Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 116 IV 182



116 IV 182

36. Urteil des Kassationshofes vom 30. November 1990 i.S. A. und B. gegen
öffentliches Amt des Kantons Wallis (Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 18 Abs. 3, Art. 117 und Art. 237 Ziff. 2 StGB; fahrlässige Tötung,
fahrlässige Störung des öffentlichen Verkehrs; Lawinenunglück.

    Sorgfaltspflichten der bei Lawinengefahr für das Schliessen einer
öffentlichen Strasse Verantwortlichen (Dienstchef einer kantonalen
Abteilung für Strassenunterhalt und Strassenmeister). Nach Verweigerung der
Mittel für das Einrichten eines Lawinenbeobachtungs- und Sicherungsdienstes
beschränkt sich die Sorgfaltspflicht auf das Erstellen eines einfachen
Sicherheitsdispositivs (Instruktion der Kantoniere und Erkundigungen bei
fachkundigen Informanten).

Sachverhalt

    A.- Am Samstag, den 2. März 1985 gegen 09.00 Uhr, ging vom Täschwang
auf der rechten Mattertalseite eine Lawine nieder, deren Anrissgebiet
sich unterhalb der Sattelspitze auf etwa 3100 m ü.M. befand und in der
Talsohle auf 1460 m ü.M. zum Stehen kam. Die Lawine verschüttete die zu
jenem Zeitpunkt geöffnete Strasse Täsch-Zermatt und riss einen Taxikleinbus
und einen Personenwagen mit sich. Dabei fanden alle elf Insassen den Tod.

    Die Strasse Täsch-Zermatt ist durch eine Reihe von Lawinenzügen
gefährdet und weist keine Schutzbauten wie Tunnels oder Galerien auf,
obwohl der Grosse Rat des Kantons Wallis im Jahre 1972 den Ausbau
der Strasse mit Schutzbauten an den gefährdeten Stellen beschlossen
hatte. Eine besondere Gefahrenstelle bildet der Täschwang kurz nach der
Ausfahrt von Täsch, wo praktisch alle Jahre, in der Regel im Frühjahr,
eine Lawine niedergeht.

    Am Unglückstag löste sich die Lawine spontan; Grund dafür waren rund
30 cm Neuschnee, der Triebschneeeintrag in die obersten sehr steilen
Hänge des Täschwang und der ungünstige Schneedeckenaufbau.

    Die Strasse Täsch-Zermatt ist eine öffentliche Strasse mit
Verkehrsbeschränkungen. Der Unterhalt und die Sicherung der Strasse
obliegen dem Kanton, der diese Verpflichtungen an das Baudepartement und
dieses seinerseits an die Abteilung für Strassenunterhalt abtrat. Die
genannten Sonderbewilligungen erteilt das Justiz- und Polizeidepartement
durch die Kantonspolizei. Die Halter der verunfallten Fahrzeuge besassen
eine solche Bewilligung.

    B.- Das Kreisgericht Oberwallis I für den Bezirk Visp verurteilte
A., Chef der Abteilung Strassenunterhalt des Kantons Wallis, und B.,
Strassenmeister im Bezirk Visp, wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger
Störung des öffentlichen Verkehrs zu einer zweimonatigen bedingten
Gefängnisstrafe.

    Das Kantonsgericht Wallis wies die Berufungen der Verurteilten am 22.
September 1988 ab und bestätigte den erstinstanzlichen Entscheid.

    C.- A. und B. führen Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das
angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung
an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Da sich die beiden Nichtigkeitsbeschwerden gegen den gleichen
Entscheid richten, denselben Streitgegenstand betreffen und auch dieselben
Rechtsfragen aufwerfen, können sie in einem Entscheid behandelt werden.

