Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 116 II 92



116 II 92

16. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 20. März 1990 i.S. H.
gegen P. (Berufung) Regeste

    Art. 55 Abs. 1 lit. c OG.

    Gesetzliche Anforderungen an eine Berufungsbegründung. Wer
eine Berufung und eine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde mit einer im
wesentlichen übereinstimmenden Begründung versieht, setzt sich dem Vorwurf
des Missbrauchs von Rechtsmitteln aus.

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Nach ständiger Rechtsprechung dürfen zwei Bundesrechtsmittel nicht
in einer einzigen Eingabe verbunden werden, sondern müssen je getrennt
erhoben und in besonderen Eingaben begründet werden. Eine unzulässige
Umgehung dieser Rechtsprechung liegt vor, wenn zwei Rechtsmittel zwar in
getrennten Eingaben, aber mit gleicher Begründung eingereicht werden und
dabei zudem Rügen des einen Rechtsmittels mit solchen des andern vermengt
werden. In verschiedenen neueren Entscheiden hat das Bundesgericht ein
solches Vorgehen als missbräuchlich bezeichnet und ist weder auf das
eine noch auf das andere Rechtsmittel eingetreten (BGE 115 II 397 E. 2;
113 IV 46 f.; unveröffentlichtes Urteil vom 20. September 1989 i.S. W.;
vgl. auch BGE 114 Ia 207 f.). In ähnlicher Weise setzt sich eine Partei
dem Vorwurf des Missbrauchs von Rechtsmitteln aus, wenn sie - wie im
vorliegenden Fall der Kläger - eine Berufung ans Bundesgericht mit einer
kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde vermengt, indem sie unbekümmert um
die Verschiedenartigkeit der Rechtsmittel in beiden Eingaben weitgehend
dieselbe Begründung vorträgt. Auf die Berufung ist schon aus diesem Grund
nicht einzutreten.

Erwägung 2

    2.- Die vom Kläger eingereichte Rechtsmitteleingabe entspricht
aber auch den gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsbegründung in
keiner Weise. Gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ist in der Berufungsschrift
anzugeben, welche Bundesrechtssätze der angefochtene Entscheid verletzt
und inwiefern er gegen sie verstösst. Fehl am Platz sind dagegen Rügen
der Verletzung von Verfassungsrecht - so insbesondere auch der Vorwurf
der Willkür - (Art. 43 Abs. 1 Satz 2 OG) und Ausführungen, die sich in
unzulässiger Weise gegen die tatsächlichen Feststellungen und gegen die
Beweiswürdigung der Vorinstanz richten (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG; BGE
113 II 55 mit Hinweisen). Unbeachtlich sind ebenfalls blosse Verweise
auf die Akten; inwiefern das angefochtene Urteil Bundesrecht verletzt,
ist in der Berufungsschrift selber darzulegen (BGE 110 II 78).

    Der Kläger hält sich nicht an diese Vorschriften. Soweit sich
seine Argumentation nicht darin erschöpft, dem Obergericht Willkür
vorzuwerfen, der Beurteilung der Streitsache einen anderen als den
von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde zu legen oder
auf die Akten zu verweisen, beschränkt sich der Kläger im wesentlichen
darauf, eine Reihe von Punkten aufzulisten, die seines Erachtens als
Rechtsfragen zu beurteilen wären; worin die Verletzung von Bundesrecht
bestehen soll, legt er dabei teils überhaupt nicht, teils nur völlig
unzureichend dar. Die Berufung genügt daher den Anforderungen von
Art. 55 Abs. 1 lit. c OG in keiner Weise. Diese Tatsache verwundert
denn auch nicht weiter, ist die Eingabe doch offensichtlich auf das
kantonale Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren und nicht auf das eidgenössische
Berufungsverfahren zugeschnitten. Die Behauptung, die Anfechtungsgründe
seien in beiden Verfahren dieselben, ist abwegig; die beiden Rechtsmittel
unterscheiden sich grundlegend. Von vorneherein nichts zu helfen vermag
dem Kläger, dass er ausführen lässt, aus Zeitgründen habe nicht mehr die
ganze Rechtsschrift an das Kassationsgericht für das vorliegende Verfahren
umgeschrieben werden können. Das Vorgehen ist mutwillig.