Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 116 IV 4



116 IV 4

2. Urteil des Kassationshofes vom 27. April 1990 i.S. X. gegen
Generalprokurator des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 63 und Art. 48 Ziff. 2 StGB; Art. 163-165 ZGB.

    Grundsätze für die Bussenbemessung beim haushaltführenden Ehegatten.

Sachverhalt

    A.- Frau X. wurde am 14. April 1989 vom Gerichtspräsidenten IX von
Bern des Fahrens in angetrunkenem Zustand schuldig gesprochen und mit 14
Tagen Gefängnis bedingt, Probezeit 2 Jahre, sowie mit einer Busse von Fr.
2'000.-- bestraft.

    B.- Dagegen erklärte sie bezüglich der Bussenhöhe zunächst die
Appellation, welche sie in der Folge aber wieder zurückzog.

    C.- Auch die Staatsanwaltschaft Bern Mittelland erklärte die
Appellation. Diese beschränkte der Generalprokurator auf die Frage der
Strafzumessung mit der Präzisierung, dass ausschliesslich die Bemessung
der Busse zu überprüfen sei.

    D.- Mit Urteil vom 31. August 1989 erhöhte das Obergericht des Kantons
Bern die Busse auf Fr. 4'000.--.

    E.- Gegen dieses Urteil führt Frau X. eidgenössische
Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben,
soweit es noch nicht in Rechtskraft erwachsen sei.

    F.- Der Generalprokurator des Kantons Bern beantragt Abweisung der
Nichtigkeitsbeschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Die Beschwerdeführerin stellt nicht in Frage, dass sie
kumulativ zu der bedingt ausgesprochenen Gefängnisstrafe zu einer Busse
zu verurteilen ist. Zu überprüfen ist deshalb einzig die Höhe dieser
Geldstrafe.

    b) Das Obergericht ist bei der Festsetzung der Bussenhöhe von folgenden
Erwägungen ausgegangen: Praxisgemäss werde bei einem Schuldspruch wegen
Führens eines Motorfahrzeugs in angetrunkenem Zustand und Verurteilung
zu einer bedingten Freiheitsstrafe zusätzlich eine Busse ausgefällt;
diese betrage nach den Richtlinien des Gerichtspräsidentenverbandes
in der Regel 1/4 bis 1/3 des monatlichen Nettoeinkommens. Bei der
Bussenbemessung sei vorliegend zu berücksichtigen, dass die Busse als
zweite Sanktion zu einer strafrechtlich schwerer ins Gewicht fallenden,
bereits rechtskräftigen Freiheitsstrafe von 14 Tagen Gefängnis bedingt
hinzutrete; die Busse habe unter diesen Umständen nicht die Funktion,
das Verschulden vollständig abzugelten. Die erwähnten Richtlinien seien
sodann nicht schematisch anzuwenden, da sie die im Gesetz neben Art. 63
StGB enthaltene Strafzumessungsregel bei Bussen, Art. 48 Ziff. 2 StGB,
nicht aufzuheben vermöchten.

    Die Vorinstanz führt weiter aus, die Anwendung der Richtlinien bereite
vorliegend Schwierigkeiten, und zwar aus zwei Gründen: Zum einen realisiere
die Beschwerdeführerin als Hausfrau und Betreuerin zweier schulpflichtiger
Kinder kein eigenes Erwerbseinkommen und verfüge anscheinend auch über kein
Einkommen aus Vermögen; zum andern seien die finanziellen Verhältnisse der
Familie, insbesondere des Ehemannes, nur in ungenügendem Mass bekannt. Die
Beschwerdeführerin habe aber anerkannt, dass das Bruttoeinkommen ihres
Ehemannes monatlich "höchstens Fr. 27'500.--" betrage; dabei sei sie
zu behaften.

