Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 117 IA 97



117 Ia 97

18. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 22. Februar 1991
i.S. Vincenzo Iaia gegen Familienausgleichskasse der Verbandsfirmen der
Maschinen- und Metallindustrie, AHV-Rekurskommission des Kantons Thurgau
und Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste

    Art. 4 BV; Ausbildungszulagen.

    1. Rechtsetzungskompetenz und Gestaltungsspielraum der Kantone im
Bereich der Familienzulagen (E. 2).

    2. Die Regelung in § 12 des thurgauischen Gesetzes über die Kinder-
und Ausbildungszulagen (KAZG), wonach für Kinder mit zivilrechtlichem
Wohnsitz im Ausland keine Ausbildungszulagen ausgerichtet werden, lässt
sich auf ernsthafte, sachliche Gründe stützen und hält demzufolge vor
Art. 4 Abs. 1 BV (Rechtsgleichheit) stand (E. 3).

    3. Das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der
Italienischen Republik über Soziale Sicherheit von 1962/1964 bezieht sich
nur auf die bundesrechtliche Gesetzgebung über die Familienzulagen; auf
kantonalrechtliche Familienzulagenordnungen ist es nicht anwendbar (E. 4).

    4. Es ist nicht willkürlich, für die Auslegung des in § 12 KAZG
verwendeten Ausdrucks "zivilrechtlicher Wohnsitz" auf den tatsächlichen
Wohnsitzbegriff des Art. 23 Abs. 1 ZGB abzustellen (E. 5).

Sachverhalt

    A.- Vincenzo Iaia ist italienischer Staatsangehöriger. Er besitzt die
Niederlassungsbewilligung und wohnt im Kanton Thurgau. Er arbeitet bei der
Firma Hydrel AG, die der Familienausgleichskasse der Verbandsfirmen der
Maschinen- und Metallindustrie im Kanton Thurgau angeschlossen ist. Während
die älteren Kinder des Ehepaares Iaia in der Schweiz erzogen worden sind,
ist der jüngste Sohn Giovanni, geb. am 4. Juni 1971, in Italien bei seinem
Onkel aufgewachsen und besucht derzeit das Istituto Tecnico Industriale
"G. Galilei" in Ostuni/Brindisi.

    Am 14. März 1989 ersuchte Vincenzo Iaia um Ausrichtung von
Ausbildungszulagen für den in Italien studierenden Sohn. Das Begehren
wurde von der thurgauischen Familienausgleichskasse der Verbandsfirmen
der Maschinen- und Metallindustrie mit Verfügung vom 28. April 1989
unter Hinweis auf § 12 des thurgauischen Gesetzes über die Kinder-
und Ausbildungszulagen vom 29. September 1986 (KAZG, GS/TG 836.1)
abgewiesen. Nach dieser kantonalen Bestimmung werden für Kinder mit
zivilrechtlichem Wohnsitz im Ausland keine Ausbildungszulagen ausgerichtet.

    Eine Beschwerde Vincenzo Iaias bei der AHV-Rekurskommission des
Kantons Thurgau blieb erfolglos.

    Mit Urteil vom 20. Dezember 1989 wies das Verwaltungsgericht des
Kantons Thurgau die Beschwerde Vincenzo Iaias gegen die Verweigerung
der Ausbildungszulagen ab. Das Gericht folgte der Auffassung des
Beschwerdeführers nicht, dass die Verweigerung der Ausbildungszulage das
Rechtsgleichheitsgebot gemäss Art. 4 BV missachte. Es erwog, die in §
12 KAZG getroffene Unterscheidung je nach Ausland- oder Inlandaufenthalt
der Kinder beruhe auf stichhaltigen Gründen und werde in bezug auf
Ausbildungszulagen - im Gegensatz zu Kinderzulagen - in den Zulagengesetzen
einer Mehrzahl der übrigen Kantone ebenfalls gemacht. Das Gericht
verwarf zudem die Auffassung des Beschwerdeführers, dass die Verweigerung
der Ausbildungszulagen für seinen Sohn das schweizerisch-italienische
Sozialversicherungsabkommen verletze. Schliesslich schützte es die vom
Beschwerdeführer als unhaltbar gerügte Auslegung von § 12 KAZG durch die
Vorinstanz, soweit diese den "zivilrechtlichen Wohnsitz" durch denjenigen
des "gewöhnlichen Aufenthalts" ersetzte.

