Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 116 II 1



116 II 1

1. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. Januar 1990 i.S.
Schmid gegen Tages-Anzeiger für Stadt und Kanton Zürich AG (Berufung)
Regeste

    Gegendarstellung: Zeitpunkt der Anrufung des Richters (Art.  28l ZGB).

    Ruft der Betroffene den Richter erst an nach Ablauf einer Frist
von zwanzig Tagen vom Zeitpunkt an gerechnet, da das Medienunternehmen
die Veröffentlichung der Gegendarstellung abgelehnt hat, ist im Sinne
einer Tatsachenvermutung davon auszugehen, dass er an der gerichtlichen
Geltendmachung des Gegendarstellungsrechts kein schützenswertes Interesse
(mehr) hat, und - sofern er nicht das Gegenteil nachzuweisen vermag -
seinem Begehren nicht stattzugeben.

Sachverhalt

    A.- In der Ausgabe vom 8. Juni 1988 der in Zürich erscheinenden
Tageszeitung "Tages-Anzeiger" wurde unter dem Titel "100 Arbeitnehmer
kämpfen um ihre Pensionskassengelder" und dem Untertitel "Millionenklage
gegen Stiftungsrat von Eschler-Urania" ein Artikel über das Verschwinden
von Pensionskassengeldern bei der Eschler-Urania AG veröffentlicht. Der
Artikel enthielt unter der Überschrift "Streik machte Schlagzeilen"
einen Abschnitt mit folgendem Wortlaut:

    "Wie man eine Liegenschaft über ihren Wert hinaus belehnt, hatte Saupe
   möglicherweise vom Zürcher Immobilienhändler Stefan Götz gelernt. Der
   wegen derlei Tricks zu Gefängnisstrafen verurteilte Götz war von 1980
   bis 1982 Eigentümer der Eschler-Urania AG und hatte die serbelnde

    Autozubehörfirma von einem Geschäftsfreund übernommen - dem Luzerner

    Financier Ralph Schmid. Unter Schmid geriet die Firma zum ersten Mal
   in die Schlagzeilen: 12 EU-Angestellte streikten im Mai 1979, weil sie
   während Jahren weder den Teuerungsausgleich noch eine Reallohnerhöhung
   erhalten hatten."

    Mit Schreiben vom 8. Juli 1988 liess Ralph Schmid durch seinen Anwalt
einen Gegendarstellungstext vorlegen und der Redaktion der Zeitung unter
Androhung rechtlicher Schritte im Weigerungsfall das Gesuch stellen,
diesen zu veröffentlichen.

    Die Zeitung lehnte dieses Gesuch mit Schreiben vom 12. Juli 1988 unter
Hinweis auf Art. 28i Abs. 1 ZGB als verspätet ab. Am 15. Juli 1988 liess
Ralph Schmid sein Begehren erneuern, wobei er bestritt, dass es verspätet
gestellt worden sei. In seiner Antwort vom 22. Juli 1988 hielt der
Chefredaktor der Zeitung daran fest, dass das Gesuch um Gegendarstellung
verspätet sei; er legte überdies dar, dass die Zeitung die Veröffentlichung
der gewünschten Gegendarstellung auch aus materiellen Gründen ablehne.

    Mit Eingabe vom 24. August 1988 erhob Ralph Schmid beim Einzelrichter
im summarischen Verfahren des Bezirks Zürich gegen die Tages-Anzeiger
für Stadt und Kanton Zürich AG Klage mit dem Rechtsbegehren, die Beklagte
sei unter Androhung von Bestrafung wegen Ungehorsams gemäss Art. 292 StGB
zu verpflichten, in einer ihrer nächsten Ausgaben des "Tages-Anzeigers"
die von ihm verlangte Gegendarstellung zu veröffentlichen. Nachdem das
Verfahren auf Ersuchen der Parteien während rund zwei Monaten geruht
hatte, wies der Einzelrichter das klägerische Begehren mit Verfügung vom
8. Februar 1989 ab.

    In Abweisung eines Rekurses des Klägers bestätigte das Obergericht
(II. Zivilkammer) des Kantons Zürich am 4. Juli 1989 den Entscheid der
ersten Instanz.