    Die Vorinstanz fährt fort, bei der Ermittlung des für die
Bussenbemessung massgebenden Einkommens der Beschwerdeführerin liege
es nahe, die eherechtlichen Bestimmungen heranzuziehen. Relevant
seien dabei die Art. 159 und 163 ZGB; Art. 164 ZGB sei demgegenüber
nicht zu berücksichtigen, da diese Bestimmung von einem "Betrag zur
freien Verfügung" spreche. Dieser Betrag zur freien Verfügung stelle
keinen Hausfrauenlohn dar; andernfalls dürfte bei der Bestrafung des
erwerbstätigen Ehegatten auch nur der Betrag zur freien Verfügung
zur Bemessung der Busse herangezogen werden, was jedoch den genannten
Richtlinien und auch dem Sinn der Busse widerspreche. Zur Festlegung
des für die Bemessung der Busse ausschlaggebenden "Einkommens" der
Beschwerdeführerin sei auf Art. 163 ZGB abzustellen. Dabei sei zu
berücksichtigen, dass alle in dieser Bestimmung erwähnten Formen der
Beitragsleistung grundsätzlich gleichwertig seien. Deshalb sei davon
auszugehen, die Beitragsleistungen des haushaltführenden Ehegatten seien
denjenigen gleichwertig, die durch Erwerbstätigkeit erlangt würden. Das
Einkommen der Beschwerdeführerin sei somit auf ungefähr die Hälfte des
Erwerbseinkommens des Ehemannes zu veranschlagen. Bei Anwendung der
Richtlinien des bernischen Gerichtspräsidentenverbandes ergebe sich
demnach eine Busse von Fr. 4'000.--. Dieser Betrag entspreche auch dem
Verschulden der Beschwerdeführerin.

    c) Mit der Nichtigkeitsbeschwerde wird geltend gemacht, die Vorinstanz
habe bei der Bussenbemessung Art. 48 und 63 StGB verletzt; einerseits
habe sie Art. 159, 163 und 164 ZGB falsch ausgelegt, andererseits gehe
sie zu Unrecht davon aus, dass eine Busse von Fr. 4'000.--, zusammen mit
einer 14tägigen bedingten Gefängnisstrafe, den persönlichen Verhältnissen
der Beschwerdeführerin gerecht werde.

Erwägung 2

    2.- Wie die Vorinstanz zutreffend darlegt, liegt der Schwerpunkt
der Bestrafung der Beschwerdeführerin in der nicht umstrittenen
bedingten Strafe von 14 Tagen Gefängnis. Die Kumulation dieser bedingten
Gefängnisstrafe mit der ausgesprochenen Busse findet ihre Grundlage in
Art. 91 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 50 Abs. 2 StGB.

    a) Auszugehen ist bei der Bussenbemessung von den Art. 63 und 48
StGB. Gemäss Art. 63 StGB misst der Richter die Strafe nach dem Verschulden
des Täters zu; er berücksichtigt die Beweggründe, das Vorleben und die
persönlichen Verhältnisse des Schuldigen. Art. 48 Ziff. 2 Abs. 1 StGB
schreibt dem Richter im weiteren vor, den Betrag einer Busse je nach den
Verhältnissen des Täters so zu bestimmen, dass dieser durch die Einbusse
die Strafe erleidet, die seinem Verschulden angemessen ist. Für die
Verhältnisse des Täters sind nach Art. 48 Ziff. 2 Abs. 2 StGB namentlich
von Bedeutung sein Einkommen und sein Vermögen, sein Familienstand und
seine Familienpflichten, sein Beruf und Erwerb, sein Alter und seine
Gesundheit. Damit wird nicht von der allgemeinen Strafzumessungsregel des
Art. 63 StGB abgewichen, sondern diese im Hinblick auf die Besonderheiten
der Busse verdeutlicht. Es soll vermieden werden, dass die auszufällende
Busse den wirtschaftlich Schwachen härter trifft als den wirtschaftlich
Starken. Auch bei der Bemessung der Busse ist also zunächst das Verschulden
des Täters zu ermitteln und sodann, in einem weiteren Schritt, deren Höhe
anhand der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldigen sowie der
weiteren in Art. 48 Ziff. 2 Abs. 2 StGB genannten Umstände festzusetzen
(BGE 114 Ib 31; 101 IV 16 f.; 92 IV 5 E. 1; STRATENWERTH, Schweizerisches
Strafrecht, Allg. Teil II, S. 181).

    b) Im Rahmen der in Art. 63 und 48 StGB enthaltenen Grundsätze
entscheidet der Richter nach seinem Ermessen. Nach ständiger Rechtsprechung
greift der Kassationshof in dieses nur ein, wenn der kantonale Richter
den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn er nicht
von den rechtlich massgebenden Gesichtspunkten ausgegangen ist oder die
Strafe in Ermessensüberschreitung unhaltbar hart oder milde angesetzt hat
(BGE 107 IV 62; 101 IV 328/29; 114 Ib 31).

