Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 117 IA 41



117 Ia 41

9. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 13. März 1991 i.S. Heinz Aebi und Mitbeteiligte sowie Hanspeter
Gygax-Immoos und Mitbeteiligte gegen den Grossen Rat des Kantons Bern
(staatsrechtliche Beschwerden) Regeste

    Art. 85 lit. a OG; Abstimmungsbeschwerden gegen die
Laufental-Abstimmung vom 12. November 1989.

    Einfluss auf die Willensbildung der Stimmbürger durch eine
unvollständige behördliche Information in den Abstimmungserläuterungen
sowie durch die Presse und Private.

    Stellt das Bundesgericht im Rahmen seiner Prüfung des
Abstimmungsverfahrens Mängel fest und lassen sich deren Folgen nicht
ziffernmässig ermitteln, so bedeutet dies nicht, dass die Mängel schon
deswegen als erheblich zu erachten wären und der angefochtene Entscheid
aufgehoben bzw. die Abstimmung neu durchgeführt werden müsste. Vielmehr
ist nach den gesamten Umständen - und dabei sowohl in quantitativer als
auch in qualitativer Hinsicht - zu beurteilen, ob eine Beeinflussung des
Abstimmungsergebnisses möglich gewesen ist.

    Mit Blick auf die gesamten Umstände, unter denen sich der
Urnengang abspielte, lässt sich im vorliegenden Fall nicht sagen, die
festgestellten Mängel des Abstimmungsverfahrens seien geeignet gewesen,
das Abstimmungsergebnis derart zu beeinflussen und zu verfälschen, dass es
durch die Mängel anders ausgefallen wäre als ohne sie. Von der Aufhebung
des Urnenganges ist daher abzusehen.

Sachverhalt

    A.- In bezug auf Sachverhalt und Prozessgeschichte ist zunächst auf
die Urteile des Bundesgerichts vom 18. März 1987 (BGE 113 Ia 146 ff.) und
vom 20. Dezember 1988 (BGE 114 Ia 427 ff.) zu verweisen.

    Gestützt auf das Bundesgerichtsurteil vom 20. Dezember 1988, das
Anschlussverfahrensgesetz vom 19. November 1975 sowie den Laufentalvertrag
vom 10. Februar 1983 und seine Ergänzung vom 12. Mai 1989 wurde die
Volksabstimmung im Amtsbezirk Laufen über den Anschluss an den Kanton
Basel-Landschaft am 12. November 1989 ein zweites Mal durchgeführt. Die
Abstimmungsfrage "Wollt Ihr Euch aufgrund des vereinbarten Vertrages
vom 10. Februar 1983 und seiner Ergänzung vom 12. Mai 1989 dem Kanton
Basel-Landschaft anschliessen?" wurde aufgrund des provisorischen
Ergebnisses mit 4343 Nein-Stimmen und 4652 Ja-Stimmen beantwortet, wobei
die Stimmbeteiligung 93,5% betrug.

    Am 12. bzw. 15. November 1989 erhoben 10 Stimmberechtigte
des Amtsbezirks Laufental, nämlich Jacqueline Wannier, Hans-Peter
Herrmann-Steiner, Erich Franz-Burri, Willi Steiner-Weber und Peter
Schnell-Hänggi einerseits sowie Ursula Gygax-Immoos, Hanspeter
Gygax-Immoos, Thomas Hügli, Hansrudolf Gygax-Jeger und Pius Jeger
anderseits, Abstimmungsbeschwerde an den Grossen Rat des Kantons Bern. Sie
beantragten im wesentlichen, das Abstimmungsergebnis vom 12. November 1989
sei ungültig zu erklären. Zudem wurde verlangt, über die rechtsgültige
Durchführung der fraglichen Abstimmung sei eine amtliche Untersuchung
einzuleiten, und es wurde um Nachprüfung der Stimmzettel, Stimmausweise
und Stimmregister ersucht. Zusammenfassend machten die damaligen
Beschwerdeführer geltend, unzulässige Interventionen von seiten der
Behörden des Kantons Basel-Landschaft und diesem Kanton nahestehender
Privater hätten das Abstimmungsergebnis beeinflusst und verfälscht. Im
einzelnen erhoben sie - soweit hier wesentlich - folgende Rügen (wobei die
Gliederung im vorliegenden Verfahren derjenigen im kantonalen Verfahren
und in den Rechtsschriften der Parteien entspricht):

    (b) In einer ganzseitigen Anzeige sei in der Gratiszeitung
"Nordschweiz"
   vom 9. November 1989 dem Stimmbürger suggeriert worden, die Berner

    Behörden hätten die Laufental-Abstimmung von 1983 nicht nur mit
den bisher
   bekanntgewordenen Fr. 330'000.--, sondern mit zusätzlichen, weit höheren

    Vergütungen an Werbebüros beeinflusst. Dabei handle es sich um eine mit

    Lug und Trug vorgebrachte Beeinflussung des Stimmbürgers durch eine

    Zeitung, die als Streuausgabe in alle Haushalte des Laufentals
verbreitet
   werde.

    (c) In einem von drei Laufentaler Gewerbetreibenden unterzeichneten

    Schreiben seien Gewerbler im Laufental aufgefordert worden, ihre

    Mitarbeiter für ein Ja zum Baselbiet zu bewegen. Darüber hinaus
seien sie
   angeregt worden, ihren Mitarbeitern für den Fall eines Anschlusses des

    Laufentals an das Baselbiet am Montag, 13. November 1989, dem der

    Abstimmung folgenden Tag, einen bezahlten freien Tag zu gewähren.

    Insbesondere wird folgende Stelle aus dem Schreiben beanstandet: "Bitte
   lasst das Eure Mitarbeiter im Verlauf dieser Woche wissen. Vielleicht
   stimmt gerade wegen diesem Freitag der Einte oder Andere für den

    Anschluss!" Dabei handle es sich um Wahlbestechung und Stimmenkauf.

    In verschiedenen Betrieben sei das Schreiben bei den Angestellten
   bekanntgemacht worden. Einige Betriebe hätten ihren Mitarbeitern am
   13. November 1989 tatsächlich frei gegeben.

    (f) In verschiedenen Gemeinden hätten Personen abgestimmt, welche seit
   längerer Zeit nicht mehr im Amtsbezirk Laufen gewohnt hätten und daher
   dort nicht mehr stimmberechtigt gewesen seien.

