Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 116 IB 37



116 Ib 37

6. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 26.
Januar 1990 i.S. Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft gegen
Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen und X. sowie
Mitunterzeichner (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Konzessionsverletzung durch eine Unterhaltungssendung am
Fernsehen. BB über die unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und
Fernsehen vom 7. Oktober 1983, Konzession für die Schweizerische Radio-
und Fernsehgesellschaft vom 5. Oktober 1987.

    1. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts; der Unabhängigen
Beschwerdeinstanz zustehender Beurteilungsspielraum (E. 2). Zuständigkeit
der Unabhängigen Beschwerdeinstanz zur Beurteilung unbezahlter Werbung
nach Art. 4 und 15 der Konzession (E. 5).

    2. Legitimation zur Beanstandung einer Radio- oder Fernesehsendung
gemäss Art. 14 lit. a BB (E. 3, 4). Anspruch auf rechtliches Gehör im
Verfahren vor der Unabhängigen Beschwerdeinstanz (E. 4).

    3. Sachgerechtigkeit und Ausgewogenheit als Kriterien der Objektivität
einer Sendung (E. 5). Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht
nach Art. 4 der Konzession, wenn heikle, mit grösstem Takt und geistigem
Anspruch zu behandelnde Themen in einer Unterhaltungssendung zur Schau
gestellt und der Lächerlichkeit preisgegeben werden (E. 6, 8).

Sachverhalt

    A.- Am 25. November 1988 strahlte das Fernsehen der deutschen und
rätoromanischen Schweiz (DRS) eine Folge der Sendung "Grell-Pastell"
aus, die dem Thema "Sex" gewidmet war. Die Folge bestand aus zwei Teilen:
einer unterhaltenden und das Thema kaleidoskopartig abhandelnden TV-Show um
20.10 Uhr bis etwa 21.25 Uhr und einer das Thema vertiefenden Diskussion
nach Mitternacht. Im Rahmen des Show-Blocks wurde unter anderem am
Beispiel des "Blick" das Verhältnis der Boulevard-Presse zum Thema "Sex"
dargestellt, wobei - nebst einem Gespräch zwischen dem Moderator A. und
dem stellvertretenden Chefredaktor des "Blick" - auch drei "Seite-3-Girls"
dieses Blattes Gelegenheit erhielten, sich zu Fragen im Zusammenhang mit
ihrem Engagement als Pin-ups bei "Blick" zu äussern. Ferner unterhielt
sich der Moderator im Show-Block zuerst mit Frau Ranke-Heinemann als
Studiogast; anschliessend führte er mit Pater Trauffer als Vertreter der
katholischen Kirche ein Telefongespräch.

    Gegen diese Sendung reichte Frau X. am 5. Dezember 1988 im Namen von
92 Bürgerinnen und Bürgern, deren Unterschriften sie beilegte, bei der
Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (im folgenden:
Unabhängige Beschwerdeinstanz) eine Beanstandung ein. Die Unabhängige
Beschwerdeinstanz holte zunächst eine Vernehmlassung sowie eine zusätzliche
Stellungnahme bezüglich des ebenfalls beanstandeten Zeitpunktes der
Ausstrahlung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft ein. Am
9. März 1989 forderte die Unabhängige Beschwerdeinstanz die Schweizerische
Radio- und Fernsehgesellschaft zudem auf, über die organisatorischen
Vorkehren für die Vorbereitung und während der Dauer der Sendung Auskunft
zu geben.

    Mit Entscheid vom 5. Juli 1989 stellte die Unabhängige
Beschwerdeinstanz fest, dass die Sendung "Grell-Pastell" des Fernsehens
DRS vom 25. November 1988 Art. 4 der Konzession für die Schweizerische
Radio- und Fernsehgesellschaft verletzt habe; die Schweizerische Radio-
und Fernsehgesellschaft wurde aufgefordert, der Beschwerdeinstanz innert
zwei Monaten seit Eröffnung dieses Entscheides schriftlichen Bericht über
die im Sinne von Art. 22 Abs. 1 des Bundesbeschlusses über die unabhängige
Beschwerdeinstanz vom 7. Oktober 1983 (BB; SR 784.45) getroffenen Vorkehren
zu erstatten.

    Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft führt
Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Anträgen, der Entscheid der
Unabhängigen Beschwerdeinstanz vom 5. Juli 1989 sei aufzuheben;
eventualiter sei der Entscheid aufzuheben und die Programmbeanstandung
zur Neubeurteilung an die Unabhängige Beschwerdeinstanz zurückzuweisen;
der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu gewähren, alles unter
Kosten- und Entschädigungsfolgen.

    Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde teilweise
gut und stellt fest, dass die Sequenz über "Blick" in der Sendung
"Grell-Pastell" vom 25. November 1988 keine Konzessionsverletzung
darstellt. Im übrigen weist es die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht
kann die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder
Missbrauch des Ermessens, gerügt werden (Art. 104 lit. a OG).

    Soweit das Bundesgericht prüft, ob der angefochtene Entscheid
Bundesrecht verletzt, stellt sich ihm dieselbe Rechtsfrage, die von
der Unabhängigen Beschwerdeinstanz zu entscheiden war, nämlich, ob mit
der beanstandeten Sendung die Konzession der Schweizerischen Radio-
und Fernsehgesellschaft verletzt worden ist. Dabei haben Bundesgericht
und Unabhängige Beschwerdeinstanz in gleicher Weise zu beachten, dass
Art. 55bis Abs. 3 BV - im Rahmen der in Abs. 2 aufgestellten Erfordernisse
- die Autonomie in der Gestaltung der Programme garantiert.

    Die Beschwerdeinstanzen, die eine Sendung auf Konzessionsverletzungen
zu überprüfen haben, können auf zwei verschiedene Arten vorgehen. Sie
können die Programmautonomie des Veranstalters bereits berücksichtigen,
indem sie ihrerseits einen grosszügigen Massstab anlegen. Sie können aber
auch in einem ersten Schritt die Sendung auf allfällige Mängel untersuchen
und in einem zweiten Schritt prüfen, ob diese Mängel unter Berücksichtigung
der dem Veranstalter und den Medienschaffenden eingeräumten
Gestaltungsfreiheit eine Konzessionsverletzung darstellen (Urteil des
Bundesgerichts vom 23. Juni 1989 i.S. Einwohnergemeinde Zug, E. 1d). Bei
der Grenzziehung zwischen dem, was im Rahmen dieser Gestaltungsfreiheit
noch erlaubt ist und was gegen die Konzession verstösst, kann sich für
die Unabhängige Beschwerdeinstanz ein Beurteilungsspielraum ergeben,
dem das Bundesgericht Rechnung zu tragen hat.

    b) Gerügt werden kann ferner die unrichtige oder unvollständige
Feststellung des Sachverhaltes (Art. 104 lit. b OG). Die Feststellung
des Sachverhalts bindet das Bundesgericht, wenn Rekurskommissionen oder
kantonale Gerichte als Vorinstanzen entschieden und den Sachverhalt
nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung
wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt haben (Art. 105 Abs. 2
OG). Die Unabhängige Beschwerdeinstanz trifft ihre Feststellungen
über behauptete Konzessionsverletzungen der Schweizerischen Radio- und
Fernsehgesellschaft, entgegen ihrem Namen, nicht auf Beschwerde hin,
sondern in erster Instanz. Art. 105 Abs. 2 OG findet folglich nicht
Anwendung, und das Bundesgericht kann die Feststellung des Sachverhaltes
von Amtes wegen überprüfen (BGE 114 Ib 337 E. 1c, mit Hinweis; Urteil
des Bundesgerichts vom 23. Juni 1989 i.S. Einwohnergemeinde Zug, E. 1c).

