Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 116 IV 146



116 IV 146

27. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 9. Juli 1990 i.S. A., M.
und H. gegen S. und E. (Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 173 und 177 StGB; üble Nachrede, Beschimpfung.

    In der politischen Auseinandersetzung ist eine strafrechtlich relevante
Ehrverletzung nur mit grosser Zurückhaltung anzunehmen (E. 3c, Bestätigung
der Rechtsprechung).

    Konkretisierung dieses Grundsatzes (E. 3-6).

    Zum Bedeutungsgehalt von Dialektausdrücken in einem hochdeutsch
abgefassten Presseerzeugnis (E. 5).

Sachverhalt

    A.- In der Volksabstimmung vom 11. September 1983 entschieden
sich die Stimmbürger des bernischen Amtsbezirks Laufen (Laufental)
mit 3575 Ja-Stimmen und 4675 Nein-Stimmen gegen einen Anschluss an
den Kanton Basel-Landschaft und damit für den Verbleib beim Kanton
Bern. Am 3. September 1985 erhoben A. und weitere Beteiligte als
Stimmberechtigte des Amtsbezirks Laufen Abstimmungsbeschwerde mit dem
Antrag, die Laufental-Abstimmung als nichtig zu erklären und über die
gleiche Vorlage eine neue Abstimmung durchzuführen. Zur Begründung
wiesen sie darauf hin, dass sich aus dem dem Grossen Rat des Kantons
Bern am 2. September 1985 eröffneten Untersuchungsbericht der besonderen
Untersuchungskommission (BUK) ergäbe, dass der Regierungsrat des Kantons
Bern dem Propaganda-Komitee "Aktion Bernisches Laufental" (ABL) heimlich
und ohne gesetzliche Grundlage nebst einem im Jahre 1980 aus allgemeinen
Staatsmitteln entrichteten Betrag von Fr. 60'000.-- weitere Fr. 273'281.--
aus den SEVA-Lotteriegeldern für Abstimmungspropaganda bezahlt habe. Durch
diese massive probernische Propaganda sei das Abstimmungsergebnis
wesentlich verfälscht worden. Das Bundesgericht hat mit Urteil vom
20. Dezember 1988 eine Wiederholung der Abstimmung angeordnet (BGE 114
Ia 427 ff.).

    Die Veröffentlichung des Berichtes der BUK vom 26. August 1985
zuhanden des Grossen Rates des Kantons Bern war unmittelbarer Anlass
für verschiedene im "Laufentaler" erschienene Artikel mit den folgenden
eingeklagten Textstellen:

    1. "dr Laufentaler" Nr. 7 (September 1985), Seite 2

    Überschrift: Diese Politiker haben das Laufental verkauft!

    Textstelle: Das sind die Politiker, die das Laufental verkauft
haben ...

    Das Laufental darf nicht weiter von solchen Vasallen vertreten werden.

    Angeschuldigte: A., M. und H. als Redaktoren

    Anzeiger und Privatkläger: E. und S.

    2. "dr Laufentaler" Nr. 7 (September 1985), Seite 1

    Überschrift: Die Mächtigen haben uns gezeigt, wie man es (nicht) machen
   muss!

    Textstelle: Ist "Demokratie" somit die Staatsform, in der eine

    Minderheit von finanzstarken Profiteuren in unserem Tal die Mehrheit
mit

    Angstmache, Lügen und Verunsicherungen verseckeln darf?

    Angeschuldigte: A., M. und H. als Redaktoren

    Anzeiger und Privatkläger: S.

    3. "dr Laufentaler" Nr. 8 (Oktober 1985), Seite 4

    Überschrift: Traurige Subjekte am Werk

    Textstelle: Traurige Subjekte? Wir meinen, solche sind ganz anderswo zu
   suchen! ... Sie werden unschwer feststellen, dass die Fragesteller
   damals zum Narren gehalten oder auf gut Laufentalerdeutsch "verseggelt"
   wurden.

