur sind unter anderem Bäder, Coiffeursalons,
Apotheken, Kioske und Läden für den Reisebedarf, Geldwechselstuben,
Bahnhofbuffets, Bahnkinos sowie Kantinen für das Bahnpersonal
als Nebenbetriebe bezeichnet worden (JEAN-PIERRE KÄLIN, Das
Eisenbahn-Baupolizeirecht, Diss. Zürich 1977, S. 61 f.; vgl. auch JACQUES
MEYLAN, Le domaine ferroviaire en droit comparé, thèse Lausanne 1965,
S. 196 ff., ROLF TINNER, Rechtsbeziehungen zwischen Bund und Kantonen im
Eisenbahnwesen, Diss. Zürich 1941, S. 142 ff.).

    c) Das Bundesgericht hatte sich im Jahre 1972 mit der Auslegung von
Art. 39 EBG zu beschäftigen, wobei es damals den Nebenbetriebsstatus einer
Apotheke im Berner Hauptbahnhof beurteilte. In diesem Entscheid unterstrich
das Gericht, dass Art. 39 EGB die Benutzung der Bahn fördern wolle. Der
Umfang der von den Bahnunternehmungen zu befriedigenden Bedürfnisse
sei nicht ein für allemal gegeben und wachse mit dem Lebensstandard der
Bahnbenützer. Diesem Umstand habe der Gesetzgeber Rechnung getragen, indem
er als Rechtfertigungsgrund für die Errichtung der Nebenbetriebe einen
unbestimmten Rechtsbegriff gewählt habe. Die Art der Bedürfnisse könne sich
ändern, vor allem eine Ausweitung erfahren. Die neuen Bedürfnisse müssten
dann aber von einer gewissen Stärke sein. Die Befriedigung vereinzelter
oder ausgefallener Wünsche, die gelegentlich von Reisenden geäussert
würden, gehörten ebensowenig dazu, wie Bedürfnisse, die von den Reisenden
ebensogut und ohne Behinderung vor oder nach der Reise befriedigt werden
könnten oder die sie ohne Beeinträchtigung ihres Anspruchs auf bequemes
Reisen ausserhalb des Bahnbetriebes decken könnten (BGE 98 Ib 231 E. 6).

Erwägung 7

    7.- a) Seit 1957 haben sich die Reisegewohnheiten gewandelt.  Die
Gesetzgeber von Bund, Kantonen und Gemeinden versuchen auf verschiedenen
Wegen, sie zugunsten des öffentlichen Verkehrs zu beeinflussen (Konzept
Bahn 2000; Umwelt-Abonnemente usw.). Diese Bemühungen decken sich mit Sinn
und Zweck von Art. 39 EBG, die Attraktivität des Bahnverkehrs durch die
Zulassung von Nebenbetrieben zu steigern. Für den Standpunkt der Stadt
Zürich, der Gewerkschaft VHTL und des Kaufmännischen Verbandes Zürich,
dass durch Nebenbetriebe nur gerade Bedürfnisse befriedigt werden dürften,
die während der Bahnreise entstünden, sprechen weder die Materialien noch
der Sinn und Zweck dieser Bestimmung. Eine solch enge Auslegung trüge auch
der im Nationalstrassenbereich festzustellenden Entwicklung keine Rechnung.

    b) Nach Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 8. März 1960 über die
Nationalstrassen (NSG; SR 725.11) können, wo der seitliche Zugang zu
den Nationalstrassen verboten ist, "entsprechend den Bedürfnissen, auf
Strassengebiet Anlagen errichtet werden, die der Abgabe von Treib- und
Schmierstoffen sowie der Versorgung, der Verpflegung und der Beherbergung
der Strassenbenützer dienen". Der Betrieb dieser Nebenanlagen untersteht
nach Art. 50 NSG insbesondere den Vorschriften über die Gewerbe-,
Gesundheits- und Wirtschaftspolizei. Soweit die Bedürfnisse des Verkehrs
oder allgemeine Interessen es erfordern, kann das Eidgenössische
Departement des Innern abweichende Vorschriften aufstellen (Art. 50
Satz 2 NSG). Gedacht wurde dabei insbesondere an abweichende Öffnungs-
und Schliessungszeiten (BBl 1971 I 1111).

    Als Nebenanlagen im Sinne von Art. 7 NSG gelten Tank- und damit
verbundene Informationsstellen, Verkaufsräume (Kioske), Erfrischungsräume,
Restaurants und Beherbergungsbetriebe (Art. 4 Abs. 1 der Verordnung
über die Nationalstrassen vom 24. März 1964; NSV, SR 725.111). In
seiner Botschaft erklärte der Bundesrat, dass die bisherige Praxis
bis an die Grenze des Zulässigen ausgeschöpft worden sei: "So ist in
den Autobahnraststätten der Begriff des Kiosks ausgedehnt worden; diese
Geschäfte bieten alles an, was der durchreisende Automobilist wünschen mag"
(BBl 1971 I 1106).

