Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 116 II 365



116 II 365

66. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 12. Juli 1990 i.S.
Beiersdorf Aktiengesellschaften gegen Genossenschaft Migros Bern (Berufung)
Regeste

    Unlauterer Wettbewerb; Nachahmung einer Produkteausstattung (Art. 2,
3 lit. d UWG).

    1. Rechtsschutzinteresse am Unterlassungsanspruch (E. 2).

    2. Verwechselbarkeit im Sinne von Art. 3 lit. d UWG; massgebend ist
der Gesamteindruck (E. 3a, E. 4a).

    3. Wann fallen unlautere Wettbewerbshandlungen unter die Generalklausel
gemäss Art. 2 UWG? (E. 3b).

    4. Verwechslungsgefahr zwischen Kosmetikprodukten bei ähnlicher
Produkteausstattung?

Sachverhalt

    A.- Die Beiersdorf AG in Hamburg und ihre Tochtergesellschaft,
die Beiersdorf AG in Münchenstein, vertreiben unter der Marke NIVEA
Kosmetikprodukte. Sie werfen der Genossenschaft Migros Bern, welche
unter der Marke JANA Produkte derselben Warenkategorie vertreibt, vor,
ihre Warenausstattungen nachzuahmen, und dadurch unlauteren Wettbewerb
zu betreiben.

    B.- Mit Klage vom 30. April 1987 verlangten die Beiersdorf
Aktiengesellschaften, der Genossenschaft Migros sei unter Strafandrohung
zu verbieten, Reinigungsmilch und Gesichtstonic in bestimmten Flaschen
anzubieten, zu verkaufen oder sonst in Verkehr zu bringen.

    Das Handelsgericht des Kantons Bern wies die Klage am 8. März 1989
ab. Das Bundesgericht weist die Berufung der Klägerinnen ab, soweit es
darauf eintritt, und bestätigt das angefochtene Urteil.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) 1982 brachten die Klägerinnen eine neue Produktegruppe
"NIVEA-visage" auf den schweizerischen Markt. Die Produkte Reinigungsmilch
und Gesichtstonic wurden in einheitlich geformten Flaschen von ca. 17 cm
Höhe und ovalem Querschnitt mit rundem, dunkelblauem Schraubverschluss
vertrieben. Beide trugen das identische Markenemblem mit weissem Schriftzug
"NIVEA-visage" in dunkelblauem Oval und federförmig auslaufendem,
dunkelblau-hellblau-silberfarbenem Rand. Unterschiedlich gehalten waren
die Farbtöne der Flaschen, weiss für die Reinigungsmilch und rosa
für das Gesichtstonic, die Warenbezeichnungen "Reinigungsmilch/Lait
démaquillant" bzw. "Gesichtstonic ohne Alkohol/Tonique facial sans
alcool", die Produktanpreisungen auf den Flaschenrückseiten. Dort fand
sich ebenfalls der Herkunftshinweis "Beiersdorf-Doetsch, Grether AG".

    Die Beklagte ihrerseits vertreibt seit 1963 eine entsprechende
Produktegruppe unter der Marke "JANA". In den Jahren 1980 bis 1985
erweiterte sie diese Gruppe und gestaltete sie gleichzeitig neu. Im
April 1985 brachte sie Reinigungsmilch und Gesichtstonic in der heute
beanstandeten Ausstattung auf den Markt. Die Produkte werden in Flaschen
von ca. 13,5 cm Höhe angeboten, deren Querschnitt rechteckig mit oval
ausgebuchteten Breitseiten gehalten ist. Die Flaschen verfügen ebenfalls
über einen dunkelblauen, runden, gegenüber den Produkten der Klägerin
aber abweichend geformten und unten weissumrandeten Schraubverschluss.
Identisch zu den Produkten der Klägerin ist die weisse (Reinigungsmilch)
und rosarote (Gesichtstonic) Einfärbung der Flaschen. Unterschiedlich
wiederum sind deren Kennzeichnungen, sowohl hinsichtlich des Markenemblems
(dunkelblauer Schriftzug "JANA-BEAUTY" in weissem, geschlossenem Oval mit
dunkelblauem Rand) wie der beschreibenden Produktangaben. Die Flaschen
enthalten auf der Rückseite ebenfalls einen Herkunftshinweis ("MIBELLA
AG, Buchs/AG, Produktionsbetrieb der MIGROS") und tragen zudem das
firmenübliche Kennzeichen "M".