    Angeschuldigter: M. als Verfasser

    Anzeiger und Privatkläger: S.

    Wegen dieser Textstellen verurteilte das Obergericht des Kantons
Bern am 17. August 1989 A., M. und H. wegen übler Nachrede, M. überdies
wegen Beschimpfung zu Bussen in Höhe von bzw. Fr. 150.--, Fr. 200.--
und Fr. 80.--. In Abweichung vom erstinstanzlichen Urteil sah es von
einer Urteilspublikation ab.

    A., M. und H. führen Nichtigkeitsbeschwerde und beantragen, das
angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an
das Obergericht zurückzuweisen.

    Die Beschwerdegegner beantragen Abweisung der Beschwerde.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Das Obergericht begründet sein Urteil im wesentlichen unter
Hinweis auf das erstinstanzliche Urteil. Daraus ergibt sich insbesondere,
dass eine Bezirkskommission zur Durchführung des Anschlussverfahrens des
Amtsbezirks Laufen an einen benachbarten Kanton eingesetzt wurde und dass
die beiden Privatkläger in der Folge in diese Kommission gewählt wurden. Im
Laufental bildeten sich vor allem im Hinblick auf den Abstimmungskampf zwei
Interessengruppierungen, einerseits die ABL, welche ihre Aktivitäten auf
einen Verbleib des Laufentals im Kanton Bern ausrichtete, und andererseits
die "Laufentaler Bewegung", welche den Abstimmungskampf im Hinblick auf
einen Anschluss an den Kanton Basel-Landschaft führte.

    Die ABL ging im Jahre 1979 als privatrechtlicher Verein aus einem
bereits früher gegründeten Verein hervor. Der Vereinsvorstand der
ABL umschloss eine ca. sechsköpfige Kerngruppe, welche primär die
Budget-Planung vornahm und die finanziellen Transaktionen plante und
durchführte.

    Als einer der Exponenten der ABL figurierte unter anderen der seit
1974 dem Grossen Rat des Kantons Bern angehörende Privatkläger S. Der
Privatkläger E. sympathisierte zwar mit der ABL und wirkte in deren
Propaganda auch aktiv mit, gehörte eigenen Angaben zufolge dem Verein
selbst aber nicht an. Jedenfalls muss angenommen werden, dass E. über
die finanziellen Belange des Vereins nicht Bescheid wusste.

    Seit der Veröffentlichung des BUK-Berichtes vom 26. August 1985
ist bekannt, dass die ABL zumindest einen beträchtlichen Teil ihrer zur
Finanzierung des Abstimmungskampfes benötigten Geldmittel vom Staate Bern
bezogen hat. Die diesbezüglichen Zahlungen erfolgten jeweils aufgrund der
vom Vorstandskern der ABL bzw. von deren Kassier Notar X. zuhanden der
Regierung eingereichten Gesuche, über welche der Regierungsrat beschloss
und anschliessend die bewilligten Beträge aus dem SEVA-Lotteriefonds
überwies. Diese Regierungsratsbeschlüsse basierten auf einem aufgrund der
Motion Must vom 9. September 1980 an die Regierung gerichteten Auftrag,
dahingehend zu wirken, dass das Laufental bernischer Amtsbezirk bleibe.

    Die SEVA-Gelder wurden allgemein als privatrechtliche Gelder taxiert,
welche dem Regierungsrat neben dem Verwaltungs- und dem Finanzvermögen
als zweckgebundenes Kapital zur Verfügung standen. Die Zahlungen
solcher Gelder an die politische Ziele verfolgende Gruppierung der
ABL wurden dabei als der Zweckgebundenheit entsprechend angesehen,
da die erforderliche Gemeinnützigkeit im Interesse des bernischen
Volkes am Verbleib des Laufentals beim Kanton Bern gesehen wurde. Im
Jahre 1980 erfolgte erstmals eine auf einem Regierungsratsbeschluss
basierende Zahlung in Höhe von Fr. 60'000.-- zugunsten der ABL. Dieser
Betrag wurde als Starthilfe definiert und diente zum einen der Tilgung
bereits entstandener Schulden und zum anderen der Finanzierung künftiger
Ausgaben. Diese Zahlung war bekannt und wurde zwar teilweise beanstandet,
aber von niemandem im eigentlichen Sinne angefochten.