    Vincenzo Iaia hat gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts
staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem Antrag, der angefochtene
Entscheid vom 20. Dezember 1989 sei aufzuheben. Der Beschwerdeführer rügt,
die Ausnahmebestimmung von § 12 KAZG verstosse gegen das verfassungsmässige
Gleichbehandlungsgebot (Art. 4 BV) und verletze auch den Staatsvertrag
mit Italien. Im übrigen macht er eine willkürliche Auslegung von § 12
KAZG durch das Verwaltungsgericht geltend.

    Die Rekurskommission des Kantons Thurgau für die Alters- und
Hinterlassenen-Versicherung sowie das Verwaltungsgericht des Kantons
Thurgau beantragen in ihren Vernehmlassungen, die staatsrechtliche
Beschwerde sei abzuweisen. Die Familienausgleichskasse der Verbandsfirmen
der Maschinen- und Metallindustrie im Kanton Thurgau verzichtet auf eine
Stellungnahme.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Der Beschwerdeführer macht geltend, § 12 des thurgauischen
Gesetzes über die Kinder- und Ausbildungszulagen widerspreche dem
Gleichbehandlungsgebot sowie dem Willkürverbot gemäss Art. 4 BV
und verletze das Sozialversicherungsabkommen mit Italien. Damit
verlangt er eine vorfrageweise Überprüfung dieser Bestimmung auf ihre
Verfassungsmässigkeit und auf ihre Vereinbarkeit mit dem massgebenden
Staatsvertrag, was im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde zulässig
ist: Die Rüge, eine kantonale Norm widerspreche der Bundesverfassung
(oder einem Staatsvertrag), kann noch bei der Anfechtung eines diese Norm
anwendenden Entscheides vorgebracht werden. Die allfällige vorfrageweise
Feststellung der Verfassungs- oder Staatsvertragswidrigkeit der fraglichen
Norm führt indessen nicht zu deren Aufhebung, sondern hat lediglich zur
Folge, dass die Vorschrift auf den Beschwerdeführer nicht angewendet und
der gestützt auf sie ergangene Entscheid aufgehoben wird (BGE 114 Ia 52
E. 2a, mit Hinweisen).

Erwägung 2

    2.- a) Die Kantone können auf dem Gebiete der Familienzulagen
autonom legiferieren, solange und insoweit der Bund von seiner Kompetenz
gemäss Art. 34quinquies Abs. 2 BV nicht Gebrauch macht. Der Bund hat
sich bis heute darauf beschränkt, eine Familienzulagenordnung für die
Landwirtschaft aufzustellen (vgl. Bundesgesetz vom 20. Juni 1952 über
die Familienzulagen in der Landwirtschaft, SR 836.1, und die dazugehörige
Ausführungsgesetzgebung).

    Die kantonale Kompetenz kann (ausserhalb der Landwirtschaft)
auch durch staatsvertragliches Bundesrecht beschränkt sein, soweit
entsprechende Abkommen unmittelbar anwendbare Bestimmungen enthalten. Der
Beschwerdeführer beruft sich insbesondere auf das Abkommen zwischen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Italienischen Republik über
Soziale Sicherheit (abgeschlossen in Rom am 14. Dezember 1962, in Kraft
getreten am 1. September 1964; AS 1964 727 ff., SR 0.831.109.454.2). Die
entsprechende, auf Art. 84 Abs. 1 lit. c OG gestützte Rüge wird hinten
in E. 4 behandelt.

    b) Wo der Bund einen Sachbereich der Regelung durch den kantonalen
Gesetzgeber überlässt, ist dieser an die Vorschriften des Bundesrechts,
insbesondere an die Freiheitsrechte und das Rechtsgleichheitsgebot der
Bundesverfassung gebunden.