    Das Bundesgericht weist die vom Kläger gegen den obergerichtlichen
Beschluss erhobene Berufung ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Das Obergericht ist davon ausgegangen, dass der Kläger
mit seinem an die Beklagte gerichteten Ersuchen vom 8. Juli 1988,
eine Gegendarstellung zu veröffentlichen, die Frist nach Art. 28i
Abs. 1 ZGB gewahrt habe. Indessen habe der Kläger mit der gerichtlichen
Geltendmachung des Anspruchs auf Gegendarstellung zu lange zugewartet. Da
vieles von den Umständen des Einzelfalles abhänge, sehe das Gesetz zu
Recht keine eigentliche Klage- oder Verwirkungsfrist vor. Es sei jedoch
Sache des Klägers, dafür zu sorgen, dass die Gegendarstellung so bald als
möglich veröffentlicht werde. Solle nämlich einer Tatsachendarstellung
eine anderslautende gegenübergestellt werden, so sei im Interesse des
Betroffenen, aber auch im Interesse des zur Gegendarstellung verpflichteten
Mediums und der Leser darauf zu achten, dass die beiden Darstellungen in
einem zeitlich überschaubaren Zusammenhang stünden. Die Vorinstanz hält
weiter dafür, dass zur Klageeinleitung ein Zeitraum von einer bis höchstens
drei Wochen ausreichend sein dürfte. Als Richtlinie sei grundsätzlich die
Frist von zwanzig Tagen heranzuziehen, die Art. 28i Abs. 1 ZGB für die
Absendung der Gegendarstellung an das Medienunternehmen vorschreibe. Im
vorliegenden Fall bestehe kein Anlass, die Frist für die Klageerhebung
länger anzusetzen. Von der ersten ablehnenden Stellungnahme der Beklagten
an habe der Kläger bis zur Klageanhebung sechs Wochen zugewartet und
damit seinen Anspruch auf Gegendarstellung verwirkt.

    b) In der Berufung wendet der Kläger im wesentlichen ein, er habe erst
nach Erhalt des Schreibens der Beklagten vom 22. Juli 1988 die Gewissheit
gehabt, dass diese die Veröffentlichung der verlangten Gegendarstellung
endgültig ablehne; das Schreiben sei erst am Montag, dem 25. Juli 1988, in
Empfang genommen worden. Vier Wochen später, nach dem Ende der allgemeinen
Ferienzeit und nach weiteren Instruktionen, die sein Anwalt im Ausland -
d.h. in Monte Carlo, seinem Wohnort - habe einholen müssen, sei die Klage
am 24. August 1988 eingereicht worden. Zu berücksichtigen sei dabei auch,
dass die Post in Frankreich und Monaco während der Sommermonate nur sehr
schleppend funktioniere.

    Der Kläger führt weiter aus, dass ausdrücklich verzichtet worden
sei, im Schweizerischen Zivilgesetzbuch eine Frist zur Klageeinreichung
festzulegen. Eine Fristversäumnis könne aber auch deshalb nicht angenommen
werden, weil das Gesetz dem Betroffenen die Möglichkeit einräume, die
gewünschte Gegendarstellung innerhalb von drei Monaten nach Verbreitung
der beanstandeten Äusserung an das Massenmedium abzusenden. Diese Frist
sei hier eingehalten, und es sei nicht einzusehen, weshalb die Frist zur
Klageeinreichung knapper zu bemessen sei.

Erwägung 3

    3.- Aus der Botschaft vom 5. Mai 1982 über die Änderung des
Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Persönlichkeitsschutz: Art. 28 ZGB und
49 OR) ergibt sich, dass auf die Festsetzung einer Frist für die klageweise
Geltendmachung des Gegendarstellungsanspruchs bewusst verzichtet worden
ist. Es heisst darin wörtlich (BBl 1982 II S. 679 f.):

    "Der Entwurf nennt keine Frist für die Klageerhebung, weil es Sache des

    Klägers ist, dafür zu sorgen, dass die Gegendarstellung sobald
als möglich
   veröffentlicht wird. Wer dabei offensichtlich zögert, zeigt, dass er
   auf die Ausübung seines Rechts verzichtet. Er kann vom Richter nur
   noch verlangen, dass dieser die Veröffentlichung einer Berichtigung - im

    Rahmen einer Unterlassungs- oder Feststellungsklage - anordnet
(Art. 28a

    Abs. 2); damit aber muss er die Widerrechtlichkeit nachweisen."