    c) Für die Bemessung einer Busse, die, wie vorliegend, neben einer
bedingt ausgesprochenen Gefängnisstrafe verhängt werden soll, haben sich
in einzelnen Kantonen Richtlinien herausgebildet, die eine gleichmässige
Strafzumessung gewährleisten sollen. Auch wenn diese Richtlinien nicht
Gesetzeskraft haben, sondern stets im Einzelfall aufgrund der gesetzlichen
Bussenbemessungskriterien zu konkretisieren sind (vgl. BGE 114 Ib 32 zu den
Richtlinien der Eidgenössischen Steuerverwaltung für die Strafbemessung bei
Steuerhinterziehung), bilden sie dennoch im Regelfall den Ausgangspunkt
für die richtige Bemessung der Busse. Weil sie an die in Art. 48 Ziff. 2
Abs. 2 StGB genannten Kriterien des Einkommens und Vermögens des Täters
anknüpfen, ist die Frage, von welchem Einkommen beim nichterwerbstätigen
haushaltführenden Ehegatten auszugehen ist, eine solche des Bundesrechts,
die im Verfahren auf eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde überprüft
werden kann. Geprüft werden kann auch die richtige Anwendung des Eherechts,
soweit dieses im Rahmen der Bussenbemessung relevant ist.

Erwägung 3

    3.- Das Problem der Bussenbemessung bei einem haushaltführenden
Ehegatten ist im deutschen Recht ausführlich diskutiert worden. Ein
Abstellen auf das halbe Einkommen des erwerbstätigen Gatten entsprechend
dem Standpunkt der Vorinstanz wird dabei weitgehend abgelehnt (HORN,
Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, 5. Aufl., § 40 N 8)
und als Faustregel dem haushaltführenden Gatten ein Anteil von 20% des
Nettoeinkommens des erwerbstätigen Ehepartners zugerechnet (eingehend
zur Problematik RUTH-ELLEN SCHAEFFER, Die Bemessung der Tagessatzhöhe
unter Berücksichtigung der Hausfrauenproblematik, Diss. Tübingen 1977,
S. 93 ff.).

    In der Schweizer Rechtsprechung und Literatur ist das genannte Problem
demgegenüber bisher nicht näher erörtert worden (vgl. BEAT VOSER, Die
Eignung der Busse zur Ersetzung der kurzen Freiheitsstrafen, Diss. Basel
1985, S. 53). Es sind deshalb hier die Grundsätze zu entwickeln, nach
denen die Bussenbemessung gegenüber dem haushaltführenden Ehegatten zu
erfolgen hat.

    a) Zunächst ist festzuhalten, dass es bei der Bussenbemessung gegenüber
dem Hausgatten allein angehen kann, sein Einkommen und Vermögen in Rechnung
zu stellen, nicht jenes seines erwerbstätigen Partners. Eine andere Lösung
würde den höchstpersönlichen Charakter der Strafe missachten und wäre
mit Blick auf Art. 48 Ziff. 2 Abs. 2 StGB, wonach bei der Festsetzung
der Bussenhöhe auf das Einkommen und Vermögen des Täters abzustellen ist,
gesetzwidrig.

    Zu beachten ist weiter, dass es keine Rolle spielen kann, aus
welcher Quelle die Einkünfte des Täters stammen; entscheidend ist seine
tatsächliche finanzielle Leistungsfähigkeit (vgl. BGE 90 IV 155/56, wo
bei der Festsetzung der Bussenhöhe das Taschengeld eines Studenten in
Rechnung gestellt wurde).

    b) Als Einkommen des haushaltführenden Ehegatten zu berücksichtigen
ist danach zunächst ein allfälliger Nebenerwerb. Fehlt ein solcher,
so ist allein auf jene Einkünfte abzustellen, die dem Hausgatten aus
Eherecht zufliessen bzw. zustehen. Solche Einkünfte können sich je nach
den Gegebenheiten des Einzelfalles aus dem Taschengeld, dem Betrag zur
freien Verfügung nach Art. 164 ZGB und allenfalls auch aus Entschädigungen
nach Art. 165 ZGB zusammensetzen.

    Der Anspruch auf Taschengeld ergibt sich aus Art. 163 ZGB (vgl. BGE
114 III 85; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar zum Eherecht, Art. 163 N
10). Art. 164 ZGB erweitert, wo es die Verhältnisse der Ehegatten erlauben,
für den haushaltführenden, kinderbetreuenden oder im Beruf oder Gewerbe
mitarbeitenden Ehegatten den Bereich der persönlichen Bedürfnisse über den
Anspruch auf ein blosses Taschengeld hinaus auf einen angemessenen Betrag
zur freien Verfügung (BGE 114 III 85). Dieser Betrag zur freien Verfügung
soll es dem Ehegatten, der den Haushalt besorgt, auch in guten finanziellen
Verhältnissen erlauben, den gleichen Lebensstandard wie sein erwerbstätiger
Gatte zu führen (vgl. BGE 114 II 305 E. 4 sowie HAUSHEER/REUSSER/GEISER,
Art. 164 N 8 ff.). Ist ein Betrag zur freien Verfügung geschuldet, so
ist darin das gemäss Art. 163 ZGB auszurichtende Taschengeld inbegriffen
(BGE 114 III 85/86).