Erwägung 2

    2.- Die Vorinstanz begründete den Schuldspruch der Beschwerdeführer
im wesentlichen wie folgt:

    a) A. sei den ihm als Dienstchef der Abteilung für Strassenunterhalt
obliegenden Verkehrssicherungspflichten nicht nachgekommen, weil er die
Verantwortung für die Öffnung oder Schliessung der Strasse Täsch-Zermatt
an den Strassenmeister abgetreten habe, ohne die sich aufgrund dieser
Delegation aufdrängenden Weisungen zu erteilen und ohne die angesichts der
ihm bekannten Lawinengefahren auf der genannten Strecke nötigen Anordnungen
zu treffen, damit die Erstellung und Durchführung eines einfachen, aber
wirksamen Sicherheitsdispositivs gewährleistet sei. Ferner treffe ihn
der Vorwurf, dass er entgegen der in seinem Pflichtenheft vorgesehenen
Aufgabe die für den fraglichen Strassenabschnitt unerlässliche Ausbildung
der Kantoniere vollständig vernachlässigt habe, obschon er gewusst habe,
dass der Strassenmeister den Entscheid über eine allfällige Sperrung
der Strasse praktisch dem Ermessen der Kantoniere überliess. Dieses
Verhalten habe den Sorgfaltspflichten eines für die Strassensicherung
verantwortlichen Dienstchefs widersprochen und zu einer für A. aufgrund
seiner beruflichen Stellung, Ausbildung und Erfahrung voraussehbaren
Gefährdung der Strassenbenützer geführt.

    b) Dem Strassenmeister B. seien neben einer gewissen Mitschuld am
Fehlen jeglichen tauglichen Sicherheitsdispositivs vor allem vorzuwerfen,
dass er die Einschätzung der Lawinengefahr und den Entscheid über
eine Sperrung der Strasse praktisch den in dieser Beziehung zu wenig
ausgebildeten und erfahrenen Kantonieren überlassen habe, ohne diese
genügend zu instruieren und zu überwachen. Zudem habe er dafür einzustehen,
dass er die nach den Umständen dringend notwendigen Sicherheitsvorkehren
wie Abhörung des Lawinenbulletins, Erkundigungen bei den Kantonieren und
lawinenkundigen Einheimischen wie dem EISLF (Eidgenössisches Institut für
Schnee und Lawinenforschung Weissfluhjoch-Davos)-Beobachter in Zermatt
unterlassen habe. Aufgrund seiner beruflichen Kenntnisse hätte B. bei
zumutbarer Aufmerksamkeit und Vorsicht die durch sein pflichtwidriges
Verhalten heraufbeschworene Gefahr für Leib und Leben der Strassenbenützer
voraussehen können.

    c) Diese pflichtwidrigen Unterlassungen der Beschwerdeführer hätten
- trotz Voraussehbarkeit der damit verbundenen Gefahren - zum schweren
Lawinenunfall vom 2. März 1985 und damit zum Tod von elf Personen
geführt, wobei sowohl das Verhalten des Abteilungsleiters als auch jenes
des Strassenmeisters ursächlich (im Sinne des natürlichen und adäquaten
Kausalzusammenhangs) zum tatbestandsmässigen Erfolg beigetragen hätten. Da
die am Unglücksmorgen herrschende Lawinengefahr bei pflichtgemässem
Verhalten der Verantwortlichen erkennbar gewesen wäre und die Strasse
somit rechtzeitig hätte geschlossen werden können und müssen, wäre das
tragische Ereignis vermeidbar gewesen. Der Tatbestand des Art. 117 StGB
sei somit objektiv und subjektiv erfüllt.

    d) Zur Zeit des Lawinenunfalls habe auf der Strasse zwischen Täsch und
Zermatt reger Verkehr geherrscht. Die Personen, die in der fraglichen
Zeit auf dieser Strecke unterwegs gewesen seien, seien ernsthaft
gefährdet gewesen, ebenfalls in die Lawine zu geraten und dadurch eine
Verletzung oder sogar den Tod zu erleiden. Aus den Erwägungen zum Delikt
der fahrlässigen Tötung ergebe sich, dass diese Gefährdung von Leib und
Leben mehrerer Personen, die der Lawine glücklicherweise entronnen seien,
durch das pflichtwidrige Verhalten der beiden Beschwerdeführer verursacht,
und der Gefährdungserfolg durchaus voraussehbar gewesen sei. Damit sei auch
der objektive und subjektive Tatbestand des Art. 237 Ziff. 2 StGB gegeben.

