Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 116 II 145



116 II 145

27. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. April 1990 i.S. K.
gegen W. AG (Berufung) Regeste

    Arbeitsvertrag: Rückruf von einem Auslandeinsatz; fristlose Auflösung;
Kündigungsfrist.

    - Wird ein Arbeitnehmer aufgrund eines vertraglichen Rückrufsrechtes
des Arbeitgebers vorzeitig von einem Auslandeinsatz zurückgerufen, so
entfällt sein Anspruch auf Zusatzleistungen des Arbeitgebers, die nur
für die Dauer des Auslandeinsatzes vereinbart waren (E. 5).

    - Fristlose Auflösung des Arbeitsvertrages aus wichtigen Gründen
(Art. 337 aOR). Setzt der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund, wenn er
eine unrichtige Spesenabrechnung abliefert? (E. 6).

    - Verbot unterschiedlicher Kündigungsfristen (Art. 336 Abs. 2 aOR). Ein
Verstoss dagegen liegt auch vor, wenn die in einer bestimmten Situation
geltende Kündigungsfrist zwar für beide Parteien gleich lang ist, aber
nur einer Partei das Recht zusteht, die Situation herbeizuführen, welche
die Anwendbarkeit dieser Kündigungsfrist begründet, während sonst eine
andere Frist oder eine feste Dauer des Vertragsverhältnisses gilt (E. 7).

Sachverhalt

    A.- Am 25. März 1983 schloss K. mit der W. AG einen Arbeitsvertrag auf
unbestimmte Zeit, beginnend am 1. Juli 1983, der durch einen "individuellen
Auslandvertrag" ergänzt wurde. Diese Zusatzvereinbarung, die einen
Arbeitseinsatz im Irak vorsah, sollte für die Zeit vom 17. Januar
1984 bis 16. Januar 1987 gelten. Im Arbeitsvertrag auf unbestimmte
Zeit wurde ein monatlicher Grundlohn von Fr. 3'700.-- vereinbart. Im
individuellen Auslandvertrag verpflichtete sich die Arbeitgeberin zu
einer Reihe zusätzlicher Leistungen, worunter eine Pauschalentschädigung
von SFr. 30.-- + 18'700.-- irakische Dinar pro Tag, die Stellung einer
geeigneten Unterkunft sowie die Übernahme der Reisekosten für den
Arbeitnehmer und seine Familie.

    K. reiste im Januar 1984 mit seiner Familie in den Irak und übte
dort die Funktion eines Experten "Progress Control" aus. Mit Schreiben
vom 29. Juli 1985 ordnete die Arbeitgeberin aus geschäftlichen Gründen
seine Rückkehr per 31. Dezember 1985 an. K. protestierte dagegen mit
Schreiben vom 1. Oktober und vom 15. November 1985 unter Hinweis auf die
Geltung des individuellen Auslandvertrages bis 16. Januar 1987. Im Dezember
1985 kehrte er mit seiner Familie aus dem Irak zurück. Am 3. Februar 1986
wurde er fristlos entlassen.

    B.- Mit Klage vom 2. September 1986 machte K. beim Arbeitsgericht
Zürich gegenüber der W. AG eine Forderung von Fr. 102'152.95 geltend, die
den Grundlohn für die Zeit vom 1. Januar 1986 bis 17. Januar 1987, einen
Teil der im individuellen Auslandvertrag vorgesehenen Zusatzleistungen
für den genannten Zeitraum sowie verschiedene Schadenersatzansprüche und
eine Genugtuung umfasste. Das Arbeitsgericht wies die Klage mit Urteil vom
3. August 1987 ab. Für die Zeit bis 3. Februar 1986 ging es davon aus,
dass der Kläger nur Anspruch auf den Grundlohn gemäss dem Arbeitsvertrag
auf unbestimmte Zeit habe, welchen Betrag die Beklagte bereits beglichen
habe. Ansprüche für die Zeit nach dem 3. Februar 1986 verneinte das
Gericht, da es die fristlose Entlassung für begründet erachtete. Auf
Berufung des Klägers bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich dieses
Urteil am 19. September 1988.

