Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 116 IV 1



116 IV 1

1. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 31. Januar 1990
i.S. R. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen und
K. (Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 24 und Art. 221 Abs. 3 StGB; Anstiftung zur Brandstiftung.

    1. Auch bei einem bereits zur Tat Geneigten oder sich sogar
zur Begehung von Straftaten Anbietenden kann der Tatentschluss noch
hervorgerufen werden, und zwar so lange, als er zur konkreten Tat noch
nicht entschlossen ist (E. c; Änderung der Rechtsprechung).

    2. Für die Anstiftung genügt, dass der Anstifter, wenn auch im Sinne
einer verglichen mit einer Alternative zweiten Wahl, einem Vorschlag der
Haupttäter zustimmt (E. c).

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- a) Der Beschwerdeführer wendet sich auch gegen seine Verurteilung
wegen Anstiftung zur Brandstiftung (Art. 221 Abs. 3 StGB).

    b) H. und B. verübten am 3. März 1986 ca. 21.05 Uhr vor dem
Massagesalon an der Grenzstrasse 2 in Amriswil einen Brandanschlag auf den
Personenwagen von K. Die Vorinstanz geht davon aus, der Beschwerdeführer
habe, vor die Alternative "Schläge für die Dirnen" oder "Brandstiftung
am Auto" gestellt, zwar die erste bevorzugt, aber auch der zweiten
zugestimmt. Wer auf mehrere genau umschriebene Vorschläge hin allgemein
erkläre, es müsse einfach etwas geschehen, der sei als Anstifter einer
Brandstiftung zu betrachten, wenn diese dann von den Tätern ausgeführt
werde; auch wenn er den Vorschlag, das Auto anzuzünden, nicht ausdrücklich
gutgeheissen, sicher aber nicht nein gesagt habe, so wäre er gleichwohl
als Anstifter durch Unterlassen strafbar, denn die Täter hätten in seiner
Anwesenheit den Plan erörtert, ersatzweise das Fahrzeug des vermeintlichen
Zuhälters in Brand zu stecken. Fest stehe überdies, dass sie kein anderes
Motiv gehabt hätten als das, den Beschwerdeführer zufriedenzustellen und
die Belohnung zu verdienen. Gegen seinen erkennbaren Willen hätten sie
die Tat mit Sicherheit nicht ausgeführt.

    c) Durch die Anstiftung wird in einem anderen der Entschluss zu einer
bestimmten rechtswidrigen Tat hervorgerufen (vgl. BGE 69 IV 205 sowie
STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, S. 338 f.,
N 93; SCHULTZ, Einführung in den allgemeinen Teil des Strafrechts,
1. Band, S. 292, und NOLL/TRECHSEL, Schweizerisches Strafrecht,
Allgemeiner Teil I, S. 179). Der Tatentschluss muss auf das motivierende
Verhalten des Anstifters zurückzuführen sein; es bedarf insofern eines
Kausalzusammenhangs (vgl. BGE 74 IV 49).

    Nicht erforderlich ist, dass beim Anzustiftenden Widerstände zu
überwinden wären (vgl. BGE 100 IV 2 und 93 IV 56 f.). Auch bei demjenigen,
der bereits zur Tat geneigt ist oder sich zur Begehung von Straftaten
sogar anbietet, kann ein Tatentschluss noch hervorgerufen werden,
und zwar so lange, als er zur konkreten Tat noch nicht entschlossen
ist. An der in BGE 69 IV 205 geäusserten Ansicht, ein jederzeit auf
entsprechenden Auftrag zur Vornahme von Abtreibungen Bereiter könne nicht
mehr angestiftet werden, kann nicht festgehalten werden. Sie hätte,
wie STRATENWERTH (a.a. O., S. 340, N 97) mit Recht bemerkt, zur Folge,
dass man der Haftung für Anstiftung zum Mord dadurch entgehen könnte,
dass man sich eines berufsmässigen Killers bedient.

    Die Tat, zu der angestiftet wird, braucht nicht in allen Einzelheiten
bestimmt zu sein (vgl. BGE 73 IV 217 sowie HAUSER/REHBERG, Strafrecht I,
97; SCHULTZ, aaO, S. 292, und NOLL/TRECHSEL, aaO, S. 179). Die Einzelheiten
der Ausführung können dem Angestifteten überlassen werden. Nicht
ausreichend ist dagegen die blosse Aufforderung zu Delikten unbestimmter
Art in einer Situation, die keine eindeutige Auslegung erlaubt (ROXIN,
Leipziger Kommentar § 26 N 9). Möglich ist die Anstiftung zu mehreren
alternativen Taten.

    Nach den Feststellungen der Vorinstanz ist nicht erwiesen, dass der
Beschwerdeführer vorschlug, das Auto in Brand zu stecken. Es ist auch
davon auszugehen, dass er anfänglich von einem solchen Brandanschlag wenig
begeistert war. Andererseits ergibt sich eindeutig, dass H. und B. ohne die
Einwilligung des Beschwerdeführers den Brandanschlag nicht verübt hätten,
dass der Beschwerdeführer dies wusste und dass er, wenn auch im Sinne
einer verglichen mit der Alternative "Schläge für die Dirnen" zweiten Wahl,
dem Brandanschlag zustimmte. Damit setzte der Beschwerdeführer zumindest
eine Mitursache für die endgültige Tatentschlossenheit von H. und B.,
womit die objektiven Voraussetzungen einer Anstiftung gegeben sind.

    Damit kann offenbleiben, ob dem Beschwerdeführer auch eine Anstiftung
durch Unterlassen vorgeworfen werden kann.

    d) Über die objektiven Voraussetzungen der Anstiftung hinaus bedarf
es des Anstiftungsvorsatzes, wobei Eventualdolus genügt (vgl. TRECHSEL,
Kurzkommentar zum StGB, Art. 24, N 6; HAUSER/REHBERG, aaO, S. 98, und
STRATENWERTH, aaO, S. 341 N 99). Wer einen anderen nur fahrlässig zur
Tatbegehung veranlasst, ist nicht wegen Anstiftung strafbar (vgl. BGE
105 IV 333).

    Liegt die Anstiftung, wie hier darin, dass der Beschwerdeführer dem
Vorschlag der Haupttäter zustimmte, ohne welche Zustimmung es nicht zur
Brandstiftung gekommen wäre, ist in subjektiver Hinsicht erforderlich,
dass der Beschwerdeführer sich dessen bewusst war, d.h. dass er wusste,
die Haupttäter würden einzig aufgrund seines Einverständnisses die
Brandstiftung vornehmen, gegebenenfalls vornehmen, wenn die Strafaktion
nicht anders durchführbar sei. Die Ausführungen der Vorinstanz zur
subjektiven Seite der Tat des Beschwerdeführers sind zwar etwas knapp
ausgefallen; man kann jedoch aus den Ausführungen im Urteil schliessen,
dass sie Eventualvorsatz des Beschwerdeführers in bezug auf die Anstiftung
zur Brandstiftung annahm.

    Die Beschwerde erweist sich somit in diesem Punkte als unbegründet.