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführer bringen vor, sie hätten nicht fahrlässig
gehandelt. Insbesondere bestreiten sie den Kausalzusammenhang zwischen den
ihnen vorgeworfenen Sorgfaltspflichtverletzungen und dem Lawinenunglück;
auch stellen sie in Abrede, dass die Lawinengefahr erkennbar gewesen
sei und der Unfall hätte vorausgesehen werden können. Die gegenteiligen
Annahmen der Vorinstanz seien bundesrechtswidrig.

Erwägung 4

    4.- Ist die Tat darauf zurückzuführen, dass der Täter die Folge seines
Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit u.a. nicht bedacht hat,
so begeht er das Verbrechen oder Vergehen fahrlässig (Art. 18 Abs. 3
Satz 1 StGB). Die Vorinstanz legt den Beschwerdeführern in diesem Sinne
unbewusste Fahrlässigkeit zur Last, und zwar in der Form der Unterlassung.

    a) Beim unechten fahrlässigen Unterlassungsdelikt ist dem Täter ein
Erfolg zuzurechnen, wenn dieser durch Anwendung der pflichtgemässen
Vorsicht höchstwahrscheinlich vermieden worden wäre. Der sogenannte
hypothetische Kausalzusammenhang setzt eine hohe Wahrscheinlichkeit voraus;
mit anderen Worten ist er nur gegeben, wenn die erwartete Handlung nicht
hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg höchstwahrscheinlich
entfiele (BGE 108 IV 7 f. und 105 IV 19 f. je mit Hinweisen).

    Dass die rechtzeitige Sperrung der Strasse den Erfolg vermieden hätte,
ist offensichtlich. Der kausale Zusammenhang zwischen der Unterlassung und
dem tatbestandsmässigen Erfolg ist daher insoweit ohne weiteres gegeben.

    b) Vom Täter kann aber nur eine Handlung gefordert werden,
die für ihn möglich ist. Dies ist nur der Fall, wenn die Gefahr des
Erfolgseintritts und die Eingriffsmöglichkeit für den Täter erkennbar
waren. Insoweit gilt der Massstab der adäquaten Kausalität (STRATENWERTH,
Schweizerisches Strafrecht, Allgem. Teil I, S. 384 ff., insbes. N 37 und
S. 420 N. 3). Weil hier nicht die Frage nach der natürlichen Verkettung,
sondern eine Wertungsfrage (adäquate Kausalität) beantwortet werden
muss, wird auch klar, dass es dabei um eine auf Nichtigkeitsbeschwerde
hin überprüfbare Rechtsfrage geht (BGE 110 IV 44 f. E. 3 mit Hinweis,
vgl. dazu auch BGE 115 II 448 f. E. b).

    Kann den Beschwerdeführern auch in diesem Sinne zugerechnet werden,
dass die Strasse nicht gesperrt wurde und deshalb Strassenbenützer in
der niedergegangenen Lawine ums Leben kamen?

Erwägung 5

    5.- Als kausale - im vorstehend dargelegten Sinne - pflichtwidrige
Unterlassung legte die Vorinstanz den Beschwerdeführern zur Last,
bereits ein geringer Aufwand zur Feststellung der Lawinengefahr am
Unglücksmorgen und auch ein sehr einfaches Sicherheitsdispositiv mit
entsprechenden Informationslieferanten wie dem EISLF-Beobachter in
Zermatt hätten die Lawinengefahr rechtzeitig erkennen lassen; eine
Zusammenarbeit mit dem EISLF-Beobachter in Zermatt wäre angesichts der
bekannten Lawinengefahren zwischen Täsch und Zermatt und des Umstandes,
dass das Lawinenbulletin zuwenig auf die einzelnen Regionen abgestimmt
sei, angezeigt gewesen. Dass ein eigentlicher Lawinenbeobachtungs- und
Warndienst nicht eingerichtet war, wurde den Beschwerdeführern nicht
vorgeworfen, weil sie die vorgesetzte Behörde über die Notwendigkeit
einer solchen Einrichtung aufmerksam gemacht hatten.