Erwägung 3

    3.- a) In formellrechtlicher Hinsicht rügt die Beschwerdeführerin
zunächst, die Unabhängige Beschwerdeinstanz sei auf die Beanstandung
eingetreten, ohne die Eintretensvoraussetzungen (Legitimation) zu
überprüfen. Ein Missbrauch des Instrumentes der Beanstandung durch
Vortäuschung der Legitimation im Sinne von Art. 14 lit. a BB sei nicht
ausgeschlossen. Die Unabhängige Beschwerdeinstanz hätte deshalb von
mindestens 20 Personen die Bestätigung einholen müssen, dass sie die
Beanstandung sowohl unterstützen als auch ihrerseits die Voraussetzungen
bezüglich Alter, Bürgerrecht oder Niederlassung erfüllen.

    b) Nach Art. 14 lit. a BB kann jeder mindestens 18 Jahre alte Schweizer
Bürger oder Ausländer mit Niederlassungs- oder Aufenthaltsbewilligung
eine Beanstandung einreichen, wenn diese von weiteren 20 mindestens 18
Jahre alten Schweizer Bürgern oder Ausländern mit Niederlassungs- oder
Aufenthaltsbewilligung unterstützt wird.

    Im vorliegenden Fall ergaben sich weder aus den Vorbringen der
Verfahrensbeteiligten noch aufgrund der Akten konkrete Anhaltspunkte
für eine missbräuchlich erhobene Beanstandung, welche die Unabhängige
Beschwerdeinstanz hätten veranlassen müssen, die in Art. 14 lit. a
BB verlangten Voraussetzungen näher abzuklären. In einer Eingabe vom
15. Oktober 1989 an die Unabhängige Beschwerdeinstanz haben zwei der
Mitunterzeichner, Y. und Z., die Umstände der Unterschriftensammlung
dargelegt: Anlässlich eines Urnenganges in der Gemeinde K. seien die
Stimmbürger durch ein in der Vorhalle angebrachtes Plakat auf ein dort
aufgelegtes Schreiben an die Unabhängige Beschwerdeinstanz betreffend die
Sendung "Grell-Pastell" aufmerksam gemacht worden; die Mitunterzeichner des
Schreibens vom 29. Oktober 1988, alles stimmberechtigte Schweizer Bürger,
hätten die Gelegenheit benutzt, ohne auf irgendwelche Weise beeinflusst
oder dazu angehalten worden zu sein, ihren Unwillen über die umstrittene
Sendung mit ihrer Unterschrift, auf dafür bereitliegenden Papierbogen,
zum Ausdruck zu bringen.

    Was die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang noch weiter
vorbringt, insbesondere ihre Berufung auf einen Zeitungsartikel, vermag
nichts daran zu ändern, dass die Legitimationserfordernisse des Art. 14
lit. a BB zwar vielleicht nicht in der Person aller 92 Mitunterzeichner,
jedenfalls aber, wie durch diese Bestimmung gefordert, bei mindestens 20
Mitunterzeichnern erfüllt sind.

Erwägung 4

    4.- a) In formellrechtlicher Hinsicht bestreitet die Beschwerdeführerin
ferner, dass die von X. eingereichte Beanstandung die Anforderungen von
Art. 15 Abs. 2 BB erfülle. Bei der Eingabe habe es sich eigentlich um eine
Strafanzeige gehandelt, die von der Unabhängigen Beschwerdeinstanz an die
zuständigen Behörden hätte weitergeleitet werden müssen. Die Unabhängige
Beschwerdeinstanz sei zudem in unzulässiger Weise über den durch die
Beanstandung festgelegten Streitgegenstand hinausgegangen, indem sie die
in der Eingabe nicht beanstandete Sequenz über den "Blick" beurteilt und
auch in dieser Beziehung eine Konzessionsverletzung festgestellt habe.

    b) Nach Art. 15 Abs. 2 BB muss die Beanstandung die Sendung genau
bezeichnen und mit kurzer Begründung angeben, wodurch Programmbestimmungen
der Konzession verletzt worden sind. Gemäss Art. 17 und 21 BB stellt
die Beschwerdeinstanz in ihrem Entscheid fest, ob eine oder mehrere
beanstandete Sendungen Programmbestimmungen der Konzession verletzt haben
(Art. 21 Abs. 1 BB). Sie ist an die Vorbringen der Parteien nicht gebunden
(Art. 21 Abs. 2 BB).

