Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 116 II 76



116 II 76

12. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 22. März 1990 i.S.
Patricia Overgoor Schwarz und Mitbet. gegen Handelsregisteramt und
Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste

    Art. 947 Abs. 3 OR.

    Der Familienname einer unbeschränkt haftenden Gesellschafterin mit
einem Doppelnamen gemäss Art. 160 Abs. 2 ZGB kann nur ihr voller Doppelname
sein (E. 2).

Sachverhalt

    A.- Am 10. Februar 1989 wurde beim Handelsregisteramt von Basel-Stadt
eine neugegründete Kommanditgesellschaft mit der Firma "Annoncenverwaltung
Overgoor & Co." angemeldet. Die Anmeldung erfolgte durch die Eheleute
Patricia Overgoor Schwarz und Robert Schwarz-Overgoor sowie Daniele
La Rosa Messina als Komplementäre und durch die Alder + Kleiber AG als
Kommanditärin.

    Mit Verfügung vom 3. März 1989 lehnte das Handelsregisteramt die
Eintragung ab, weil der nach neuem Familienrecht vorangestellte Mädchenname
Overgoor der Komplementärin Overgoor Schwarz kein Familienname eines
unbeschränkt haftenden Gesellschafters im Sinne von Art. 947 Abs. 3 OR
sei. Die gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde der Komplementäre
wies das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt am 26. Juni 1989 ab.

    B.- Die Komplementäre fechten den Entscheid des Justizdepartements mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an und stellen das Begehren, es sei ihnen die
Eintragung der Firma "Annoncenverwaltung Overgoor & Co." zu bewilligen. Das
Handelsregisteramt, das Justizdepartement und das Eidgenössische Amt
für Handels- und Güterrechtsregister (EHRA) schliessen auf Abweisung der
Beschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 947 Abs. 3 OR muss die Firma einer
Kommanditgesellschaft den Familiennamen wenigstens eines unbeschränkt
haftenden Gesellschafters mit einem das Gesellschaftsverhältnis
andeutenden Zusatz enthalten. Diesen Anforderungen würde nach Auffassung
der Vorinstanzen und des EHRA nur die Firma "Annoncenverwaltung Overgoor
Schwarz & Co." genügen, da gemäss Art. 160 Abs. 2 ZGB dem vorangestellten
Mädchennamen der verheirateten Komplementärin der Name des Mannes zu
folgen habe. Demgegenüber ist Art. 947 Abs. 3 OR nach Auffassung der
Beschwerdeführer losgelöst von Art. 160 Abs. 2 ZGB und im Lichte von
Art. 4 Abs. 2 BV auszulegen, welch letztere Bestimmung es verbiete, dass
die Ehefrau als Komplementärin gezwungen werde, den Namen des Ehemannes
in der Firma mitaufzuführen, während beim Mann der Familienname genüge.

    a) Bei Einzelfirmen, Kollektiv-, Kommandit- und
Kommanditaktiengesellschaften bildet der Familienname des Inhabers
bzw. der unbeschränkt haftenden Gesellschafter den wesentlichen Inhalt
der Firma (Art. 945 und 947 OR). Zwar erläutern diese Bestimmungen den
Begriff des Familiennamens nicht. Was darunter zu verstehen ist, ergibt
sich jedoch aus dem Zweck der Personenfirma, mindestens eine persönlich
haftende Person bekannt zu machen, damit sie identifiziert werden kann
(HIS, N. 1 zu Art. 954 OR; derselbe, Zur Frage der Doppelnamen ... in
Personenfirmen, in: SJZ 40/1944 S. 142). Die Möglichkeit der Identifikation
setzt voraus, dass die als Firmenbestandteil verwendete Bezeichnung
mit dem Namen übereinstimmt, der auch sonst rechtmässig geführt wird
(HIS, N. 1 zu Art. 954 OR) und im Zivilstandsregister erscheint (HIS, N.
13 zu Art. 945 OR). Es kann nicht im Belieben des Namensträgers stehen,
in der Firma einen anderen Namen zu führen als im amtlichen Verkehr.