    C.- Das Bundesgericht weist die Streitsache in teilweiser Gutheissung
der vom Kläger eingelegten eidgenössischen Berufung zu neuer Entscheidung
im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

    4.- Grundlage der streitigen Ansprüche sind die gesetzlichen
Bestimmungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Art. 334
ff. OR), welche auf den 1. Januar 1989 teilrevidiert worden sind. Da das
Arbeitsverhältnis der Parteien am 3. Februar 1986 endete, ist auf den
vorliegenden Fall noch die alte Fassung dieser Bestimmungen anwendbar
(Art. 1 SchlT ZGB).

Erwägung 5

    5.- Der Kläger rügt, dass ihm die Vorinstanz für die Zeit vom 1. Januar
bis 3. Februar 1986 lediglich einen Lohnanspruch gemäss dem Arbeitsvertrag
auf unbestimmte Zeit mit einem Grundlohn von monatlich Fr. 3'860.--
zugestanden, einen Anspruch auf die zusätzlichen Leistungen gemäss dem
individuellen Auslandvertrag dagegen verneint hat.

    a) Der Kläger anerkennt zwar, dass die Beklagte berechtigt war,
ihn auch während der Dauer des individuellen Auslandvertrages von
seinem Einsatz im Irak zurückzubeordern. Er stellt sich jedoch auf den
Standpunkt, die Beklagte hätte den individuellen Auslandvertrag mit einer
festen Vertragsdauer bis 16. Januar 1987 nicht auf einen früheren Termin
kündigen dürfen. Die Beklagte kann sich für die Kündigung auf Ziffer
5.5 des betriebsinternen Reglementes für langfristige Auslandaufenthalte
stützen, wo bestimmt wird, dass der Auslandvertrag mit dem Angestellten
zu beenden oder durch einen neuen zu ersetzen sei, wenn die Rückkehr an
den Bestimmungsort zeitlich nicht absehbar oder gar nicht mehr vorgesehen
sei. Ob damit hinsichtlich des Zusatzvertrages ein gemäss Art. 336 Abs. 2
aOR unzulässiges einseitiges Kündigungsrecht zugunsten der Arbeitgeberin
begründet worden ist, wie dies der Kläger behauptet, kann offen bleiben,
wenn die im Auslandvertrag vorgesehenen zusätzlichen Leistungen auch nach
diesem selbst nur während der Dauer des Einsatzes im Ausland geschuldet
sind.

    b) Für die Beurteilung der Lohnansprüche des Klägers nach der Rückkehr
aus dem Irak ist die Vorinstanz davon ausgegangen, dass der Arbeitsvertrag
auf unbestimmte Zeit vom 25. März 1983, der individuelle Auslandvertrag
und das Reglement für langfristige Auslandsaufenthalte insgesamt die
zwischen den Parteien vereinbarte Regelung des Arbeitsverhältnisses
darstellen. In Auslegung dieser Vereinbarungen ist das Obergericht
zum Ergebnis gelangt, dass sich die finanziellen Ansprüche des Klägers
nach dem Arbeitsort richteten und die im individuellen Auslandvertrag
festgelegten zusätzlichen Leistungen nur zu erbringen waren, wenn und
solange der Kläger am ausländischen Arbeitsort tätig war.

