Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 116 IB 331



116 Ib 331

42. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 11.
Dezember 1990 i.S. Schweizerische Kreditanstalt und CS Holding gegen
Eidgenössische Bankenkommission (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 4 Abs. 1 BankG und Art. 12 Abs. 2 BankV; Eigenmittelvorschriften.

    1. Beschwerdebefugnis: Kein schutzwürdiges Interesse aufgrund der
Aktionäreigenschaft als solcher (E. 1c).

    2. Den aus der wirtschaftlichen Einheit der im Bank- und Finanzsektor
tätigen Konzerngesellschaften erwachsenden Risiken ist mit ausreichenden
Eigenmitteln auf Konzernebene zu begegnen. Analoge Anwendung von Art. 12
Abs. 2 BankV auf den atypischen Bankkonzern vorliegendenfalls bejaht
(E. 2).

    3. Kriterien für die Beurteilung, ob sich in einem atypischen
Bankkonzern für eine der Aufsicht der Eidgenössischen Bankenkommission
unterstehende Bank über die rechtlichen Verpflichtungen hinaus aus dem
wirtschaftlichen Verbundsystem Risiken ergeben (E. 3).

    4. Eine negative Patronatserklärung kann solche Risiken nicht abwenden
(E. 6).

Sachverhalt

    A.- Die CS Holding wurde am 1. März 1982 durch die Jubiläumsstiftung
der Schweizerischen Kreditanstalt gegründet. Das Aktienkapital von
Fr. 50'000.-- wurde anfangs durch die Jubiläumsstiftung und nachher
durch die Mitglieder der Kontrollstelle der Schweizerischen Kreditanstalt
gehalten. Mit Beschluss der Generalversammlung vom 26. März 1982 übertrug
die Schweizerische Kreditanstalt die bisher von ihr gehaltene 49%
stimmrechtsmässige Beteiligung an der Financière Crédit Suisse - First
Boston sowie 1,4% Beteiligung an der Elektrowatt AG (43,9% verblieben bei
der Schweizerischen Kreditanstalt) auf die Holding. Die Financière Crédit
Suisse - First Boston hielt bis Ende 1988 eine gegenseitige Beteiligung an
der First Boston Inc. (Muttergesellschaft der bedeutenden US-Investmentbank
First Boston Corp.) von je 40%.

    Mit Schreiben vom 16. März 1983 liess die Eidgenössische
Bankenkommission der Schweizerischen Kreditanstalt folgende Empfehlung
zukommen:

    "1. Die CS Holding gehört, ob ihre Aktien von der Jubiläums-Stiftung
der

    SKA oder von Mitgliedern der Kontrollstelle der SKA gehalten werden,
zur

    SKA-Gruppe, von der sie beherrscht wird.

    2. Die SKA muss daher die CS Holding und die von ihr beherrschten

    Gesellschaften des Bank- und Finanzbereiches, zu welchen die Financière

    Crédit Suisse-First Boston (FCSFB) gehört, in ihre konsolidierte

    Eigenmittelberechnung einbeziehen.

    3. Im Hinblick auf die mit der First Boston Inc., Delaware USA,
   bestehenden, die partnerschaftliche Zusammenarbeit regelnden Verträge,
   wird der SKA gestützt auf Art. 4 Abs. 3 BankG eine Erleichterung von 30%
   auf den bei der Konsolidierung der FCSFB erforderlichen Eigenmitteln
   gewährt.

    4. Diese Regelung gilt auch wenn die SKA-Gruppe das Aktienpaket der

    Ludwig-Stiftung an der FCSFB erwirbt, und solange, als die Verträge mit
   der First Boston Inc. keine wesentlichen Änderungen erfahren.

    5. Die SKA hat der EBK Änderungen der Beteiligungs-Verhältnisse an der

    FCSFB oder der Verträge über die Zusammenarbeit mit der First
Boston Inc.
   zu melden."

    Die Schweizerische Kreditanstalt erklärte sich mit Schreiben vom
21. März 1983 - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - bereit, die
Empfehlung anzunehmen. Sie erachtete jedoch weder die Konsolidierung
der CS Holding durch die Schweizerische Kreditanstalt noch den Einbezug
der Financière Crédit Suisse - First Boston in den Konsolidierungskreis
als gerechtfertigt.