    c) Aus der Eingabe von X. geht hervor, dass die Unterzeichner die
darin genannte Sendung als mit der Rolle des Fernsehens unvereinbar
und damit konzessionswidrig halten. Es kann nicht ernsthaft bestritten
werden, dass es sich dabei um eine rechtswirksame Beanstandung im Sinne
von Art. 15 Abs. 2 BB handelt, welche geeignet ist, vor der Unabhängigen
Beschwerdeinstanz ein Verfahren zu veranlassen. Wohl weist die Eingabe
auch Züge einer Strafanzeige auf, zu deren Behandlung die Unabhängige
Beschwerdeinstanz nicht zuständig ist (VPB 1986 Nr. 52 S. 345 E. 4). Das
ändert jedoch nichts an ihrer Zuständigkeit, die Eingabe als Beanstandung
zu behandeln.

    d) Nicht gefolgt werden kann der Beschwerdeführerin sodann darin,
dass die Unabhängige Beschwerdeinstanz sich darauf zu beschränken habe,
die Frage einer Verletzung der Programmbestimmungen der Konzession einzig
aufgrund der Vorbringen der Beschwerdeführer zu prüfen. Diese Auffassung
ist mit dem klaren Wortlaut der erwähnten Verfahrensbestimmungen nicht
vereinbar. Soweit eine Sendung thematisch, das heisst vom behandelten
Gegenstand her, in sich ein geschlossenes Ganzes bildet, ist die
Unabhängige Beschwerdeinstanz nach Art. 21 Abs. 2 in Verbindung mit
Art. 17 BB befugt, die Frage der Verletzung der Programmbestimmungen
der Konzession unter jedem aufgrund der Aktenlage in Betracht fallenden
Gesichtspunkt zu prüfen, und nicht nur beschränkt auf die Vorbringen in
der ihr unterbreiteten Beanstandung.

    e) Auch wenn gemäss Art. 26 BB in Verbindung mit Art. 3 lit. ebis VwVG
das Verwaltungsverfahrensgesetz für das Verfahren über die Beanstandung von
Radio- und Fernsehsendungen vor der Unabhängigen Beschwerdeinstanz nicht
anwendbar ist, gelten im Verfahren vor dieser dennoch die aus Art. 4
BV abgeleiteten minimalen Garantien gemäss der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung. Insbesondere besteht ein Anspruch auf rechtliches
Gehör. Art. 4 BV gibt den Beteiligten grundsätzlich Anspruch auf
Akteneinsicht und auf Anhörung durch die entscheidende Behörde, bevor ein
für sie nachteiliger Entscheid gefällt wird. Die Tragweite des Anspruchs
auf rechtliches Gehör bestimmt sich nach der Situation und Interessenlage
im Einzelfall. Einerseits dient dieser Anspruch der Sachaufklärung,
anderseits stellt er ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht dar
(BGE 113 Ia 288 E. 2b). Die Behörde hat das rechtliche Gehör vor allem
zu gewähren, wenn sie im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes von Amtes
wegen Beweise erhebt (vgl. BGE 112 Ia 5); ebenso besteht der Anspruch
besonders dann, wenn sie ihrem Entscheid einen von der betroffenen Partei
nicht voraussehbaren Rechtsgrund unterlegt (vgl. BGE 115 Ia 96 E. 1b).

    Aufgrund der eingereichten Beanstandung musste die Beschwerdeführerin
als Gegenpartei im vorinstanzlichen Verfahren keinesfalls damit rechnen,
die Unabhängige Beschwerdeinstanz würde die mit keinem Wort und auch nicht
dem Sinne nach in der Beanstandung erwähnte Sequenz über den "Blick" zum
Gegenstand ihrer Beurteilung machen. Die Beschwerdeführerin hatte umso
weniger Grund, dies anzunehmen, als die Unabhängige Beschwerdeinstanz
selber mit den eingangs erwähnten Instruktionsmassnahmen in der Folge das
Verfahren, soweit es für die Verfahrensbeteiligten und damit auch für
die Beschwerdeführerin feststellbar war, auf die in der Beanstandung
vorgetragenen Punkte beschränkte. Die Beschwerdeführerin hatte im
vorinstanzlichen Verfahren nie die Gelegenheit, sich mit dem erst im
angefochtenen Entscheid erhobenen Vorwurf auseinanderzusetzen, mit der
"Blick"-Sequenz sei die Sendung als werbespotähnliche Plattform für eigene
Zwecke des "Blick" beziehungsweise der "Seite-3-Girls" missbraucht worden.

