Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 116 II 331



116 II 331

60. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 22. Juni 1990 i.S. J.
Eisenring AG gegen Staat Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Einspruch gegen den Kaufvertrag über eine landwirtschaftliche
Liegenschaft (Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG).

    Begriff der Spekulation im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG (E. 3a);
der übersetzte Preis gilt als wesentlicher Anhaltspunkt für das Vorliegen
von Spekulationsabsicht (E. 3b, c).

Sachverhalt

    A.- Mit Vertrag vom 16. Juni 1987 verkaufte Agnes B. der J.  Eisenring
AG das in der Gemeinde Hittnau gelegene Grundstück Kat. Nr. 2788 mit
einer Fläche von 176,12 Aren. Als Verkaufspreis vereinbarten die Parteien
ein Entgelt von Fr. 710'000.--, was einem Quadratmeterpreis von etwa
Fr. 40.-- entspricht. Laut den Angaben im Vertrag befinden sich ungefähr
50 Aren dieses Grundstückes in der Reservezone, während der übrige
Teil in der Landwirtschaftszone liegt. Gegen diesen Kaufvertrag erhob
das Landwirtschaftsamt des Kantons Zürich am 16. Juli 1987 Einspruch
wegen Spekulation im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes
vom 12. Juni 1951 über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes
(EGG). Das Landwirtschaftsgericht des Kantons Zürich schützte diesen
Einspruch mit Urteil vom 9. Oktober 1989. Dagegen hat die J. Eisenring AG
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht erhoben. Sie verlangt
die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Beseitigung des vom
Landwirtschaftsamt erhobenen Einspruchs. Mit Eventualbegehren wird die
Rückweisung der Sache zur weiteren Abklärung an die Vorinstanz beantragt.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- a) Was unter offensichtlicher Spekulation im Sinne von Art. 19
Abs. 1 lit. a EGG zu verstehen ist, beurteilt sich nach Sinn und Zweck des
landwirtschaftlichen Bodenrechts, wobei die gesamten Umstände des konkreten
Falles zu berücksichtigen sind. Das EGG will unter anderem den bäuerlichen
Grundbesitz als Träger eines gesunden und leistungsfähigen Bauernstandes
schützen und die Bodennutzung fördern (vgl. Art. 1 EGG). Damit dieses
Ziel erreicht werden kann, muss verhindert werden, dass landwirtschaftlich
genutzter Boden - in der Regel unter Bezahlung eines entsprechend höheren
Preises - zu anderen als landwirtschaftlichen Zwecken erworben wird. Im
Gegensatz zu den weiteren Tatbeständen von Art. 19 Abs. 1 EGG (lit. b
und c) gilt der Einspruchsgrund der Spekulation bzw. des Güteraufkaufs
(lit. a) in dem Sinne uneingeschränkt, als keine Rechtfertigungsgründe
vorbehalten sind. Sofern demnach das zu beurteilende Geschäft den
Tatbestand des Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG erfüllt, müssen die Interessen
der Beschwerdeführerin zum vornherein unerheblich bleiben (vgl. BGE 115
II 173; 114 II 168 E. 1).

    Die Rechtsprechung hat Spekulation im Sinne der
Landwirtschaftsgesetzgebung bejaht, wenn der Erwerb eines Grundstückes
im Hinblick auf einen Gewinn angestrebt wird, wie er durch die
landwirtschaftliche Nutzung nicht erzielt werden könnte. Dieser Gewinn
mag durch die Weiterveräusserung innert kurzer Zeit oder durch andere
Verwendung des bisher landwirtschaftlich genutzten Bodens erreicht
werden. Selbst wenn zwischen dem in Frage stehenden Rechtsgeschäft und
dem verpönten Erfolg nur ein mittelbarer Zusammenhang besteht, muss dies
gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG zur Anerkennung des Einspruchs führen
(vgl. angeführte BGE, aaO, mit Hinweisen).