    1988 änderten die Klägerinnen ihre Warenaustattung.

    b) Nach den auf Beweiswürdigung beruhenden und damit für
das Bundesgericht verbindlichen tatsächlichen Feststellungen des
Handelsgerichts kam die Beklagte im Jahre 1985 mit der Aufmachung ihrer
Produkte nicht zufällig und unabsichtlich, sondern ganz bewusst in die
Nähe der analogen Produkte der Klägerinnen.

    Das Handelsgericht verneint einen gegenwärtigen und prospektiven
Ausstattungsschutz der von den Klägerinnen bis zum Jahre 1988 vertriebenen
Produkte. Zwar sei für Deckel- und Flaschenform sowie Markenemblem eine
gewisse Originalität zu bejahen, doch seien anderseits die verwendeten
Farben gemeinfrei, und überdies könne der Beklagten aus ästhetischen
Gründen nicht zugemutet werden, auf eine Einfärbung ihrer Flaschen zu
verzichten. Die durch aufwendige Werbung bewirkte Verkehrsgeltung der
Produkte der Klägerinnen in der ursprünglichen Aufmachung sei mit der
neuen Formgebung verloren gegangen, so dass für diese Ausstattung kein
Rechtsschutz mehr beansprucht werden könne. Verneint wird überdies eine
von den Produkten der Beklagten ausgehende Verwechslungsgefahr.

    c) Die Klägerinnen halten die Nachahmungsabsicht der Beklagten für
erstellt und entscheidend. Sie berufen sich auf eine funktionelle Anwendung
der Bestimmungen des Wettbewerbsrechts und leiten daraus unlautere
Wettbewerbshandlungen durch Verletzung der gesetzlichen Generalklausel,
durch Herbeiführung einer unzulässigen Verwechslungsgefahr im engeren
und weiteren Sinn sowie durch schmarotzerische Rufausbeutung ab.

Erwägung 2

    2.- Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Rechtsschutzinteresse
der Klägerinnen am Unterlassungsanspruch trotz geänderter eigener
Ausstattung nicht entfallen. Gegenstand der rechtlichen Beurteilung ist
die Behauptung, die bewusste Annäherung an fremde Ausstattung führe
zu einer Verwechslungsgefahr im engeren oder weiteren Sinn, zu einer
Herkunftstäuschung, und stelle eine schmarotzerische Rufausbeutung dar,
was sie unter funktionellem Wettbewerbsverständnis als unlauter erscheinen
lasse und damit Anspruch auf Einstellung des wettbewerbswidrigen Verhaltens
gebe. An der Bestätigung dieser Rechtsbehauptung aber haben die Klägerinnen
unverändert ein nach vernünftigem Ermessen wesentliches Interesse
(BGE 103 II 214 mit Hinweis; KUMMER, Grundriss des Zivilprozessrechts,
4. Aufl. 1984, S. 105).

Erwägung 3

    3.- Nach der Generalklausel von Art. 2 UWG ist unlauter und
widerrechtlich jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz
von Treu und Glauben verstossende Verhalten oder Geschäftsgebaren,
welches das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und
Abnehmern beeinflusst.

    Nach dem Spezialtatbestand von Art. 3 lit. d UWG handelt insbesondere
unlauter, wer Massnahmen trifft, die geeignet sind, Verwechslungen mit
den Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines anderen
herbeizuführen.

    a) Art. 3 lit. d UWG setzt wie Art. 1 Abs. 2 lit. d aUWG voraus,
dass die Ware eines Konkurrenten wegen ihrer äusseren Ausstattung für
das bereits auf dem Markt befindliche Erzeugnis eines andern gehalten
werden kann. Ob eine solche Verwechselbarkeit zweier Erzeugnisse vorliege,
ist nach dem Gesamteindruck zu beurteilen, den sie dem kaufenden Publikum
bieten (BGE 108 II 329 E. 4 mit Hinweis). Widerrechtlich ist demzufolge die
Nachahmung kennzeichnungskräftiger Warenformen (DAVID, Die Gerichtspraxis
zur sklavischen Nachahmung von Warenformen, SMI 1983/2, S. 9 ff., 16 ff.).