    Die Unabhängige Beschwerdeinstanz verletzte somit in dieser Beziehung
den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör. Da diese
sich aber in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch dazu umfassend -
rechtlich und tatsächlich - äussern konnte und das Bundesgericht die
Feststellung des Sachverhalts durch die Unabhängige Beschwerdeinstanz frei
überprüft (E. 2b), kann die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör
praxisgemäss als geheilt gelten (BGE 112 Ib 175 E. 5e, 110 Ia 82 E. 5d,
107 V 249 E. 3, 103 V 131 E. 1, 99 V 60).

Erwägung 5

    5.- a) Die Beschwerdeführerin strahlte die beanstandete Sendung am
25. November 1988 aus. Folglich beurteilt sich ihre Verträglichkeit mit den
Programmbestimmungen nach der seit dem 1. Januar 1988 geltenden Konzession
für die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft vom 5. Oktober
1987 (Konzession; BBl 1987 III 813), welche die frühere Konzession der
Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft vom 27. Oktober 1964/22.
Dezember 1980 (BBl 1981 I 285) abgelöst hat. Gemäss Art. 13 Abs. 1 der
alten Konzession haben die Programme eine objektive, umfassende und
rasche Information zu vermitteln; sie sollen die nationale Einheit und
Zusammengehörigkeit stärken. Das Gebot der Objektivität verlangt nach
der Praxis, dass sich der Hörer oder Zuschauer durch die in einer Sendung
vermittelten Fakten und Meinungen ein möglichst zuverlässiges Bild über
einen Sachverhalt machen kann und damit in die Lage versetzt wird, sich
eine eigene Meinung zu bilden. Das setzt Ausgewogenheit voraus (Urteil
des Bundesgerichts vom 17. Oktober 1980, ZBl 83/1982 S. 219 ff.).

    Diese Erfordernisse ergeben sich neuerdings aus Abs. 2 des in der
Volksabstimmung vom 2. Dezember 1984 angenommenen Art. 55bis BV, wonach
Radio und Fernsehen zur kulturellen Entfaltung, zur freien Meinungsbildung
sowie zur Unterhaltung der Zuhörer und Zuschauer beizutragen haben. Radio
und Fernsehen berücksichtigen die Eigenheiten des Landes und die
Bedürfnisse der Kantone. Sie stellen die Ereignisse sachgerecht dar
und bringen die Vielfalt der Ansichten angemessen zum Ausdruck. Diese
Verfassungsvorschrift wurde inhaltlich in Art. 4 der neuen Konzession
übernommen, war aber schon unter der alten Konzession wirksam. Massgebend
waren und sind die Erfordernisse der Sachgerechtigkeit und Ausgewogenheit
als Kriterien der im Meinungsbildungsprozess möglichen Objektivität
(Urteil vom 23. Juni 1989 in Sachen Einwohnergemeinde Zug, S. 7 f.). Ferner
ist nicht nur die Pflicht zur Wahrhaftigkeit der vorgetragenen Fakten
zu respektieren, sondern es ist auch die nötige Sorgfalt zu wahren bei
der Art und Weise, wie die Fakten und die darüber bestehenden Meinungen
präsentiert werden. Neben der Würdigung jeder einzelnen Information für
sich allein muss auch der allgemeine Eindruck beurteilt werden, der sich
aus einer Sendung als Ganzes ergibt (BGE 114 Ib 206 E. 3a).

    Bei dieser Rechtslage bestreitet die Beschwerdeführerin zu Unrecht
die Zulässigkeit von Programmbestimmungen in der Konzession und deren
Konkretisierung durch die Unabhängige Beschwerdeinstanz. Diese hat
vielmehr in ihrer Praxis den Programmauftrag, wie er in Art. 4 der neuen
Konzession umschrieben ist, im Sinne der sich aus Art. 55bis Abs. 2 BV
ergebenden verfassungsrechtlichen Richtlinien einerseits und im Rahmen
der in Abs. 3 der gleichen Bestimmung garantierten Programmautonomie
anderseits auszulegen und anzuwenden.

