Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 116 II 189



116 II 189

34. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 20. März 1990
i.S. X. AG gegen A. (Berufung) Regeste

    Versicherungsvertrag; Auslegung einer Ausschlussklausel bei einer
kollektiven Taggeldversicherung (Art. 33 VVG).

    Zigaretten gelten im täglichen Sprachgebrauch nicht als
Droge. Krankheiten, welche auf übermässigen Zigarettenkonsum zurückzuführen
sind, rechtfertigen keinen Versicherungsausschluss.

Sachverhalt

    A.- Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 30. März 1982 verpflichtete
sich die Arbeitgeberin, X. AG, A. gegen Lohnausfall während der ersten
vierundzwanzig Monate einer Krankheitsperiode zu versichern. Diese
Versicherung erfolgte im Rahmen einer Kollektiv-Taggeldversicherung. Nach
den von der Arbeitgeberin Ende 1984 abgeschlossenen neuen
Kollektivversicherungen war A. während der ersten zwölf Monate einer
Krankheitsperiode gegen Lohnausfall nicht mehr versichert.

    B.- Mit Klage vom 5. Mai 1987 ersuchte A. um Zuspruch von
Taggeldleistungen für die Monate Mai bis September 1986. Das Arbeitsgericht
Zürich hiess am 31. März 1988 die Klage gut. Nach Durchführung eines
Beweisverfahrens bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich am 3. Mai
1989 das erstinstanzliche Urteil. Die X. AG hat beim Bundesgericht
Berufung eingelegt. Das Bundesgericht weist die Berufung ab, soweit es
darauf eintritt, und bestätigt das angefochtene Urteil.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Das Obergericht führt aus, der Versicherer der Beklagten hätte
sich nicht auf Art. 5 Ziff. 3 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen
für die kollektive Taggeldversicherung, Ausgabe 1981, berufen können,
wonach Krankheiten, welche auf offensichtlich missbräuchliche Verwendung
von Medikamenten und Drogen zurückzuführen sind, von der Versicherung
ausgeschlossen sind, da Zigaretten nicht zu den Drogen zählten. Dagegen
wendet die Beklagte ein, der Kläger sei als übermässiger Raucher nicht
als krank, sondern als süchtig einzustufen.

    a) Gemäss Art. 33 VVG ist eine gefahrenbeschränkende Abrede nur
insofern wirksam, als sie einzelne Ereignisse in bestimmter, unzweideutiger
Fassung von der Versicherung ausschliesst. Ob diese Voraussetzung im
konkreten Falle erfüllt ist, beurteilt sich nach der Bedeutung, die den
verwendeten Wörtern im täglichen Sprachgebrauch üblicherweise zukommt
(BGE 104 II 283 E. 2 mit Hinweisen).

    b) Unter Drogen versteht man pflanzliche, tierische oder mineralische
Rohstoffe für Heilmittel, Stimulanzien oder Gewürze sowie Rauschgifte
(DUDEN, Das grosse Wörterbuch der deutschen Sprache, Marbach 1976,
S. 572; Der grosse Brockhaus, Wiesbaden 1978, S. 268). Als Drogen im
engeren Sinn werden jene Stoffe bezeichnet, die eine Abhängigkeit (Sucht)
erzeugen können (Rauschdrogen). Der Volksmund versteht unter Drogen
die Betäubungsmittel. Die Legaldefinition des Betäubungsmittelgesetzes
(SR 812.121) umschreibt die Betäubungsmittel als abhängigkeitserzeugende
Stoffe und Präparate. Weder das Betäubungsmittelgesetz noch die Verordnung
des Bundesamtes für Gesundheitswesen über die Betäubungsmittel und andere
Stoffe und Präparate (SR 812.121.2) zählen Zigaretten bzw. Nikotin zu den
Betäubungsmitteln oder den betäubungsmittelähnlichen Stoffen. Auch wenn
unbestritten ist, dass Zigaretten süchtig machen können, gelten sie im
täglichen Sprachgebrauch nicht als Droge und können deshalb auch nicht
unter Art. 5 Ziff. 3 der in Frage stehenden AVB subsumiert werden. Die
Rüge der Beklagten erweist sich somit als unbegründet.