Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 116 II 55



116 II 55

8. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 8. Februar 1990 i.S. B.
gegen Stockwerkeigentümergemeinschaft R. und Kons. (Berufung) Regeste

    Art. 712e ZGB; Festlegung und Abänderung der Wertquoten.

    1. Bei der Berichtigungsklage nach Art. 712e Abs. 2
ZGB sind Sachlegitimation, Partei- und Prozessfähigkeit der
Stockwerkeigentümergemeinschaft zu verneinen, wenn der Gemeinschaft keine
eigenen Rechte an der Liegenschaft zustehen. Offengelassen, ob die nur
gegen einzelne Stockwerkeigentümer gerichtete Klage zulässig wäre (E. 4).

    2. Umschreibung und Bedeutung der Wertquoten (E. 5a). Ihre Festlegung
muss sich nicht einzig nach wirtschaftlichen Kriterien richten (E. 5b). Es
sind dabei nicht nur objektiv fassbare Kriterien ausschlaggebend, sondern
regelmässig auch das Ermessen der Beteiligten (E. 5c).

    3. Merkmale des Irrtumstatbestandes im Sinne von Art. 712e Abs. 2 ZGB
(E. 6).

Sachverhalt

    A.- Am 20. Juli 1976 wurde B. als Miteigentümer der Liegenschaft
Reutistrasse 10/12 in Kreuzlingen mit Sondernutzungsrecht an der 5
1/2-Zimmer-Attikawohnung im Grundbuch eingetragen. Sein Anteil am Wert
der Liegenschaft wurde mit 120/1000 festgelegt.

    B.- Am 26. Oktober 1987 reichte B. Klage beim Bezirksgericht
Kreuzlingen gegen die Stockwerkeigentümergemeinschaft und die einzelnen
Stockwerkeigentümer ein. Mit seinem Rechtsbegehren verlangte er die
Herabsetzung seines Anteils am Wert der Liegenschaft auf 84/1000,
rückwirkend auf Januar 1985, verbunden mit einer entsprechenden
Neubewertung der übrigen Einheiten und einer Anweisung an das Grundbuchamt,
die neuen Wertquoten einzutragen.

    Das Bezirksgericht Kreuzlingen wies die Klage mit Urteil vom
2. Dezember 1988/27. Januar 1989 ab. Dieses Urteil wurde vom Obergericht
des Kantons Thurgau am 6. Juni 1989 bestätigt.

    C.- Dagegen hat der Kläger Berufung an das Bundesgericht erhoben. Er
verlangt die Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie die Rückweisung
zur Abnahme weitere Beweise und Neubeurteilung an das Obergericht des
Kantons Thurgau.

    Die Beklagten schliessen auf Abweisung der Berufung, soweit darauf
einzutreten sei.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Die Begründung von Stockwerkeigentum erfolgt durch Eintragung
im Grundbuch aufgrund eines Vertrages der Miteigentümer über die
Ausgestaltung ihrer Anteile zu Stockwerkeigentum oder aufgrund einer
entsprechenden Erklärung des Eigentümers der Liegenschaft oder des
Inhabers eines selbständigen und dauernden Baurechts (Art. 712d Abs. 1
und 2 ZGB). Gemäss Art. 712e Abs. 1 ZGB ist im Begründungsakt ausser
der räumlichen Ausscheidung der Anteil eines jeden Stockwerkes in
Hundertsteln oder Tausendsteln des Wertes der Liegenschaft oder des
Baurechts anzugeben. Absatz 2 von Art. 712e ZGB gewährt sodann jedem
Stockwerkeigentümer einen Anspruch auf Berichtigung, wenn seine Quote aus
Irrtum unrichtig festgesetzt wurde oder infolge von baulichen Veränderungen
des Gebäudes oder seiner Umgebung unrichtig geworden ist.

    a) Die Parteien streiten sich nach wie vor darum, ob dem Kläger ein
Berichtigungsanspruch gemäss Art. 712e Abs. 2 ZGB zuzugestehen ist und
dabei insbesondere um die Frage, ob die Festsetzung der auf seinen Anteil
entfallenden Wertquote auf einem Irrtum beruht.