    Bei dieser Ausgangslage ist nicht einzusehen, weshalb im Rahmen des
Bahnverkehrs der Begriff des Nebenbetriebes entgegen der Praxis bei den
Nationalstrassen restriktiver auszulegen wäre, obwohl die entsprechende
gesetzliche Regelung grundsätzlich weiter formuliert ist als jene
im Nationalstrassengesetz. Dass Bahnhöfe in oder bei Agglomerationen
liegen, während Autobahnraststätten sich ausserhalb solcher entlang
von Nationalstrassen finden, vermag daran nichts zu ändern, da dies nur
teilweise stimmt und der motorisierte Reisende für einen Einkauf gerade
den Vorteil seiner Mobilität hat.

    c) Auch der Einwand der Stadt Zürich, Ausnahmebestimmungen seien
generell restriktiv auszulegen, überzeugt nicht. Sollte es sich bei Art. 39
EBG überhaupt um eine solche handeln, so ist er doch nach seinem Sinn und
Zweck im Rahmen der allgemeinen Regelung und nicht generell restriktiv oder
extensiv auszulegen (BGE 114 V 302 E. e; RENÉ A. RHINOW/BEAT KRÄHENMANN,
aaO, S. 60, Nr. 20 III b; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER, Grundriss des
Allgemeinen Verwaltungsrechts, Zürich 1990, Rz. 187).

Erwägung 8

    8.- Aus dem Gesagten lässt sich nun aber nicht ableiten, dass als
Nebenbetrieb jede Geschäftstätigkeit zu gelten hätte, welche die Eisenbahn
als Verkehrsmittel attraktiver macht. Zwischen Geschäftstätigkeit und
Bahnreiseverkehr hat nach wie vor ein sachlicher Zusammenhang zu bestehen.

    a) Im konkreten Fall ist abzuklären, ob an einem bestimmten Ort für
eine Geschäftstätigkeit ein Bedürfnis des Bahnbetriebes und des Verkehrs
besteht oder nicht. Je nach der Grösse des Bahnhofs, seiner Lage und
je nach der Zusammensetzung der ihn frequentierenden Bahnkundschaft
variiert die Antwort, welche Aktivität noch als Nebenbetrieb zu
gelten hat und welche nicht mehr (BBl 1956 I 251; ROLF TINNER, aaO,
S. 146). In einem typischen Touristenbahnhof sind andere Bedürfnisse zu
befriedigen als in einem vor allem von Pendlern benutzten Bahnhof. Einer
Auslegung des Bedürfnisbegriffs losgelöst von den konkreten Umständen,
in dem Sinne etwa, dass sämtliche Güter des täglichen Bedarfs wegen
der veränderten Reisegewohnheiten und zur Hebung der Sicherheit auf
Bahnhöfen generell in Nebenbetrieben angeboten werden dürften, kann nicht
gefolgt werden. Als unzulänglich und überholt empfundene kantonale oder
kommunale Ladenöffnungszeiten sind nicht durch eine überdehnte Auslegung
eisenbahnrechtlicher Regelungen auszuhöhlen - was einen unzulässigen
Eingriff in die verfassungsmässige Aufgabenteilung von Bund und Kantonen
bedeuten würde -, sondern im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
anzupassen.

    b) In Anlehnung an das Nationalstrassenrecht ist der
eisenbahnrechtliche Nebenbetrieb grundsätzlich ebenfalls als "Verkaufsraum
(Kiosk)" (vgl. Art. 4 Abs. 1 NSV) zu verstehen. Wie die Materialien
zeigen, war im Eisenbahnrecht der Begriff des Nebenbetriebes ursprünglich
ebenfalls mit der Idee eines "Kiosks" verbunden. Etwas anderes ergibt
sich auch nicht aus der Revision von Art. 39 EBG im Jahre 1982, ging
es doch dabei lediglich darum, auf Gesetzesebene klarzustellen, dass
Bahnbetriebe nicht nur dort auf ihrem Gebiet kommerziell tätig werden
dürfen, wo ein Bedürfnis des Betriebes oder des Verkehrs besteht (BBl
1981 I 336). Geschäftsräume für einen Nebenbetrieb zeichnen sich daher in
der Regel durch eine beschränkte Grösse und eine bestimmte, kioskartige
Organisation (Schnell-/Selbstbedienung ohne grössere Kundenberatung)
aus, wobei sich eine Beschränkung des Angebotes aus den Bedürfnissen der
Bahnkunden im Zusammenhang mit ihrer Reisetätigkeit und aus der Art des
Bahnhofs ergibt (vgl. ROLF TINNER, aaO, S. 143).

