Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 117 IB 111



117 Ib 111

16. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
4. Juni 1991 i.S. Stadt Zürich gegen Schweiz. Bundesbahnen, Bundesamt
für Verkehr und Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 99 lit. c OG, Art. 18 und Art. 18a EBG; Bahnhof-Umbau,
Anfechtung einer im ordentlichen eisenbahnrechtlichen Verfahren ergangenen
Plangenehmigungsverfügung.

    Wird nicht der Inhalt der Pläne angefochten, sondern die Frage
aufgeworfen, ob der Bund oder der Kanton zur Bewilligung der vorgesehenen
Nutzungen zuständig sei, so ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde und nicht
die verwaltungsrechtliche Beschwerde an den Bundesrat gegeben (E. 1a).
Beschwerdebefugnis der Gemeinde (E. 1b).

Sachverhalt

    A.- Am 6. September 1985 leiteten die Schweizerischen Bundesbahnen
das eisenbahnrechtliche Plangenehmigungsverfahren für den Um- und
Ausbau des Hauptbahnhofes Zürich sowie für den Innenausbau des Bahnhofes
Museumstrasse ein. Im Verlaufe des Verfahrens wurde die Vorlage aufgeteilt.
Nach Bewilligung eines ersten Projektes über den Um- und Ausbau des
Aufnahmegebäudes erteilte das Bundesamt für Verkehr dem Projekt "Zürich
Hauptbahnhof, architektonische Gestaltung der Fassaden und des Bauvolumens
des Nordtraktes" am 28. September 1987 die Genehmigung. Gegen die
Plangenehmigungsverfügung erhob neben dem Schweizer Heimatschutz auch die
Stadt Zürich Beschwerde. Sie stellte den Antrag, das Verfügungs-Dispositiv
sei mit dem Vorbehalt zu ergänzen, dass die erweiterten kommerziellen
Nutzungen des künftigen Hauptbahnhofes Zürich nicht Objekt vorliegender
Genehmigung seien und einer kommunalen Baubewilligung bedürften. Das
Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement wies die
Beschwerde am 6. September 1988 ab, soweit es auf sie eintrat. Hierauf
wandte sich die Stadt Zürich mit Beschwerde an den Bundesrat, der die
Eingabe nach Durchführung eines Meinungsaustausches über die Frage der
Zuständigkeit dem Bundesgericht zur Behandlung überwies. Das Bundesgericht
weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Der angefochtene Entscheid des EVED erging auf Beschwerde gegen
die im ordentlichen Plangenehmigungsverfahren erlassene Verfügung des
Bundesamtes für Verkehr (vgl. Art. 20 lit. b und Art. 29 der Verordnung
vom 23. Dezember 1932 über die Planvorlagen für Eisenbahnbauten;
SR 742.142) und stellt somit ebenfalls eine Verfügung über Pläne
dar, die weder mit einer Enteignung noch mit einer Landumlegung
zusammenhängt und daher gemäss Art. 99 lit. c OG grundsätzlich nicht
der Verwaltungsgerichtsbarkeit unterliegt. Die Stadt Zürich ficht
jedoch nicht den Inhalt dieser Pläne und deren Genehmigung an sich an,
sondern ersucht um Feststellung, dass gewisse kommerzielle Nutzungen des
Bahnareals nicht Gegenstand der Plangenehmigung bildeten, sondern einer
kommunalen Baubewilligung bedürften. Damit wirft sie im Lichte von Art. 18
und 18a des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EBG; SR 742.101)
die Frage der Zuständigkeit von Bund oder Kanton zur Bewilligung der
fraglichen Nutzungen auf. Diese Frage der Abgrenzung eidgenössischen
und kantonalen Rechts ist - sofern sie sich nicht vorfrageweise in
einem Baubewilligungs- oder Plangenehmigungsverfahren stellt - in einem
sogenannten (selbständigen) Anstandsverfahren nach Art. 40 lit. a EBG zu
beurteilen, welches letztinstanzlich mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde
ans Bundesgericht führt (BGE 111 Ib 249 E. 5, 116 Ib 403 ff.). Unter
diesen Umständen kann die Beschwerde der Stadt Zürich gleich wie in einem
Anstandsverfahren als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegengenommen
und behandelt werden. Dabei kann offenbleiben, wie vorzugehen wäre,
wenn die Beschwerdeführerin gleichzeitig auch den Inhalt der Pläne
angefochten hätte.

    b) Zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist befugt, wer durch die
angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an
deren Aufhebung oder Änderung hat (Art. 103 lit. a OG), ferner jede andere
Person, Organisation oder Behörde, die das Bundesrecht zur Beschwerde
ermächtigt (Art. 103 lit. c OG).

    Das Bundesrecht enthält keine ausdrückliche Ermächtigung der Gemeinde,
im Verfahren nach Art. 40 EBG Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu erheben. Es
fragt sich deshalb, ob die Stadt Zürich als berührt im Sinne von Art. 103
lit. a OG gelten könne. Das ist zu bejahen. Zwar hat die Beschwerdeführerin
- wie dargelegt - nicht ein selbständiges Anstandsverfahren nach Art. 40
EBG eingeleitet, sondern im Plangenehmigungsverfahren verlangt, dass das
kommunalrechtliche Baubewilligungsverfahren ausdrücklich vorbehalten werde;
inhaltlich kommt ihr Antrag jedoch einem Begehren nach Art. 40 EBG auf
Feststellung der Zuständigkeit zur Bewilligung von Bauten auf Bahnareal
gleich. In einem solchen durch die Gemeinde veranlassten Anstandsverfahren
wäre diese Partei und unmittelbare Adressatin der Feststellungsverfügung
und damit ohne weiteres zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde befugt (FRITZ
GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. A. 1983, S. 167 ff.; FRITZ GYGI,
Vom Beschwerderecht in der Bundesverwaltungsrechtspflege, "recht" 1986 S. 8
f.). Dass die Stadt Zürich ein schutzwürdiges eigenes Interesse an der
Klärung der Frage hat, ob die städtische Baupolizeibehörde zur Durchführung
des Baubewilligungsverfahrens für bestimmte Bauvorhaben zuständig sei,
liegt auf der Hand. Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.