    Abgesehen davon muss aber den Kantonen, wo sie ihre autonome
Gesetzgebungskompetenz wahrnehmen, ein grosser Gestaltungsspielraum
zugebilligt werden - auch unter dem Gesichtspunkt der
Rechtsgleichheit. So können auf dem Gebiete der Sozialversicherung
z.B. die Leistungsberechtigten in Kategorien oder Gruppen zusammengefasst
schematisch behandelt werden (BGE 114 Ia 3/4 E. 4, mit Hinweis auf
die Literatur). Auch vermögen nach der Rechtsprechung technische und
praktische Gründe eine Ungleichbehandlung jedenfalls dann zu rechtfertigen,
wenn dies nicht zu unbilligen Ergebnissen führt (BGE 107 V 206 E. 3b, mit
Hinweisen). Das ist zu berücksichtigen, wenn - wie vorliegend im Fall des §
12 KAZG - eine kantonale Norm über die Ausrichtung von Ausbildungszulagen
vorfrageweise auf ihre Verfassungsmässigkeit zu prüfen und dabei an den
von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zum Gleichbehandlungsgebot
(Art. 4 Abs. 1 BV) zu messen ist.

Erwägung 3

    3.- a) Ein Erlass verletzt den Grundsatz der Rechtsgleichheit und
damit Art. 4 Abs. 1 BV, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft,
für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht
ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der
Verhältnisse aufdrängen. Die Rechtsgleichheit ist verletzt, wenn Gleiches
nicht nach Massgabe seiner Gleichheit gleich oder Ungleiches nicht nach
Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird; vorausgesetzt ist,
dass sich der unbegründete Unterschied oder die unbegründete Gleichstellung
auf eine wesentliche Tatsache bezieht. Die Frage, ob für eine rechtliche
Unterscheidung ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen
ersichtlich ist, kann zu verschiedenen Zeiten verschieden beantwortet
werden, je nach den herrschenden Anschauungen und Zeitverhältnissen. Dem
Gesetzgeber bleibt im Rahmen dieser Grundsätze und des Willkürverbotes ein
weiter Spielraum der Gestaltungsfreiheit (BGE 114 Ia 2 E. 3, 223 E. 2b,
323 E. 3a, je mit Hinweisen).

    b) Der thurgauische Gesetzgeber hat in § 12 KAZG festgelegt,
dass für Kinder mit zivilrechtlichem Wohnsitz im Ausland keine
Ausbildungszulagen ausgerichtet werden. Er trifft damit für die Regelung
der Zulagenberechtigung eine Unterscheidung je nach Wohnsitz der Kinder
im In- oder Ausland. Mit dieser Differenzierung hat sich das Bundesgericht
im erwähnten Entscheid 114 Ia 1 ff. (wo es allerdings um den Anspruch von
Asylbewerbern auf Kinderzulagen für ihre im Ausland wohnenden Kinder ging)
bereits einmal befasst. Dabei hat es festgestellt, dass die Kantone von
Verfassungs wegen nicht nur frei sind, den Arbeitgebern den Anschluss
an Familienausgleichskassen und die Ausrichtung von Familienzulagen
vorzuschreiben; auch bei der Ausgestaltung ihrer Familienzulagenordnungen
steht ihnen weitgehende Freiheit zu, u.a. was die Abgrenzung der
zulagenberechtigten Arbeitnehmer und der Kinder betrifft, für die sie
gesetzlich den Zulagenanspruch haben. So ist keineswegs ausgeschlossen,
dass für im Ausland wohnende Kinder generell oder auch ausländischen
Arbeitnehmern Zulagen nur nach besonderen Bestimmungen gewährt werden.

    Eine ganze Anzahl von Kantonen hat den Anspruch (von Ausländern) auf
Kinderzulagen für im Ausland wohnende Kinder abweichend von demjenigen für
in der Schweiz wohnende Kinder geordnet, was durch die Verschiedenartigkeit
der Verhältnisse durchaus gerechtfertigt sein kann (BGE 114 Ia 3/4 E. 4,
mit Quellenhinweis). Das Bundesgericht hat es aus diesen Gründen als mit
Art. 4 BV vereinbar bezeichnet, dass der thurgauische Gesetzgeber in §
5 KAZG die zulagenberechtigten Kinder weit umschrieb und dennoch in §
12 des gleichen Gesetzes den Ausschluss von Ausbildungszulagen für im
Ausland wohnende Kinder festlegte (BGE 114 Ia 4 E. 5).

    c) Das Verwaltungsgericht beruft sich auf diese Erwägungen im
bundesgerichtlichen Entscheid. Als wesentlich erachtet es, dass § 12 Abs. 1
KAZG eine generelle Ausnahmeregelung sei: Alle Arbeitnehmer würden gleich
behandelt, und auch für Arbeitnehmer schweizerischer Staatsangehörigkeit
bestehe kein Anspruch auf Ausbildungszulagen für ihre im Ausland lebenden
Kinder. Darin unterscheide sich der vorliegende Fall von BGE 114 Ia 1 ff.