    b) Das Obergericht ist im angefochtenen Urteil den Erwägungen
des Bezirksgerichts gefolgt, wonach es dem Kläger nicht gelungen sei,
die anlässlich der Begründung des Stockwerkeigentums bei der konkreten
Quotenfestsetzung beachteten Kriterien und den Grund des dabei angeblich
unterlaufenen Irrtums darzulegen. Damit hat es sich der Rechtsauffassung
des Klägers widersetzt, der dafür gehalten hat, dass mangels Kenntnis
der tatsächlich berücksichtigten Kriterien bei der Quotenfestlegung die
objektiv richtige Aufteilung im Beweisverfahren zu ermitteln sei. Ein
solches Vorgehen - so ist vom Obergericht ausgeführt worden - käme einer
Annäherung an die Offizialmaxime gleich, die sich mit dem kantonalen
Prozessrecht nicht vereinbaren liesse. Diesem allein bleibe die Regelung
der Frage vorbehalten, inwieweit die Substantiierung des geltend gemachten
Anspruchs im Beweisverfahren nachgeholt werden könne. Das Obergericht
hat sodann in tatsächlicher Hinsicht festgehalten, dass insbesondere der
vom Kläger beigebrachte Expertenbericht "Rutishauser" keine Rückschlüsse
auf die konkreten Kriterien der ursprünglichen Quotenermittlung zulasse,
sondern ohne weiteres von der Annahme ausgehe, es sei - wie üblich -
auf die anrechenbare Wohnfläche abgestellt worden; dass indessen auch
dieses Vorgehen eine Gewichtung der einzelnen Wohnflächen verlange, sei
auch vom Kläger eingeräumt worden, doch könne weder dem Begründungsakt
noch den Aufteilungsplänen samt Baubeschrieb entnommen werden, wie
diese Gewichtung vorliegend ausgefallen sei. Hingegen liege es nahe,
dass die streitige Wertquote durch weitere Faktoren, wie etwa die höhere
Wohnqualität der Attikawohnung, entscheidend beeinflusst worden sei.
Namentlich die Dachterrasse erlaube dank ihrer Grösse (158 m2 gegenüber
113 m2 Innenfläche) mannigfaltige Nutzungsmöglichkeiten, weshalb es sehr
wohl denkbar sei, dass der Wertquotenermittlung nebst der besonders
gewichteten Wohnqualität nicht bloss 50% der Terrassenfläche, sondern
ein weit höherer Anteil zugrunde gelegt wurden.

    c) In der Berufung wird die Verletzung der Art. 8 und 712e Abs. 2
ZGB geltend gemacht.

    Im einzelnen wird eingewendet, Art. 712e Abs. 2 ZGB verlange vom
Abänderungskläger, dass er zwar die grundsätzliche Tatsache eines bei
der Festsetzung der Wertquote unterlaufenen Irrtums, nicht aber dessen
genaue Beschaffenheit darzutun habe; letzteres könne selbstredend auch vom
kantonalen Recht nicht gefordert werden. Entscheidend bleibe nämlich - da
die Annahme einer absichtlich falsch gestalteten Anteilsermittlung nicht
gerechtfertigt sei -, dass jede objektiv unrichtige Quotenaufteilung auf
einem nicht wahrgenommenen Irrtum beruhe. Ob also ein Irrtum vorliege,
hänge daher nur davon ab, ob sich eine angefochtene Quotenaufteilung
objektiv halten lasse. Allerdings werde durchaus eingeräumt, dass
diese Aufteilung in gewissem Masse stets auch Ermessenssache sei und es
nicht nur eine einzige objektiv richtige Lösung gebe. Dem sei dadurch
Rechnung zu tragen, dass es zum Nachweis des Irrtums vorerst genügen
müsse, wenn sich die angefochtene Wertquote im Lichte von keiner der
denkbaren Ermittlungsmöglichkeiten halten lasse. Erst in einem weiteren
Schritt gelte es schliesslich, das Ausmass des Berichtigungsanspruchs
zu klären. Die entsprechenden Behauptungen seien im vorinstanzlichen
Verfahren eingebracht und mit einem Beweisangebot untermauert worden;
das Obergericht habe indessen die Absicht dieses Vorgehens insofern
verkannt, als es dem Glauben erlegen sei, der Kläger suche damit die
objektiv richtige Bewertungsmethode im Beweisverfahren zu ermitteln.