    (h) In dem vom Bezirksrat Laufental herausgegebenen Bulletin Nr. 4 habe
   der Kanton Basel-Landschaft durch die Beantwortung der - die steuerliche

    Abzugsfähigkeit der Kosten für die Benützung privater Verkehrsmittel
   zwischen Wohn- und Arbeitsort betreffenden - Frage Nr. 239 eindeutig

    Einfluss auf den Ausgang der Laufental-Abstimmung genommen, da seine

    Antwort nicht mit einem Entscheid der Steuerrekurskommission

    Basel-Landschaft vom 16. Mai 1989 übereinstimme. Dadurch habe der
Kanton

    Basel-Landschaft eindeutig das Gebot der Objektivität verletzt, welches
   gemäss Bundesgerichtsentscheid vom 20. Dezember 1988 als Pflicht
   bezeichnet worden sei. Zudem handle es sich insoweit um einen Verstoss
   gegen die vom 12. Mai 1989 datierte Vereinbarung über das Verhalten der

    Behörden in der Laufental-Abstimmung.

    (k) In dem vom Bezirksrat herausgegebenen Bulletin Nr. 4 habe der
Kanton

    Basel-Landschaft für den Anschluss geworben (wie mit dem Bulletin
Nr. 5).

    Mit der falschen Antwort zur Frage Nr. 239 habe der Kanton

    Basel-Landschaft unlautere Propaganda betrieben (wie Rüge h),
wodurch das
   knappe Abstimmungsergebnis wesentlich beeinflusst und verfälscht
   worden sei.

    Am 22. November 1989 beauftragte der Regierungsrat des Kantons
Bern den Regierungsstatthalter des Amtsbezirks Thun, Antonio Genna,
mit einer amtlichen Untersuchung über die Laufental-Abstimmung vom
12. November 1989 und ordnete die Nachprüfung der Stimmberechtigung sowie
der Stimmzettel an. Regierungsstatthalter Genna gelangte in seinem
Schlussbericht vom 3. Dezember 1989 zu folgender zusammenfassender
Würdigung des Untersuchungsergebnisses:

    "Die Nachprüfung der Stimmzettel, der Stimmausweise und der
Stimmregister
   ergab ... zahlenmässig nur geringfügige Mängel, die insgesamt nicht
   geeignet waren, das Ergebnis der Laufental-Abstimmung wesentlich
   zu verfälschen."

    Am 20. Dezember 1989 beantragten der Regierungsrat und die
parlamentarische Justizkommission dem Grossen Rat des Kantons Bern, die
Abstimmungsbeschwerden seien abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden
könne; das Ergebnis der Laufental-Abstimmung vom 12. November 1989 sei
nach Zusammenstellung der nachgeprüften Protokolle wie folgt beurkundet
und erwahrt:

    "Zahl der Stimmberechtigten                       9691
      Zahl der eingelangten Ausweiskarten              9067 Zahl der
      eingelangten Stimmzettel                9062 Davon ausser Betracht
      fallend: leer                52
                                     ungültig            17
      In Betracht fallende Stimmzettel                 8993 Absolutes Mehr
      4497 Zahl der Ja                                      4650 Zahl
      der Nein                                    4343 Stimmbeteiligung:
      93,5%".

    Mit Entscheid vom 5. Februar 1990 hiess der Grosse Rat des Kantons Bern
die von Willi Steiner-Weber und Mitbeteiligten sowie die von Hanspeter
Gygax-Immoos und Mitbeteiligten erhobenen Beschwerden gut, soweit darauf
eingetreten werden konnte, und hob das Ergebnis der Laufental-Abstimmung
vom 12. November 1989 auf. Der Grosse Rat gelangte zur Auffassung,
durch die anonyme, in der "Nordschweiz" vom 9. November 1989 erschienene
Anzeige (b), das von Gewerbetreibenden unterzeichnete Schreiben (c),
die unrechtmässige Abstimmungsteilnahme von ungefähr zehn Personen (f)
und die im Bulletin Nr. 4 wiedergegebene irreführende Antwort des Kantons
Basel-Landschaft zu Frage Nr. 239 (h, k) sei das Abstimmungsergebnis
insgesamt unzulässig beeinflusst worden. Aufgrund dieser zu beanstandenden
Vorkommnisse bestünden berechtigte Zweifel, ob das Ergebnis der Abstimmung
vom 12. November 1989 korrekt und unverfälscht zustandegekommen sei. In
Anbetracht des knappen Unterschiedes zwischen Ja-Stimmen und Nein-Stimmen
sei nicht auszuschliessen, dass das Abstimmungsergebnis ohne die erfolgten
unzulässigen Interventionen anders lauten würde. Die Abstimmung sei daher
zu kassieren, und der Regierungsrat werde ihre Wiederholung anzuordnen
haben.

    Hiergegen erhoben Heinz Aebi, Robert Koller, Monika Oser und
Alex Imhof, die teilweise bereits Beschwerdeführer in den früheren
bundesgerichtlichen Verfahren waren (s. BGE 113 Ia 146 ff. und 114 Ia
427 ff.), staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht (nachfolgend:
Beschwerdeführer 1). Sie beantragen im wesentlichen, der Grossratsentscheid
vom 5. Februar 1990 sei wegen Verletzung ihrer politischen Rechte
(Art. 85 lit. a OG) und wegen Verletzung von Art. 4 BV (Verstoss gegen
das Willkürverbot) aufzuheben.

    Zudem erhoben auch Hanspeter Gygax-Immoos und die weiteren im
kantonalen Verfahren obsiegenden Beschwerdeführer staatsrechtliche
Beschwerde an das Bundesgericht (nachfolgend: Beschwerdeführer 2). Sie
beantragen, der Entscheid des Grossen Rates des Kantons Bern vom
5. Februar 1990 sei aufzuheben, soweit darin auf ihre im kantonalen
Verfahren vorgebrachten Rügen nicht eingetreten worden sei. Auf die von
Hanspeter Gygax-Immoos und Mitbeteiligten erhobene staatsrechtliche
Beschwerde tritt das Bundesgericht nicht ein. Die von Heinz Aebi und
Mitbeteiligten erhobene staatsrechtliche Beschwerde heisst es gut,
soweit auf sie eingetreten werden kann, und der Entscheid des Grossen
Rates des Kantons Bern vom 5. Februar 1990 wird aufgehoben. Gemäss
den bundesgerichtlichen Erwägungen hat der Grosse Rat die kantonalen
Abstimmungsbeschwerden als unbegründet abzuweisen und anschliessend das
Ergebnis der Laufental-Abstimmung vom 12. November 1989 zu erwahren.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 5