    Der Kläger bringt in seiner Berufung nichts vor, was diese
Vertragsauslegung als bundesrechtswidrig erscheinen liesse. Die so
ausgelegten Vereinbarungen der Parteien berühren die Lohnzahlungspflicht
der Beklagten als solche nicht. Art. 324 OR verbietet entgegen der
Meinung des Klägers nicht zu vereinbaren, dass bei Rückberufungen auch aus
geschäftlichen Gründen, welche dem Unternehmerrisiko zuzurechnen sind, für
die Zeit ohne Einsatz im Ausland bestimmte Zulagen und Zusatzleistungen
wegfallen. Eine solche Regelung ist vielmehr sachgerecht und gedeckt
durch die Freiheit der Parteien bei der Festsetzung des Lohnes. Das
Obergericht hat dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar bis 3. Februar
1986 somit zurecht nur die Lohnansprüche gemäss dem Arbeitsvertrag auf
unbestimmte Zeit zugestanden.
   c) Daran vermögen auch die weiteren Vorbringen des Klägers nichts
   zu ändern:

    aa) Unerheblich ist der Hinweis des Klägers, ein Arbeitseinsatz in der
Schweiz wäre schon aus fremdenpolizeilichen Gründen nicht möglich gewesen.
Daraus lässt sich nicht ableiten, der Kläger hätte ohne Arbeitseinsatz
im Ausland Anspruch auf die Zusatzleistungen, welche nur für die Zeit
des Auslandeinsatzes vereinbart worden sind.

    bb) Das angefochtene Urteil enthält keine tatsächlichen Feststellungen,
aus welchen sich eine arglistige Irreführung des Klägers hinsichtlich
der Dauer seines Arbeitseinsatzes im Irak ergeben würde. Auch wenn
die Beklagte den Kläger nicht über die mit ihrem Kunden vereinbarte
Anpassungsklausel über die Dauer des "progress-controlling" orientiert
haben sollte, könnte ihr deswegen noch nicht die Verletzung einer ihr
obliegenden Aufklärungspflicht vorgeworfen werden. Selbst ohne den Bestand
einer solchen Anpassungsklausel musste der Kläger damit rechnen, dass der
Arbeitseinsatz in einem Land, das wie der Irak seit Jahren in kriegerische
Ereignisse verwickelt war, allenfalls aus irgendeinem äusseren Anlass
vorzeitig abgebrochen werden müsse.

    cc) Der Einwand der Übervorteilung scheitert schon an der
Nichteinhaltung der Jahresfrist gemäss Art. 21 OR.

    dd) Inwiefern die getroffene Vereinbarung sittenwidrig sein soll,
wie dies der Kläger in allgemeiner Form behauptet, wird in der Berufung
nicht im einzelnen dargelegt (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG) und ist auch
nicht ersichtlich.

Erwägung 6

    6.- Für die Zeit ab 3. Februar 1986 hat die Vorinstanz jegliche
Lohnansprüche des Klägers verneint, da sie dessen fristlose Entlassung
als begründet erachtete. Gemäss ihren Feststellungen hat der Kläger
am 14. Januar 1986 der Beklagten verschiedene Belege für Spesen im
Zusammenhang mit einer geschäftlichen Besprechung vom 7. Januar 1986 in
Zürich eingereicht, worunter eine Rechnung eines Restaurants in Horgen
im Betrag von Fr. 180.-- für zwei Übernachtungen mit Frühstück; weder der
Kläger noch seine Familie habe jedoch in diesem Restaurant übernachtet, da
dort gar keine Übernachtungsmöglichkeit bestehe. Ausserdem habe der Kläger
für die Fahrt von seinem vorübergehenden Aufenthaltsort in Deutschland nach
Zürich und zurück eine überhöhte Zahl von Fahrkilometern angegeben. Dieses
Verhalten wertete das Obergericht als krasse Unredlichkeit, welche die
fristlose Entlassung als gerechtfertigt erscheinen lasse.

