Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 116 IB 321



116 Ib 321

41. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 12. November 1990 i.S. X. gegen Ortsbürgergemeinde Niederlenz und
Eidgenössisches Departement des Innern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste

    Art. 103 lit. a OG und Art. 48 lit. a VwVG; Eröffnung einer
Rodungsbewilligung; Koordination von Rodung und Kiesabbau.

    1. Legitimation des Nachbarn, eine Rodungsbewilligung anzufechten
(E. 2).

    2. Ordnungsgemässe Eröffnung einer Rodungsbewilligung, die auch die
Interessen Dritter berührt (E. 3a).

    3. Rodung und Kiesabbau: Planungspflicht sowie materiell
und verfahrensmässig zu koordinierende Rechtsanwendung bei engem
Sachzusammenhang der anwendbaren Vorschriften (E. 4).

Sachverhalt

    A.- X. ist Eigentümer der Parzelle Nr. 1045 im Gebiet "Wilägerte" in
der Gemeinde Niederlenz. Dieses Grundstück liegt etwa 120 m südöstlich der
Parzellen Nrn. 1046 und 667, die der Ortsbürgergemeinde Niederlenz gehören
und auf welchen eine Waldfläche von insgesamt 6520 m2 besteht. Am 14. März
1988 erteilte das Bundesamt für Forstwesen und Landschaftsschutz (heute:
Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, BUWAL) der Ortsbürgergemeinde
Niederlenz die Bewilligung zur Rodung von 6520 m2 Waldareal auf den
Parzellen Nrn. 1046 und 667 zwecks Erweiterung der westlich davon schon
bestehenden Kiesgrube.

    Gegen diese Bewilligung erhob X. am 16. Januar 1989
Verwaltungsbeschwerde beim Eidgenössischen Departement des Innern (EDI)
mit dem Antrag um Aufhebung der Rodungsbewilligung vom 14. März 1988. Er
machte in formeller Hinsicht geltend, als Eigentümer der Parzelle Nr. 1045
sei er unmittelbarer Anstösser der Grundstücke Nrn. 1046 und 667, auf
welche sich die erwähnte Rodungsbewilligung und die damit verbundene,
von der Ortsbürgergemeinde Niederlenz geplante Erweiterung des Kiesabbaus
beziehe. Obschon er als Nachbar unmittelbar betroffen sei, sei er nie
in das Rodungsbewilligungsverfahren einbezogen worden; zudem sei das
Rodungsgesuch nie öffentlich aufgelegen. Erst aufgrund der öffentlich
aufliegenden Baugesuchsakten der Ortsbürgergemeinde Niederlenz betreffend
ihr Gesuch um Erteilung einer zweiten Teilkiesabbaubewilligung habe er
von der fraglichen Rodungsbewilligung Kenntnis erhalten. Angesichts der
Tragweite, welche die Rodung der 6520 m2 Waldfläche für ihn habe, sei er
zur Anfechtung der Rodungsbewilligung legitimiert.

    Das EDI trat am 2. Februar 1990 auf die Beschwerde nicht ein. Es
begründete diesen Entscheid im wesentlichen damit, dass X. nicht in einer
besonders nahen Beziehung zur Streitsache stehe, welche seine Befugnis
zur Anfechtung der Rodungsbewilligung begründen würde. Seine Befürchtung,
durch die beabsichtigte Rodung und den Kiesabbau könne das Grundwasser
beeinträchtigt werden, erweise sich angesichts der tatsächlichen
Verhältnisse als nicht stichhaltig. Das gleiche gelte für das Vorbringen,
das fragliche Waldstück habe für sein Grundstück erhebliche Schutzfunktion
(Schutz vor Wind und Wetter sowie vor den Immissionen des Kiesabbaus).