    Nachdem die Beteiligung der CS Holding an der Financière Crédit
Suisse - First Boston auf kapitalmässig 50,8% und stimmrechtsmässig 60%
erhöht wurde, beschloss die Eidgenössische Bankenkommission 1987, die
aufgrund der erwähnten Empfehlung geltende Regelung zu überprüfen. Zu
einem formellen Entscheid der Eidgenössischen Bankenkommission kam es
jedoch nicht, weil in einer aussergewöhnlichen Aktionärsversammlung der
First Boston Inc. am 22. Dezember 1988 eine entscheidende Umstrukturierung
beschlossen wurde. An der Spitze der neuen CS First Boston-Gruppe steht
die CS First Boston Inc., eine Holdinggesellschaft, die unter sich die
Financière Crédit Suisse - First Boston, die First Boston Inc. sowie die
CS First Boston Pacific vereinigt. Aktionäre der CS First Boston Inc.,
welche keine Publikumsgesellschaft ist, sind mit 44,5% die CS Holding, mit
25% das Management der CS First Boston-Gruppe und mit 10% die Metropolitan
Life Insurance Company. Die restlichen 20,5% wurden ursprünglich durch
einen saudiarabischen Übergangsaktionär gehalten, sollten aber vor allem
im asiatischen Raum, insbesondere in Japan, längerfristig plaziert werden.

    Noch bevor die Eidgenössische Bankenkommission zur neuen Situation
Stellung nehmen konnte, fand aufgrund eines Beschlusses der Verwaltungsräte
der Schweizerischen Kreditanstalt und der CS Holding vom 22. März 1989
eine zweite Umstrukturierung statt. Mit einer Aktienkapitalerhöhung der
CS Holding und durch den erfolgreichen Umtausch einer SKA-Aktie und
eines CS Holding-Partizipationsscheines gegen 1,1 CS Holding-Aktie
wurde die CS Holding zur Muttergesellschaft der Schweizerischen
Kreditanstalt. Gleichzeitig verkaufte die Schweizerische Kreditanstalt der
CS Holding noch die restlichen bisher von der Schweizerischen Kreditanstalt
gehaltenen 43,9% an der Elektrowatt sowie ihre 94% Beteiligung an der
Fides Holding, Zürich (in der Zwischenzeit noch erhöht).

    Die CS Holding verfügt jetzt über ein Aktienkapital von Fr. 2,35
Mia. Sie ist an der Börse unter "Schweizerische Finanzgesellschaften"
kotiert. Die Schweizerische Kreditanstalt ist die weitaus wichtigste
Beteiligung der CS Holding (83% am Eigenkapital gemessen). Der
Verwaltungsrat der CS Holding ist vorderhand mit demjenigen der
Schweizerischen Kreditanstalt identisch. Die Geschäftsleitung der Holding
besteht aus je einem Vertreter der Beteiligungen, sowie dem einzigen
vollamtlich tätigen Mitglied und dem vollamtlich tätigen Direktor.

    Am 1. September 1989 verfügte die Eidgenössische Bankenkommission
folgendes:

    "1. Die Schweizerische Kreditanstalt, Zürich, wird angewiesen,
der Eidg.

    Bankenkommission alljährlich, erstmals per 31. Dezember 1989, eine
   konsolidierte Bilanz der CS Holding einzureichen.

    2. In die konsolidierte Bilanz der CS Holding ist deren Beteiligung an
   der CS First Boston quotenkonsolidiert einzubeziehen.

    3. Die Schweizerische Kreditanstalt wird angewiesen, alljährlich,
   erstmals per 31. Dezember 1989 innert 6 Monaten, einen aufgrund
   der Vorschriften des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen
   und der Bankenverordnung erstellten Eigenmittelausweis für den CS
   Holding-Konzern der Eidg.

    Bankenkommission einzureichen.

    4. Wenn der gemäss Ziff. 3 berechnete Eigenmittelausweis des CS

    Holding-Konzerns einen Fehlbetrag ausweist, wird bei der SKA im Umfang
   dieses Fehlbetrages ein Eigenmittelzuschlag erhoben.