    c) Die Regelung von Art. 39 Abs. 1 EBG hat keine wirtschaftspolitische
Zielsetzung. Sie bezweckt ausschliesslich die bestmögliche Abdeckung
der durch den Bahnverkehr beim Personal und den Reisenden entstehenden
Bedürfnisse. Die Tatsache, dass ein bestimmtes Bedürfnis des Verkehrs am
Bahnhof bereits durch ein Geschäft abgedeckt wird, schliesst daher die
Zulassung weiterer Geschäfte als Nebenbetriebe nicht aus. Ein solcher
Numerus clausus kann Art. 39 EBG - entgegen den Vorbringen der Stadt
Zürich, der Gewerkschaft VHTL und des Kaufmännischen Verbandes Zürich -
nicht entnommen werden. Geschäften, die sich mit einem gleichen oder
ähnlichen Angebot an den Bahnkunden wenden, müssen im Rahmen einer
verfassungskonformen Auslegung von Art. 39 EBG soweit möglich die gleichen
Wettbewerbschancen geboten werden.

Erwägung 9

    9.- Stadelhofen ist ein stark frequentierter, zentral gelegener Bahnhof
der Zürcher S-Bahn. Mit prognostizierten 50 000 ein- und aussteigenden
Passagieren pro Tag nimmt er in Zürich die zweite Stelle nach dem
Hauptbahnhof ein. Den weitaus grössten Teil der Reisenden machen die
Berufspendler aus. An Werktagen verkehren in Stadelhofen rund 450 Züge,
225 in jede Richtung; ab dem Hauptperron 1 die Züge Zürich-einwärts,
ab den Perrons 2 und 3 der Auswärtsverkehr in Richtung Meilen, Uster,
Rapperswil und Winterthur.

    a) Das nach Art. 39 Abs. 1 EBG in Stadelhofen durch Nebenbetriebe
zu befriedigende Bedürfnis ist deshalb in erster Linie ein solches
von Berufspendlern im Lokalverkehr. Hierauf muss das Angebot vor allem
ausgerichtet sein (neben den klassischen Nebenbetrieben oder heutigen
Bedürfnissen entsprechenden Weiterentwicklungen von solchen), damit ein
Geschäft als Bahnnebenbetrieb anerkannt werden kann. Der Berufspendler muss
am Bahnhof - entsprechend den geänderten Arbeits- und Lebensbedingungen
in Grossstadt-Agglomerationen - seine Grundlebensbedürfnisse in einer dem
Bahnreisen entsprechenden Art und Weise (schneller Kauf beispielsweise
von leicht im Zug transportablen Waren) befriedigen können. Insofern ist
der allgemeinen Begriffsumschreibung des Departementes zu folgen. Käufe,
die normalerweise Zeit in Anspruch nehmen, für die oft mehrere Geschäfte
aufgesucht werden, bis sich das Richtige findet, müssen nicht in
Bahnnebenbetrieben getätigt werden. Wohl mag es für Pendler wünschenswert
erscheinen, auch solche Bedürfnisse auf Bahnareal zu befriedigen, doch
ist hierfür auf die kommerzielle Nutzung nach Abs. 4 von Art. 39 EBG zu
verweisen. Ein Bedürfnis der Pendler nach einem Nebenbetrieb wegen ihres
berufsbedingten Bahnreisens besteht in diesem Fall nicht. Dass ein breites
Warenangebot den Bahnhof als solchen attraktiver und das Verbringen der
Wartezeiten abwechslungsreicher gestaltet, vermag daran ebensowenig
zu ändern wie der Leistungsauftrag der Bundesbahnen. Im Rahmen der
kommerziellen Nutzung ist die Einrichtung von Läden mit einem nicht dem
Bedürfnis des berufsmässigen Pendlerverkehrs angepassten Warensortiment
ohne weiteres möglich.

    b) Als missverständlich erweist sich der vom Departement geprägte
Begriff des "Spontankaufs". Auf diesen darf der Bahnnebenbetrieb nicht
grundsätzlich beschränkt werden. Die Tatsache, dass ein Pendler im
Hinblick auf die Inanspruchnahme einer Dienstleistung am Bahnhof gewisse
Vorbereitungen noch an seinem Wohnort trifft, lässt nicht den Rückschluss
zu, die Dienstleistung entspreche nicht einem Bedürfnis nach Art. 39
Abs. 1 EBG.

    Richtig ist, dass es sich beim Angebot um Waren oder Dienstleistungen
handeln muss, die "en passant", ohne grossen Zeitaufwand gekauft oder
in Anspruch genommen werden. Käufe und Dienstleistungen, die mehr Zeit
benötigen, können von den Pendlern - vor allem bei der Lage des Bahnhofs
Zürich-Stadelhofen - in Geschäften ausserhalb des Bahnareals vor und
nach der Reise (BGE 98 Ib 232 E. 6) getätigt oder beansprucht und auf
dem Bahnareal nur im Rahmen der kommerziellen Nutzung angeboten werden.