Erwägung 4

    4.- Die dem vorliegenden Verfahren zugrundeliegende Klage ist gegen
die Stockwerkeigentümergemeinschaft sowie sämtliche Stockwerkeigentümer
angehoben worden. Die kantonalen Instanzen haben indessen ausschliesslich
die Stockwerkeigentümergemeinschaft als Beklagte aufgeführt und ihr
die einzelnen, namentlich aufgeführten Miteigentümer nachgeordnet, ohne
sich mit der vom Kläger gewählten, differenzierenden Parteibezeichnung
zu befassen.

    In der Berufungsantwort wird - wie bereits im kantonalen Verfahren -
zu Recht darauf hingewiesen, dass die Stockwerkeigentümergemeinschaft
bei der klageweisen Durchsetzung des in Art. 712e Abs. 2
verankerten Berichtigungsanspruches nicht passivlegitimiert sei. Im
Schrifttum wird ausgeführt, dass bloss diejenigen Stockwerkeigentümer
passivlegitimiert seien, deren Wertquoten aufgrund des geltend gemachten
Berichtigungsanspruchs entsprechend geändert werden müssen. Die
Gemeinschaft als solche findet in diesem Zusammenhang keine Erwähnung
(MEIER-HAYOZ/REY, Berner Kommentar, 1988, N. 25 zu Art. 712e). Diese
Auffassung hat ihren sachlichen Grund darin, dass die Änderung der einen
Wertquote notgedrungen eine Verschiebung der Anteile einzelner oder aller
anderen Stockwerke nach sich zieht und die Interessenlage der von der
Quotenänderung betroffenen Eigentümer grundsätzlich nicht gleichgerichtet
verlaufen muss. Da der Stockwerkeigentümergemeinschaft vorliegend keine
eigenen Rechte an der Liegenschaft zustehen, ist nicht ersichtlich,
inwieweit bei der Geltendmachung des Anspruchs im Sinne von Art. 712e
Abs. 2 ZGB die eigene Rechtssphäre der Gemeinschaft berührt werden
sollte. Bei dieser Sachlage muss freilich erwogen werden, der Gemeinschaft
im Prozess nach Art. 712e Abs. 2 ZGB nicht bloss die Sachlegitimation,
sondern bereits die Partei- und Prozessfähigkeit abzusprechen. Namentlich
die sich widersprechenden Interessen der beteiligten Eigentümer
machen deutlich, dass in diesem Verfahren nicht mehr Belange der
gemeinschaftlichen Verwaltung in Frage stehen, in deren beschränkten
Rahmen der Stockwerkeigentümergemeinschaft gemäss Art. 712l Abs. 2 ZGB
die Möglichkeit eingeräumt wird, als Partei im Prozess aufzutreten (dazu
vgl. BGE 114 II 241 E. 3, mit zahlreichen Hinweisen). Daraus ergibt sich,
dass zufolge fehlender Partei- und Prozessfähigkeit auf die Berufung nicht
eingetreten werden kann, soweit sie gegen die Gemeinschaft selbst gerichtet
ist. Da der Kläger gegen sämtliche Stockwerkeigentümer Klage erhoben hat,
erübrigen sich weitere Ausführungen zu der Frage, ob die nur gegen die
einzelnen betroffenen Eigentümer gerichtete Klage im Sinne von Art. 712e
Abs. 2 ZGB zulässig wäre, oder ob sämtliche Eigentümer im Sinne einer
notwendigen Streitgenossenschaft ins Recht gefasst werden müssten (vgl. BGE
112 II 308 ff., demgegenüber MEIER-HAYOZ/REY, aaO, N. 25 zu Art. 712e).

