Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 117 IB 1



117 Ib 1

1. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 15. Februar 1991 i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung gegen G. B.,
Kantonales Steueramt und Bundessteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 21 Abs. 1 lit. a BdBSt (Begriff des Ersatzeinkommens).

    Eine Ersatzleistung des Schädigers für die Beeinträchtigung in der
Haushaltführung (sog. Haushaltentschädigung) ist keine Ersatzleistung
nach Art. 21 Abs. 1 lit. a BdBSt und damit steuerfrei (E. 2).

Sachverhalt

    A.- Frau E. B. erlitt im Jahre 1978 einen Verkehrsunfall. Sie
blieb invalid. Im Jahre 1986 zahlte ihr die Haftpflichtversicherung des
Schädigers nebst einer Erwerbsausfallentschädigung, einer Genugtuung
inkl. Zins und einer Entschädigung für Kosten für künftige Operationen
eine sog. Haushaltentschädigung aus.

    Bei der Steuerveranlagung 1987/88 ihres Ehemannes G. B. unterwarf
der Steuerkommissär den "Haushaltschaden" von Fr. ... der direkten
Bundessteuer.

    Die Bundessteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich sah auf Beschwerde
von G. B. hin von der Besteuerung der Haushaltentschädigung ab (Urteil
vom 5. September 1989).

    Dagegen führt die Eidgenössische Steuerverwaltung
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie macht geltend, die Haushaltentschädigung
sei zu besteuern, und beantragt, G. B. sei mit einem steuerbaren Einkommen
von Fr. ... zum Satze von Fr. ... zu veranlagen. Das Bundesgericht weist
die Beschwerde ab

Auszug aus den Erwägungen:

                  aus folgenden Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Vor Bundesgericht ist einzig noch streitig, ob die
Haushaltentschädigung von Fr. ... nach Art. 21 BdBSt steuerbares
Einkommen darstellt. Die Vorinstanz verneinte dies, im wesentlichen
mit der Begründung, die Haushaltentschädigung sei kein Ersatzeinkommen
im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. a BdBSt; denn sie diene nicht dazu,
wegfallende ordentliche Arbeitseinkünfte zu ersetzen, da bei der Führung
des eigenen Haushalts keine Besteuerung von Einkommen erfolge.

    b) Nach Art. 21 Abs. 1 BdBSt fällt das gesamte Einkommen des
Steuerpflichtigen aus Erwerbstätigkeit, Vermögensertrag oder anderen
Einnahmequellen in die Steuerberechnung. Die nachfolgende Aufzählung
in Absatz 1 lit. a bis f wird durch das Wort "insbesondere" eingeleitet
und ist daher bloss beispielhaft und nicht abschliessend. Als Einkommen
gilt nach der Rechtsprechung die Gesamtheit derjenigen Wirtschaftsgüter,
die einem Individuum während eines bestimmten Zeitabschnitts zufliessen,
und die es ohne Schmälerung seines Vermögens zur Befriedigung seiner
persönlichen Bedürfnisse und für seine laufende Wirtschaft verwenden kann
(ASA 56, 63 E. 1b, mit Hinweisen).

    Für den Bereich der natürlichen Personen ohne buchführungspflichtige
Unternehmung ist das für die Besteuerung massgebende Einkommen nicht nach
einer generell verbindlich vorausgesetzten Einkommenstheorie, sondern
im konkreten Einzelfall anhand der in Art. 21 BdBSt positiv (Abs. 1) und
negativ (Abs. 3) aufgezählten Beispiele, d.h. pragmatisch zu ermitteln;
die beispielhafte Aufzählung von der Einkommenssteuer unterliegenden
Vermögenszugängen kann durch die getroffene Auswahl und Umschreibung der
Beispiele auch dazu dienen, die Besteuerung gewisser anderer Wertzuflüsse
auszuschliessen (ASA 56, 64 E. 1c).

    c) Nach Art. 21 Abs. 1 lit. a BdBSt ist jedes Einkommen aus einer
Tätigkeit mit Einschluss der Nebenbezüge und der Ersatzeinkommen (wie Lohn-
und Verdienstersatz, Bezüge aus Arbeitslosenversicherung, Taggelder aus
Kranken- und Unfallversicherung, Ruhegehälter, Pensionen, Alters- und
Invalidenrenten, Kapitalabfindungen aus Dienstverhältnis, insbesondere
für Ruhegehälter, Renten und Pensionen, Ersatzleistungen für bleibende
Nachteile, Entschädigungen, die für die Aufgabe oder Nichtausübung einer
Tätigkeit gewährt werden, usw.) steuerbar.