    5. Der SKA wird zur Erfüllung der Ziff. 4 hievor eine Übergangsfrist
bis
   zum 31. Dezember 1991 gewährt. Diese Frist kann auf begründetes Gesuch
   hin von der Eidg. Bankenkommission verlängert werden.

    6. Die Revisionsstelle hat die Einhaltung dieser Verfügung zu
überprüfen
   und das Prüfungsergebnis im Revisionsbericht festzuhalten.

    7. Die Verfahrenskosten von Fr. 5'396.--, bestehend aus einer

    Spruchgebühr von Fr. 4'000.-- und den Schreibgebühren von Fr. 396.--,
   werden der Schweizerischen Kreditanstalt auferlegt."

    Gegen diese Verfügung richten sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerden
der Schweizerischen Kreditanstalt und der CS Holding mit den Anträgen,
die angefochtene Verfügung sei aufzuheben, eventualiter sei die Sache zu
neuer Entscheidung an die Eidgenössische Bankenkommission zurückzuweisen.
Subeventuell beantragt die Schweizerische Kreditanstalt, es sei ihr
aufzuerlegen, in ihrem Geschäftsbericht (und allenfalls in anderen
Dokumenten) in angemessener Form darauf aufmerksam zu machen, dass
sie keine Beistandspflichten zugunsten anderer Tochtergesellschaften
der CS Holding (Schwester- bzw. Halbschwestergesellschaften der
Beschwerdeführerin) anerkennt.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um eine Verfügung
im Sinne von Art. 97 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 VwVG.
Die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) ist eine eidgenössische
Kommission gemäss Art. 98 lit. f OG. Nach dieser Bestimmung ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig, soweit das Bundesrecht dieses
Rechtsmittel unmittelbar gegen die Verfügungen der eidgenössischen
Kommission vorsieht. Das trifft hier zu, können doch nach Art. 24 des
Bundesgesetzes vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen
(BankG; SR 952.0) die Verfügungen der Eidgenössischen Bankenkommission
mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden.

    b) Ob die Beschwerdebefugnis gegeben ist, muss von Amtes wegen geprüft
werden. Die Legitimation zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Entscheide
der Eidgenössischen Bankenkommission ist ausschliesslich nach den
Bestimmungen des OG zu beurteilen. Demnach ist nur beschwerdeberechtigt,
wer im Sinne von Art. 103 lit. a OG durch die angefochtene Verfügung
berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder
Änderung hat. Die Schweizerische Kreditanstalt ist als Verfügungsadressatin
beschwerdeberechtigt. Da auch die übrigen Beschwerdevoraussetzungen
erfüllt sind, ist auf ihre Beschwerde einzutreten.

    c) An der Aufhebung bzw. Änderung von Verfügungen, welche - wie
vorliegend - gegen eine AG ergehen, haben Aktionäre als bloss mittelbar
Betroffene grundsätzlich kein schutzwürdiges Interesse; jedenfalls besteht
ein solches nicht schon aufgrund der Aktionäreigenschaft als solcher
(BGE 101 Ib 109/110 mit Hinweisen). Allerdings hat das Bundesgericht
die Beschwerdebefugnis des Alleinaktionärs einmal in einer Angelegenheit
bejaht, in welcher diese Frage gar nicht entscheidrelevant war (BGE 110
Ib 110 E. 1d). Dieser Entscheid hat denn auch zu Kritik Anlass gegeben
(FRITZ GYGI, Vom Beschwerderecht in der Bundesverwaltungsrechtspflege,
recht 1986, S. 10; ZBJV 122 (1986), S. 443). Es leuchtet zwar ein, dass
ein Allein- bzw. Hauptaktionär wegen seines bedeutenderen Aktienbesitzes
mehr als ein Minderheitsaktionär von einem Entscheid der Eidgenössischen
Bankenkommission betroffen sein kann. Ein solches quantitatives Kriterium
scheint jedoch ungeeignet, um über eine allfällige Beschwerdebefugnis
eines Aktionärs zu entscheiden. Im Unterschied zu Kleinaktionären
haben Haupt- bzw. Alleinaktionäre nämlich die Möglichkeit, die
Gesellschaft zur Beschwerdeführung zu bewegen und im Rahmen jenes
Verfahrens ihre Argumente einfliessen zu lassen. Wie die Eidgenössische
Bankenkommission zutreffend hervorhebt, würde sich in dieser Hinsicht
sogar die Frage aufdrängen, ob nicht eher der Kleinaktionär zu schützen
wäre. Nach konstanter Rechtsprechung besteht jedoch - wie bereits
erwähnt - aufgrund der Aktionäreigenschaft kein ausreichendes eigenes
Rechtsschutzbedürfnis. Aufgrund ihrer Stellung als Hauptaktionärin ist
die CS Holding daher nicht zur Beschwerde legitimiert.