    a) Ein Arbeitsverhältnis darf nur dann fristlos gekündigt werden,
wenn seine Fortsetzung dem Kündigenden nach Treu und Glauben nicht mehr
zugemutet werden kann (Art. 337 Abs. 1 und 2 aOR). Ob ein wichtiger Grund
in diesem Sinne vorliegt, entscheidet der Richter nach seinem Ermessen
(Art. 337 Abs. 3 aOR). Gemäss Art. 4 ZGB hat er dabei seine Entscheidung
nach Recht und Billigkeit zu treffen. Eine solche Billigkeitsscheidung
verlangt, dass alle wesentlichen Besonderheiten des konkreten Falles
beachtet werden. Das Bundesgericht überprüft die Ausübung richterlichen
Ermessens durch die letzte kantonale Instanz zwar nur mit Zurückhaltung;
es schreitet jedoch dann eine, wenn grundlos von den in Lehre und
Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen abgegangen wird, wenn Tatsachen
berücksichtigt werden, die keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn
umgekehrt Umstände ausser Betracht geblieben sind, die zwingend hätten
beachtet werden müssen (BGE 115 II 32 E. 1b mit Hinweisen).

    Eine fristlose Entlassung ist nach der Rechtsprechung nur bei
besonders schweren Verfehlungen des Arbeitnehmers gerechtfertigt,
welche einerseits objektiv geeignet sind, die für das Arbeitsverhältnis
wesentliche Vertrauensgrundlage zu zerstören oder zumindest so tiefgreifend
zu erschüttern, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Vertrages
nicht mehr zuzumuten ist, und die anderseits auch tatsächlich zu einer
derartigen Zerstörung oder Erschütterung des gegenseitigen Vertrauens
geführt haben. Sind die Verfehlungen weniger schwerwiegend, so müssen
sie trotz Verwarnung wiederholt vorgekommen sein (BGE 112 II 50 E. 3a;
BGE 97 II 145 f. je mit Hinweisen). Ob die dem Arbeitnehmer vorgeworfenen
Pflichtverletzungen die erforderliche Schwere erreichen, entscheidet sich
dabei nicht allgemein, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalles
ab, insbesondere von der Stellung und Verantwortung des Arbeitnehmers
sowie von der Natur und Dauer des Vertragsverhältnisses (BGE 104 II 29
mit Hinweisen).

    b) Dass der Kläger im Zusammenhang mit der Besprechung vom 7. Januar
1986 in der Gegend von Zürich übernachten musste, ist unbestritten; ebenso
die Tatsache, dass er dafür von seinem Aufenthaltsort in Deutschland
anfahren musste und ihm damit Fahrtspesen erwachsen sind. Die Vorinstanz
hält für unerheblich, wie stark die Anzahl der vom Kläger angegebenen
Kilometer von der effektiven Länge der Wegstrecke abgewichen sei und
ob der Kläger den angegebenen Betrag für die Übernachtung an einem
anderen Ort als in dem Restaurant, das die Quittung ausgestellt hat,
tatsächlich bezahlt habe. Mit der Angabe der Kilometerzahl habe er den
Anschein erweckt, die Strecke gemessen zu haben, mit der Quittung des
Restaurants jenen, dort übernachtet zu haben, was jedoch beides nicht
der Fall gewesen sei. Damit habe er das Vertrauen der Beklagten in seine
Korrektheit in massgeblicher Weise erschüttert.

    Vom Arbeitgeber zu vergüten sind gemäss Art. 327a OR unter Vorbehalt
anderer Vereinbarung nur die effektiven Spesen; der Arbeitnehmer soll durch
den Spesenersatz nicht entlöhnt werden (STAEHELIN, Zürcher Kommentar, N. 7
zu Art. 327a OR). Da an den Nachweis der zu ersetzenden Auslagen nicht
zu hohe Anforderungen gestellt werden können (aaO, N. 9 zu Art. 327a
OR), muss sich der Arbeitgeber gerade dabei auf die Korrektheit des
Arbeitnehmers verlassen können. Die Handlungsweise des Klägers war deshalb
grundsätzlich geeignet, das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien zu
beeinträchtigen. Ob die angegebene Zahl von 1050 km gerade den Eindruck
einer besonderen Genauigkeit erweckte, mag allerdings bezweifelt werden.