    5.- Das vom Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete
politische Stimmrecht gibt dem Bürger einen Anspruch darauf, dass kein
Abstimmungsergebnis anerkannt wird, das nicht den freien und unverfälschten
Willen der Stimmberechtigten zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck
bringt (BGE 115 Ia 206 E. 4, 114 Ia 432 mit Hinweisen). Daraus folgt,
dass jeder Stimmbürger seinen Entscheid gestützt auf einen möglichst
freien und umfassenden Prozess der Meinungsbildung soll treffen können
(BGE 114 Ia 432 E. 4a, 113 Ia 294 E. 3a).

    a) Die Freiheit der Meinungsbildung schliesst grundsätzlich jede
direkte Einflussnahme der Behörden aus, welche geeignet wäre, die freie
Willensbildung der Stimmbürger im Vorfeld von Wahlen und Abstimmungen zu
verfälschen (BGE 114 Ia 432 E. 4a, 113 Ia 295 E. 3b, 112 Ia 335 E. 4b mit
Hinweisen). Eine solche unerlaubte Beeinflussung liegt etwa dann vor,
wenn die Behörde, die zu einer Sachabstimmung amtliche Erläuterungen
verfasst, ihre Pflicht zu objektiver Information verletzt und über den
Zweck und die Tragweite der Vorlage falsch orientiert (BGE 114 Ia 432
E. 4a, 112 Ia 335 E. 4b mit Hinweisen). Eine unerlaubte Beeinflussung der
Stimmbürger kann ferner vorliegen, wenn die Behörde in unzulässiger Weise
in den Abstimmungskampf eingreift und entweder positive, zur Sicherung
der Freiheit der Stimmbürger aufgestellte Vorschriften missachtet oder
sich sonstwie verwerflicher Mittel bedient. Hingegen ist es zulässig,
dass eine Behörde den Stimmberechtigten eine Vorlage zur Annahme oder
Ablehnung empfiehlt und Erläuterungen oder Berichte dazu beilegt, sofern
sie dabei ihre Pflicht zu objektiver Information nicht verletzt und über
den Zweck und die Tragweite der Vorlage nicht falsch orientiert (BGE 114
Ia 433 E. 4b, 113 Ia 295 f. E. 3b). Diese Verpflichtung zur Objektivität,
welche von derjenigen zur Neutralität zu unterscheiden ist (vgl. BGE 114 Ia
434 ff.), ergibt sich namentlich aus der hervorragenden Stellung, die den
Behördenmitgliedern zukommt, aus den Mitteln, über die sie verfügen, und
aus dem Vertrauen, das sie gegenüber den Bürgern zu bewahren haben, damit
das gute Funktionieren der demokratischen Institutionen gewährleistet ist.

    Die demokratische Willensbildung im Rahmen eines Wahl- oder
Abstimmungskampfes kann auch durch die miteinander im Wettstreit stehenden
Parteien und Interessengruppen oder durch einzelne Drittpersonen
beeinträchtigt werden, namentlich auch durch die Presse oder andere
Medien, indem falsche und irreführende Angaben verbreitet werden,
um die Bürger dadurch zu täuschen. Solche Machenschaften sind zwar
unerwünscht und verwerflich, doch lassen sie sich ohne erhebliche
Beschränkung der freien Meinungsäusserung praktisch nicht vermeiden. Eine
solche Beschränkung der betreffenden Rechte im Rahmen eines Wahl-
oder Abstimmungskampfes wäre problematisch, da die Meinungsfreiheit
bzw. Meinungsäusserungsfreiheit durch ungeschriebenes Verfassungsrecht
wie auch durch die Pressefreiheit (Art. 55 BV) gewährleistet ist und
es sich hierbei um wesentliche Voraussetzungen der Demokratie handelt
(s. BGE 113 Ia 316 ff., 98 Ia 79 f. E. 3b, 96 I 224 und 592; vgl. auch
J. P. MÜLLER, Kommentar BV, Meinungsfreiheit, Rz. 3 ff., sowie Art.
55 BV, Rz. 1 und 36 ff.; CHRISTOPH HILLER, Die Stimmrechtsbeschwerde,
Diss. ZH 1990, S. 421 ff.). Die Ausübung dieser Freiheiten kann natürlich
zu harten Meinungsauseinandersetzungen führen, deren Ausgang unter
Umständen nicht mehr der Objektivität entspricht, was hinzunehmen ist,
solange sich die Polemik innerhalb des rechtlich Zulässigen und des
Ordre public abspielt. Wichtig ist dabei, dass die Informationsorgane den
jeweiligen politischen Gegnern dieselben Möglichkeiten einräumen, sich
auszusprechen, was insbesondere dann gilt, wenn diese Informationsorgane
regional oder lokal praktisch eine Monopolstellung innehaben. Es darf
aber den Stimmbürgern zugetraut werden, dass sie fähig sind, zwischen
verschiedenen bekundeten Meinungen zu unterscheiden und auszuwählen,
dass sie offensichtliche Übertreibungen als solche erkennen können und
dass sie schliesslich in der Lage sind, vernunftsgemäss aufgrund ihrer
eigenen Überzeugung zu entscheiden. Entsprechend hat das Bundesgericht
schon wiederholt erkannt, dass Einflüsse der genannten Art, die zwar gegen
die guten Abstimmungssitten verstossen und daher unerwünscht sind, nur
ausnahmsweise die Aufhebung einer Abstimmung zu rechtfertigen vermögen:
Nur bei schwerwiegenden Verstössen dränge es sich auf, eine Abstimmung
zu wiederholen. Die beanstandete unerlaubte Beeinflussung müsse sich
ohne Zweifel entscheidend auf den Urnengang ausgewirkt haben. Von einer
unzulässigen Beeinflussung der demokratischen Willensbildung durch Private
bzw. die Presse könne erst dann gesprochen werden, wenn durch sie in
einem so späten Zeitpunkt mit offensichtlich unwahren und irreführenden
Angaben in den Abstimmungskampf eingegriffen werde, dass es dem Bürger
nach den Umständen unmöglich sei, sich ein zuverlässiges Bild von den
tatsächlichen Verhältnissen zu schaffen (s. etwa BGE 98 Ia 79 ff. E. 3b,
102 Ia 268 f. E. 3, zudem in der amtlichen Sammlung nicht publ. E. 6b von
BGE 105 Ia 368 ff. in ZBl 81/1980 S. 251, BGE vom 5. Januar 1982 in ZBl
83/1982 S. 207 sowie BGE vom 7. Februar 1991 in ZBl 92/1991 S. 347 ff.).