    Die CS Holding macht ausserdem geltend, sie werde von der angefochtenen
Verfügung nicht nur als Hauptaktionärin der Schweizerischen Kreditanstalt
berührt. Die angefochtene Verfügung auferlege ihr nämlich Rechtspflichten,
welche die Eidgenössische Bankenkommission nur gegenüber einer dem BankG
unterstehenden Bank verfügen dürfe, und unterstelle sie somit faktisch dem
BankG. Die angefochtene Verfügung schafft jedoch einzig Rechtspflichten
für die Schweizerische Kreditanstalt, welche unbestrittenermassen
dem BankG untersteht. Soweit die CS Holding durch die rechtlichen
Anordnungen gegenüber der Schweizerischen Kreditanstalt mitbetroffen ist,
hängt das mit der Konzernstruktur zusammen. Die Interessen der Holding
können durch die Verfügungsadressatin vertreten werden. Da eine zulässige
Beschwerde derselben vorliegt kann die Frage, ob die CS Holding ihrerseits
beschwerdeberechtigt ist, offengelassen werden.

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführerinnen rügen, für die angefochtene Verfügung
fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Sowohl die Annahme einer
Konsolidierungs- und Unterlegungspflicht gestützt auf Art. 12 Abs. 2
der Verordnung vom 17. Mai 1972 über die Banken und Sparkassen (BankV;
SR 952.02) als auch die Verschärfung der Eigenmittelunterlegung aufgrund
von Art. 4 Abs. 3 BankG seien im vorliegenden Fall unhaltbar.

    a) Gemäss Art. 4 Abs. 1 BankG haben die Banken dafür zu sorgen,
dass ein angemessenes Verhältnis besteht zwischen ihren eigenen
Mitteln und ihren gesamten Verbindlichkeiten sowie zwischen ihren
greifbaren Mitteln und leicht verwertbaren Aktiven einerseits und ihren
kurzfristigen Verbindlichkeiten anderseits. Die hierüber unter normalen
Umständen einzuhaltenden Richtlinien setzt die Vollziehungsverordnung
fest (Art. 11 ff. BankV); sie umschreibt insbesondere den Begriff
der "eigenen Mittel" (Art. 4 Abs. 2 BankG). Der 1980 im Rahmen der
Revision der Verordnung eingefügte und später vom Bundesgericht als
gesetzmässig anerkannte (BGE 108 Ib 80 ff. E. 3) Art. 12 Abs. 2 BankV
schreibt vor, dass die Banken konsolidierte Bilanzen der von ihnen
direkt oder indirekt beherrschten, im Bank- oder Finanzbereich tätigen
Unternehmungen und Immobiliengesellschaften mit Sitz im In- oder Ausland
zu erstellen und die Eigenmittelanforderungen sowohl aufgrund ihrer
eigenen als auch der konsolidierten Bilanz zu erfüllen haben. Ziel der
Verordnungsrevision war unter anderem, über die Einzelunternehmung hinaus
den Bankkonzern als Ganzes zu erfassen. Aus der Diskussion um das Ausmass
der Eigenmittelbeschaffung im Bankkonzern ging hervor, dass moralische
Verpflichtungen und Rücksichtnahme auf den eigenen Ruf die schweizerische
Bank (Obergesellschaft) trotz rechtlicher Haftungsbeschränkung zur
Befriedigung der Gläubiger der Untergesellschaft zwingen können
(BODMER/KLEINER/LUTZ, Kommentar zum schweizerischen Bankengesetz, zu
Art. 4, N. 54). Es wurde also anerkannt, dass im klassischen Bankkonzern
für die Obergesellschaft über ihre rechtlichen Verpflichtungen hinaus
zusätzliche Risiken aus den Geschäften der Untergesellschaft bestehen.
Der Bankkonzern wird nämlich stärker als der Industrie- oder Handelskonzern
als wirtschaftliche Einheit wahrgenommen. Wie die Eidgenössische
Bankenkommission hervorhebt, stellt der Bankkonzern ein empfindlich
reagierendes Verbundsystem dar, in welchem die Insolvenz eines Gliedes
zum Vertrauensentzug gegenüber den andern Gliedern führt. Im klassischen
Bankkonzern lasten die aus der wirtschaftlichen Einheit erwachsenden
Risiken auf der Konzernspitze mit Bankstatus. Diesen zusätzlichen Risiken
für die Konzernspitze wird gemäss Art. 12 Abs. 2 BankV mit der Anforderung
an die Eigenmittel auf konsolidierter Basis Rechnung getragen.