    Der EISLF-Beobachter schätzte, wie im Gutachten des EISLF
Weissfluhjoch-Davos festgehalten ist, am Morgen des 2. März 1985 um
zirka 08.00 Uhr die Lawinengefahr in Zermatt wie folgt ein: "Grosse und
steigende Schneebrettgefahr an Hängen aller Expositionen oberhalb rund
2000 m". Diese Beurteilung konnte er aufgrund einer Schneeprofilaufnahme
im Felde und langjähriger Erfahrung abgeben. Der gerichtlich beigezogene
Experte des EISLF hielt in seinem Gutachten dazu fest:

    "Aufgrund dieser Unterlagen ist nachträglich zu schliessen, dass im

    Mattertal am Samstagmorgen um 8.00 Uhr eine erhebliche örtliche

    Schneebrettgefahr oberhalb von 2000 m herrschte. Sie war besonders an
   windabgekehrten Hängen der Expositionen Nord und West vorhanden. Dies
   musste vor allem der Skifahrer im freien Gelände beobachten. Als Folge
   der anhaltenden Schneefälle war diese Schneebrettgefahr bis mittags
   im Steigen begriffen, womit sich auch grössere spontane Lawinen lösen
   konnten."

    Daraus folgt nun aber entgegen der Auffassung der Vorinstanz und wie
der Beschwerdeführer B. zu Recht geltend macht nicht, dass die herrschende
Lawinengefahr erkannt und die Strasse Täsch-Zermatt rechtzeitig geschlossen
worden wäre, wenn der EISLF-Beobachter von Zermatt am Unglücksmorgen
um 8.00 Uhr durch den Strassenmeister oder die Kantoniere über seine
Beobachtungen und Messungen und seine Einschätzung der Lage befragt
worden wäre. Selbst der beigezogene Experte schliesst daraus - und dies
ausdrücklich bloss aus nachträglicher Betrachtungsweise - lediglich auf
eine erhebliche örtliche Schneebrettgefahr. Eine Gefahr für grössere
spontane Lawinen, die dann auch das in Frage stehende Strassenstück
gefährdet hätten, war gemäss dem Experten erst als Folge der anhaltenden
Schneefälle bis am Mittag zu erwarten. Selbst wenn die Beschwerdeführer
ein einfaches Sicherheitsdispositiv erstellt gehabt hätten und B. seine
Kantoniere instruiert hätte, sich beim EISLF-Beobachter zu erkundigen,
oder dies selber getan hätte, wäre die Lawinengefahr daher nicht für
den Vormittag des Unglückstages erkannt und die Strasse Täsch-Zermatt
somit nicht bereits vor dem Lawinenniedergang um 9.00 Uhr gesperrt
worden. Dass bei weiteren Erkundigungen im Rahmen des zumutbaren einfachen
Sicherheitsdispositivs andere Stellen bedeutsame Informationen über die
Lawinengefahr hätten liefern können, wird im angefochtenen Urteil nicht
festgestellt. Das gleiche gilt in bezug auf lawinenkundige Einheimische,
die hätten gefragt werden sollen; aus den Akten ergibt sich vielmehr,
dass die als Zeugen einvernommenen Einheimischen übereinstimmend eine
Lawinengefahr am Morgen des Unglückstags verneinten.

    Hätten die Beschwerdeführer somit ihren Sorgfaltspflichten genügt und
hätten sie das, was ihnen zur Last gelegt wird, vorgekehrt, so wäre für
sie eine Lawinengefahr, die zur Strassensperrung hätte führen müssen,
doch nicht erkennbar gewesen, d.h. die zusätzlichen Informationen, die
sie erhalten hätten, wären nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht
geeignet gewesen, dies zu bewirken.