    Der Beschwerdeführer wendet gegen die Feststellung über die
Verfassungsmässigkeit von § 12 Abs. 1 KAZG im erwähnten Urteil ein, es
handle sich dabei um eine beiläufige Bemerkung, die für den damaligen
Entscheid nicht massgebend gewesen sei und daher auch nicht auf einer
vertieften Auseinandersetzung mit dieser Frage beruhe. Er macht zunächst
geltend, ähnliche Bestimmungen in andern Kantonen oder auch in verwandten
Gebieten des Sozialversicherungsrechts des Bundes (und die entsprechende
Aufgabe des Staatsvertragsrechts, solche Unterschiede zu beseitigen)
sprächen nur in beschränktem Masse für die Verfassungsmässigkeit dieser
Bestimmungen. Er bringt vor, das Wohnsitzkriterium für Kinder bis zum
Alter von 15 oder 16 Jahren spiele in keinem Kanton mehr eine Rolle und
lediglich 8 (richtig: 10) von 26 Kantonen hätten für Kinder im Ausland,
welche über 16 Jahre alt sind, in unterschiedlicher Ausgestaltung
abweichende Regeln beibehalten, während mehr als zwei Drittel der Kantone
Ausbildungszulagen bis zu einem Alter von meist 25 Jahren ungeachtet
des ausländischen Wohnsitzes der Kinder ausrichteten (unter Verweis auf
die Zusammenstellung in ZAK 1989 S. 4 Tabelle 2). Ferner vertritt der
Beschwerdeführer die Ansicht, die Beschränkung in § 12 KAZG sei auch
deshalb system- und zweckwidrig, weil die Kinder- und Ausbildungszulagen
an das Arbeitsverhältnis anknüpften und die Beitragserhebung im Ergebnis
zu Lasten der Arbeitnehmereinkommen erfolge. Die Einschränkung der
Ausbildungszulagen für Kinder mit Wohnsitz im Ausland lasse sich auch weder
mit dem Obhutsprinzip - das nur im Falle der Konkurrenz von Bedeutung
sei - noch mit erschwerten Kontroll- und Abklärungsmöglichkeiten oder
mit geringeren Lebenshaltungs- und Ausbildungskosten im Ausland generell
rechtfertigen.

    d) Die Argumentation des Beschwerdeführers zielt - über die vom
Verwaltungsgericht vorgebrachte Begründung hinaus - direkt auf die
gesetzliche Regelung des § 12 KAZG, die der Beschwerdeführer schlechthin
als verfassungswidrig kritisiert, weil dafür haltbare sachliche Motive
aus allgemeingültigen Gründen überhaupt nicht denkbar seien. Derart
absolut formuliert, ist diese Auffassung unzutreffend. Zudem geht sie von
falschen Voraussetzungen aus, was die Rechtsetzungskompetenz im Bereich
der Familienzulagen anbelangt (siehe vorne E. 2).

    Wenn es auch stimmt, dass über die Verfassungsmässigkeit von § 12 KAZG
im Bundesgerichtsentscheid 114 Ia 1 ff. (insbesondere in E. 5) nicht zu
entscheiden war, so ist dem Beschwerdeführer doch entgegenzuhalten, dass
er den in E. 4 jenes Urteils in den Grundsätzen aufgezeigten weitgehenden
Spielraum des kantonalen Gesetzgebers zu Unrecht übergeht oder aber dessen
Bedeutung verkennt. Es genügt daher an dieser Stelle festzuhalten, dass
die einschlägigen bundesgerichtlichen Erwägungen (vgl. auch vorne E. 3b),
die sich auf Rechtsprechung und Literatur stützen, im Grundsatz nach wie
vor gültig und auch im vorliegenden Fall durchaus von Bedeutung sind.