    b) Es trifft zu, dass sich der Konkurs einer Tochtergesellschaft
zwar in der Bilanz der Muttergesellschaft auswirken kann, hingegen keine
direkte Auswirkung auf die Bilanz der Schwestergesellschaft zeitigt. Dieser
Unterschied beruht jedoch auf dem Fehlen eines Beteiligungsverhältnisses im
zweiten Fall und ist für die hier interessierende Problematik belanglos,
geht es doch um unabhängig von einem Beteiligungsverhältnis und von der
rechtlichen Ausgestaltung der Konzernstruktur aufgrund der wirtschaftlichen
Einheit des Bankkonzerns bestehende Risiken. Neben den Risiken aus ihrer
eigenen Geschäftstätigkeit können nämlich auf einer Bank auch Risiken
aus der Geschäftstätigkeit rechtlich von ihr getrennter Unternehmungen
des Bank- und Finanzsektors lasten, mit denen sie zu einem Bank- und
Finanzkonzern verbunden ist. Wie die Eidgenössische Bankenkommission am
Fall Drexel zeigt, besteht innerhalb eines wie immer gearteten Bankkonzerns
eine faktische Abhängigkeit der Solvenz und Vertrauenswürdigkeit der
einzelnen Gesellschaften. Auch ohne rechtliche Verpflichtungen und ohne
Beteiligungsverhältnis kann eine Bank unter Umständen zur Erhaltung ihrer
eigenen Kreditwürdigkeit faktisch gezwungen sein, die Zahlungsfähigkeit der
Konzerngesellschaften des Bank- und Finanzsektors zu erhalten und für deren
Verbindlichkeiten einzustehen. Zwecks Vermeidung einer solchen Notlage
ist es daher im Interesse der Bank, auf welcher die aufgezeigten Risiken
lasten, bzw. im Interesse der Bankgläubiger, dass genügend Eigenmittel
im Konzern vorhanden sind. Eine Bank lässt sich deshalb nicht isoliert
beaufsichtigen, sondern es muss ihr ganzes Konzern-Umfeld einschliesslich
der übergeordneten Holding-Gesellschaft und der Schwestergesellschaften
in die Risikobeurteilung miteinbezogen werden.

    c) Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei den massgeblichen
Verordnungsvorschriften um unter normalen Umständen einzuhaltende
Richtlinien. Darum ist Art. 12 Abs. 2 BankV, der die Erfassung der
über die rechtlichen Verpflichtungen hinausgehenden Risiken bezweckt,
auf den klassischen Bankkonzern zugeschnitten. Es entspräche jedoch
nicht dem Zweck der Eigenmittelvorschriften, der in erster Linie
im Gläubigerschutz liegt, wenn den im atypischen Bankkonzern auf dem
wirtschaftlichen Verbundsystem beruhenden Risiken nur deshalb nicht mit
einer entsprechenden Anforderung an die Eigenmittel Rechnung getragen
würde, weil der Bankkonzern anders strukturiert ist, d.h. weil an
der Konzernspitze keine Bank sondern eine reine Holdinggesellschaft
steht. Die Schweizerische Kreditanstalt hat lediglich die Struktur
des von ihr geschaffenen Bankkonzerns verändert, ohne Risiken aus der
Geschäftstätigkeit im Bank- und Finanzsektors von einzelnen Konzernglieder
oder -teilen abzuschütteln. Es entspräche nicht dem Zweck der Aufsicht,
wenn sie sich dadurch den Eigenmittel-Anforderungen entziehen könnte. Da im
Bankkonzern - unabhängig von dessen formalrechtlichen Struktur - Risiken
aufgrund der wirtschaftlichen Einheit der im Bank- und Finanzbereich
tätigen Konzerngesellschaften bestehen können, ist Art. 12 Abs. 2
BankV analog auch auf den atypischen Bankkonzern der Schweizerischen
Kreditanstalt anzuwenden.