Erwägung 6

    6.- Dem Beschwerdeführer B. wird zusätzlich vorgeworfen,
er hätte gemäss eigener Aussage die Strasse gesperrt, wenn er das
Lawinenbulletin vom Vortag gekannt hätte und über den Schneefall im
Mattertal orientiert gewesen wäre. Auch daraus darf jedoch, wie er in
seiner Nichtigkeitsbeschwerde zu Recht einwendet, nicht gefolgert werden,
wenn er am fraglichen Samstagmorgen das Lawinenbulletin abgehört und
sich über den Schneefall im Mattertal erkundigt hätte, wäre mit hoher
Wahrscheinlichkeit die Lawinengefahr erkannt und die Strasse rechtzeitig
gesperrt worden.

    a) Abgesehen davon, dass allein aufgrund eines Geständnisses des
Angeklagten ein Schuldspruch nicht erfolgen dürfte, ist festzuhalten,
dass der Beschwerdeführer vor dem erstinstanzlichen Gericht aussagte, das
Lawinenbulletin hätte ihn nicht veranlasst, sich nach den Verhältnissen
im Mattertal zu erkundigen, weil es keine Lawinengefahr signalisiert und
er auch keine solche erwartet habe; wenn hingegen die Meldung seitens der
Strassenwärter gekommen wäre, dass 12-15 cm schwerer Neuschnee gefallen sei
"und es immer noch schneie", hätte er die Strasse ohnehin, d.h. auch ohne
Abhören des Lawinenbulletins, sperren lassen. Die Vorinstanz stellte nicht
fest, es habe am Morgen des Unfalltages weiter geschneit. Vielmehr ergibt
sich aus der Formulierung bei der Fragestellung "bei Ende Schneefall", dass
sie davon ausging, es sei am Morgen kein Schnee mehr gefallen. Deshalb
war aber eine Bedingung, die der Beschwerdeführer für die Schliessung
der Strasse stellte, nicht erfüllt, so dass sich aus seiner Aussage nicht
ergibt, er hätte, wenn er die erwähnten Erkundigungen eingezogen gehabt
hätte, die Strasse gesperrt.

    b) Der Vorinstanz ist beizupflichten, und dies wird vom
Beschwerdeführer denn auch nicht in Abrede gestellt, dass er
als Strassenmeister das Lawinenbulletin hätte abhören und dass er,
wenn dieses oder andere Umstände dies erheischten, sich am fraglichen
Samstagmorgen bei den zuständigen Strassenwärtern nach den Verhältnissen,
insbesondere dem Schneefall hätte erkundigen müssen. Das letzte vor dem
Unfall zugängliche Bulletin des 1. März 1985 meldete für das Wallis
eine mässige, lokale Schneebrettgefahr. Entgegen der Auffassung des
Beschwerdeführers bezieht sich die Formulierung "ohne die südlichen Täler"
nur auf Graubünden, dessen Südtäler zum Alpensüdhang gehören, während die
südlichen Täler des Wallis noch zum Alpenhauptkamm gezählt werden, so dass
nicht von der für den Alpensüdhang gemeldeten bloss geringen Lawinengefahr
auszugehen ist. Dies bedeutete nach der erwähnten Interpretationshilfe
des EISLF für Verkehrswege noch keine unmittelbare Gefahr. Aus dem darin
enthaltenen Hinweis auf einen ungünstigen Schneedeckenaufbau musste
der Beschwerdeführer, wenn das EISLF selbst daraus nur eine mässige
Gefahr folgerte, nicht weitergehende Schlüsse ziehen, und aufgrund des
Lawinenbulletins hatte der Beschwerdeführer daher eine Lawinengefahr
nicht erkennen können. Selbst wenn er dieses pflichtgemäss zur Kenntnis
genommen hätte, hätte er daher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge keine
Veranlassung für eine Strassensperrung gehabt.