    b) Stellt das Bundesgericht im Rahmen seiner Prüfung des
Abstimmungsverfahrens Mängel fest und lassen sich deren Folgen nicht
ziffernmässig ermitteln, so bedeutet dies nicht, dass die Mängel schon
deswegen als erheblich zu erachten wären und der angefochtene Entscheid
aufgehoben bzw. die Abstimmung neu durchgeführt werden müsste. Vielmehr
ist nach den gesamten Umständen - und dabei sowohl in quantitativer als
auch in qualitativer Hinsicht - zu beurteilen, ob eine Beeinflussung des
Abstimmungsergebnisses möglich gewesen ist. Dabei ist namentlich auf die
Grösse des Stimmenunterschiedes, die Schwere des festgestellten Mangels und
dessen Bedeutung im Rahmen der gesamten Abstimmung abzustellen. Erscheint
die Möglichkeit, dass die Abstimmung ohne den Mangel anders ausgefallen
wäre, als derart gering, dass sie nicht mehr ernsthaft in Betracht kommt,
so kann von der Aufhebung des Urnenganges abgesehen werden (s. BGE 114
Ia 42 ff. und 446 f. E. 7a, 113 Ia 302 E. 4a, 112 Ia 134 E. 3a und 338
E. 5, zudem ZBl 83/1982 S. 207 und nicht publ. E. 6 von BGE 105 Ia 368
ff. in ZBl 81/1980 S. 251, ferner BGE 102 Ia 269; vgl. auch HILLER, aaO,
S. 118 f. und 420 ff.).

Erwägung 6

    6.- Der Grosse Rat distanzierte sich vom Antrag des Regierungsrates und
der parlamentarischen Justizkommission vom 20. Dezember 1989 und gelangte
mit seinem Entscheid vom 5. Februar 1990 seinerseits zum Schluss, dass die
gegen den Urnengang geführten Beschwerden gutzuheissen seien, soweit darauf
eingetreten werden könne, und dass das Abstimmungsergebnis vom 12. November
1989 aufzuheben sei. Er hielt fest, dass vier Unregelmässigkeiten die
Abstimmung beeinflusst hätten, nämlich die in der "Nordschweiz" vom 9.
November 1989 erschienene Anzeige (Rüge b), das von Gewerbetreibenden
unterzeichnete Schreiben (c), die im Bulletin Nr. 4 wiedergegebene
Antwort des Kantons Basel-Landschaft zu Frage Nr. 239 (h, k) und die
unrechtmässige Abstimmungsteilnahme von ungefähr zehn Personen (f); diese
letzte Tatsache für sich alleine hätte zwar das Ergebnis nicht verfälscht,
doch sei sie zusammen mit den andern Vorkommnissen zu berücksichtigen,
durch die das Abstimmungsergebnis insgesamt unzulässig beeinflusst
worden sei. In Anbetracht des knappen Unterschiedes zwischen Ja-Stimmen
und Nein-Stimmen sei nicht auszuschliessen, dass das Ergebnis ohne die
erfolgten Interventionen anders lauten würde. Deshalb und wegen der Schwere
dieser als rechtswidrig zu erachtenden Interventionen sei die Abstimmung
aufzuheben und zu wiederholen.

    Die Beschwerdeführer 1 werfen dem Grossen Rat vor, Tatsachen
willkürlich gewürdigt und einen politischen Entscheid gefällt zu haben,
durch den sie in ihren politischen Rechten verletzt würden.

    a) Am 9. November 1989, am Tag vor der Eröffnung des Urnenganges,
erschien in der gratis an alle Haushalte abgegebenen Zeitung "Nordschweiz"
eine ganzseitige Anzeige. Dieses Inserat war oben mit den offiziellen
Wappen des Bezirks Laufen und des Kantons Basel-Landschaft versehen und
lautete wie folgt:

    "An meine Freunde im Laufental

    Letztes Mal habe ich bei der Laufental-Abstimmung auf Grund der
   ausgesprochen grossen Propaganda für Bern gestimmt. Kürzlich habe
   ich einen Bekannten in Bern getroffen. Natürlich haben wir über
   unser schönes

    Laufental gesprochen. Dabei hat er mir überraschend gesagt, dass die

    330'000 Franken, die 1983 vom Kanton Bern für Propagandazwecke
ausgegeben
   und später in aller Munde waren, bei weitem nicht die ganze finanzielle

    Unterstützung gewesen sei. Denn von den zusätzlichen, weit höheren

    Vergütungen der Berner Behörden an Werbebüros - er sprach von rund

    640'000 Franken - habe niemand gesprochen.

    Ich möchte nun meine Mitbürger und Mitbürgerinnen bitten, nicht
   nochmals der bernischen Propaganda zu glauben und ein überzeugtes Ja
   für Baselland in die Urne zu legen.

    Danke schön.

    Ein verantwortungsbewusster Bürge

    (Name des Inserenten ist dem Verlag bekannt)."

    Der Verfasser dieser Anzeige deutet somit an, die bernischen Behörden
hätten sich 1983 viel stärker in den Abstimmungskampf eingemischt, als
dies die Untersuchungen im Zusammenhang mit der "Finanzaffäre" ergeben
hätten. Nach Auffassung des Grossen Rates ist diese Behauptung krass falsch
und geeignet, den Stimmbürger zu täuschen. Er hält dafür, aufgrund der
konkreten Umstände sei es dem Wähler unmöglich gewesen, sich aus anderen
Quellen rasch ein zuverlässiges Bild über den tatsächlichen Umfang der
staatlichen Abstimmungsfinanzierung im Jahre 1983 zu verschaffen. Diese
Beurteilung werde noch durch die Tatsache verstärkt, dass der Inserent
für den Leser anonym geblieben sei und das Gerücht somit nicht sofort
habe widerlegt werden können. Dadurch sei es dem Stimmbürger weitgehend
verunmöglicht worden, den Inhalt des Inserates kritisch zu würdigen. Zudem
sei erstmals gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit behauptet worden,
bei der ersten Laufental-Abstimmung seien neben den bekanntgewordenen
Beträgen zusätzlich von staatlicher Seite 640'000 Franken an Werbebüros
bezahlt worden. Das Inserat sei wegen seiner irreführenden Machart und
vor allem wegen seines späten Erscheinungszeitpunktes mit dem politischen
Stimmrecht der Bürger nicht zu vereinbaren. In diesem Punkt sei daher
eine unzulässige Beeinflussung der Willensbildung der Stimmbürger zu
erblicken. Demgegenüber halten die Beschwerdeführer 1 dafür, beim Verfasser
des fraglichen Inserates könnte es sich um einen berntreuen Provokateur
handeln, welcher von den Behörden hätte identifiziert werden müssen.