    b) Die Vorinstanz hat den wegen offensichtlicher Spekulation im Sinne
von Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG erhobenen Einspruch im Einklang mit der
Rechtsprechung und mit sorgfältiger Begründung zu Recht geschützt. Was
die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, überzeugt nicht. So kann
insbesondere nicht beanstandet werden, wenn bei der Beurteilung
eines Geschäftes auch auf die Höhe des vereinbarten Preises abgestellt
wird. Das Bundesgericht hat dieses Vorgehen namentlich in seinen jüngeren
Entscheiden stets geschützt, indem es im übersetzten Preis wenigstens ein
wesentliches Indiz für das Vorliegen von Spekulationsabsicht erblickt hat
(vgl. zuletzt den Entscheid der erkennenden Abteilung vom 3. April 1990
i.S. W. u. R.-Immobilien c. Staat Zürich, E. 4b). Es trifft zwar zu, dass
das EGG - anders als der Entwurf zu einem neuen bäuerlichen Bodenrecht -
das Kriterium des übersetzten Preises als selbständigen Einsprachegrund
nicht kennt (vgl. Art. 64 lit. c und 65 BGBB, in BBl 1988 III 1128, sowie
die dazugehörende Botschaft des Bundesrates, ebenfalls in BBl 1988 III
1040). Dies entspricht der Absicht des Gesetzgebers, der bislang mit
der landwirtschaftlichen Sondergesetzgebung keine direkte staatliche
Preiskontrolle verbunden haben wollte (vgl. BGE 110 II 217 f.). Dennoch
liegt es in der Natur der Sache, dass die Absprache eines unangemessen
hohen Preises als wesentlicher Anhaltspunkt für die Absicht des Erwerbers,
den derart erworbenen Boden einer gewinnbringenderen Nutzung zuzuführen
als jener durch den Landwirt, beachtet werden muss (BGE 115 II 174). Zum
andern hat die Rechtsprechung wiederholt festgehalten, dass mit dem
EGG gerade auch die Überbezahlung landwirtschaftlich nutzbaren Bodens
verhindert werden soll (BGE 115 II 386 E. 6b; 116 II 171 E. 4).

    In diesem Zusammenhang gilt es zu beachten, dass sich heute mit
Bezug auf den landwirtschaftlichen Boden eine äusserst vielschichtig
zusammengesetzte Käuferstruktur (Landwirte, öffentliche Hand, juristische
Personen etc.) ausmachen lässt. Die Preisbildung verläuft dabei -
je nach Käufergruppe - nach wesentlich anderen Gesichtspunkten, wobei
erfahrungsgemäss die von Kies- und Bauunternehmern bezahlten Preise
regelmässig deutlich über denjenigen der Landwirte liegen. Auffallen muss
sodann, dass heute der durchschnittliche Verkehrswert landwirtschaftlicher
Grundstücke bereits dem 15-23fachen Ertragswert entspricht (vgl. dazu
HANS POPP/EMIL KÄLIN/ROGER SCHWARZENBACH, Der Bodenmarkt in der
Landwirtschaftszone, "Nutzung des Bodens in der Schweiz", Bd. 36,
Liebefeld/Bern 1989, S. 96 ff., 113 ff., 116). Soll demnach mit der
einschlägigen Gesetzgebung wirksam verhindert werden, dass der Landwirt vom
Bodenmarkt verdrängt wird, muss diesen Erkenntnissen gebührend Rechnung
getragen werden. Hiefür bleibt die Bezugnahme auf den Preis im Rahmen
von Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG ein wesentliches, unumgängliches Element.

    c) Das vorliegend zu beurteilende Veräusserungsgeschäft sieht ein
Entgelt von rund Fr. 40.-- pro Quadratmeter vor. Dieser Preis liegt nach
der Feststellung im angefochtenen Urteil selbst nach Berücksichtigung
der zwischenzeitlichen Preisentwicklung weit über dem, was im Kanton
Zürich in den Jahren 1985/86 erfahrungsgemäss für landwirtschaftliche
Grundstücke bezahlt wurde (vgl. dazu POPP/KÄLIN/SCHWARZENBACH, aaO,
S. 116). Ohne Belang muss in diesem Zusammenhang der Einwand der
Beschwerdeführerin bleiben, es handle sich beim erworbenen Boden um
vorzügliches Landwirtschaftsland; desgleichen vermag sie mit dem Hinweis
auf den von der Nachbargemeinde für Reservezonenland bezahlten Preis von
Fr. 300.-- pro Quadratmeter keine Vorteile für sich zu begründen. Was
sodann die bevorzugte Lage anbelangt, mag diese für die Preisbildung sehr
wesentlich sein, doch wird sich ein als Kaufinteressent auftretender
Landwirt deswegen nicht zur Bezahlung eines Preises von Fr. 40.--
pro Quadratmeter verleiten lassen, sofern er nicht selbst spekulative
Absichten hegt. Dieser Lage kommt insofern Bedeutung zu - was von der
Vorinstanz mit Recht hervorgehoben worden ist -, als es sich offenbar
um ziemlich gut erschlossenes Land handeln soll, welches teils in
der Reservezone liegt und im übrigen mehr oder weniger davon umgeben
ist. Nicht auszuschliessen ist deshalb, dass das fragliche Grundstück
bei einer kommenden Revision der Nutzungsplanung zu Bauland umgewandelt
wird. Für die Beschwerdeführerin, die sich als juristische Person gemäss
eigener Zugabe im Liegenschaftshandel und als Bauunternehmerin betätigt,
muss dieser Umstand - was durch den vereinbarten Preis klar angezeigt
wird - sehr erheblich gewesen sein. Es kann daher nicht beanstandet
werden, wenn das Landwirtschaftsgericht die versuchte Ausnützung
einer wohl ungewissen, aber dennoch nicht völlig auszuschliessenden
planungsrechtlichen Umwandlung für die Beurteilung der Spekulation als
entscheidend erachtet hat (vgl. bereits BGE 115 II 175).