    Unter Hinweis auf diese Stelle der bundesrätlichen Botschaft hat
auch das Bundesamt für Justiz in seinem an die Kantone gerichteten
Zirkularschreiben vom 16. April 1984 zur Gesetzesnovelle (abgedruckt
bei KARL MATTHIAS HOTZ, Kommentar zum Recht auf Gegendarstellung (ZGB
28g-l), S. 126 ff.) festgehalten, das Gesetz habe bewusst keine bestimmte
Klagefrist vorgesehen, und es wird im erwähnten Rundschreiben weiter davon
ausgegangen, die Kantone könnten hierüber nicht ergänzend legiferieren
(aaO, S. 130). PIERRE TERCIER (Le nouveau droit de la personnalité, S. 221,
Randziffer 1669) erklärt, dass die Befristung von den konkreten Umständen
abhänge: Da einerseits die Frage einer Gegendarstellung dem Grundsatz
nach geprüft und der Text im Hinblick auf das an das Medienunternehmen
gerichtete Gesuch um Veröffentlichung aufgesetzt sein werde und
andererseits das Gesetz ein einfaches, schnelles Verfahren vorschreibe,
könne von einer kurzen Frist ausgegangen werden. Der erwähnte Autor hält
dafür, dass die Zeitspanne jedenfalls nicht länger sein könne als die
in Art. 28i Abs. 1 ZGB für das Absenden des Gegendarstellungstextes
an das Medienunternehmen vorgesehenen zwanzig Tage; in den häufigsten
Fällen würden etwa zehn Tage ausreichen, und zwar von der endgültigen
Weigerung des Medienunternehmens, im Falle von Stillschweigen vom
Zeitpunkt an gerechnet, da eine Antwort vernünftigerweise hätte
erwartet werden können. Nach ANDREAS BUCHER (Natürliche Personen
und Persönlichkeitsschutz, S. 190, Randziffer 701) hat der Richter
das zu seiner Anrufung erforderliche Interesse des Klägers "nach den
Umständen und in analoger Berücksichtigung der in Art. 28i Abs. 1 (ZGB)
vorgesehenen Fristen" zu beurteilen, und KARL MATTHIAS HOTZ (aaO, S. 103)
ist der Auffassung, es könne grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass
die Frist zur Klageanhebung kurz zu bemessen sei, da der Kläger noch ein
schützenswertes Interesse müsse nachweisen können; "ungefähr zehn Tage"
hält er für ausreichend. Ein allzulanges Zögern mit der Klageerhebung
könnte nach Ansicht von RICHARD FRANK (Persönlichkeitsschutz heute,
S. 141, Randziffer 333) aufgrund des Sinnes des Gegendarstellungsrechts
als Verzicht darauf ausgelegt werden. Von den gleichen Überlegungen hat
sich auch das Zürcher Obergericht in zwei Entscheiden aus dem Jahre 1986
leiten lassen (ZR 85/1986 Nr. 103, S. 260, E. 3, und 86/1987 Nr. 50,
S. 117 f., E. e).