    Bei objektiver Würdigung der strittigen Anzeige ist festzustellen,
dass sie zwar eine aufsehenerregende Behauptung enthält, dass diese aber
nicht in irgendeinem Bezug zu konkreten Anhaltspunkten steht, sondern laut
Inserat einzig auf den angeblichen Äusserungen einer nicht erkenntlich
gemachten Person beruht. Diese Äusserungen scheinen bezweckt zu haben,
die pro-bernische Seite in Verruf zu bringen und bei bisher berntreuen
Stimmbürgern eine ablehnende Haltung gegenüber den Behörden des Kantons
Bern zu provozieren. In der Tat vermochte der an alle Haushalte verteilte
Text bestehende Leidenschaften zu schüren; und indem er ummittelbar
vor der Eröffnung des Urnenganges veröffentlicht wurde, wurde jede
Erwiderung oder Gegendarstellung noch vor der Abstimmung verunmöglicht. Der
Stimmbürger war somit nicht in der Lage, sich noch rechtzeitig vor dem
Urnengang über den Wahrheitsgehalt der im Inserat behaupteten Angaben
zu informieren und gegebenenfalls den ersten Eindruck zu korrigieren. Im
Normalfall ist ein derart gravierendes Vorkommnis geeignet, einen Wahl-
bzw. Abstimmungsausgang wesentlich zu beeinflussen, indem Enthüllungen
über unzulässige Machenschaften, wie sie im fraglichen Text behauptet
wurden, bei den Stimmbürgern Wut und Enttäuschung auslösen und noch
unentschlossene unter ihnen dazu veranlassen können, ihre Meinung zu
ändern oder dem Urnengang fernzubleiben.

    Bei den im vorliegenden Fall gegebenen besonderen Verhältnissen
geht es jedoch nicht an, den ganzen Rahmen der Gegenstand des Verfahrens
bildenden Abstimmungskampagne ausser acht zu lassen. Die Frage, ob das
Laufental beim Kanton Bern bleiben oder sich dem Kanton Basel-Landschaft
anschliessen will, beschäftigt die Bewohner der Region schon seit
mehr als zehn Jahren und trennt sie in Befürworter und Gegner eines
solchen Anschlusses. Der Urnengang von 1983 hatte eine kleine Mehrheit
zugunsten der Berntreuen ergeben. Die "Finanzaffäre", die in der Folge
zur Wiederholung der Abstimmung führte, rief bei der Bevölkerung heftige
Reaktionen hervor. Entsprechend wurde die Kampagne, welche der Abstimmung
vom 12. November 1989 vorausging, sehr intensiv und lebhaft geführt,
dies während mehreren Monaten. Die Meinungen der - insgesamt relativ
wenigen - Stimmberechtigten haben sich somit im Verlaufe eines langen
Prozesses langsam gebildet. Es ist daher wenig wahrscheinlich, dass die
praktisch in letzter Minute vor dem Urnengang erfolgte "Enthüllung" in
der Gratiszeitung "Nordschweiz" bei einem erheblichen Teil der Wähler
noch zu einem Meinungsumschwung hat führen können. Sind dennoch Wähler
durch das strittige Inserat betroffen worden, so ist völlig offen, wie sie
darauf reagiert haben, sei es mit Gleichgültigkeit, sei es mit Entrüstung
über das angeprangerte Vorgehen der Berner Behörden oder sei es damit,
in der fraglichen Anzeige bloss eine Machenschaft von Anschlusswilligen
oder allenfalls eine solche von Berntreuen zu erblicken. Jedenfalls
gibt es keinen Anhaltspunkt, der die Auffassung des Grossen Rates
stützen würde, dass das Inserat einzig den Anschlusswilligen genützt
habe. Auch wenn das Vorkommnis an sich eine Verletzung des Stimmrechts
der Bürger bedeutete, so besteht nach dem Gesagten keine hinreichende
Wahrscheinlichkeit zur Annahme, dass diese Rechtsverletzung sich in
Berücksichtigung der geschilderten besonderen Verhältnisse entscheidend
auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt habe. Diese Folgerung entspricht
im übrigen im wesentlichen der Auffassung, die der Regierungsrat und die
parlamentarische Justizkommission in ihrem zuhanden des Grossen Rates
erstatteten Antrag vom 20. Dezember 1989 bekundeten.

    b) Am 8. November 1989 wandten sich drei Laufentaler Gewerbetreibende
in einem mit "Ende Oktober 1989" datierten Schreiben an eine grosse
Anzahl Unternehmer, von denen angenommen wurde, sie seien Befürworter
eines Anschlusses des Laufentals an den Kanton Basel-Landschaft. Diese
Unternehmer wurden aufgefordert, ihre Angestellten zu einem Ja zum
Baselbiet zu veranlassen und ihnen für den Fall eines Anschlusses
am Montag, 13. November 1989, dem der Abstimmung folgenden Tag,
einen bezahlten freien Tag zu gewähren. Der Inhalt des fraglichen
Schreibens wurde am 10. November 1989 in der "Basler Zeitung" enthüllt
und kritisiert. Ein anschliessend wegen angeblicher Wahlbestechung im
Sinne von Art. 281 StGB durchgeführtes Ermittlungsverfahren gemäss
Art. 82a des Gesetzes über das Strafverfahren des Kantons Bern vom
20. Mai 1928 (StrV) hat ergeben, dass kein einziges von 30 befragten
Unternehmen seine Mitarbeiter am 13. November 1989 von den beruflichen
Verpflichtungen befreite; in der Folge wurde das Ermittlungsverfahren
abgeschlossen, und am 1. Oktober 1990 stimmte die Staatsanwaltschaft
des Seelandes dem Antrag des Untersuchungsrichters von Laufen bei, keine
Strafverfolgung zu eröffnen. Nach Auffassung des Grossen Rates hatte indes
auch das genannte Schreiben der Gewerbetreibenden dazu beigetragen, das
Abstimmungsergebnis zu verfälschen; dass dem Arbeitnehmer mit dem Brief
ein geldwerter Vorteil in Aussicht gestellt und dabei seine Abhängigkeit
vom Arbeitgeber ausgenützt worden sei, lasse das Schreiben als besonders
verwerflich und damit klarerweise unstatthaft erscheinen.

    Grundsätzlich ist es einem Arbeitgeber nicht verwehrt, mit seinen
Angestellten über Politik zu diskutieren und auf sachliche Weise zu
versuchen, sie zur Überzeugung zu bringen, ihre politischen Rechte
in bestimmtem Sinne auszuüben. Hingegen geht es nicht an, auf sie
irgendwelchen Druck auszuüben oder ihnen für den Fall, dass sie seinem
Wunsche entsprechend stimmen, materielle Vorteile zu versprechen. Dies
wäre eine unerlaubte Einwirkung auf die Willensbildung bzw. die
Stimmrechtsausübung (vgl. ZBl 81/1980 S. 251 f.). Nach dem Gesagten
handelt es sich beim Ansinnen der Gewerbetreibenden im fraglichen
Schreiben zweifellos um einen derartigen unzulässigen Versuch, Bürger
mit dem Versprechen materieller Vorteile zu einem bestimmten Verhalten
zu veranlassen und dadurch ihre Meinungs- und Stimmfreiheit einzuengen.