    Die vorliegende Situation unterscheidet sich jedoch erheblich vom
Fall in BGE 101 Ia 545 ff., auf welchen sich das Arbeitsgericht berufen
hat. Dort hatte ein Chauffeur, der das Entgelt für ausgeführte Fahrten
direkt bei den Kunden einzuziehen hatte, auf der dem Arbeitgeber
abgegebenen Rechnungskopie einen zu tiefen Betrag vermerkt und den
darüber hinaus vom Kunden einkassierten Betrag für sich behalten. Das
Bundesgericht hat betont, dass sich ein Arbeitgeber in besonderem Masse
auf die absolute Redlichkeit eines Arbeitnehmers müsse verlassen können,
wenn dieser in direktem Kontakt mit den Kunden stehe und dabei die
Forderungen des Arbeitgebers bei diesem direkt einzuziehen habe (aaO,
S. 549). Vergleichbare Umstände weist der vorliegende Fall nicht auf. Zur
beruflichen Tätigkeit des Klägers als Experte "Progress Control" gehörte
keinerlei Abwicklung finanzieller Angelegenheiten mit den Geschäftspartnern
der Arbeitgeberin. Gemäss dem individuellen Auslandvertrag war zudem für
Spesen bei einem Auslandaufenthalt gerade nicht ein Ersatz nach effektivem
Aufwand, sondern nach pauschalen Ansätzen vorgesehen. Die Abrechnung nach
Aufwand für Autofahrtspesen und auswärtige Unterkunft im Zusammenhang mit
der Besprechung vom 7. Januar 1986 in Zürich stellte somit im Rahmen des
ganzen Arbeitsverhältnisses ein isoliertes Ereignis dar, welches sich nicht
jederzeit oder zumindest nicht häufig wiederholen konnte. Die dabei vom
Kläger begangene Unkorrektheit konnte daher für sich allein nicht genügen,
seine fristlose Entlassung ohne vorangegangene Verwarnung zu rechtfertigen.

    Die Wertung dieses einmaligen Vorkommnisses durch die Vorinstanz lässt
im übrigen auch die besondere Situation ausser Betracht, in welcher sich
der Kläger damals aufgrund der vorzeitigen Rückberufung aus dem Ausland
befunden hat. Nach seiner im obergerichtlichen Urteil wiedergegebenen
Sachdarstellung war ihm bei der Besprechung vom 7. Januar 1986
anfänglich zugesichert worden, dass die pauschalen Tagesentschädigungen
in Schweizer Franken und in irakischen Dinar auch während der Zeit
ohne Auslandeinsatz ausgerichtet würden; erst bei einer telefonischen
Besprechung vom 13. Januar 1986 seien diese mündlichen Zusagen seitens
der Beklagten geleugnet und im Zusammenhang mit der Besprechung in Zürich
eine Spesenabrechnung nach effektivem Aufwand verlangt worden. Solche
Umstände hätten zu einer milderen Beurteilung des Verhaltens des Klägers
führen müssen, so dass die Vorinstanz sie jedenfalls nicht ohne nähere
Abklärung als unerheblich hätte beiseite schieben dürfen. Schliesslich
ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte dem Kläger zuvor in ihrem
Schreiben vom 19. September 1985 in Aussicht gestellt hatte, sie werde
den Ausland- und den Arbeitsvertrag durch Kündigung auflösen, wenn sie ihm
nach seiner Rückkehr aus dem Irak keinen Arbeitsplatz anbieten könne. Eine
solche Kündigung auf einen Zeitpunkt vor dem 16. Januar 1987 wäre indessen
rechtlich unzulässig gewesen (E. 7 hienach).