    Nicht erforderlich ist dabei eine warenbezogene Verwechselbarkeit; es
reicht aus, wenn sie das Unternehmen als solches zum Gegenstand hat (BGE
87 II 38 mit Hinweisen; vgl. auch DUTOIT, SMI 1984, S. 367 ff.). Unlauter
kann sodann auch die bloss mittelbare oder indirekte Verwechselbarkeit
sein, indem beim Publikum der Eindruck erweckt wird, die verwechselbar
gekennzeichneten oder ausgestatteten Waren stammten aus Betrieben, welche
wirtschaftlich eng verbunden seien (BGE 114 II 111, 102 II 126).

    b) Ist eine Verwechslungsgefahr im Sinne dieser Bestimmung zu
verneinen, kann die Nachahmung fremder Warenausstattung oder die
Annäherung daran unter den Anwendungsbereich der wettbewerbsrechtlichen
Generalklausel fallen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass nach
ständiger Rechtsprechung die blosse Nachahmung einer fremden Ware oder
deren Ausstattung für sich allein wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden
ist, sofern letztere keine Kennzeichnungskraft besitzt, um ihre Herkunft
von gleichartigen Erzeugnissen anderer Konkurrenten zu unterscheiden,
oder die kennzeichnungsfähige Form oder Marke keinen spezialgesetzlichen
Schutz (mehr) geniesst (BGE 113 II 312 E. 5 und 321 E. 3b, je mit
Hinweisen). Die Nachahmung einer Ware kann ferner insbesondere durch deren
Herstellungsweise oder Gebrauchszweck technisch bedingt und schon deshalb
gerechtfertigt sein. Anders verhält es sich nur, wenn besondere Umstände
ein solches Vorgehen gleichwohl als wettbewerbswidrig erscheinen lassen
und daher die Anwendung der Generalklausel rechtfertigen (BGE 108 II
331 E. 5 mit Hinweisen). Diese besonderen Umstände können im unkorrekten
oder hinterlistigen Verhalten liegen, durch welches der Nachahmer an die
nachgeahmten Gegenstände gekommen ist (BGE 113 II 321 E. 3b mit Hinweisen),
im systematischen oder raffinierten Vorgehen, aus dem guten Ruf seines
Konkurrenten Nutzen zu ziehen, in der schmarotzerischen Ausbeutung dieses
Rufes (BGE 113 II 201/2 mit Hinweisen) oder in der Nachahmung einer
Warenform ohne Kennzeichnungskraft, wenn ohne Änderung der technischen
Konstruktion und ohne Beeinträchtigung des Gebrauchszwecks eine andere
Gestaltung möglich und zumutbar wäre (BGE 93 II 280 E. 6 mit Hinweisen;
DAVID, aaO, S. 19).

    Ein systematisches und damit unlauteres Vorgehen liegt nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung namentlich vor, wenn der Nachahmer sich
an eine Vielzahl von Modellen, an eine ganze Serie von Produkten eines
Konkurrenten heranmacht (BGE 113 II 202, 104 II 334 E. c) oder eine Reihe
von Einzelheiten nachahmt, wodurch bei mosaikartiger Gesamtbetrachtung eine
Verwechslungsgefahr entsteht (BGE 103 II 216), sofern der Nachahmer dieser
nicht gleichzeitig vorbeugt (BGE 108 II 333). Von dieser Rechtsprechung
abzuweichen, besteht keine Veranlassung.

    Unlauterer Wettbewerb setzt weder bösen Glauben noch Verschulden,
sondern bloss ein objektiv gegen Treu und Glauben verstossendes
Verhalten voraus (BGE 104 II 59 E. 2). Dabei ist nicht zu verkennen,
dass planmässiges Vorgehen regelmässig eine Behinderungs- oder
Ausbeutungsabsicht umfasst; unerlässliches Tatbestandsmerkmal einer
unlauteren Wettbewerbshandlung bildet aber solches Vorgehen nicht. Neben
der systematischen Annäherung an eine Vielzahl von Konkurrenzprodukten
kann auch die Annäherung an ein Einzelprodukt unlauter sein (BGE 103 II
211). Sofern hier die Unlauterkeit nicht bereits aus einer treuwidrigen
Warenbeschaffung folgt (BGE 113 II 321 E. 3b mit Hinweisen), ist
massgeblich auf das Kriterium der Raffinesse abzustellen (BGE 113 II 202).
Bezieht sich die Nachahmung auf ein qualitätsbezogenes Ausstattungselement,
ist erforderlich, dass sich die Gütevorstellung aus dem nachgeahmten
Produkt selbst ergibt und sich nicht bloss aus einer an sich gemeinfreien
Form, einem bestimmten Material oder einer Farbe ohne Kennzeichnungskraft
ableitet.