    c) Ob der Beschwerdeführer nach der Auffassung der Vorinstanz in
jedem Falle oder nur aufgrund des Lawinenbulletins bei den zuständigen
Strassenwärtern hätte Erkundigungen über die Verhältnisse, insbesondere
über den Schneefall, einziehen müssen, ist aus dem Urteil nicht klar
ersichtlich, kann aber offenbleiben. Selbst wenn er davon Kenntnis gehabt
hätte, dass im Mattertal 12-15 cm Neuschnee gefallen waren, es aber zu
schneien aufgehört hatte, hätte er daraus nicht - jedenfalls nicht für den
Morgen des Unfalltages - auf eine derart grosse Lawinengefahr schliessen
müssen, die eine Sperrung der Strasse Täsch-Zermatt erfordert hätte. Wie
bereits erwähnt, erkannte selbst der EISLF-Beobachter in Zermatt aufgrund
seiner landjährigen Erfahrungen und der Informationen aus dem Schneeprofil
für den Vormittag noch keine Lawinengefahr, die grössere spontane Lawinen
hätte erwarten lassen.

Erwägung 7

    7.- Der Vollständigkeit halber ist anzuführen, dass die dem
Beschwerdeführer A. angelastete mangelnde Ausbildung der Strassenwärter
ebenfalls keine adäquat kausale pflichtwidrige Unterlassung darstellt.
Inwieweit dies der Fall sein könnte, führt die Vorinstanz nicht aus und ist
auch nicht ersichtlich. Mit einer solchen Ausbildung hätte wohl höchstens
erreicht werden können, dass die Kantoniere ihre Aufgaben im Rahmen eines
einfachen Sicherheitsdispositivs zuverlässig hätten erfüllen können. Dass
ein solches aber nicht genügt hätte, wurde dargelegt. Ebenso ist zu
wiederholen, dass die Beschwerdeführer für das Fehlen eines eigentlichen
Lawinenbeobachtungs- und Warndienstes zu Recht nicht verantwortlich
gemacht wurden (siehe E. 8).

Erwägung 8

    8.- Offenbleiben kann, ob die am Morgen des Unglückstags
bestehende Lawinengefahr erkennbar gewesen wäre, wenn ein eigentlicher
Lawinenbeobachtungs- und Sicherungsdienst bestanden hätte. Denn die
Vorinstanz hat zu Recht angenommen, dass die Beschwerdeführer nicht
zur Einrichtung eines solchen Dienstes verpflichtet waren. Ihre Pflicht
beschränkte sich darauf, ihre vorgesetzte Behörde auf die Notwendigkeit
eines solchen Dienstes aufmerksam zu machen. Dieser Pflicht sind sie
nach den Feststellungen der Vorinstanz nachgekommen. Eine weitergehende
Pflicht traf sie nicht. Vor allem waren sie nicht verpflichtet, die Strasse
bei entsprechenden winterlichen Verhältnissen etwa generell zu sperren,
nachdem der Grosse Rat beschlossen hatte, sie im Winter offenzuhalten.

    Da die Beschwerdeführer ihre vorgesetzte Behörde mit der Forderung
nach einem Lawinenbeobachtungsdienst darauf aufmerksam gemacht hatten,
dass ohne einen solchen Dienst die der Strasse drohende Lawinengefahr
unter bestimmten Umständen nicht erkennbar ist, tragen nicht sie, sondern
allenfalls diejenigen, die sich des Hinweises der Beschwerdeführer hätten
annehmen müssen, die Verantwortung dafür, dass die Strasse wegen des
Fehlens eines Lawinenbeobachtungsdienstes am Unglücksmorgen offen war.

    Nach dem Gesagten beschränkte sich die Pflicht der Beschwerdeführer auf
alle anderen Vorkehrungen, die nach den vorinstanzlichen Feststellungen
möglich gewesen wären, um den drohenden Lawinenniedergang rechtzeitig zu
erkennen und die Strasse zu sperren. Da jedoch diese den Beschwerdeführern
zur Verfügung stehenden Mittel nicht geeignet waren, die Lawinengefahr am
Unglücksmorgen zu erkennen, verletzte die Vorinstanz Bundesrecht, wenn
sie dennoch den eingetretenen Erfolg den Beschwerdeführern zugerechnet
hat. Die Nichtigkeitsbeschwerden sind deshalb gutzuheissen.