    Entgegen der Auffassung der kantonalen Instanzen lagen somit keine
Umstände vor, welche die Fortsetzung des konkreten Arbeitsverhältnisses
für die Beklagte unzumutbar gemacht hätten. Die von ihr am 3. Februar
1986 ausgesprochene fristlose Entlassung war somit ungerechtfertigt,
was zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen muss.

Erwägung 7

    7.- Entlässt der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer fristlos ohne wichtigen
Grund, so hat dieser gemäss Art. 337c aOR Anspruch auf den Lohn für die
bestimmte Vertragszeit oder für die Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist
sowie auf Ersatz der aus dem Arbeitsverhältnis erwachsenden Vorteile,
wobei er sich auf diese Forderungen allerdings anrechnen lassen muss, was
er wegen der Verhinderung an der Arbeitsleistung erspart und was er durch
anderweitige Arbeit erworben oder zu erwerben absichtlich unterlassen
hat. Für die Beurteilung der Ansprüche des Klägers stellt sich daher
die Frage, ob für sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten auch nach seiner
Rückberufung aus dem Irak die feste Vertragsdauer bis 16. Januar 1987
gemäss dem individuellen Auslandvertrag gegolten hat oder ob die Beklagte
gemäss dem Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit unter Einhaltung einer
Kündigungsfrist von drei Monaten per Ende Mai 1986 hätte kündigen können.

    a) Gemäss Art. 336 Abs. 2 aOR dürfen für Arbeitgeber und
Arbeitnehmer keine verschiedenen Kündigungsfristen festgesetzt werden;
bei widersprechender Abrede gilt für beide die längere Frist. Unerheblich
ist dabei, ob die Abreden über die Kündigungsmöglichkeiten der Parteien
gleichzeitig oder nacheinander in verschiedenen Vereinbarungen getroffen
werden.

    Unterschiedliche Kündigungsfristen liegen gemäss BGE 108 II
115 ff. auch vor, wenn die in einer bestimmten Situation geltende
Kündigungsfrist zwar für beide Parteien gleich lang ist, jedoch nur
einer Partei das Recht zusteht, die Situation herbeizuführen, welche die
Anwendbarkeit dieser Kündigungsfrist begründet, während sonst eine andere
Frist oder eine feste Dauer des Vertragsverhältnisses gilt. In jenem Fall
ging es ebenfalls um den Auslandeinsatz eines Arbeitnehmers, für welchen
die Parteien eine feste Vertragsdauer von zwei Jahren vereinbart hatten
mit dem einseitigen Recht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer jederzeit
zurückzurufen, worauf dann beidseits eine Kündigungsmöglichkeit auf drei
Monate bestehen sollte.

    b) Genau gleich verhält es sich im vorliegenden Fall. Der Kläger
war durch den individuellen Auslandvertrag an eine feste Vertragsdauer
bis 16. Januar 1987 gebunden. Gemäss dessen Ziffer 2.2.2.a lag es
indessen im alleinigen Ermessen der Beklagten, aus geschäftlichen
Gründen eine vorzeitige Rückkehr des Klägers von seinem Arbeitseinsatz
im Irak anzuordnen. Wenn ab dem Zeitpunkt einer solchen Rückkehr die
Kündigungsmöglichkeit auf drei Monate gemäss dem Arbeitsvertrag auf
unbestimmte Zeit gegolten hätte, hätte die Beklagte das Vertragsverhältnis
nach freiem Ermessen vor dem Ablauf der vereinbarten festen Dauer auflösen
können, während der Kläger keine Möglichkeit gehabt hätte, durch eigenen
Willensentschluss die Anwendbarkeit der dreimonatigen Kündigungsfrist
herbeizuführen. Das aber wäre mit Art. 336 Abs. 2 aOR nicht zu vereinbaren
gewesen. Die feste Vertragsdauer bis 16. Januar 1987 blieb daher bestehen,
obwohl die Beklagte von ihrem Rückrufsrecht Gebrauch gemacht hatte.