Erwägung 3

    3.- Ferner wird geltend gemacht, der von der Eidgenössischen
Bankenkommission behauptete faktische Beistandszwang der Schweizerischen
Kreditanstalt zugunsten der Halbschwestergesellschaft bestehe nicht.

    a) Es liegt auf der Hand, dass für die Beurteilung der sich in
einem atypischen Bankkonzern für eine der Aufsicht der Eidgenössischen
Bankenkommission unterstehende Bank aus dem wirtschaftlichen Verbundsystem
ergebenden Risiken eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an Stelle
einer formalrechtlichen Betrachtung Platz zu greifen hat. Wie auch im
klassischen Bankkonzern beruhen diese Risiken ja eben nicht auf rechtlichen
Verpflichtungen der Bank gegenüber andern Konzerngesellschaften. Wie die
Eidgenössische Bankenkommission zutreffend festhält, besteht ein faktischer
Beistandszwang einer Bank gegenüber einem anderen Unternehmen des Bank- und
Finanzbereiches grundsätzlich dann, wenn aufgrund öffentlich zugänglicher
Informationen eine derart enge Verbindung zwischen beiden Gesellschaften
hergestellt wird, dass sie als Bestandteile derselben wirtschaftlichen
Einheit bzw. Unternehmung erscheinen. Dies ist namentlich der Fall,
wenn Verbindungselemente wie gleiche Firma oder Firmenbestandteile,
Kapitalverflechtungen vertikaler oder horizontaler Natur, personelle
Verflechtung der Organe, die auf einheitliche oder koordinierte Leistung
schliessen lassen, sowie Synergien und Marktaufteilungen vorliegen.

    b) Auch nach der 1989 erfolgten Umstrukturierung handelt es
sich bei der daraus hervorgegangenen CS Holding-Gruppe um einen
schwerpunktmässig im Bankgeschäft tätigen Konzern. Durch die kürzliche
Übernahme einer Mehrheitsbeteiligung an der Leu Holding wurde die
Dominanz des Bankgeschäftes in der CS Holding noch verstärkt. Ferner
sind die erwähnten (E. 3a), auf eine wirtschaftliche Einheit zwischen
Gesellschaften hinweisenden Verbindungselemente im Verhältnis
Schweizerische Kreditanstalt/CS Holding/CS First Boston alle vorhanden.

    - Das Kürzel "CS" für "Crédit Suisse" hat sich weltweit
durchgesetzt. Selbst im deutschsprachigen Raum wird es bereits in der
Bezeichnung einzelner Dienstleistungen verwendet. Eine im Finanzbereich
tätige Gesellschaft, deren Firmenname "CS" enthält, wird daher
unvermeidlich der Schweizerischen Kreditanstalt zugerechnet.

    - Eine Kapitalverflechtung liegt insofern vor, als die Schweizerische
Kreditanstalt die grösste Beteiligung der CS Holding darstellt und diese
sowohl bei der Schweizerischen Kreditanstalt als auch bei der CS First
Boston wichtigste Aktionärin ist. Dass der CS Holding gegenüber der CS
First Boston eine bedeutende Stellung zukommt, zeigen nicht nur die ihr
eingeräumten Möglichkeiten, auf die Bank Einfluss zu nehmen, sondern auch
die im März dieses Jahres der amerikanischen Investmentbank erbrachte
Hilfeleistung. Bei dieser Gelegenheit wurde offensichtlich, dass bei
Schwierigkeiten der CS First Boston der faktische Beistandszwang (in
erster Linie) die CS Holding und damit hauptsächlich die Schweizerische
Kreditanstalt trifft. Neuerdings wird eine weitere Refinanzierung der CS
First Boston notwendig, bei der die CS Holding ihre Beteiligung um US$
300 Mio. erhöhen will, womit sie eine Mehrheitsbeteiligung von 60% erlangen
und auch die Mehrheit im Verwaltungsrat der CS First Boston stellen wird.