    Im Jahre 1983 wurde in einer Interpellation im Grossen Rat des Kantons
Bern in bezug auf die probernische Propagandakampagne an Grossrat und
ABL Vorstandsmitglied S. die Frage herangetragen, ob im Hinblick auf
die Laufentaler Abstimmung nebst der im Jahre 1980 erfolgten Zahlung
von Fr. 60'000.-- durch die Berner Regierung an die ABL noch weitere,
deren Propagandatätigkeit unterstützende Gelder überwiesen würden. Die
entsprechende Antwort von S. lautete, dass die ABL "seit damals (1980)
weder direkte noch indirekte öffentliche Gelder bezog", sondern sich
vorwiegend "aus privaten Spenden und Zuwendungen" finanziere.

    Aufgrund des BUK-Berichtes im Jahre 1985 ist bekannt, dass
der Regierungsrat an die ABL weitere Zahlungen in der Höhe von rund
Fr. 270'000.-- gerichtet hat. S. hatte als Angehöriger des in finanziellen
Belangen zentralen ABL-Vorstandskreises Kenntnis von diesen Geldern. Gemäss
seinen Angaben erwähnte er sie in seiner Interpellationsantwort deshalb
nicht, weil er in seiner Äusserung nur die Gelder öffentlichrechtlicher
Natur erwähnt habe. In ihrem Bericht stellt die BUK fest, dass sie
"die Art und Weise des Eingreifens des Regierungsrates bei den in Frage
stehenden Abstimmungen - nämlich in versteckter und indirekter Form über
Abstimmungskomitees - für nicht zulässig" hält.

Erwägung 3

    3.- a) Das Obergericht begründet die Verurteilung der drei
Beschwerdeführer in bezug auf die erste fragliche Textstelle im
wesentlichen wie folgt: Im Vorspann seien neben anderen die Namen der
beiden Privatkläger genannt worden. Als rein politische Äusserung sei die
Forderung zu verstehen, diese Männer hätten das Laufental nicht weiter
zu vertreten. Hingegen seien die damit verbundenen Behauptungen, die
Privatkläger hätten das Laufental "verkauft" und seien demnach als Vasallen
zu betrachten, von anderem Gewicht und zielten auf die charakterliche
Integrität der Betroffenen. "Verkauft" könne vom unbefangenen Leser nicht
anders verstanden werden, als dass - wie es auch im Alltag für den Verkauf
einer Sache üblich sei - den Betroffenen für ihre Leistungen ein geldwerter
Vorteil zugekommen sei.

    Akzentuiert werde die Bedeutung des Wortes noch dadurch, dass
im Zusammenhang damit der Begriff "Vasall" erscheine. Die eingeklagte
Textstelle befinde sich unmittelbar neben einem weiteren Artikel mit dem
Titel: "Die ABL muss ihre Finanzen offen darlegen?" Auch aufgrund dieses
textlichen Zusammenhanges sei der Vorwurf der persönlichen Bereicherung
der Exponenten der ABL unübersehbar. Dieser Vorwurf gehe weit über das
rein Politische hinaus. Deshalb sei der Tatbestand der üblen Nachrede
erfüllt. Der Wahrheitsbeweis sei nicht erbracht.