    Abgesehen davon vermögen die in der Beschwerde angeführten Gründe
weder im einzelnen noch insgesamt die Verfassungswidrigkeit der
Regelung in § 12 KAZG darzutun. Gewiss wird durch die kantonalen
Familienzulagenordnungen eine Ausgleichspflicht von einem Teil
der Familienlasten öffentlichrechtlich durchgesetzt und erfolgt die
Beitragserhebung im Ergebnis wirtschaftlich zu Lasten der Lohnmasse. Der
auszugleichende Teil dieser Familienlasten wird aber von den Kantonen in
vielfältiger Art verschieden abgegrenzt. Aus dem System an sich lässt
sich daher nicht schliessen, jede Einschränkung der Leistungsansprüche
bedeute eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer
von unterstellten Arbeitgebern. Ebensowenig lässt sich daraus folgern,
eine Begrenzung der Ansprüche je nach Wohnort der Kinder verletze
schon deshalb den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil das System der
Familienzulagen ausschliesslich auf dem Arbeitsverhältnis selbst
beruhe. Die (etwas schematische) Abgrenzung des gesetzlichen Anspruchs
auf Ausbildungszulagen nach dem praktikablen Kriterium, ob Kinder nach
Vollendung des 16. Altersjahres ihre Ausbildung im Inland fortsetzen oder
aber im Ausland, ist nicht von vornherein systemwidrig und jedenfalls nicht
sachfremd; das Kriterium des Wohnsitzes kann durchaus auch im Bereich
der Familienzulagen eine Differenzierung rechtfertigen, vorausgesetzt,
dass sich diese auf ernsthafte, sachlich mit den zu regelnden Umständen
in Beziehung stehende Gründe stützen kann.

    Das Verwaltungsgericht führt im angefochtenen Urteil als Motiv
für die getroffene Unterscheidung (ausschliesslich) die beschränkte
Überprüfungs- und Kontrollmöglichkeit seitens der kantonalen Behörden
bezüglich ausländischer Bescheinigungen an. Damit allein liesse sich
die Ungleichheit in der Regelung der Zulagenberechtigung freilich nicht
rechtfertigen. Indessen sind andere, stichhaltige und sachgerechte Motive
für eine derartige Abgrenzung durch den kantonalen Gesetzgeber durchaus
denkbar: So ist ein ernsthafter, sachlicher Grund darin zu sehen, dass mit
der Beschränkung ungerechtfertigte Kumulationen vermieden werden sollen,
wenn für dasselbe Kind bereits Zulagen im ausländischen Wohnsitzstaat
ausgerichtet werden. Weiter kann die ungleiche Behandlung etwa damit
durchaus verfassungskonform begründet werden, dass der Gesetzgeber
das inländische öffentlichrechtliche Ausgleichssystem in der Phase der
Berufs- und Hochschulausbildung auf die im inländischen Ausbildungssystem
absolvierte und gezielt auf die inländische Wirtschaft ausgerichtete
Ausbildung begrenzen will. Auch spricht die doch beachtliche Zahl
von 10 Kantonen, die den Zulagenanspruch für Kinder (ausländischer
Arbeitnehmer) im Ausland während dieser Ausbildungsphase gegenüber
demjenigen für im Inland ausgebildete Kinder auch 1991 noch einschränken
(zum Stand am 1. Januar 1991 vgl. die entsprechenden Zusammenstellungen
in ZAK 1/1991 S. 10 ff. Tabellen 1 und 2), für die Ernsthaftigkeit und
sachliche Berechtigung der verschiedenen denkbaren Motive des kantonalen
Gesetzgebers.

    e) Lassen sich aber - wie soeben gezeigt - sachliche, vernünftige
Gründe für die in § 12 KAZG geregelte Ungleichbehandlung anführen, so hält
diese Bestimmung vor Art. 4 Abs. 1 BV stand (vgl. vorne E. 3a). Mehr hat
das Bundesgericht im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde wegen
Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes in diesem Zusammenhang nicht
zu prüfen. Weder hat es selber (anstelle des kantonalen Gesetzgebers)
nach der besten Lösung zu suchen, noch hat es darüber zu befinden,
ob der autonome kantonale Gesetzgeber innerhalb des ihm zugebilligten
Gestaltungsspielraumes die zweckmässigste und angemessenste Regelung
getroffen hat.