    Eine andere Frage ist dabei aber wiederum, ob dieses Vorkommnis zu
einer Verfälschung des angefochtenen Abstimmungsergebnisses führte. Der
Grosse Rat bejahte dies, räumte aber gleichzeitig ein, dass nicht habe
ermittelt werden können, wie viele Wähler sich durch das Schreiben zu
einem Meinungswechsel und entsprechend zu einer anderen Stimmabgabe als
ursprünglich vorgesehen veranlasst gesehen hätten. Dazu ist zunächst
festzustellen, dass er - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer 1 -
aufgrund von Art. 93 StrV keine Einsicht in die Akten des Verfahrens wegen
Wahlbestechung hatte. Unabhängig davon gehen aber ganz allgemein aus den
Akten keine Anhaltspunkte hervor, die den Schluss zuliessen, durch das
fragliche Schreiben der Gewerbetreibenden sei das Abstimmungsergebnis
bedeutsam beeinflusst worden. Mit Blick auf die gesamten Umstände, unter
denen sich der Urnengang abspielte, der - auch bei klarerweise hoher
Stimmbeteiligung - insgesamt relativ kleinen Zahl von Stimmberechtigten
und der während langer Zeit ausführlichst erfolgten Diskussionen über die
Vor- und Nachteile eines Kantonswechsels ist es nur wenig wahrscheinlich,
dass die genannte Ankündigung, die Arbeitnehmer im Falle eines Anschlusses
an den Kanton Basel-Landschaft einen bezahlten freien Tag beziehen zu
lassen, geeignet war, bei Berntreuen einen Meinungswechsel herbeizuführen
und das Abstimmungsergebnis derart zu beeinflussen und zu verfälschen,
dass es durch den Mangel anders ausgefallen wäre als ohne ihn.

    c) aa) Am 30. Juni 1989 hatte der Bezirksrat Laufental die
Bevölkerung des Bezirks eingeladen, ihm Fragen über die möglichen Folgen
des Urnenganges vom 12. November 1989 zu unterbreiten. In der Folge
beantworteten die Behörden der Kantone Bern und Basel-Landschaft die
eingetroffenen Fragen je aus ihrer Sicht und fassten die Antworten in fünf
Broschüren zusammen, welche im Verlaufe der Monate September und Oktober
1989 an alle Haushalte des Bezirks abgegeben wurden. In Beantwortung der
im Bulletin Nr. 4 aufgeführten Frage 239 bemerkte die Steuerverwaltung
des Kantons Basel-Landschaft folgendes:

    "Nach einem Entscheid der kantonalen Steuerrekurskommission kann ein
   in Pfeffingen wohnhafter und in Basel arbeitender Steuerpflichtiger die

    Kosten für die Benützung eines Privatautos als Gewinnungskosten geltend
   machen (Fr. -.50/km). Das gleiche dürfte auch für die im Laufental
   wohnhaften Pendler gelten, sofern sie für ihren Weg zur Arbeit
   tatsächlich das Auto benützen. Aufgrund dieser Sachlage müssen
   u. E. folgende

    Beispiele im Steuervergleich korrigiert werden:

    ... (Auflistung von 6 Fällen mit Angaben, in welchen bzw. wievielen

    Fällen die Steuerbeträge im Kanton Basel-Landschaft geringer sein
sollen.)

    Zu erwähnen ist noch, dass aufgrund der guten Finanzlage in unserem

    Kanton hier sicher ein mindestens ebenso grosses Potential für eine

    Steuersenkung wie im Kanton Bern besteht. Aussagekräftiger als die

    Berechnungen im 'Gegensteuer' dürfte die von der Eidg. Steuerverwaltung
   herausgegebene Steuerstatistik sein. Wir verweisen auf 'Steuerbelastung
   in der Schweiz, Bern 1989'. Obwohl sich die betreffenden Angaben auf
   das Jahr

    1988 beziehen, haben sie auch für die jetzige Steuersituation
weitgehend

    Gültigkeit. Daraus ergibt sich folgendes Fazit: Das Arbeitseinkommen
von

    Ledigen wird im Kanton Basel-Landschaft in allen untersuchten Fällen
   weniger belastet als im Kanton Bern. Für Verheiratete ohne Kinder
   ist der

    Kanton Bern lediglich im Einkommensbereich 15'000-20'000 günstiger. In
   allen übrigen untersuchten Fällen wird das Arbeitseinkommen in unserem

    Kanton milder besteuert. Das Arbeitseinkommen von Verheirateten mit 2

    Kindern wird im Kanton Basel-Landschaft in allen untersuchten Fällen
   weniger stark belastet als im Kanton Bern. Das gleiche gilt für das

    Einkommen von Rentnern. Dieses unterliegt im Kanton Bern zum Teil einer
   mehr als doppelt so hohen Steuerbelastung wie im Kanton
   Basel-Landschaft.

    Angesichts dieser klaren Resultate aus einer unabhängigen Statistik
kann
   an der Tatsache, dass unser Kanton steuerlich günstiger als der Kanton

    Bern ist, wohl kaum ernsthaft gezweifelt werden."

    Am 4. Dezember 1989, also rund drei Wochen nach der Abstimmung
vom 12. November, ersuchte Ursula Gygax die Steuerverwaltung des
Kantons Basel-Landschaft um weitere Auskünfte. Mit Antwortschreiben vom
13. Dezember 1989 präzisierte diese die Angaben betreffend Abzugsfähigkeit
der Kosten für ein privates Verkehrsmittel wie folgt:

    "Nach einem allfälligen Anschluss an unseren Kanton könnten die
Einwohner
   des Laufentales nach der bisherigen Praxis mehrheitlich die Kosten
   eines privaten Verkehrsmittels nicht vom steuerbaren Einkommen in
   Abzug bringen, da ihr Weg zur Arbeit und zurück mit dem öffentlichen
   Verkehrsmittel weniger als 2 1/2 Studen pro Tag ausmachen dürfte. Die
   Fahrzeit

    Laufen-Basel beträgt mit der SBB 18 Minuten (Schnellzug) resp. 28
Minuten
   (Regionalzug). Bis zum Aeschenplatz sind es maximal 10 Minuten zu Fuss.