    b) Die Beschwerdeführer rügen, die Vorinstanz habe die fragliche
Stelle falsch interpretiert; überdies sei ihnen der Entlastungsbeweis
abgeschnitten worden. Die ABL habe das Wort "verkaufen" und ähnliche Wörter
im Abstimmungskampf ausgiebig und undifferenziert verwendet. Es sei vor
der Abstimmung wiederholt insinuiert worden, das Laufental könnte verkauft
werden, wenn es seine Zugehörigkeit ändern würde. Nachdem bekannt geworden
war, dass die Regierung des Kantons Bern die ABL heimlich und rechtswidrig
alimentiert hatte, hätten die Beschwerdeführer mit dem Passus reagiert:
"Das sind die Politiker, die das Laufental verkauft haben." Diesen
Zusammenhang übergehe die Vorinstanz völlig. Sie berücksichtige die
Tatsache, dass es die ABL gewesen sei, die den Ausdruck "verkaufen"
aufgebracht hatte, überhaupt nicht; sie trage der verständlichen Empörung
über jene, die an schwerwiegenden Verstössen gegen den Rechtsstaat und
die Demokratie mitgewirkt hätten, nicht Rechnung.

    c) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts darf in der politischen
Auseinandersetzung eine strafrechtlich relevante Ehrverletzung nur
mit grosser Zurückhaltung angenommen werden (SCHUBARTH, Kommentar zum
Schweizerischen Strafrecht, N 27 zu Art. 173). Dieser Grundgedanke ist auch
bei der Interpretation der fraglichen Äusserungen zu berücksichtigen. Im
Zweifel ist davon auszugehen, dass kein Angriff auf die persönliche
Ehre vorliegt.

    Die Sätze "Diese Politiker haben das Laufental verkauft"
beziehungsweise "Das sind die Politiker, die das Laufental verkauft
haben", stehen offensichtlich in einem politischen Kontext. Wird in
diesem Zusammenhang der Ausdruck "verkaufen" gebraucht, bedeutet dies nach
allgemeinem Sprachempfinden nicht, dass den Betroffenen für ihre Leistungen
ein geldwerter Vorteil zugekommen sei. Im vorliegenden Zusammenhang ist
insbesondere zu berücksichtigen, dass der ABL erhebliche Gelder heimlich
und rechtswidrig zugeflossen sind, damit sie sich für den Verbleib des
Laufentals im Kanton Bern einsetze. Unter diesen Umständen ist klar,
dass ein Verkaufen des Laufentals im übertragenen Sinn gemeint ist: Aus
der Sicht derjenigen, die das Laufental beim Kanton Basel-Landschaft sehen
wollten, bedeutete der Einsatz der ABL mit derartigen finanziellen Mitteln
einen "Verkauf" des Laufentals an den Kanton Bern. Ein solcher Vorwurf
ist nicht ehrenrührig, wenn feststeht, dass von seiten des Kantons Bern
mit diesen Zahlungen in rechtswidriger Weise auf den Abstimmungskampf
eingewirkt wurde. Dasselbe gilt im vorliegenden Zusammenhang für den
Ausdruck "Vasall". Damit wird zum Ausdruck gebracht, die Privatkläger
hätten sich in einer Art Abhängigkeit zum Kanton Bern verhalten. Das ist
eine politische Bewertung, die jedenfalls unter den gegebenen Umständen
nicht ehrenrührig ist. Damit erübrigt es sich, die Rüge in bezug auf den
Entlastungsbeweis zu prüfen.

    Der Beschwerdegegner E. macht geltend, er habe nicht zu den
Verantwortlichen der ABL gehört. Dem ist entgegenzuhalten, dass er
gemäss den Feststellungen des Amtsgerichts, worauf die Vorinstanz
verweist, mit der ABL sympathisierte und in deren Propaganda aktiv
mitwirkte. Andererseits wird festgestellt, dass er über die finanziellen
Belange des Vereins nicht Bescheid wusste. Wie dargelegt, bedeutet der
fragliche Ausdruck im vorliegenden Zusammenhang nicht, dass den Betroffenen
für ihre Leistungen ein geldwerter Vorteil zugekommen ist. Zudem muss er
als aktiv an der ABL-Propaganda Beteiligter die zurückhaltende Anwendung
des Ehrverletzungsrechts in der politischen Auseinandersetzung auch gegen
sich gelten lassen.