    b) Die Unabhängige Beschwerdeinstanz betrachtete die Sequenz
über den "Blick" als werbende Selbstdarstellung der Zeitung. Zur
Beurteilung der Zulässigkeit der Werbung sind die Kompetenzen der
Unabhängigen Beschwerdeinstanz von jenen des Eidgenössischen Verkehrs-
und Energiewirtschaftsdepartements zu unterscheiden, wenn es sich
um eine Ausstrahlung innerhalb des Programmteils handelt. Steht
dabei die Verletzung finanz- und betriebsrechtlicher Vorschriften
in Frage, so ist das Departement zum Entscheid zuständig (Urteil des
Bundesgerichts vom 10. Juni 1988 i.S. Radio Basilisk, E. 2b). Ist die
im Programmteil ausgestrahlte (unbezahlte) Werbung jedoch geeignet, die
Programmvorschriften der Konzession zu verletzen, stellt sich die Frage
nach der Zuständigkeit der Unabhängigen Beschwerdeinstanz.

    Aus dem Werbeverbot in Art. 15 der Konzession lässt sich für den
Programmauftrag in Art. 4 der Konzession ableiten, dass die Programme
nicht zu unbezahlter Werbung missbraucht werden dürfen. Das Programm
dient der Information und Unterhaltung, nicht aber der Werbung. Es
würde die Konzession verletzen, wenn die Programmgestalter zuliessen,
dass Programme als Plattform für (unbezahlte) Werbung benützt werden. Ob
solches zutrifft, gehört zur Programmbeurteilung. Mit dem Bundesbeschluss
sollte die Programmbeurteilung der Verwaltungsbehörde (dem Eidgenössischen
Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement) entzogen werden. Zuständig
zur Feststellung von Konzessionsverletzungen durch unbezahlte indirekte
Werbung ist deshalb die Unabhängige Beschwerdeinstanz. Da es sich bei
der umstrittenen Sequenz über den "Blick" höchstens um unbezahlte Werbung
handelte, hatte die Unabhängige Beschwerdeinstanz darüber zu entscheiden.

Erwägung 6

    6.- Ein Verstoss gegen die Programmforderungen, wie sie sich aus
Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 der neuen Konzession ergeben und wie sie die
Rechtsprechung schon unter der alten Konzession umschrieben hat (E. 5a),
setzt stets eine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht seitens
der Medienschaffenden voraus, dies zwar nicht im Sinne eines subjektiv
vorwerfbaren Verhaltens, jedoch im Sinne eines objektiven Verstosses gegen
die Pflicht zu Sorgfalt und Lauterkeit (CORBOZ, Le contrôle populaire des
émissions de la radio et de la télévision, in: Mélanges Robert Patry 1988,
S. 292). Qualität und Mass dieser journalistischen Sorgfaltspflicht können
nicht allgemein formuliert werden, sondern nur unter Berücksichtigung
des Charakters und der Eigenheiten des Sendegefässes. Das hat die
Rechtsprechung beispielsweise in bezug auf tägliche Nachrichtensendungen
anerkannt (BGE 114 Ib 208 E. 3e). Wo es um Informationssendungen geht,
gelten bezüglich Objektivität und sachgerechter Darstellung besondere
Anforderungen (VPB 1986 Nr. 80 S. 485 E. 2 mit Hinweisen und Nr. 81
S. 489 E. 8; BGE 114 Ib 206 ff. E. 3a-e; ZBl 83/1982 S. 225 ff. E.
4). Die persönlichen Meinungsäusserungen zugezogener Sendungsteilnehmer
(Studiogäste) dagegen unterliegen konzessionsrechtlich nicht jenen
Massstäben, wie sie für Aussagen des Mediums selber gelten (VPB 1986 Nr. 52
S. 347 E. 6 am Anfang). Hier sind, von der Natur der Sache her, andere
Erfordernisse verlangt. Wo nicht die Medienschaffenden die Fachleute
und Hauptauskunftquellen sind, sondern eingeladene Sendungsteilnehmer,
gebietet die journalistische Sorgfaltspflicht unter anderem eine umsichtige
Vorbereitung der Sendung (zum Beispiel genügende Vorarbeiten technischer,
personeller und konzeptioneller Art, wenn nötig rechtzeitige und ernsthafte
Einladung, in zumutbarem Rahmen Gegenposition zu vertreten) und, sofern
notwendig, die Intervention im Laufe der Sendung (VPB 1986 S. 490 f. E. 9a,
c). Bei direkt übertragenen Diskussionssendungen bestehen gewisse Risiken,
die sich nicht ganz vermeiden lassen; heikle oder brennende Themen sollen
deshalb aber nicht vom Fernsehen verbannt werden (VPB 1986 Nr. 81 S. 491
E. 9e). Hat sich indessen ein von aussen beigezogener Sendungsteilnehmer
in offensichtlich unzulässiger Weise geäussert oder verhalten, so hat der
Veranstalter noch in der Sendung für Ausgleich oder Richtigstellung zu
sorgen. Auf welche Weise der Veranstalter eingreift, liegt in seinem,
ihm durch die Programmautonomie gewährleisteten Handlungsspielraum.
Konzessionsrechtlich erforderlich ist, dass Ausgleich oder Richtigstellung
in der Gesamtwirkung der Sendung effektiv zum Ausdruck gelangen und dass
er die Waffengleichheit unter den beigezogenen Diskussionsteilnehmern
gewährleistet, also nicht zum Beispiel die eine Seite ungebührlich
bevorteilt und die andere Seite der Lächerlichkeit preisgibt (in diesem
Sinne das bereits erwähnte Urteil vom 25. November 1988 in Sachen EOS).