    Der Zeitaufwand für die Entfernung Ihres Wohnortes zum Bahnhof
Laufen ist
   uns nicht bekannt. Die gesamte Zeitlimite dürfte dadurch nicht
   überschritten werden.

    Ein Abzug ist aber zulässig:

    - wenn kein öffentliches Verkehrsmittel zur Verfügung steht

    - wenn die Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels unzumutbar ist,
   z.B.

    - bei Gebrechlichkeit, oder in der Regel

    - bei mehr als 1,5 km Entfernung der Haltestelle von Wohn- oder

    Arbeitsort."

    Im kantonalen Beschwerdeverfahren machten Ursula Gygax und
Mitbeteiligte - im vorliegenden bundesgerichtlichen Verfahren also
die Beschwerdeführer 2 - geltend, die durch die Behörden des Kantons
Basel-Landschaft im Bulletin Nr. 4 vorgenommene ungenaue Beantwortung der
Frage 239 habe das Abstimmungsergebnis entscheidend beeinflusst. Der
Grosse Rat trat auf diese Rüge materiell ein, obwohl sie erst mit
nach Ablauf der Beschwerdefrist eingereichten Eingaben im einzelnen
begründet worden war, und er entschied, sie sei zutreffenderweise erhoben
worden. Er hielt dafür, die Beantwortung der Frage 239 durch die Behörden
des Kantons Basel-Landschaft stelle eine unzulässige Intervention in
den Abstimmungskampf dar und verletze damit das Gebot zur objektiven
Information sowie der Nichtintervention in einen Abstimmungskampf eines
andern Kantons. In diesem Punkt liege somit eine Verletzung des politischen
Stimmrechts der Beschwerdeführer 2 vor. Durch die irreführende Antwort
des Kantons Basel-Landschaft seien die Stimmberechtigten in unzulässiger
Weise beeinflusst worden. Demgegenüber sind die Beschwerdeführer 1
der Auffassung, der Grosse Rat sei zu Unrecht auf die betreffende Rüge
eingetreten und habe sie auch materiell falsch gewürdigt.

    bb) Die Art. 86-88 des bernischen Gesetzes über die politischen Rechte
vom 5. Mai 1980 (GPR) regeln die Fälle, in denen mit Stimmrechts-,
Abstimmungs- bzw. Wahlbeschwerde geltend gemacht werden kann, dass
Gemeinde- oder Staatsorgane durch ihre Verfügungen das Stimmrecht oder
ganz allgemein bei der Vorbereitung oder Durchführung einer Abstimmung
oder Wahl bzw. bei der Ermittlung der Abstimmungs- oder Wahlergebnisse
gesetzliche Vorschriften verletzt haben. Art. 89 Abs. 2 GPR bestimmt,
dass eine solche Beschwerde ohne vorheriges Einspracheverfahren innert
drei Tagen seit der Entdeckung des Beschwerdegrundes, spätestens aber drei
Tage nach der Veröffentlichung der Ergebnisse einer Abstimmung oder Wahl,
beim Regierungsrat einzureichen ist.

    Man kann sich fragen, ob der Grosse Rat die zuletzt genannte
Rüge zu Recht materiell geprüft hat, oder ob auf sie wegen verspäteter
Substantiierung in Anwendung von Art. 89 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 90
GPR schon gar nicht hätte eingetreten werden dürfen (vgl. in diesem
Zusammenhang BGE 113 Ia 146 ff.), wenn davon ausgegangen würde, dass
zusätzliche Auskünfte zu den in den verschiedenen Bulletins enthaltenen
Angaben ohne weiteres noch rechtzeitig vor der Abstimmung vom 12. November
1989 hätten eingeholt werden können. Die Frage kann indes offenbleiben,
erweist sich doch die Rüge bei materieller Prüfung ohnehin als unbegründet,
wie nachfolgend aufzuzeigen ist.

    cc) Nach Art. 2ter Abs. 1 lit. a Ziff. 3 der vom 4. Oktober 1988
datierten Änderung der Verordnung des Regierungsrates des Kantons
Basel-Landschaft zum Steuer- und Finanzgesetz dieses Kantons vom
22. Oktober 1974 können unselbständig Erwerbende, die für ihren Weg zur
Arbeit das Privatauto benützen, die Auslagen vom Einkommen abziehen, die
bei Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels entstehen würden; steht
kein solches zur Verfügung oder kann dessen Benützung dem Steuerpflichtigen
nicht zugemutet werden (z.B. wegen Gebrechlichkeit, beachtenswerter
Entfernung von der nächsten Haltestelle, ungünstigen Fahrplanes usw.),
so ist gemäss derselben Bestimmung für Privatautos pro Fahrkilometer
ein Abzug bis zu 50 Rp. zulässig. Mit dem im Bulletin Nr. 4 bei der
Beantwortung der Frage 239 durch den Kanton Basel-Landschaft erwähnten
Entscheid der Steuerrekurskommission Baselland vom 16. Mai 1989 wurde einem
in Pfeffingen wohnhaften und in Basel arbeitenden Steuerpflichtigen ein
derartiger Gewinnungskostenabzug zugestanden. Die Steuerrekurskommission
bestätigte dabei die von den kantonalen Steuerbehörden entwickelte Praxis,
wonach der Pauschalabzug von 50 Rp. pro Fahrkilometer nur dann zu gewähren
sei, wenn der tägliche Arbeitsweg (Hin- und Rückfahrt) bei Benützung
eines öffentlichen Verkehrsmittels eine Reisezeit von in der Regel mehr
als rund 2 1/2 Stunden erfordere. Dieses letztgenannte Kriterium ist in
der Beantwortung der Frage 239 nicht enthalten, während das erwähnte
Antwortschreiben der Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft
vom 13. Dezember 1989 ausdrücklich darauf hinweist und zudem festhält,
einem am Aeschenplatz in Basel arbeitenden Einwohner Laufens stehe
die Abzugsmöglichkeit nicht zu, da für ihn der tägliche Arbeitsweg hin
und zurück nur höchstens eine Stunde und 16 Minuten betrage. Es ist zu
bedauern, dass die Behörden des Kantons Basel-Landschaft sich nicht die
Mühe nahmen, die Frage 239 im Sinne der vorstehenden Ausführungen umfassend
zu beantworten. Dieser Mangel ist jedoch - wie dargelegt (s. oben E. 5) -
nicht für sich alleine, sondern im gesamten Rahmen der Abstimmungskampagne
zu würdigen. Dabei ist zunächst festzustellen, dass die Beantwortung der
Frage 239 durch die Behörden des Kantons Basel-Landschaft nach dem Gesagten
eben nicht geradezu falsch, sondern lediglich ungenau bzw. unvollständig
erfolgte, und dies auch nur hinsichtlich der betreffenden Möglichkeit
des Gewinnungskostenabzugs; zudem wurde die diesbezügliche Antwort nicht
als absolut geltend, sondern auf das aufgeführte Beispiel bezogen und
hypothetisch gehalten formuliert ("... Das gleiche (wie gemäss Entscheid
der Steuerrekurskommission) dürfte auch für die im Laufental wohnhaften
Pendler gelten ..."), wodurch der Bürger ihre Unvollständigkeit bemerken
konnte. Hinzu kommt nun aber, dass bereits die Beantwortung der Frage
239 zusätzliche steuerliche Aspekte berührte (s. vorstehende lit. aa),
wie dies auch für eine grosse Zahl weiterer Antworten zutraf, und dass
nebstdem viele der in den fünf Bulletins zusammengefassten insgesamt fast
300 Antworten andere interessierende Punkte (die Gemeindeorganisation,
das Schulwesen, kulturelle Aspekte usw.) erörterten. Auf diese Weise
sowie im Verlaufe der übrigen, wie dargelegt während langer Zeit äusserst
intensiv geführten Abstimmungskampagne konnten sich die Stimmberechtigten
umfassend über die Vor- und Nachteile eines Verbleibs beim Kanton Bern
bzw. eines Anschlusses an den Kanton Basel-Landschaft informieren.
In Anbetracht dessen ist jedenfalls zweifelhaft, dass die aufgezeigte,
bloss teilweise Ungenauigkeit einer einzigen der insgesamt annähernd 300,
verschiedenste Themenbereiche betreffenden Antworten geeignet war, den
Ausgang der Abstimmung entscheidend zu beeinflussen.