Erwägung 4

    4.- a) Nachdem bewusst davon abgesehen worden ist, eine starre Frist
für die Einreichung der Klage auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung
in das Schweizerische Zivilgesetzbuch aufzunehmen, darf eine solche auch
nicht auf dem Wege der Lückenfüllung durch die Rechtsprechung eingeführt
werden. In Übereinstimmung mit den angeführten Lehrmeinungen rechtfertigt
es sich jedoch anzunehmen, wer mit der gerichtlichen Geltendmachung des
Gegendarstellungsanspruchs allzulange zögere, verzichte in aller Regel
auf diesen Anspruch oder habe, anders ausgedrückt, ein schutzwürdiges
Interesse an dessen Durchsetzung verloren (so auch die oben zitierte
bundesrätliche Botschaft). Es besteht für den Betroffenen in der Tat kein
vernünftiger Grund dafür, mit der Klageerhebung zuzuwarten. Aus dem Wesen
des Gegendarstellungsrechts als solchem ergibt sich die Notwendigkeit zu
raschem Handeln, soll die Gegendarstellung überhaupt noch eine Wirkung
erzielen können. Dazu kommt, dass gestützt auf Art. 28i Abs. 1 ZGB der Text
der Gegendarstellung zuhanden des Medienunternehmens bereits schriftlich
hat formuliert werden müssen und dass die Anrufung des Richters auch sonst
nicht mit grösseren Schwierigkeiten verbunden ist. In diesem Zusammenhang
ist insbesondere auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass die Klage beim
Richter am eigenen Wohnsitz angehoben werden kann (Art. 28l Abs. 2 ZGB),
was im vorliegenden Fall wegen des ausländischen Wohnsitzes des Klägers
allerdings nicht zum Tragen kommen konnte. Aus den angeführten Gründen
ist für die gerichtliche Geltendmachung des Gegendarstellungsrechts
keine längere Frist erforderlich als jene, die für das direkt an
das Medienunternehmen zu richtende Begehren um Veröffentlichung der
Gegendarstellung vorgesehen ist und gemäss Art. 28i Abs. 1 ZGB zwanzig
Tage beträgt. Es ist deshalb denjenigen Autoren zuzustimmen, die von
einer höchstens zwanzigtägigen Frist ausgehen, und zwar vom Zeitpunkt
an gerechnet, in welchem das Medienunternehmen die Veröffentlichung
der Gegendarstellung abgelehnt hat oder, im Falle des Stillschweigens,
vernünftigerweise von einer Ablehnung ausgegangen werden musste. Der
Hinweis des Klägers auf die absolute Verwirkungsfrist von drei Monaten
gemäss Art. 28i Abs. 1 ZGB ist unbehelflich. Im Vordergrund steht hier
nicht die Frage, wie lange nach dem Erscheinen einer Tatsachendarstellung
die Veröffentlichung einer Gegendarstellung im äussersten Fall noch erwirkt
werden kann, sondern es geht darum, innert welcher Zeit der Betroffene
tätig werden muss, wenn er einmal von den über ihn verbreiteten Äusserungen
Kenntnis erhalten hat.

    b) Bei der in Analogie zu Art. 28i Abs. 1 ZGB auf zwanzig Tage zu
bemessenden Frist für die Klageeinreichung kann es sich nicht um eine
eigentliche Verwirkungsfrist handeln. Anders entscheiden würde auf
eine unzulässige Lückenfüllung hinauslaufen. Hingegen erscheint es als
gerechtfertigt, nach Ablauf einer zwanzigtägigen Frist von der Vermutung
auszugehen, der Betroffene habe an der gerichtlichen Geltendmachung
des Gegendarstellungsrechts kein schützenswertes Interesse mehr. Erhebt
er in der Folge dennoch Klage, ist es an ihm nachzuweisen, dass er an
der Veröffentlichung der Gegendarstellung entgegen dieser Vermutung
ein ausreichendes Interesse bewahrt hat. Ein solches Interesse wäre
beispielsweise zu bejahen, wenn sich die Verzögerung der Klageeinleitung
auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Gegendarstellung von vornherein
nicht auswirken kann, weil die nächste Ausgabe einer Zeitschrift ohnehin
erst in mehreren Monaten erscheint. Ein schützenswertes Interesse an
der Weiterverfolgung des Gegendarstellungsanspruchs ist ferner etwa
dann gegeben, wenn der Betroffene nachzuweisen vermag, dass er trotz
einstweiliger Ablehnung seines Gegendarstellungsbegehrens durch das
Medienunternehmen ernsthafte Gründe zur Annahme hatte, dem Gesuch
um Veröffentlichung werde in absehbarer Zeit doch noch entsprochen
werden. In solchen Fällen ginge die Aufrechterhaltung der Vermutung,
dass ein ausreichendes Rechtsschutzinteresse dahingefallen sei, zu weit.