Erwägung 4

    4.- a) Der Beschwerdeführer rügt - subsidiär - einen Verstoss
gegen das einschlägige Sozialversicherungsabkommen mit Italien, dem er
unbestrittenermassen unterstehe. Er macht geltend, § 12 KAZG sei bei
vertragsgemässer Auslegung jedenfalls ihm gegenüber nicht anwendbar,
weil jener Staatsvertrag Beschränkungen der Zulagenberechtigung gegenüber
italienischen Staatsbürgern wegen ausländischen Aufenthaltes der Kinder
verbiete.

    b) Mit dem erwähnten Sozialversicherungsabkommen aus dem Jahre
1962/1964 hat der Bund die Gleichstellung der im Ausland wohnenden Kinder
italienischer Staatsangehöriger für landwirtschaftliche Arbeitnehmer
verwirklicht. Das Abkommen bezieht nur die bundesrechtliche Gesetzgebung
über die Familienzulagen ein (Art. 1 Ziff. 1 lit. a), ist folglich
schweizerischerseits auf landwirtschaftliche Arbeitnehmer italienischer
Staatsangehörigkeit (während der Dauer ihrer Beschäftigung in der Schweiz)
beschränkt (Art. 15); auf kantonalrechtliche Familienzulagenordnungen ist
es dagegen nicht anwendbar (vgl. zum Ganzen die Botschaft des Bundesrates
an die Bundesversammlung vom 4. März 1963 im BBl 1963 I 616 ff., speziell
620 Ziff. 3 und 633 Ziff. 2; vgl. ferner die Stellungnahme des Bundesamtes
für Sozialversicherung in ZAK 1988 S. 220 Ziff. 3).

    Aufgrund der bestehenden Rechtslage kann sich der Beschwerdeführer
zur Anfechtung des § 12 KAZG somit nicht auf diesen Staatsvertrag
berufen. Daran vermögen die Hinweise auf den Verhandlungsverlauf und
die Materialien selbst dann nichts zu ändern, wenn eine nachträgliche
Einschränkung in der Anspruchsberechtigung, wie der Thurgauer Gesetzgeber
sie vorgenommen hat, gegen den Geist des Abkommens verstossen sollte. Unter
diesen Umständen braucht nicht geprüft zu werden, ob und inwieweit das
angerufene Sozialversicherungsabkommen mit Italien unmittelbar anwendbare
Bestimmungen enthält, was überhaupt Voraussetzung für die Zulässigkeit
der Staatsvertragsbeschwerde gemäss Art. 84 Abs. 1 lit. c OG wäre (siehe
HÄFELIN ULRICH/HALLER WALTER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 2. Aufl.,
Zürich 1988, Rz. 1704).

Erwägung 5

    5.- Der Beschwerdeführer rügt schliesslich die Auslegung von § 12
KAZG durch das Thurgauer Verwaltungsgericht als eine durch nichts zu
rechtfertigende Fehlinterpretation und damit als willkürlich. Ohnehin
unhaltbar, da weder mit dem Wortlaut von § 12 KAZG noch mit der Materie
zu vereinbaren, sei zudem die Auslegung des "zivilrechtlichen Wohnsitzes"
zum Nachteil der Betroffenen.

    a) Insoweit der Beschwerdeführer über die Rechtsanwendungsrüge
mittelbar wiederum die Verfassungswidrigkeit des § 12 KAZG als solche
darzulegen versucht, kann auf E. 3 hievor verwiesen werden. Soweit die
Willkürrüge damit begründet wird, § 12 KAZG dürfe, wenn überhaupt, nur
unter dem Vorbehalt entgegenstehender staatsvertraglicher Vereinbarungen
angewendet werden, weshalb die Auslegung des Verwaltungsgerichtes
mit dem Völkerrecht nicht vereinbar sei, stösst sie ins Leere. Das
Sozialversicherungsabkommen mit Italien, auf das sich der Beschwerdeführer
stützt, ist nämlich auf die thurgauische Familienzulagenordnung nicht
anwendbar (E. 4b). Und zwar selbst dann nicht, wenn der "Vorbehalt
anderslautender Vereinbarungen", wie er angeblich im Gesetzesentwurf
(als Abs. 3 zu § 12) vorgesehen war, tatsächlich ins KAZG aufgenommen
worden wäre. Der Hinweis auf den Willen des kantonalen Gesetzgebers ist
in diesem Zusammenhang unbehelflich.