    Streitig ist die Anwendbarkeit der namens- und familienrechtlichen
Vorschriften auch auf den für Geschäftsfirmen vorausgesetzten amtlichen
Namen nur mit Bezug auf Adelspartikel und Doppelnamen. Nach Auffassung
von V. STEIGER und GLOGGNER sind solche Bezeichnungen ungekürzt in der
amtlichen Schreibweise gemäss Zivilstandsregister in Personenfirmen
aufzunehmen (F. V. STEIGER, Kann bei Doppelnamen ... in Personenfirmen
ein Teil des Namens weggelassen werden?, in: SJZ 40/1944 S. 103 ff.,
S. 106; A. GLOGGNER, Zur Frage der Doppelnamen ... in Personenfirmen,
in: SJZ 50/1954 S. 321 ff., S. 323). Dem entspricht die Praxis der
Handelsregisterbehörden. In seiner Vernehmlassung bestätigt das EHRA,
dass die im Zivilstandsregister eingetragenen Namen unverändert
als Firmenbestandteile in das Handelsregister übernommen würden;
Abweichungen dulde die Praxis nur insoweit, als sie die Aufnahme
von mit einem Bindestrich gekennzeichneten Allianznamen in die Firma
zulasse. Demgegenüber will HIS die teilweise Aufnahme von Doppelnamen, die
ähnlich den Allianznamen aus zwei sprachlich selbständigen Familiennamen
bestünden, in Personenfirmen gestatten, wenn der "Hauptname" oder das
"Kennwort" ausreiche, um den Firmeninhaber oder den unbeschränkt haftenden
Gesellschafter "kurz und bündig" kenntlich zu machen (HIS, SJZ 40/1944
S. 141 f.; HIS, N. 12 zu Art. 945 OR).

    b) Mit Bezug auf Vornamen erkannte das Bundesgericht in BGE 112 II
67 E. 2b, dass die Schreibweise gemäss Zivilstandsregister auch für
andere öffentliche Register des Bundesrechts massgebend sein müsse,
um unklaren oder irreführenden Angaben in öffentlichen Registern
vorzubeugen. Erst recht muss das für Familiennamen gelten. Dem Zweck,
als wesentlicher Inhalt von Personenfirmen die Identität der unbeschränkt
haftenden natürlichen Personen bekannt zu geben, liefe es diametral
zuwider, wenn es dem Handelsregisterführer anheimgestellt wäre, vom
Zivilstandsregister abweichende Familiennamen als Bestandteile von
Personenfirmen zuzulassen. Der mit beschränkter Kognitionsbefugnis
ausgestattete Handelsregisterführer (BGE 114 II 68) hat nicht darüber
zu befinden, wieweit sich die im Zivilstandsregister erscheinenden
Familiennamen allenfalls kürzen lassen, ohne ihre kennzeichnende
Eigenschaft einzubüssen. Welche Abweichungen von der Schreibweise
gemäss Zivilstandsregister zulässig sind, umschreibt Art. 947 Abs. 3 OR
abschliessend; indem diese Bestimmung nur die Aufnahme des Familiennamens
zwingend vorschreibt, lässt sie dem unbeschränkt haftenden Gesellschafter
lediglich die Freiheit, es in seiner Firmenbezeichnung beim Familiennamen
bewenden zu lassen oder ihm auch den Vornamen beizufügen (HIS, N. 7 zu
Art. 947 OR).