Erwägung 4

    4.- Unlauterer Wettbewerb der Beklagten setzt sowohl nach Massgabe
der Generalklausel als auch des Spezialtatbestandes von Art. 3 lit. d
UWG eine Verwechslungsgefahr voraus. Ist eine solche zu verneinen, hat
die Ausstattung ihrer Produkte wettbewerbsrechtlich unter der einen
wie der andern Norm unbeanstandet zu bleiben, und erübrigt sich eine
Auseinandersetzung mit den Streitfragen einer Kennzeichnungskraft der
klägerischen Produktausstattung, des Vorliegens besonderer Umstände im
Sinne eines schmarotzerischen Vorgehens der Beklagten und der Bedeutung
der geänderten Warenausstattungen der Klägerinnen. Die Verwechslungsgefahr
ist daher vorab zu prüfen.

    a) Der wettbewerbsrechtliche Begriff der Verwechselbarkeit entspricht
inhaltlich demjenigen des Markenrechts (BGE 107 II 363; DAVID, aaO,
S. 17; TROLLER, Immaterialgüterrecht, Band II, 3. Aufl. 1985, S. 932
f.). Erforderlich ist eine Täuschungsgefahr beim Publikum, dessen
Irreführung (BGE 86 II 279). Entscheidend ist, ob das Publikum Gefahr
läuft, die nachgebildeten Produkte mit denjenigen des Konkurrenten zu
verwechseln oder diesem zuzurechnen (TROLLER, aaO, sowie S. 658). Dabei
genügt bereits die Gefahr einer indirekten oder mittelbaren Verwechslung
(E. 3a hievor).

    Auch bei Ausstattungen gelten die Grundsätze, dass die
Verwechselbarkeit nach dem Gesamteindruck und der Aufmerksamkeit und
Wahrnehmungsfähigkeit des Durchschnittskäufers zu beurteilen ist und dass
das Erinnerungsbild, nicht das gleichzeitige Vergleichen entscheidet
(BGE 114 II 374 E. 1, 108 II 329 E. 4, je mit Hinweisen; TROLLER, aaO,
S. 932 in Fn. 195).

    b) In der Formgebung weisen die Produkte der Beklagten wesentliche
Unterschiede zu denjenigen der Klägerinnen auf. Während die NIVEA-Flaschen
schlank und hochformatig gehalten sind, wirken die JANA-Flaschen
gedrungen und trotz gleichem Inhalt kleiner. Unterschiedlich geformt
sind ebenfalls die jeweiligen Verschlusskappen. Wären die beiden Formen
in einem Modellvergleich zu beurteilen, könnte von einer Nachahmung
in der Form nicht die Rede sein. Damit entfällt insoweit auch eine
wettbewerbsrechtliche Verwechslungsgefahr (BGE 113 II 83/4).

    Keine Verwechslungsgefahr geht sodann von den Markenemblemen
der Produkte aus. Die beiden Wort-/Bildmarken "NIVEA-visage" und
"JANA-Beauty" unterscheiden sich wesentlich, und zwar sowohl im Wort-
wie im Bildteil. Die Wortkennzeichen sind nicht verwechselbar, ebensowenig
die Bildembleme in ihrer unterschiedlichen Gestaltung und Farbgebung.

    Weitgehend identisch sind demgegenüber die Farben der einzelnen
Flaschen, weiss für Reinigungsmilch und rosa für Gesichtstonic
sowie der dunkle Blauton der Drehverschlüsse, wobei diejenigen der
JANA-Produkte mit einem weissen Abschlussrand versehen sind. Dieser wirkt
allerdings im farbbezogenen Gesamteindruck nicht als hervorstechendes
Unterscheidungsmerkmal, jedenfalls nicht im Erinnerungsbild.