    Mit Eingabe vom 6. März 1990 führt X. gegen den
Nichteintretensentscheid des EDI Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem
Antrag, der Entscheid des EDI sei aufzuheben, und die Sache sei zur
materiellen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er macht
in seiner Beschwerde geltend, er habe ein schutzwürdiges Interesse
an der Aufhebung der angefochtenen Rodungsbewilligung des Bundesamts
für Forstwirtschaft und Landschaftsschutz. Durch diese Bewilligung,
die der Ortsbürgergemeinde Niederlenz entgegen den Vorschriften über
die Forstpolizei erteilt worden sei, werde er mehr als irgend jemand
betroffen, da sein Grundstück in unmittelbarer Nähe der zu rodenden
Waldfläche liege und im Falle der Rodung die für sein Land wichtige
ökologische Schutzfunktion des fraglichen Waldes entfiele (Windschutz
gegen Norden und Westen); zudem würde sein Grundstück verstärkt den von
der Kiesausbeutung ausgehenden Immissionen ausgesetzt. Er sei daher nach
Art. 48 lit. a VwVG zur Verwaltungsbeschwerde befugt.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer bringt vor, das EDI habe zu Unrecht seine
Legitimation zur Rüge der Verletzung des Eidgenössischen Forstrechts
durch die vom Bundesamt für Fortswesen und Landschaftsschutz am 14. Mai
1988 erteilte Rodungsbewilligung verneint.

    a) Die Legitimation zur Beschwerde an das EDI richtet sich
nach Art. 48 lit. a VwVG, der wörtlich mit Art. 103 lit. a OG
betreffend die Legitimation zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das
Bundesgericht übereinstimmt (BGE 110 Ib 100 E. 1, 107 Ib 45 E. 1b, 104
Ib 249 E. 5b, 317 E. 3). Danach ist zur Beschwerdeführung berechtigt,
wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges
Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (Art. 48 lit. a VwVG und
Art. 103 lit. a OG). Dieses Interesse kann rechtlicher oder auch bloss
tatsächlicher Natur sein und braucht mit dem Interesse, das durch die
vom Beschwerdeführer als verletzt bezeichneten Normen geschützt wird,
nicht übereinzustimmen. Immerhin wird verlangt, dass der Beschwerdeführer
durch den angefochtenen Entscheid stärker als jedermann betroffen ist
und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache
steht. Ein schutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn die tatsächliche oder
rechtliche Situation des Beschwerdeführers durch den Ausgang des Verfahrens
beeinflusst werden kann (BGE 110 Ib 400 E. 1b). Diese Anforderungen
sollen die Popularbeschwerde ausschliessen. Ihnen kommt deshalb dann eine
ganz besondere Bedeutung zu, wenn wie hier nicht der Verfügungsadressat
im materiellen Sinn, sondern ein Dritter (z.B. Nachbar) den Entscheid
anficht. Ist auch in einem solchen Fall ein unmittelbares Berührtsein,
eine spezifische Beziehungsnähe gegeben, so hat der Beschwerdeführer ein
ausreichendes Rechtsschutzinteresse daran, dass der angefochtene Entscheid
aufgehoben oder geändert wird. Dieses Interesse besteht im praktischen
Nutzen, den die erfolgreiche Beschwerde dem Beschwerdeführer eintragen
würde, das heisst in der Abwendung eines materiellen oder ideellen
Nachteils, den der angefochtene Entscheid für ihn zur Folge hätte (BGE
113 Ib 228 E. 1c, 112 Ib 158 E. 3 mit Hinweisen).

    Es ist somit ausgehend von dieser Praxis und unter Berücksichtigung
der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, ob die Legitimation des
Beschwerdeführers nach Art. 48 lit. a VwVG zu bejahen ist oder nicht. Dabei
ist insbesondere auf die Art und Intensität der Beeinträchtigung durch
die vorgesehene Rodung abzustellen (vgl. BGE 113 Ib 228 E. 1c).