    b) Es bleibt somit noch zu prüfen, ob die Auslegung des
"zivilrechtlichen Wohnsitzes" im Sinne von § 12 KAZG, wie sie das
Verwaltungsgericht vornahm, vor dem Willkürverbot standhält. Willkür
im Sinne von Art. 4 BV liegt bei der Auslegung und Anwendung kantonaler
Gesetzesnormen nicht schon dann vor, wenn eine andere Auslegung ebenfalls
vertretbar oder sogar zutreffender erschiene. Als willkürlich würde
das Bundesgericht den angefochtenen Entscheid nur dann aufheben, wenn er
offensichtlich unhaltbar wäre, mit der tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch stünde, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz
krass verletzte oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken
zuwiderliefe (vgl. BGE 116 II 29 E. 5; 114 Ia 27/28 E. b, 218 E. 2a,
je mit Hinweisen).

    Das Verwaltungsgericht hält an seiner in einem früheren Entscheid
vertretenen Auffassung fest, der in § 12 KAZG verwendete Ausdruck
"zivilrechtlicher Wohnsitz" sei nicht dem abgeleiteten Wohnsitz nach
Art. 25 Abs. 1 ZGB gleichzusetzen; vielmehr müsse nach dem Sinn und
Zweck des Gesetzes auf den tatsächlichen Wohnsitzbegriff des Art. 23
Abs. 1 ZGB abgestellt werden, wie er auch in anderen Erlassen verwendet
werde. Im übrigen entspreche selbst das schweizerisch-italienische
Sozialversicherungsabkommen mit seiner Formulierung Art. 23 Abs. 1
ZGB. Zudem bestimme sich der Wohnsitz des im Ausland lebenden Kindes seit
Inkrafttreten des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht
(IPRG) vom 18. Dezember 1987 (SR 291) immer nach IPRG, und auch dieses
Gesetz knüpfe (in Art. 20 Abs. 1 lit. b) am Begriff des gewöhnlichen
Aufenthaltes an.

    Mit dieser Begründung, die sich entscheidend auf Sinn und Zweck
des Gesetzes stützt, setzt sich der Beschwerdeführer nicht substantiiert
auseinander. Sie ist jedoch stichhaltig und jedenfalls nicht offensichtlich
unhaltbar: Die auslegungsbedürftige Formulierung in § 12 KAZG, wonach für
"Kinder mit zivilrechtlichem Wohnsitz im Ausland" keine Ausbildungszulagen
ausgerichtet werden, kann willkürfrei - und muss sogar zutreffend - so
verstanden werden, dass sich diese Einschränkung auf die tatsächlich
im Ausland wohnenden Kinder bezieht. Zu Recht versucht übrigens der
Beschwerdeführer seine Willkürrüge im Verfahren vor Bundesgericht nicht
(mehr) mit dem Argument zu begründen, aufgrund des klaren Gesetzeswortlauts
sei im Ergebnis auf den abgeleiteten Wohnsitz gemäss Art. 25 Abs. 1
ZGB abzustellen. Mit einer solchen Auslegung bliebe § 12 KAZG praktisch
ohne jede Bedeutung und würde in der Tat der mutmassliche Gesetzeszweck
vereitelt. Das Verwaltungsgericht durfte den Sohn des Beschwerdeführers
schliesslich deshalb als Kind mit Wohnsitz im Ausland (im Sinne von § 12
Abs. 1 KAZG) betrachten, weil eine genügend enge Bindung oder Beziehung
zur Schweiz weder behauptet wurde, noch aktenmässig indiziert war.

    Die Rüge der willkürlichen Auslegung von § 12 KAZG durch das Thurgauer
Verwaltungsgericht erweist sich somit als unbegründet und ist deshalb
abzuweisen.