    d) aa) Die drei Rügen (b, c sowie h bzw. k), die den Grossen Rat
hauptsächlich zur Aufhebung des angefochtenen Abstimmungsergebnisses
veranlassten, erweisen sich demnach als unbegründet.

    bb) Aber auch die verbleibende vierte Rüge (f), die zwar nicht
ausschlaggebend, aber im Gesamtzusammenhang mit den vorstehend beurteilten
drei Rügen zum Gutheissungsentscheid des Grossen Rates führte, vermag die
Auffassung der Beschwerdeführer 2 nicht zu stützen. Die Gegenstand dieser
Rüge bildenden Unregelmässigkeiten liess der Regierungsrat pflichtgemäss
abklären (vgl. BGE 114 Ia 42 ff.). Dementsprechend ordnete der mit der
betreffenden amtlichen Untersuchung beauftragte Regierungsstatthalter
von Thun, Antonio Genna, die Nachprüfung der Stimmberechtigung sowie
der Stimmzettel an. Die Untersuchung ergab zahlenmässig nur geringfügige
Mängel, die laut Schlussbericht vom 3. Dezember 1989 sowie Antrag des
Regierungsrates und der parlamentarischen Justizkommission vom 20. Dezember
1989 nicht geeignet waren, das Abstimmungsergebnis zu verfälschen (oben
lit. C). In der Tat erwies sich, dass höchstens zehn bis zwanzig Personen
fälschlicherweise zur Abstimmung zugelassen worden waren (Bericht Genna,
Zusammenfassung Ziff. 2-4):

    "2. Ein Stimmausweis entsprach nicht den gesetzlichen Vorschriften
   und hätte nicht akzeptiert werden dürfen. In einem weiteren Fall wurden
   die Vorschriften über die briefliche Stimmabgabe verletzt.

    Andere Unstimmigkeiten (Fälschungen, Duplikatmissbräuche) wurden bei
   der Überprüfung der Ausweiskarten nicht entdeckt.

    3. Die Kontrolle der Stimmregister ergab folgende von den

    Stimmregisterführern zu verantwortende Mängel:

    - Vier Personen wurden unter Missachtung der speziellen Vorschriften
   über die Einwohnungsfrist für die Laufental-Abstimmung ins

    Stimmregister aufgenommen. Zwei davon haben am Urnengang teilgenommen.

    - Sechs Personen wurden infolge unrichtiger Berechnung der

    Einwohnungsfrist ins Stimmregister aufgenommen. Alle haben abgestimmt.

    - Ein Ehepaar, das sich am 1.8.89 anmeldete, jedoch erst am 1.9.89 im

    Laufental zuzog, wurde zu Unrecht ins Stimmregister aufgenommen.

    - Eine Person wurde in zwei Gemeinden gleichzeitig ins Stimmregister
   aufgenommen, sie hat jedoch nur einmal an der Abstimmung teilgenommen.

    Diese Mängel konnten das Abstimmungsresultat nicht entscheidend
   beeinflussen (Umlagerung von max. 10 Stimmen).

    4. Ein systematischer, planmässiger und massenhafter Zuzug ortsfremder

    Personen zum alleinigen Zwecke der Teilnahme an der
Laufental-Abstimmung
   ... lässt sich durch einen Vergleich mit der Entwicklung der

    Stimmberechtigten-Zahlen der letzten Jahre ausschliessen.

    Hingegen ist es möglich, dass vereinzelt Personen ihre Schriften
entgegen
   den gesetzlichen Bestimmungen ins Laufental verlegt oder hier belassen
   haben. In mindestens sechs Fällen besteht diesbezüglich gestützt auf
   gewisse Indizien ein konkreter Verdacht ... In den meisten Fällen
   erwies sich der Verdacht als absolut unbegründet.

    Die Nachprüfung der Stimmzettel, der Stimmausweise und der
Stimmregister
   ergab somit zahlenmässig nur geringfügige Mängel ..."

    Entsprechend hielt denn auch der Grosse Rat fest, diese durch
Regierungsstatthalter Genna festgestellten Mängel seien zwar nicht für
sich alleine, jedoch zusammen mit den übrigen unzulässigen Vorkommnissen
gemäss Rügen b, c sowie h bzw. k geeignet gewesen, das Abstimmungsergebnis
zu verfälschen. Diese Rügen erweisen sich nun aber wie aufgezeigt als
unbegründet. In Anbetracht der doch deutlichen Differenz zwischen Ja-
und Nein-Stimmen (oben lit. B und C) vermochten indes ebenfalls die durch
den Bericht Genna erstellten geringfügigen Unregelmässigkeiten gesamthaft
den Ausgang der Abstimmung nicht entscheidend zu beeinflussen.

    cc) Demnach hätte der Grosse Rat das Ergebnis der Abstimmung
vom 12. November 1989 nicht aufheben dürfen. Die Beschwerde der
Beschwerdeführer 1 ist daher bereits aus den vorstehend dargelegten
Gründen gutzuheissen.