Erwägung 5

    5.- a) Bei der Wertquote im Sinne von Art. 712e ZGB handelt es sich
um eine abstrakte Verhältniszahl, die den Umfang der Berechtigung
des einzelnen Stockwerkeigentümers im Vergleich zu den anderen
am gemeinsamen Rechtsobjekt Beteiligten arithmetisch zum Ausdruck
bringt. Als rechnerischer Behelf soll sie das Ausmass der Beteiligung
des Stockwerkeigentümers am gesamten, sowohl Rechte als auch Pflichten
umfassenden Rechtsinhalt des Miteigentums festhalten. Die praktische
Bedeutung der Wertquoten liegt in ihrer Auswirkung auf die Bemessung der
Stimmkraft des einzelnen Eigentümers (Art. 712g Abs. 3 ZGB), auf die
Feststellung der Beschlussfähigkeit der Stockwerkeigentümergemeinschaft
(Art. 712p Abs. 1 ZGB) sowie auf die Verteilung der gemeinschaftlichen
Kosten und Lasten (Art. 712h Abs. 1 ZGB), einschliesslich der
finanziellen Leistungen Dritter, unter die einzelnen Eigentümer
(vgl. statt vieler MEIER-HAYOZ/REY, aaO, N. 4-6, 9-11 zu Art. 712e ZGB,
mit zahlreichen Hinweisen). Heute besteht weitgehend Einigkeit darüber,
dass die Wertquote mit dem Miteigentumsanteil nicht ohne weiteres
gleichzusetzen ist (MEIER-HAYOZ/REY, aaO, N. 6 zu Art. 712e ZGB; REY,
Strukturen des Stockwerkeigentums, in ZSR 99/1980 I S. 256; ROLF H. WEBER,
Die Stockwerkeigentümergemeinschaft, Zürcher Diss. 1979, S. 144; nun
auch FRIEDRICH, ZBGR 54/1973, S. 142; anders noch in SJK Nr. 1302,
S. 3, und ZBGR 47/1966, S. 338; vgl. auch BBl 1962 II S. 1498). Als
Selbstverständlichkeit wird jedenfalls erachtet, dass die Wertquote als
Verhältniszahl dem Umfang des Miteigentumsanteils entspricht.

    b) Das Gesetz enthält keinerlei Bestimmungen darüber, wie die
Wertquoten im einzelnen festzulegen sind und welche Faktoren dabei
beachtet werden sollen. Angesichts der Bedeutung, die dieser Quote
auch vom Gesetzgeber beigemessen wird, und der häufigen Hinweise auf die
besondere Sorgfalt, die bei ihrer Festsetzung zu beachten sei, mag dieses
Schweigen des Gesetzes erstaunen. Die Grösse der Miteigentumsanteile
in ihrem gegenseitigen Verhältnis, und damit auch der Wertquoten
als deren rechnerischer Ausdruck, bietet einen Anhaltspunkt bei der
Ermittlung des Wertes der einzelnen Stockwerkeigentumsanteile. Dennoch
wird in der Lehre vermerkt, dass die Wertquote der wirtschaftlichen
Wertrelation der einzelnen Stockwerkseinheiten nicht entsprechen müsse.
Dieselben Autoren halten freilich dafür, dass ein erhebliches Abweichen
von der wirtschaftlichen Wertrelation weder üblich noch zu empfehlen sei
und im Hinblick auf die Bedeutung der Wertquote überdacht werden müsste
(MEIER-HAYOZ/REY, aaO, N. 7 und 19 zu Art. 712e; WEBER, aaO, S. 146 ff.,
sowie S. 252, Fn. 3). Andere gehen mehr oder weniger stillschweigend von
einer Wertverhältnismässigkeit aus und damit von einer Quotenfestlegung
nach Massgabe der Wertrelation der einzelnen Sonderrechtsanteile,
ohne aber zu verhehlen, dass den Beteiligten in dieser Frage ein sehr
weites Ermessen zukomme (vgl. Liver, Das Eigentum, SPR V/1, S. 93;
FRIEDRICH, Das Stockwerkeigentum, Reglement für die Gemeinschaft der
Stockwerkeigentümer, 2. A. 1977, § 2, N. 20, S. 56, FRIEDRICH in SJK
Nr. 1302, S. 4, sowie in ZBGR 54/1973, S. 143 f.). Es liegt auf der
Hand, dass der Verkehrswert der einzelnen Stockwerkeigentumsanteile
für die Bestimmung der Wertquoten im Sinne von Art. 712e ZGB nicht der
entscheidende Faktor sein kann. Er richtet sich nach den Gesetzen des
Marktes, ist von der aktuellen Nachfrage, mithin von den jeweiligen
Bedürfnissen und Geschmacksrichtungen abhängig und damit dem steten
Wandel ausgesetzt. Die Wertquote nach Art. 172e ZGB wird hingegen
auf Dauer festgelegt. Sie muss als Verhältniszahl aller Anteile in
der Grundlegung der Stockwerkeigentümergemeinschaft grundsätzlich
gleichbleiben. In der nachträglichen Änderung des Verkehrswertes einer
Stockwerkseinheit kann daher kein Anlass zur Anpassung der Wertquoten
erblickt werden, selbst wenn die ursprüngliche Festsetzung zumindest
teilweise auch durch den Marktwert beeinflusst worden ist (FRIEDRICH,
ZBGR 54/1973, S. 144). Dennoch kann kein Zweifel daran bestehen, dass
die Wertproportionalität der einzelnen Anteile je zueinander sowie zum
Wert der ganzen Liegenschaft auch vom Gesetz als wünschbar erachtet
wird; immerhin entspricht dies bereits dem Gesetzeswortlaut, wonach die
Angabe des Anteils eines jeden Stockwerks in Bruchteilen des Wertes der
Liegenschaft zu erfolgen hat (vgl. Art. 172e Abs. 1 ZGB). Dieser Wert ist
indessen nicht ausschliesslich nach Massgabe wirtschaftlicher Kriterien
zu ermitteln, sondern soll umfassender - den Bedürfnissen der Beteiligten
entsprechend - auch qualitative Gesichtspunkte miteinbeziehen, die sich
nicht notgedrungen auf den Geldwert der Liegenschaft auswirken müssen. Dass
dabei nebst der räumlichen Aufteilung der Stockwerkseinheiten sowie deren
Flächen- und Volumeninhalte weitere Faktoren berücksichtigt werden können,
versteht sich von selbst, zumal sich beispielsweise der Nachteil geringerer
Fläche ohne weiteres durch eine bevorzugte Lage ausgleichen lässt. Nichts
anderes ist denn auch der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu entnehmen,
wonach der Miteigentumsanteil keineswegs genau der räumlichen Aufteilung
der Sonderrechte entsprechen müsse (BGE 103 II 111 E. 3a; vgl. auch BESSON,
in ZBGR 47/1966, S. 352).