Erwägung 4

    4.- a) Die Verurteilung in bezug auf die zweite eingeklagte Textstelle
begründet die Vorinstanz damit, S. sei zwar nicht ausdrücklich mit
Namen genannt; es sei aber klar, dass auch er gemeint sei. Verseckeln
sei identisch mit hintergehen oder betrügen. Der Ausdruck sei deshalb
ehrenrührig, ganz besonders, wenn er in einem sonst in Hochsprache
gehaltenen Presseerzeugnis verwendet werde und in Verbindung mit
"finanzstarken Profiteuren" stehe. Der Entlastungsbeweis sei nicht
erbracht. Zusätzlich wird darauf hingewiesen, die Rechtsnatur der
SEVA-Gelder sei umstritten gewesen und man habe diese während langer
Zeit nicht nur von seiten der Regierung, sondern auch etwa von seiten
der Staatswirtschaftskommission als private betrachtet. S. habe sich als
Nichtjurist diese Auffassung zu eigen machen dürfen. Die Beschwerdeführer
hätten es mit der Informations- und Sorgfaltspflicht bei dieser rasch
herauszugebenden Nummer des Laufentalers nicht genau genommen.

    b) Die Beschwerdeführer stellen nicht in Abrede, dass mit der
fraglichen Passage auch der Privatkläger S. anvisiert war. Sie vertreten
jedoch die Ansicht, der Ausdruck "verseckeln", im Laufental verwendet,
sei kein ehrenrühriger Ausdruck. Im übrigen treffe der mit dem Wort
gemeinte Inhalt - "hintergehen" - zu. Denn S. sei um heimliche Zahlungen
von seiten des Kantons Bern bemüht gewesen. Er habe von solchen Zahlungen
gewusst und sich aktiv dafür eingesetzt. Im Grossen Rat des Kantons Bern
habe er die Zahlungen ausdrücklich abgestritten, was das Bundesgericht
deutlich missbilligt habe. Überdies habe er, nachdem die Zahlungen doch
ausgekommen seien, Zuflucht in der für den gewöhnlichen Bürger nicht mehr
nachvollziehbaren Konstruktion gesucht, die Rechtsnatur der SEVA-Gelder
sei nicht klar gewesen. Der mit "verseckeln" gemeinte Vorhalt, S. habe
jemanden hintergangen, sei bewiesen und gerechtfertigt. Jene Stimmbürger,
die 1983 abgestimmt und geglaubt hatten, es gehe einigermassen mit
rechten Dingen zu und her, hätten sich getäuscht - also hintergangen -
vorkommen müssen. Andernfalls hätte das Urteil des Bundesgerichts vom
20. Dezember 1988 keinen Sinn; es beruhe nämlich auf der Feststellung, dass
die massiven, heimlichen Zahlungen durchaus geeignet waren, Stimmbürger
insofern irrezuführen, als diese, wären ihnen die Zahlungen bekannt
gewesen, anders gestimmt hätten.

Erwägung 5

    5.- Die Vorinstanz legt dem Ausdruck "verseckeln" eine Bedeutung
bei, der nicht gefolgt werden kann. Es handelt sich hier um einen
Dialektausdruck, der von jedem Leser des "Laufentalers", welcher ja gerade
für die Laufentaler Bevölkerung bestimmt war, als Dialektausdruck erkannt
und verstanden wird. Dass "dr Laufentaler" wie alle Deutschschweizer
Presseerzeugnisse mangels einer Dialektschriftsprache in Hochdeutsch
abgefasst ist, ändert daran nichts. Jeder Laufentaler, der die
entsprechende Stelle gelesen hat, wird sie mündlich mit dem Dialektausdruck
"verseggeln" wiedergeben und nicht etwa mit dem Ausdruck "betrügen".