    Ersatzeinkommen sind Bezüge, die dem Steuerpflichtigen, der seine
Erwerbstätigkeit dauernd oder vorübergehend, freiwillig oder unfreiwillig,
ganz oder teilweise einstellt, die dadurch wegfallenden ordentlichen
Arbeitseinkünfte ersetzen (ASA 56, 65 E. 2b; KÄNZIG, Kommentar Wehrsteuer,
2. Aufl. 1982, Art. 21 Abs. 1 lit. a BdBSt N 58). Als Ersatzeinkommen
bezeichnet Art. 21 Abs. 1 lit. a BdBSt unter anderem "Ersatzleistungen
für bleibende Nachteile". Solche Ersatzleistungen stellen nur Einkommen
im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. a BdBSt dar, wenn sie tatsächlich an die
Stelle von Arbeitseinkommen treten, d.h. diese Einkommensquelle ganz oder
teilweise ersetzen (ASA 56, 65 E. 2b).

    d) Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen
der Vorinstanz diente die der Ehefrau des Beschwerdegegners unter dem
Titel "Haushaltschaden" ausbezahlte Entschädigung von Fr. ... dazu,
den durch ihren Unfall verursachten Schaden aus Beeinträchtigung in
der Haushaltführung abzugelten. Als Folge der Beeinträchtigung in der
Haushaltführung entsteht der verletzten Ehefrau (BGE 99 II 222 f. E. 2,
mit Hinweisen) ein Schaden, der nach Haftpflichtrecht vom Schädiger oder
dessen Versicherung zu ersetzen ist. Zu ersetzen ist der wirtschaftliche
Wert der von der Ehefrau im Haushalt geleisteten Arbeit. Dieser bemisst
sich abstrakt nach den kapitalisierten Aufwendungen für eine nach üblichen
Ansätzen zu entschädigende Haushalthilfe (BGE 113 II 350 ff. E. 2, mit
Hinweisen). Die Entschädigung für Beeinträchtigung in der Haushaltführung
ist Ersatz für einen Vermögensschaden (damnum emergens), auch wenn sie
nicht konkret zur Haushaltführung eingesetzt wird.

    e) Als Ersatzleistungen steuerbar sind nur Entschädigungen, die dazu
bestimmt sind, eine Quelle nach Art. 21 BdBSt steuerbaren Einkommens
zu ersetzen (ASA 56, 66 E. 2d). Die fragliche Entschädigung für die
Beeinträchtigung in der Haushaltführung ersetzt jedoch nicht steuerbares
Einkommen; denn der Wert der Arbeitsleistung des Steuerpflichtigen
bzw. seiner Ehefrau im Haushalt ist nicht steuerbar. Die Entschädigung
für die Beeinträchtigung in der Haushaltführung ist zudem nicht
Ersatz für entgangenen Gewinn (lucrum cessans), sondern für einen
Vermögensschaden (damnum emergens), nämlich für das Wegfallen von
Naturalleistungen. Ersatzleistungen für einen eingetretenen oder künftigen
Vermögensschaden sind steuerfrei (Urteil vom 4. März 1988 i.S. O., E. 1b,
StR 44, 176).

    Die Vorinstanz hat damit zu Recht entschieden, dass die der Ehefrau
des Beschwerdeführers ausbezahlte Entschädigung für die Beeinträchtigung
in der Haushaltführung nicht steuerbar ist.

    f) Was die Beschwerdeführerin zur Begründung ihrer Beschwerde
vorbringt, überzeugt nicht. Namentlich ist nicht einsichtig, was aus den -
abwegigen - Vergleichen mit den Naturaleinkünften eines Landwirteehepaares
und mit der Steuerfreiheit für Löhne von Beamten einer internationalen
Organisation für ihre Auffassung abgeleitet werden kann. Es erübrigt sich,
darauf weiter einzugehen.