    c) Viele Ähnlichkeiten mit dem Gesagten weist übrigens die in der
Bundesrepublik Deutschland geltende Regelung auf. Auch in den dortigen
Landespressegesetzen ist zur Anrufung des Richters keine Frist vorgesehen
für den Fall, dass das direkt an die Presse zu richtende Verlangen nach
Abdruck der Gegendarstellung abgelehnt worden ist. In der Bundesrepublik
Deutschland ist das Gegendarstellungsrecht im Verfahren über den Erlass
einer einstweiligen Verfügung durchzusetzen. Nach der Rechtsprechung
kann eine derartige Verfügung dann nicht mehr beantragt werden, wenn die
Gegendarstellung ihre Wirkung beim Leser nicht mehr zu erzielen vermöchte,
weil dieser die beanstandeten Äusserungen nicht mehr in Erinnerung hat. Es
muss mit andern Worten noch ein Aktualitätsbezug gegeben sein. Da aber
in der Bundesrepublik Deutschland für das Abdruckverlangen gegenüber dem
Presseunternehmen keine nach Tagen bestimmte Frist vorgesehen ist, fehlt
dort die in der Schweiz vorhandene Möglichkeit, für die Beurteilung,
ob das gerichtliche Verfahren rechtzeitig eingeleitet worden sei,
in analoger Weise auf eine gesetzlich festgelegte Frist abzustellen
(zur Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland vgl. LÖFFLER/RICKER,
Handbuch des Presserechts, 2. Aufl., München 1986, S. 151; RENATE DAMM, Der
Gegendarstellungsanspruch in der Entwicklung der neueren Rechtsprechung,
in: Presserecht und Pressefreiheit, Festschrift für Martin Löffler,
München 1980, S. 32 ff., insbes. S. 35).

Erwägung 5

    5.- Seine Klage vom 24. August 1988 hat der Kläger mehr als zwanzig
Tage nach dem 25. Juli 1988, d.h. dem Tag eingereicht, an dem nach
seinen eigenen Angaben die vom 22. Juli 1988 datierte abschlägige
Antwort der Beklagten (von seinem Rechtsvertreter) empfangen worden
ist. Es erübrigt sich bei dieser Sachlage, zu prüfen, ob er bereits nach
der ersten Ablehnung der Beklagten im Schreiben vom 12. Juli 1988, die
lediglich mit dem Hinweis auf die angebliche Verspätung des Begehrens
begründet worden war, Anlass zur gerichtlichen Geltendmachung seines
Anspruchs gehabt hätte. Unter den gegebenen Umständen ist im Sinne der
vorstehenden Ausführungen zu vermuten, dass der Kläger im Zeitpunkt der
Klageerhebung kein schützenswertes Interesse an der Veröffentlichung einer
Gegendarstellung (mehr) hatte. Die gerichtliche Beurteilung ist somit
auf die Frage zu beschränken, ob dem Kläger der Nachweis von Umständen
gelungen sei, die ein schutzwürdiges Interesse an der Weiterverfolgung des
Gegendarstellungsanspruchs zu begründen vermögen. Dabei ist zu beachten,
dass ein solches hier nicht leichthin angenommen werden darf, geht es doch
um die Veröffentlichung einer Gegendarstellung in einer Tageszeitung,
deren Leser sich in der Regel schon nach kurzer Zeit nicht mehr an den
Inhalt früher erschienener Artikel erinnern.

    Der klägerische Wohnsitz in Monaco genügt unter den gegebenen Umständen
jedenfalls nicht zur Annahme, dass eine Frist von zwanzig Tagen für die
Klageerhebung nicht ausgereicht hätte. Der Kläger war schon vorher durch
einen Anwalt in Zürich vertreten, welcher der Beklagten in seinem Namen den
Text der verlangten Gegendarstellung unterbreitet hatte. Die Einreichung
der Klage war somit nicht mit grösseren Schwierigkeiten verbunden,
als wenn der Kläger seinen Wohnsitz in Zürich gehabt hätte. Im übrigen
wird mit Recht nicht geltend gemacht, dass der Kläger von Monaco aus
mit seinem Anwalt nicht telefonisch hätte in Verbindung treten können;
ob die Briefpost nur schleppend funktionierte, wie in der Berufung
ausgeführt wird, ist unter diesen Umständen ohne Belang. Auch dass der
Fristenlauf in die Zeit der Sommerferien fiel, vermag die verzögerte
Klageerhebung nicht zu rechtfertigen, um so weniger, als der Kläger schon
aufgrund der ersten Ablehnung seines Begehrens um Veröffentlichung einer
Gegendarstellung im Schreiben der Beklagten vom 12. Juli 1988 Anlass hatte,
ernsthaft mit der Notwendigkeit einer gerichtlichen Geltendmachung zu
rechnen. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass keine Umstände dargetan
sind, die es rechtfertigen würden, das Vorhandensein eines schutzwürdigen
Interesses an der Veröffentlichung der Gegendarstellung auch noch dreissig
Tage nach der definitiven Ablehnung des Gegendarstellungsbegehrens durch
die Beklagte zu bejahen.