Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 116 V 156



116 V 156

27. Auszug aus dem Urteil vom 11. Juni 1990 i.S. M. gegen Ersatzkasse
UVG und Versicherungsgericht des Kantons Zürich Regeste

    Art. 25 Abs. 1 und Art. 36 Abs. 2 UVG, Art. 36 UVV, Anhang 3 UVV:
Bemessung des Integritätsschadens.

    - Tatbestände.

    - Bemessung des Schadens, der sich aus teils unfallbedingten, teils
vorbestandenen Beeinträchtigungen zusammensetzt.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Bei der Bemessung des Integritätsschadens und der Kürzung der
Integritätsentschädigung lassen sich folgende Tatbestände unterscheiden:

    a) Ein versichertes Ereignis (Unfall, unfallähnliche Körperschädigung
oder Berufskrankheit) führt zu einem Integritätsschaden. Dessen Schwere
bemisst sich nach der Skala im Anhang 3 zur UVV. Fällt ein solcher Schaden
nicht unter eine der in der Skala aufgeführten Positionen, so wird die
Entschädigung nach dem Grad der Schwere vom Skalenwert abgeleitet. In
diesem Zusammenhang hat die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt
(SUVA) in Weiterentwicklung der bundesrätlichen Skala weitere
Bemessungsgrundlagen in tabellarischer Form (sog. Feinraster)
erarbeitet. Diese in den Mitteilungen der Medizinischen Abteilung der SUVA,
Nr. 57 bis 59, herausgegebenen Tabellen (teilweise geändert und ergänzt
in den Mitteilungen Nr. 60 und 62) stellen zwar keine Rechtssätze dar
und sind für den Richter nicht verbindlich, umso weniger als Ziff. 1 von
Anhang 3 zur UVV bestimmt, dass der in der Skala angegebene Prozentsatz
des Integritätsschadens für den Regelfall gilt, welcher im Einzelfall
Abweichungen nach unten wie nach oben ermöglicht. Soweit sie jedoch
lediglich Richtwerte enthalten, mit denen die Gleichbehandlung aller
Versicherten gewährleistet werden soll, sind sie mit dem Anhang 3 zur
UVV vereinbar (BGE 113 V 219 Erw. 2b mit Hinweisen).

    b) Ein oder mehrere versicherte Ereignisse führen zu verschiedenen
Integritätsschäden. In diesen Fällen wird die Integritätsentschädigung
gemäss Art. 36 Abs. 3 UVV nach der gesamten Beeinträchtigung festgesetzt,
wobei die Gesamtentschädigung den Höchstbetrag des versicherten
Jahresverdienstes nicht übersteigen darf. Die den einzelnen Schädigungen
entsprechenden Prozentzahlen werden selbst dann zusammengezählt, wenn eine,
mehrere oder alle davon für sich die Schwelle von 5% nicht erreichen;
die Entschädigung ist geschuldet, sobald die Summe der Prozentzahlen die
Erheblichkeitsgrenze von 5% übersteigt (RKUV 1988 Nr. U 48 S. 236 Erw. 2b).

    c) Mehrere, teils versicherte, teils nichtversicherte
Ereignisse (Vorzustand, nicht versicherter Unfall) verursachen
einen Integritätsschaden, d.h. es besteht ein Beschwerdebild, das
medizinisch-diagnostisch nicht in einzelne, voneinander unterscheidbare
Beeinträchtigungen aufgeteilt werden kann. Hier ist der Integritätsschaden
gesamthaft nach Anhang 3 zur UVV oder nötigenfalls nach den genannten
Richtlinien gemäss den Tabellen der Medizinischen Abteilung der SUVA
einzuschätzen. In einem zweiten Schritt ist die Entschädigung nach Massgabe
von Art. 36 Abs. 2 UVG entsprechend dem Kausalanteil der nichtversicherten
Ereignisse am gesamten Integritätsschaden zu kürzen.

    d) Mehrere, teils versicherte, teils nichtversicherte Ereignisse
verursachen je verschiedene Integritätsschäden. Hier bemisst sich die vom
Unfallversicherer geschuldete Integritätsentschädigung allein nach der
Schwere der Folgen des oder der versicherten Ereignisse. Die durch das
oder die nichtversicherten Ereignisse verursachte Beeinträchtigung der
Integrität bleibt bei der Festsetzung der Entschädigung ausser Betracht.

    e) Schliesslich fragt sich, wie vorzugehen ist, wenn der Versicherte
mehrere voneinander unterscheidbare Beeinträchtigungen der Integrität
aufweist, wobei versicherte und nichtversicherte Ereignisse an allen oder
einzelnen dieser Teilbeeinträchtigungen ihren Kausalanteil haben. Würde in
solchen Fällen die Schwere der Beeinträchtigungen nach Anhang 3 zur UVV
oder den tabellarischen Richtlinien eingeschätzt und das Gesamtergebnis
nach Massgabe des Kausalanteils des oder der nichtversicherten Ereignisse
gekürzt, so bestünde keine Gewähr dafür, dass der Unfallversicherer
effektiv nur den unfallbedingten oder durch ein anderes versichertes
Ereignis bewirkten Integritätsschaden zu entschädigen hätte. Bei
diesem Tatbestand darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der
Kausalanteil des nichtversicherten Ereignisses (z.B. des Vorzustandes)
an einer schweren Einzelbeeinträchtigung sehr hoch oder umgekehrt sehr
niedrig sein kann. Diesen Gegebenheiten kann nur in der Weise Rechnung
getragen werden, dass die verschiedenen Beeinträchtigungen je für sich
eingeschätzt werden und für die einzelnen Teilbeeinträchtigungen die
Kürzung entsprechend dem Kausalanteil des nichtversicherten Ereignisses
an der Teilbeeinträchtigung vorgenommen wird. Anschliessend sind die so
gekürzten einzelnen unfallbedingten Schädigungen zum gesamten versicherten
Integritätsschaden zusammenzurechnen.