    Im übrigen ist das Bundesgericht selbst in der Lage, die Bedeutung des
Ausdrucks "verseckeln" zu beurteilen. Welche Bedeutung diesem Ausdruck
zukommt, hängt von den Umständen des jeweiligen Falles ab (vgl. zu
den möglichen Nuancen: Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache,
Schweizerisches Idiotikon, 7. Band, Frauenfeld 1913, S. 675 f.). Die
Beschwerdeführer selbst räumen ein, dass der Ausdruck im vorliegenden
Zusammenhang mit "hintergehen" gleichzusetzen sei. Dieser Ausdruck ist
jedenfalls im Lichte der zurückhaltenden Anwendung des strafrechtlichen
Ehrenschutzes bei politischen Auseinandersetzungen nicht als ehrenrührig
zu bezeichnen. Die Beschwerdeführer werfen S. nicht vor, im privaten
Bereich Leute hintergangen zu haben, sondern beschränken diesen Vorwurf
auf sein Verhalten im Zusammenhang mit seiner politischen Tätigkeit,
konkreter im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Grossrat und einer
der massgeblichen Persönlichkeiten der ABL.

    Sogar wenn man annehmen wollte, der Ausdruck sei ehrverletzend,
wäre er im vorliegenden Zusammenhang jedenfalls gerechtfertigt. Denn das
Bundesgericht hat in seinem Laufentalentscheid, der als gerichtsnotorisch
vorliegend ohne weiteres zugrunde gelegt werden kann, ausgeführt,
eine verdeckte Einflussnahme im Abstimmungskampf sei in besonderem
Masse verpönt. Die zur Diskussion stehenden Mittel, die der bernische
Regierungsrat der ABL hatte zukommen lassen, seien zum grössten Teil der
SEVA-Kasse entnommen worden. Sie stammten somit aus einer Quelle, über
deren Mittel nicht öffentlich abgerechnet worden sei. Die Geldentnahme sei
in der Öffentlichkeit nicht nur zugegeben, sondern sogar noch abgestritten
worden. Eine derartige Unterstützung sei verwerflich, weil sie heimlich,
d.h. für die Stimmbürger nicht erkennbar und ohne demokratische Kontrolle,
erfolgt sei. Ein solches Vorgehen bewirke in hohem Masse die Gefahr,
dass die demokratische Willensbildung verfälscht werde (BGE 114 Ia 444
f. E. b). Wenn die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang den Ausdruck
"verseckeln" gebraucht haben, dann wollten sie zum Ausdruck bringen, dass
sie im Zusammenhang mit der ersten Laufentalabstimmung vom 12. September
1983 in bezug auf diese Zahlungen hintergangen worden sind. Diese Aussage
war aber gerechtfertigt.

Erwägung 6

    6.- a) Aufgrund der dritten eingeklagten Textstelle verurteilte
die Vorinstanz M. wegen Beschimpfung. Sie führte aus, mit dem Ausdruck
"trauriges Subjekt" sei S. gemeint gewesen. Dieser habe an der OLMA in
St. Gallen demonstrierende junge Laufentaler als "traurige Subjekte"
betitelt. Es handle sich dabei um ein ehrenrühriges Werturteil. Dass
der Privatkläger bei anderer Gelegenheit den eingeklagten Ausdruck selbst
benutzt habe, stelle keine Provokation oder Retorsion im Sinne von Art. 177
Abs. 2 und 3 StGB dar. Das Wort "verseggeln" sei hier nicht isoliert
zu behandeln, sondern im Zusammenhang mit dem beschimpfenden Werturteil
"trauriges Subjekt", und weil damit ein gemischtes Werturteil vorliege,
sei M. für den gesamten Ausdruck wegen Beschimpfung zu verurteilen.