Erwägung 7

    7.- a) Bezüglich der "Blick"-Sequenz sieht die Unabhängige
Beschwerdeinstanz eine Konzessionsverletzung darin, dass der Moderator
nicht reagierte, als die Sendung zu einer werbenden Selbstdarstellung
des "Blick" bzw. der drei "Seite-3-Girls" zu entgleiten drohte. Es gehe
nicht an, einer Zeitung im Rahmen einer Programmsendung eine Plattform
zu bieten, von der aus sie, weitgehend unwidersprochen, einen Teil ihres
redaktionellen und journalistischen Selbstverständnisses werbespotähnlich
präsentieren könne.

    b) Tatsächlich hat der von drei "Blick"-Girls begleitete
stellvertretende Chefredaktor den zur Diskussion stehenden Aspekt
journalistischer Strategie seines Blattes in einer Weise unter
das Publikum gebracht, dass die Sequenz wohl zu einer effektvollen
Selbstdarstellung des "Blick" geriet. Ein entschiedeneres und früheres
Eingreifen wäre sicherlich wünschbar gewesen. Wie die Erfordernisse
der Sachgerechtigkeit und Ausgewogenheit als Kriterien der Objektivität
(vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 23. Juni 1989 i.S. Einwohnergemeinde
Zug, S. 11 f.), darf aber auch die Verpflichtung zur Intervention nicht
derart streng gehandhabt werden, dass die Freiheit und Spontaneität der
Programmgestalter verloren gehen, zumal es die besonders schwierigen
Randbedingungen einer Publikums-Direktsendung zu berücksichtigen gilt. Ob
der "Blick" sich in dieser Sendung wirklich werbewirksam darstellen konnte,
ist zudem fraglich. Praxisgemäss verbietet es sich jedenfalls, bereits
einzugreifen, wenn eine Sendung nicht in jeder Hinsicht zu befriedigen
vermag (Urteil i.S. Einwohnergemeinde Zug, S. 12).

    Die in Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 der Konzession festgelegten
Programmanforderungen sind somit nicht verletzt. Das angefochtene Urteil
der Unabhängigen Beschwerdeinstanz ist deshalb aufzuheben, soweit darin
festgestellt wird, die Sequenz über den "Blick" habe die Konzession für
die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft verletzt.