    c) In der Praxis hat sich eine ganze Reihe verschiedener
Vorgehensweisen zur Ermittlung der Wertquoten herausgebildet, ohne
dass eine davon objektive Richtigkeit und ausschliessliche Geltung für
sich beanspruchen könnte (vgl. etwa die Beispiele bei KURT MÜLLER, Der
Verwalter von Liegenschaften mit Stockwerkeigentum, Zürcher Diss., 1965,
S. 170 ff.; FRITZ SCHMID, Die Begründung von Stockwerkeigentum, Zürcher
Diss., 1972, S. 94 ff.; WEBER, aaO, S. 148 f.; MAX MONTCHAL, La propriété
par étages, undatiert, S. 25 ff.; WERNER ROMANG, Stockwerkeigentum
in Recht und Praxis, Aktuelles Handbuch, Stand Dezember 1989, Teil 8,
Kap. 4.4, S. 2). Das hat seinen Grund darin, dass mit Ausnahme einer
Quotenermittlung einzig aufgrund von Flächen- oder Rauminhalten durchwegs
auch Faktoren (z.B. Lage der einzelnen Räume, Zugänglichkeit, Aussicht,
Immissionen) miteinbezogen werden, für deren Gewichtung es keine objektiven
Bemessungskriterien geben kann. Ausschlaggebend für die Festlegung der
Wertquoten sind somit nicht nur solche Kriterien, die in ihrer Rangfolge
klar erfasst werden können, sondern in aller Regel auch die subjektiven
Wertungen und das Ermessen der Beteiligten (vgl. FRIEDRICH, SJK Nr. 1302,
S. 4, sowie MEIER-HAYOZ/REY, aaO, N. 20 zu Art. 712e und WEBER, aaO,
S. 148; zum deutschen Recht, vgl. WEITNAUER, Wohnungseigentumsgesetz
(WEG), 7. A. München 1988, N. 1a zu § 16, S. 285).

Erwägung 6

    6.- a) Ein Irrtum im Sinne von Art. 712e ZGB setzt angesichts des
bisher Dargelegten regelmässig voraus, dass der bei der Quotenfestlegung
verwendete Bewertungsmassstab versehentlich unzutreffend gehandhabt worden
ist oder aber auf irrtümlichen Grundlagen beruht. Einigkeit besteht
auch darüber, dass ein solcher Irrtum auf jeden Fall wesentlich sein
muss. Erforderlich ist demnach, dass ein Festhalten an der ursprünglichen
Wertquote den betroffenen Eigentümer benachteiligen und im Vergleich zu
den anderen Beteiligten schlechterstellen würde, so dass ein Festhalten
an der ursprünglichen Regelung gegen Treu und Glauben verstossen müsste
(vgl. MEIER-HAYOZ/REY, aaO, N. 24 zu Art. 712e; WEITNAUER, aaO, N. 27a zu §
3 WEG).