    c) Vorliegend hat die Beschwerdeführerin Overgoor Schwarz von der
Möglichkeit gemäss Art. 160 Abs. 2 ZGB Gebrauch gemacht und vor ihrer
Trauung mit dem Beschwerdeführer Schwarz gegenüber dem Zivilstandsbeamten
erklärt, sie wolle als Ehefrau Overgoor Schwarz heissen. Dementsprechend
wird sie seither im Zivilstandsregister unter ihrem Doppelnamen Overgoor
Schwarz aufgeführt (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar zum Eherecht, N. 21
zu Art. 160 ZGB). Nach dem Gesagten darf kein anderer als dieser amtliche
Name (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, N. 22 zu Art. 160 ZGB) als Firmenbestandteil
der neugegründeten Kommanditgesellschaft in das Handelsregister eingetragen
werden. Liesse der Registerführer den Namen Overgoor in Alleinstellung zu,
so würde in der Firma eine Person als Komplementärin erscheinen, die es
unter dieser Bezeichnung seit der Trauung von Gesetzes wegen nicht mehr
gibt. Der vom Ehemann geführte Allianzname Overgoor ist kein amtlicher,
im Zivilstandsregister eingetragener Name (HAUSHEER/REUSSER/GEISER,
N. 23 zu Art. 160 ZGB). Die Zulassung der Firma "Annoncenverwaltung
Overgoor & Co." widerspräche somit der Firmenwahrheit (Art. 944 OR)
und wäre geeignet, die Gläubiger über ein Haftungssubjekt zu täuschen,
das aufgehört hat, unter der Bezeichnung Overgoor zu existieren. Die
von Art. 947 Abs. 3 OR geforderte Individualisierung wird nur dadurch
herbeigeführt, dass die Firma den amtlichen Doppelnamen der Komplementärin
gemäss Zivilstandsregister enthält.

    d) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist die
Ungleichbehandlung mit der Frau, die trotz gesetzlicher oder behördlicher
Namensänderung eine vor der Heirat eingetragene Firma beibehalten darf
(Art. 954 OR), sachlich gerechtfertigt. Die genannte Bestimmung erlaubt
in Durchbrechung des Prinzips der Firmenwahrheit ausnahmsweise eine
Abweichung vom Namen gemäss Zivilstandsregister, um eine bestehende, im
Geschäftsverkehr eingelebte Firma, deren Änderung beträchtlichen Schaden
mit sich bringen kann, zu erhalten (HIS, N. 2 und 5 zu Art. 954 OR). Wird
dagegen eine Firma erst nach der Heirat gebildet, besteht dieses Bedürfnis
nicht. Hier ist im Interesse der Firmenwahrheit zu verlangen, dass sich
die Firma nach dem gesetzlichen Namen richtet, den die Komplementärin
mit der Heirat erworben hat.

    Der Ausnahmetatbestand von Art. 954 OR kann auch nicht durch
eine verfassungskonforme Auslegung von Art. 947 Abs. 3 OR ausgeweitet
werden, wie die Beschwerdeführer meinen. Das Firmenrecht darf nicht
Namen gestatten, die nach den Vorschriften des neuen Familienrechts
ausgeschlossen sind. Die revidierten Bestimmungen ermöglichen es der
Braut, entweder den Namen des Ehemannes nach Art. 160 Abs. 1 ZGB oder den
Doppelnamen nach Art. 160 Abs. 2 ZGB zu wählen (HAUSHEER/REUSSER/GEISER,
N. 15 zu Art. 160 ZGB). Die Weiterführung des bisherigen Namens der
Ehefrau als Familienname setzt eine Namensänderung voraus, die auf
Gesuch der Brautleute bei Vorliegen achtenswerter Gründe bewilligt wird
(Art. 30 Abs. 2 ZGB). Der Gesetzgeber hat im Interesse der Einheit
des Namens in der Familie bewusst auf eine Regelung verzichtet, die es
der Braut erlaubt hätte, ihren bisherigen Familiennamen beizubehalten
(HAUSHEER/REUSSER/GEISER, N. 10 f. zu Art. 160 ZGB mit Hinweisen auf die
Entstehungsgeschichte). Dieser klare gesetzgeberische Entscheid lässt auch
im Firmenrecht keinen Raum für eine andere Auslegung (Art. 113 Abs. 3 BV).