    Anspruch auf eine angemessene Entschädigung nach Art. 165 ZGB
schliesslich hat ein Ehegatte, der im Beruf oder Gewerbe des andern
erheblich mehr mitgearbeitet hat, als sein Beitrag an den Unterhalt
der Familie verlangt (Abs. 1); dies gilt auch, wenn ein Ehegatte aus
seinem Einkommen oder Vermögen an den Unterhalt der Familie bedeutend
mehr beigetragen hat, als er verpflichtet war (Abs. 2). Ein Ehegatte
kann aber keine Entschädigung fordern, wenn er seinen ausserordentlichen
Beitrag aufgrund eines Arbeits-, Darlehens- oder Gesellschaftsvertrages
oder eines andern Rechtsverhältnisses geleistet hat (Abs. 3).

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdeführerin lebt in einer typischen Hausgattenehe. Sie
besorgt den Haushalt und betreut zwei minderjährige Kinder; über ein
Erwerbseinkommen verfügt sie nicht.

    a) Die Vorinstanz zieht, wie eingangs erwähnt, bei der Bemessung der
der Beschwerdeführerin aufzuerlegenden Busse einzig Art. 163 ZGB heran;
sie nimmt an, die Beitragsleistungen des haushaltführenden Ehegatten
seien denjenigen gleichwertig, die durch eine Erwerbstätigkeit erlangt
werden, und veranschlagt das Einkommen der Beschwerdeführerin auf
ungefähr die Hälfte des Erwerbseinkommens ihres Gatten. Dabei stützt
sie sich unter anderem auf BGE 114 II 26 ff. In diesem Entscheid ging
es um die Höhe des Unterhaltsbeitrages, den der eine Gatte dem andern
während des Getrenntlebens zu entrichten hatte, und es wurde angenommen,
dass der nach Abzug des Zwangsbedarfs verbleibende Nettoüberschuss des
Gesamteinkommens beider Ehegatten in der Regel hälftig zu teilen sei;
eine Abweichung von dieser Regel bedürfe einer besonderen Begründung
(BGE 114 II 31 E. 7). Die hälftige Teilung finde insbesondere dort eine
Grenze, wo das vorhandene Gesamteinkommen beider Gatten aus Arbeit und
Vermögensertrag mehr ausmache, als es die Wahrung der von den Gatten
gewählten angemessenen Lebenshaltung erfordere (BGE 114 II 32 E. 8).

    Die Berufung der Vorinstanz auf BGE 114 II 30 erfolgt indessen
zu Unrecht. Wenn in diesem Entscheid von einer Gleichwertigkeit der
Unterhaltsleistungen in Form von Haushaltführung/Kinderbetreuung einerseits
und Geldbeitrag andererseits gesprochen wird, dann handelt es sich dabei
nicht um eine materielle Gleichwertigkeit, sondern um eine ideelle. Ideelle
Gleichwertigkeit besagt, dass Haushaltführung und Kinderbetreuung ebenso
wie der Geldbeitrag als vollwertiger Unterhaltsbeitrag eines Ehegatten
anzuerkennen sind (vgl. BGE 114 II 30 und 305), und zwar auch dann,
wenn sich diese Unterhaltsbeiträge wertmässig nicht decken. Es geht
also nicht an, die materiellen Werte der von den beiden Ehegatten in der
klassischen Hausfrauenehe erbrachten Beiträge gegeneinander aufzurechnen
(vgl. HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Art. 163 N 35). Im übrigen hat das
Bundesgericht in BGE 114 II 31 E. 7 nicht das für den Familienunterhalt
bestimmte Einkommen hälftig geteilt, sondern nur denjenigen Teil, der
den Grundbedarf beider Ehegatten übersteigt.