    Die Geltendmachung des in Art. 712e Abs. 2 ZGB dergestalt
verankerten Irrtumstatbestandes setzt nun aber die Kenntnis der bei der
ursprünglichen Quotenfestlegung verwendeten Kriterien zwingend voraus
(vgl. MEIER-HAYOZ/REY, aaO, N. 28/29 zu Art. 712e; REY, in ZBGR 60/1979,
S. 131 f., beide im Zusammenhang mit der nachträglichen Veränderung der
Verhältnisse). Nur so lässt sich beurteilen, ob die verschiedenen Anteile
eine gleichmässige Behandlung erfahren haben, inwieweit einzelne davon
versehentlich falsch bewertet worden sind, oder ob der Bewertungsmassstab
als solcher auf irrtümlichen Grundlagen beruht. Ein Unterfangen, das
angesichts des subjektiven Ermessens, welches bei der Quotenfestlegung
in erheblichem Masse mitspielen kann, ohnehin schwierig genug bleibt.

    b) Die Ansicht des Klägers, wonach sich jede objektiv unrichtige
Festlegung der Wertquoten als irrtümlich erweise, ist somit schon
in ihrem Ansatz verfehlt. Dabei wird verkannt, dass das Ermessen
der Beteiligten in aller Regel eine gewichtige Rolle spielt. Was als
allfälliges Missverhältnis erscheinen könnte oder möchte, muss sich
daher nicht notwendigerweise als Irrtum entpuppen. Daher muss auch die
Vorstellung des Klägers, mittels Expertise nicht nur die Unrichtigkeit der
angefochtenen Quote gemessen an sämtlichen objektiven Bewertungsmassstäben
dartun zu wollen, sondern gleichzeitig auch zwingend zum Nachweis eines
Irrtums im Sinne von Art. 712e Abs. 2 ZGB zu gelangen, von vornherein
als unzutreffend bezeichnet werden.

    Bedarf es somit aber bereits zur Erkennbarkeit des Irrtums oder
der Unrichtigkeit im Sinne von Art. 712e Abs. 2 ZGB notwendigerweise
der Kenntnis der den Wertquoten zugrundeliegenden Bewertungsfaktoren,
ist vom Thurgauer Obergericht kein Bundesrecht verletzt worden, wenn es
den Anspruch des Klägers als unzureichend substantiiert erachtet hat.

Erwägung 7

    7.- Als unbegründet muss sich die Berufung auch insoweit erweisen,
als dem Obergericht vorgeworfen wird, sich ohne die erforderlichen
Sachkenntnisse zu den der Quotenermittlung zugrundegelegten
Bewertungsfaktoren und deren Gewichtung geäussert zu haben. Das
Obergericht hat sich diesbezüglich an das Bezirksgericht angelehnt,
das - nach Durchführung eines Augenscheins - festgehalten hat, die
Sonderbehandlung, welche die Wohnung des Klägers mit Bezug auf die
Quotenfestlegung erfahren habe, lasse sich in Anbetracht der höheren
Wohnqualität und der grossen Dachterrasse mit freier Aussicht sachlich ohne
weiteres rechtfertigen. Die kantonalen Instanzen haben im übrigen diese
auf die allgemeine Lebenserfahrung abgestützte Begründung nur ersatzweise
beigezogen, um damit zu untermauern, wie wichtig es für die Beurteilung
nach Art. 712e Abs. 2 ZGB ist, über die ursprünglichen Bewertungsfaktoren
Bescheid zu wissen. Dagegen ist nichts einzuwenden und insbesondere auch
unter Berufung auf fehlendes Fachwissen nicht anzukommen.

Erwägung 8

    8.- Zusammenfassend ergibt sich somit, dass das Obergericht des Kantons
Thurgau Art. 8 und 712e Abs. 2 ZGB nicht verletzt hat. Die Berufung ist
daher abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.