    c) Entgegen der Auffassung der Klägerinnen ist für den Gesamteindruck
der vorliegenden Produkte deren Farbe oder Farbkombination nicht
ausschlaggebend. Bei Konsumgütern des täglichen Bedarfs, wozu auch
Kosmetika, jedenfalls der hier in Frage stehenden Art, zu zählen sind,
kommt vorab der Namensangabe besonderes Gewicht zu, weil der Konsument im
allgemeinen zwischen den verschiedenen Produkten sehr wohl zu unterscheiden
weiss und sich ein Kosmetikprodukt in erster Linie nach dem Namen des
Herstellers merkt. Es verhält sich hier nicht anders als bei Schokoladen,
für welche das Bundesgericht ebenfalls die Namensangabe als ausschlaggebend
erachtet hat (BGE 95 II 195). Ebenso hat es bei Schmuck- oder Modeartikeln
die unterscheidungskräftige Markenangabe als ausschlaggebend erachtet (BGE
105 II 301 E. 4a; vgl. die Kritik an dieser Rechtsprechung bei DUTOIT,
Réflexions comparatives sur la concurrence parasitaire en droit de la
concurrence déloyale, Jdt 1982, S. 258 ff., 267 f., TROLLER, aaO, Bd. I,
S. 443 Fn. 27 und Bd. II, S. 932 Fn. 195). Kosmetische Reinigungsmilch und
Gesichtstonic werden in erster Linie nach ihrem Duft und ihrer Wirksamkeit
beurteilt und bevorzugt. Diese Qualitäten verbindet der Konsument nach der
allgemeinen Lebenserfahrung nicht mit einer bestimmten Ausstattung, sondern
mit einer bestimmten Herkunftsbezeichnung. Die unterscheidungskräftige
und auf der Ware unübersehbar angebrachte Marke der Beklagten schliesst
daher, zusätzlich in Verbindung mit der eigenständigen Warenform, eine
wettbewerbsrechtliche Verwechslungsgefahr trotz identischer Farbgebung
aus. Damit entfällt insoweit auch der Vorwurf unlauteren Wettbewerbs.

    d) Ungeachtet der verneinten Verwechslungsgefahr der Gesamtausstattung
liesse sich fragen, ob allenfalls unlauterer Wettbewerb gegeben wäre,
wenn die Beklagte die übernommene Farbkombination problemlos, ohne
technische oder ästhetische Einbusse und mit zumutbarem wirtschaftlichem
Aufwand ändern könnte (vgl. BGE 83 II 158 E. 3). Ob sich eine
solche Betrachtungsweise allenfalls unter funktioneller Auslegung
des Wettbewerbsrechts rechtfertigen würde, kann offenbleiben. Wie
die Vorinstanz zutreffend festhält, drängt sich die Einfärbung der
Kosmetika-Flaschen aus ästhetischen Gründen auf. Die Verwendung einer
milchig-weissen Flasche für das Angebot eines als Reinigungsmilch
bezeichneten Produkts sei gemeinfrei und die Verwendung von
Pastellfarben für Kosmetikprodukte allgemein gebräuchlich. Zudem
ist nach den Feststellungen des Handelsgerichts die Verwendung
der rosaroten Farbe für Gesichtstonic verbreitet und hat auch die
Beklagte in früheren Jahren solche Produkte bereits in entsprechender
Aufmachung vertrieben. Schliesslich haben die Parteien bereits 1982 einen
gerichtlichen Vergleich über Produktausstattungen geschlossen, welcher
jedenfalls bei objektiver Leseart den Eindruck erweckt, die Beklagte habe
sich im Einvernehmen mit den Klägerinnen die künftige Verwendung blauer
Flaschendeckel ausdrücklich vorbehalten. Damit aber entfällt auch bei
funktioneller Betrachtungsweise der Vorwurf eines treuwidrigen Verhaltens.

    Dass die Beklagte sich ihrer Annäherung an die Produkte der Klägerinnen
bewusst war, schadet ihr unter den gegebenen Umständen nicht. Die
Angleichung in der Farbwahl erfüllt mangels Verwechslungsgefahr die
Voraussetzungen einer Rufausbeutung nicht.

    e) Eine indirekte Verwechslungsgefahr erblicken die Klägerinnen
schliesslich darin, dass die Annäherung der Produktausstattung beim
Publikum den unerwünschten Eindruck eines zweigleisigen Vertriebs von
Markenartikeln, im Sinne des Vertriebs des einheitlichen Produkts unter
zwei oder mehreren Marken, erwecken könnte.

    Die fehlende Verwechslungsfähigkeit der in Frage stehenden Produkte
schliesst indessen auch in dieser Richtung unlauteren Wettbewerb
aus. Zusammen mit dem ebenfalls auf den Flaschen angebrachten
Herkunftshinweis auf einen Produktionsbetrieb der MIGROS wird der
aufmerksame Käufer nicht zur Annahme verleitet, beide Produkte
stammten letztlich von den Klägerinnen. Ob er allenfalls auf einen
verdeckten zweigleisigen Vertrieb (REINHARD OERTLI, Zweigleisiger
Vertrieb von Markenartikeln, Diss. Zürich 1988, S. 102) schliesst, ist
wettbewerbsrechtlich jedenfalls bedeutungslos, wenn der Konkurrent durch
eindeutige Herkunftsangaben, wie sie hier gegeben werden, einer solchen
Zurechnungsgefahr vorbeugt.