    b) Dass der Standpunkt der Vorinstanz unzutreffend ist, zeigt
auch folgende Überlegung: Wäre der Ehemann der Beschwerdeführerin
mit einer Busse zu belegen, wäre bei ihm die Geldstrafe nach den
Richtlinien des Gerichtspräsidentenverbandes ausgehend von seinem
monatlichen Nettoeinkommen zu berechnen. Wenn nun darüber hinaus die
Beschwerdeführerin ebenfalls mit einer Busse bestraft und diese auf der
Grundlage des halben Manneseinkommens festgelegt würde, so ergäbe sich für
die Ehegatten insgesamt eine höhere Bussenbelastung, als wenn dasselbe
Familieneinkommen von beiden Partnern zu gleichen Teilen aufgebracht
würde. Dies aber würde zu einer rechtsungleichen Mehrbelastung von
Ehepaaren mit einem Alleinverdiener führen.

    c) Die Anwendung von Art. 163 ZGB durch die Vorinstanz erweist sich
somit als bundesrechtswidrig. Unzutreffend angewandt hat die Vorinstanz
aber auch Art. 164 ZGB. Sie ist, wie einleitend dargelegt, der Ansicht,
Art. 164 ZGB sei bei der Ermittlung des Einkommens der Beschwerdeführerin
nicht zu berücksichtigen, weil diese Bestimmung von einem "Betrag
zur freien Verfügung" spreche. Damit aber übersieht sie, dass es für
die Bussenbemessung prinzipiell irrelevant ist, aus welcher Quelle die
Einkünfte des Täters stammen (BGE 90 IV 155/56). Ob es sich beim Betrag
zur freien Verfügung gemäss Art. 164 ZGB um einen "Hausgattenlohn" handelt,
ist im vorliegenden Zusammenhang also belanglos.

    d) Anzufügen ist, dass es sich bei der Bussenbemessung nicht zu
Gunsten des Hausgatten auswirken darf, wenn dieser den Betrag zur freien
Verfügung gemäss Art. 164 ZGB gegenüber seinem erwerbstätigen Partner
nicht geltend macht. Sollte dies der Fall sein, so ist vom potentiellen
Einkommen auszugehen (vgl. STRATENWERTH, Allg. Teil II, S. 182; HORN,
Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, 5. Aufl., § 40 N 10).

    Ferner ist darauf hinzuweisen, dass aus dem Fehlen eines Anspruchs
auf einen Betrag zur freien Verfügung nach Art. 164 ZGB nicht ohne
weiteres geschlossen werden darf, der Hausgatte erziele überhaupt kein
Einkommen. Sollte dem Hausgatten wegen der bescheidenen finanziellen
Verhältnisse der Familie kein Anspruch nach Art. 164 ZGB zustehen,
so verbleibt ihm der Anspruch auf ein Taschengeld aus Art. 163 ZGB
(HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Art. 163 N 10).

Erwägung 5

    5.- Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorinstanz bei der
Bussenbemessung nicht von den rechtlich massgebenden Gesichtspunkten
ausgegangen ist. Dies führt zur Gutheissung der Beschwerde.

    Die Vorinstanz wird bei der Neubeurteilung der Sache folgendermassen
vorzugehen haben: Sie wird - soweit notwendig und nach kantonalem
Prozessrecht zulässig, nach weiteren Beweiserhebungen insbesondere
zum Erwerbseinkommen des Ehemannes und zum Vermögenseinkommen der
Beschwerdeführerin - abzuklären haben, welcher Betrag zur freien
Verfügung gemäss Art. 164 ZGB der Beschwerdeführerin zusteht. Bei der
Bestimmung dieses Betrages wird sie zunächst den Nettoüberschuss des
Gesamteinkommens der beiden Ehegatten bzw., falls die Beschwerdeführerin
ohne Einkommen sein sollte, den Nettoüberschuss des Manneseinkommens zu
ermitteln haben. Sodann wird sie sich mit der Frage auseinanderzusetzen
haben, ob sich eine Abweichung von der hälftigen Teilung rechtfertigt,
weil das vorhandene Einkommen mehr ausmacht, als es die Wahrung der von
den Gatten gewählten angemessenen Lebenshaltung erfordert (BGE 114 II 32
E. 8). Die so errechnete Grösse ist als Einkommen der Beschwerdeführerin
der Bussenbemessung zugrunde zu legen. Da die Bussenbemessung unstrittig
im Rahmen der Richtlinien erfolgen soll, wird die Vorinstanz eine Busse
in der Höhe zwischen 1/4 und 1/3 des so ermittelten Betrages auszusprechen
haben. Sollte sich der Beweisaufwand als unverhältnismässig erweisen, steht
es der Vorinstanz frei, von Schätzungen und vereinfachten Prozentansätzen
auszugehen, sofern damit die hier entwickelten Rechtsgrundsätze nicht in
Frage gestellt werden.