Erwägung 8

    8.- a) In Bezug auf die Sequenz mit Frau Ranke-Heinemann
ist einzuräumen, dass an Radio und Fernsehen auch extreme Meinungen
geäussert werden dürfen, die nur von wenigen geteilt werden. Es dürfen
also auch Personen in Sendungen auftreten, von welchen bekannt ist, dass
sie provozieren oder ihre Anliegen polemisch vertreten. Ferner weckt
das Konzept einer Sendung wie "Grell-Pastell", welches mit dem Anspruch
auftritt, als Informations- und Diskussionsforum mit Unterhaltungscharakter
schwergewichtige Themen in lockerer Form und unter Einbezug des Publikums
aufzuarbeiten, an sich konzessionsrechtlich keine Bedenken. Bezieht aber
der Veranstalter so ausgesprochen heikle und empfindliche Themen wie
zum Beispiel die katholische Sexuallehre in eine Sendung unterhaltenden
Charakters mit ein, so ergeben sich daraus qualifizierte Anforderungen
an die Sorgfaltspflichten bezüglich Konzeption und Moderation der Sendung.

    b) Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass die Beschwerdeführerin
allein mit der Einladung von Frau Ranke-Heinemann in "Grell-Pastell"
die Konzession nicht verletzte. Auch ist der Veranstalterin zugute
zu halten, dass der angegriffenen Institution, hier der katholischen
Kirche, durch einen Vertreter, Pater Trauffer von der Schweizerischen
Bischofskonferenz, Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wurde, welche
dieser auch wahrnahm. Insbesondere hatte Pater Trauffer in der umstrittenen
Passage das letzte Wort, und nach seinen telefonischen Ausführungen wurden
beim anwesenden Publikum doch Stille und eine gewisse Nachdenklichkeit
spürbar. Dieser Versuch zu einem Ausgleich reicht indessen unter den
vorliegenden Umständen nicht aus, um dem Vorwurf der Konzessionsverletzung
zu entgehen.

    Denn es darf nicht - und dies ist entscheidend - die Art und Weise
ausser acht gelassen werden, wie sich die beanstandete Sendung, zumindest
bis zur Sequenz mit Frau Ranke-Heinemann, abwickelte. Die Sendung verlief
von Anfang an so leichtgeschürzt und in einer - am Fernsehen DRS sonst
ungewohnten - Atmosphäre banalen Sexamüsements, dass in diesem Rahmen
eine sachliche Diskussion über heikle Lebensfragen und ethisch-religiöse
Grundwerte nicht möglich war. Aufgrund der Sendungsvorbereitungen war
den Programmschaffenden klar, dass sich Frau Ranke-Heinemann zu der auch
innerhalb der katholischen Kirche kontrovers diskutierten und umstrittenen
Sexuallehre äussern würde. Aus ihren Schriften war ferner bekannt,
dass sie sich in äusserst polemischer Art auszudrücken pflegt. Das ist
denn auch in der Sendung geschehen. Dabei ging es aber um ein für viele
Katholiken zentrales Glaubensanliegen. So bedeutungsvolle Fragen können
nicht gleichsam zur Schau gestellt und der Lächerlichkeit preisgegeben
werden. Im Rahmen dieser Sendung Frau Ranke-Heinemann gleichwohl auftreten
zu lassen, konnte zu nichts anderem beitragen, als die unversöhnliche,
allen anderen Auffassungen gegenüber völlig rücksichtslose Stimmung des
Publikums noch mehr anzuheizen. Daher bleibt im Gesamteindruck der Sendung
die kabarettistisch wirkende Verunglimpfung von Institution und Oberhaupt
der katholischen Kirche haften, woran die Intervention des Pater Trauffer
nichts ändert. Wenn aber schon die Beschwerdeführerin die katholische
Morallehre in eine dem Thema Sex gewidmete "Grell-Pastell"-Sendung aufnahm,
dann hätte dies in einem Rahmen und unter organisatorischen Vorkehren
geschehen müssen, welche diesem Gegenstand angemessen waren.

    c) Vorliegend wäre das mit einem Auftritt der Frau Ranke-Heinemann
im zweiten Sendeteil ohne weiteres oder - bei besserer Strukturierung
des Showteiles, welcher diesfalls verschiedene, je themengerechte,
auffangende Stilebenen der Darstellung und des Gespräches umfasst hätte -
auch vorher möglich gewesen. So wie die Sendung aber vorliegend konzipiert
war, ist es unerfindlich, warum das heikelste, mit grösstem Takt und
geistigem Anspruch zu behandelnde Thema mitten in den Show-Teil plaziert
wurde. Das ist konzessionsrechtlich unhaltbar. Das führt zur Abweisung
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit diese die Sequenz mit Frau
Ranke-Heinemann betrifft.