    b) Eine Verurteilung wegen des Ausdrucks "verseggeln" lässt sich aus
dem bereits Dargelegten nicht aufrechterhalten (E. 5 hievor). Im übrigen
veranschaulicht die Vorinstanz die Wortbedeutung selbst, wenn sie ausführt,
die Fragesteller seien zum Narren gehalten oder auf gut Laufentalerdeutsch
verseggelt worden. Der Vorwurf aber, man habe jemanden zum Narren gehalten,
ist nicht ehrenrührig.

    c) In bezug auf den Ausdruck "traurige Subjekte" wird in der
Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemacht, S. habe in seiner Eigenschaft
als Grossrat vor seinen Kollegen und der Öffentlichkeit des Kantons Bern
auf Fragen hin öffentlich Unwahrheiten erzählt und im Wissen darum,
dass die Fr. 60'000.-- für Schuldenzahlung längst verbraucht waren,
seine Vorstellungen bekanntgegeben, wie das Geld für Informationen und
andere Aktionen im Hinblick auf die kommende Abstimmung verwendet werden
könnte. Dies zeuge von einem charakterlosen Verhalten. Ein Politiker,
der derart wahrheitswidrig argumentiere, müsse sich deshalb den Vorwurf
"trauriges Subjekt" gefallen lassen. Zumindest sei der Beschwerdeführer
unmittelbar nach Aufdeckung der Finanzaffäre durch den Revisor Hafner
im guten Glauben gewesen, dass er diesen Ausdruck, gestützt auf die
ihm bekannten Tatsachen, gegenüber S. hätte gebrauchen dürfen. Mit
dieser Argumentation habe sich weder die erste noch die zweite Instanz
auseinandergesetzt, sondern kurzerhand erklärt, der Gutglaubensbeweis sei
nicht erbracht; dies obwohl der Gerichtspräsident in seinen Erwägungen
festhalte, der Gutglaubensbeweis bezüglich der eingeklagten "Lügenartikel"
sei als gelungen zu bezeichnen. Er müsse auch in bezug auf den Ausdruck
"traurige Subjekte" als gelungen betrachtet werden, da dieser Ausdruck
ja gestützt auf die gleichen, dem Beschwerdeführer bekannten Tatsachen
erfolgt sei.

    d) Der Beschwerdeführer M. hat den Beschwerdegegner S. in der gleichen
Nummer des "Laufentalers" der Lüge bezichtigt. Der Gerichtspräsident nahm
jedoch an, der Beschwerdeführer sei aufgrund seines Wissensstandes, vor
allem aufgrund des BUK-Berichtes und der Grossratsprotokolle, gutgläubig
gewesen und sprach ihn deshalb in diesem Punkte frei. Der Artikel auf der
Titelseite, in welchem der Vorwurf der Lüge erhoben worden war, schliesst
mit einem Hinweis auf den Artikel "Traurige Subjekte am Werk?" auf
Seite 4. Dieser Artikel steht erneut in einem sachlichen Zusammenhang
mit dem Vorwurf der Lüge, für den, wie gesagt, der Beschwerdeführer den
Entlastungsbeweis erbracht hat. In diesem Gesamtzusammenhang erscheint
der fragliche Vorwurf nicht weiterzugehen als der Vorwurf des Lügners,
weshalb auch insoweit der Entlastungsbeweis als erbracht anzusehen ist.

    Im übrigen zeigt die Verwendung des fraglichen Ausdrucks durch den
Beschwerdegegner S., dass die Äusserung - auch wenn man besser auf sie
verzichtet hätte - unter gewissen Umständen zum Vokabular der politischen
Auseinandersetzung der damaligen Zeit gehörte. Wiederum ausgehend davon,
dass in der politischen Auseinandersetzung eine strafrechtlich relevante
Ehrverletzung nur mit grosser Zurückhaltung angenommen werden kann (oben E.
3c), ist deshalb im Ergebnis eine Ehrverletzung zu verneinen.