    - Da die Schweizerische Kreditanstalt schon wegen der Grösse der
Beteiligung in der CS Holding Gruppe eine dominierende Stellung inne hat,
ist nicht erstaunlich, dass die CS Holding in den Medien nicht selten,
und zwar auch in neuerer Zeit, mit der Schweizerischen Kreditanstalt
gleichgesetzt wird.

    - Die vollständige Identität der beiden Verwaltungsräte und die
Dominanz der Schweizerischen Kreditanstalt in der Geschäftsleitung
der Holding zeigen die personelle Verflechtung zwischen den
Beschwerdeführerinnen. Eine koordinierte Leitung der Konzerngesellschaften
wäre jedoch selbst bei zukünftig weniger ausgeprägter personeller
Verflechtung der Organe gewährleistet. Die angekündigte personelle Änderung
hätte in dieser Hinsicht somit keine massgebliche Auswirkung.

    - Die Synergie bzw. globale Marktaufteilung und -zuordnung zwischen
den im Bank- und Finanzbereich tätigen Schwestergesellschaften wird -
wie auch neuere Zeitungsberichte bestätigen - von der Schweizerischen
Kreditanstalt selber als wesentliche Stärke der Gruppe dargestellt.

    Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen kann aus der
Tatsache, dass die Schweizerische Kreditanstalt und die CS First Boston
durch die Rating Agenturen unterschiedlich beurteilt werden, nicht
geschlossen werden, es fehle an einem faktischen Beistandszwang. Aus
dem Bericht der Rating Agentur Moody's geht klar hervor, weshalb die CS
First Boston relativ schlecht gewertet wird ("Moody's Industry Outlook,
US Securities Industry", October 1989). Ferner können selbst Mutter-
und Tochtergesellschaft unterschiedliche Ratings aufweisen, obwohl ein
faktischer Beistandszwang der Muttergesellschaft nicht angezweifelt
wird. Im übrigen ist auch die Rating Agentur Moody's der Meinung,
dass die Schweizerische Kreditanstalt faktisch gezwungen wäre, einer in
Schwierigkeiten geratenen Schwestergesellschaft zu helfen, und dass die
Verbindung der CS First Boston zur CS Holding und zur Schweizerischen
Kreditanstalt einen wichtigen Gläubigerschutz darstellt (Moody's Bank
Credit Report, Crédit Suisse, October 1989, S. 4 sowie Moody's Corporate
Credit Report, CS First Boston, Inc., Financière Crédit Suisse - First
Boston, April 1990).

    Aus diesen Ausführungen geht hervor, dass die Bank- und
Finanzgesellschaften der CS Holding-Gruppe eine wirtschaftliche Einheit
bilden. Wer wen beherrscht, ist dabei nicht ausschlaggebend. Entscheidend
ist vielmehr, dass ein allfälliger Zusammenbruch der CS First Boston einen
Vertrauensschwund für die Schweizerische Kreditanstalt zur Folge hätte,
den sie mit allen Mitteln abzuwenden trachten müsste, was mit finanziellem
Beistand an die Schwestergesellschaft zu geschehen hätte. Das heisst,
dass die aus der wirtschaftlichen Einheit erwachsenden Risiken in erster
Linie auf der Schweizerischen Kreditanstalt als Hauptgesellschaft lasten.

Erwägung 4

    4.- Die Schweizerische Kreditanstalt wendet im übrigen ein, der
Einsatz eigener Mittel zugunsten einer Halbschwestergesellschaft sei ihr
von Gesetzes wegen untersagt. Dieser Einwand ist insofern nicht relevant,
als selbst wenn die Schweizerische Kreditanstalt der CS First Boston
keine Hilfeleistung erbringen könnte oder dürfte, dadurch an den aufgrund
des wirtschaftlichen Verbundsystems für die Schweizerische Kreditanstalt
bestehenden Risiken bzw. an den Auswirkungen einer Insolvenz der CS First
Boston auf die Schweizerische Kreditanstalt nichts geändert würde. Ziel
der von der Eidgenössischen Bankenkommission angeordneten Massnahmen ist
denn auch nicht, die Schweizerische Kreditanstalt zu einer Hilfeleistung
zu veranlassen, sondern im Interesse der Gläubiger im Konzern eine Notlage
infolge ungenügender Eigenmittel zu verhindern, die für die Schweizerische
Kreditanstalt einen Vertrauensschwund und die Gefahr der Illiquidität
zur Folge hätte.

Erwägung 5

    5.- Weiter wird geltend gemacht, die CS Holding sei ohne Unterstützung
der Schweizerischen Kreditanstalt in der Lage, einer in Schwierigkeiten
geratenen Tochtergesellschaft zu helfen. Die Aufnahme von Kapital
oder die teilweise Veräusserung von Beteiligungen würde ihr dabei zur
Mittelbeschaffung genügen.

    Die Auffassung, die Schweizerische Kreditanstalt wäre von
Schwierigkeiten der CS First Boston auch deshalb nicht betroffen, weil
die CS Holding jederzeit nach der Elektrowatt und der Fides auch noch
die Schweizerische Kreditanstalt an Dritte verkaufen oder wieder in
eine Publikumsgesellschaft umwandeln könnte und sich damit die nötigen
Liquiditäten für die Unterstützung der CS First Boston beschaffen würde,
erscheint wirklichkeitsfremd. Der Fall Drexel hat gezeigt, dass eine
Abkapselung der an sich solventen Gesellschaft diese vom Verlust der
Vertrauenswürdigkeit nicht bewahren konnte. Da die Insolvenz eines Gliedes
in einem Bank- und Finanzkonzern zum Vertrauensentzug gegenüber den andern
Gliedern führt, ist die Eidgenössische Bankenkommission berechtigt, den
Nachweis zu verlangen, dass im Konzern gesamthaft genügend Eigenmittel
vorhanden sind.

Erwägung 6

    6.- Für den Fall, dass das Vorliegen eines faktischen Beistandszwanges
bejaht würde, rügt die Beschwerdeführerin die Unverhältnismässigkeit der
verfügten Massnahmen und schlägt vor, eine negative Patronatserklärung
in ihre Dokumente einfliessen zu lassen.

    Wie bereits dargelegt, lasten auf der Schweizerischen Kreditanstalt
als Hauptgesellschaft des Bankkonzerns aus der wirtschaftlichen Einheit
der Bank- und Finanzgesellschaften erwachsende Risiken. Mit einer negativen
Patronatserklärung könnten diese Risiken natürlich nicht abgewendet werden,
da sie unabhängig von der Frage, ob die Schweizerische Kreditanstalt im
Extremfall eigene Mittel zugunsten der CS First Boston einsetzen würde,
bestehen. Allenfalls notwendig werdende abweichende geschäftspolitische
Entscheide könnte die vorgeschlagene Erklärung auch nicht verhindern. Die
angeordneten Massnahmen hingegen tragen den sich aus dem wirtschaftlichen
Verbundsystem im Bankkonzern ergebenden Risiken angemessen Rechnung;
sie sind folglich nicht unverhältnismässig.

Erwägung 8

    8.- Zusammenfassend ergibt sich, dass für die Schweizerische
Kreditanstalt als Hauptgesellschaft aufgrund der im Konzern wirtschaftlich
mit ihr verbundenen Bank- und Finanzgesellschaften über rechtliche
Verpflichtungen hinausgehende Risiken bestehen, denen mit ausreichenden
Eigenmitteln im Konzern zu begegnen ist. Die angefochtene Verfügung,
wonach die Schweizerische Kreditanstalt die zusätzlichen Eigenmittel
bereitzustellen hat, sofern die CS First Boston und die CS Holding
zusammen nach Massgabe der BankV nicht genügend Eigenmittel aufweisen,
verletzt daher Bundesrecht nicht.