    b) Der Beschwerdeführer begründete seine Legitimation zur
Verwaltungsbeschwerde an das EDI damit, dass die Rodungsbewilligung ihn
mehr als jeden anderen Einwohner von Niederlenz treffe. Er müsse ernsthaft
befürchten, dass das Entfernen des Waldes seinen landwirtschaftlichen
Kulturen Schaden zufüge. Zudem hätten er und seine Familie schon heute
unter den Immissionen der Kiesausbeutung (Lärm, Staub, Lastwagenverkehr
etc.) zu leiden. Das zur Rodung vorgesehene Waldstück diene teilweise dem
Schutz vor den genannten Immissionen und es schütze seine Liegenschaft
und die Kulturen ausserdem vor kalten oder heftigen Nord- und
Westwinden. Überdies erfülle der Wald eine wichtige ökologische Funktion.

    c) Nach Auffassung des EDI ist der Beschwerdeführer nicht zur
Anfechtung der Rodungsbewilligung befugt, da er durch die fragliche Rodung
nicht mehr betroffen sei als andere Mitglieder der Allgemeinheit. Mit
Art. 48 lit. a VwVG werde aber gerade der Ausschluss der Popularbeschwerde
bezweckt. Es stützt seinen Entscheid auf ein in ZBl 85/1984 S. 378
ff. publiziertes Urteil des Bundesgerichts, in welchem die Legitimation
eines Nachbarn zur Einsprache gegen eine Baubewilligung für eine 200
m entfernte Bootshalle verneint wurde, weil von dieser keine störenden
Immissionen zum Nachteil des Beschwerdeführers zu befürchten waren und
somit von keinem relevanten Eingriff in dessen Interessensphäre gesprochen
werden konnte.

    d) Im vorliegenden Fall verhält es sich indessen anders. Dem Wald
kommen ausdrückliche Schutz- und Wohlfahrtswirkungen zu (Art. 1 Abs. 1
der Verordnung betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die
Forstpolizei vom 1. Oktober 1965, FPolV, SR 921.01). Er schützt unter
anderem die Nachbarn vor immissionsreichen, forstwirtschaftsfremden
Nutzungen wie z.B. dem Kiesabbau und gewährleistet der Nachbarschaft
eine gewisse Ruhe. Zudem kommt dem Wald auch grundsätzlich die Funktion
des Windschutzes zu, selbst wenn im vorliegenden Fall fraglich ist,
ob angesichts der Entfernung von 120 m und des Umstands, dass auch
nach der Rodung ein Waldstreifen nordwestlich der Liegenschaft des
Beschwerdeführers bestehen bleiben soll, der Windschutz allein ein
schutzwürdiges Interesse im Sinne von Art. 48 lit. a VwVG darstellt. Diese
Frage kann indessen offengelassen werden. Es ist nämlich zu beachten, dass
der Beschwerdeführer durch die Nähe seiner Liegenschaft zur Rodungsfläche
ohnehin wesentlich stärker betroffen ist als die Allgemeinheit. Dies gilt
sowohl für den Verlust der Schutz- und Wohlfahrtswirkungen des Waldes
als auch für den Schutz vor den Immissionen, die mit der Ausdehnung der
Kiesausbeutung als Folge der Rodung verbunden sind.

    Das EDI hat dadurch, dass es dem Beschwerdeführer die Legitimation
im Sinne von Art. 48 lit. a VwVG absprach, Bundesrecht verletzt (Art. 104
lit. a OG), weshalb der angefochtene Entscheid aufzuheben ist.

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer verlangt in seiner Beschwerde eine
Rückweisung der Angelegenheit an die Vorinstanz zur materiellen
Beurteilung. Eine solche Rückweisung ist nur möglich, wenn
sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. FRITZ GYGI,
Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Auflage, Bern 1983, S. 71 f.). Aus
prozessökonomischen Gründen ist es gerechtfertigt, auch zu den weiteren
Eintretensfragen Stellung zu nehmen.

    a) Der Einwand der Ortsbürgergemeinde Niederlenz, der Beschwerdeführer
sei schon deshalb nicht zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde zuzulassen,
weil er innert der gesetzlichen Frist keine Beschwerde gegen die
Rodungsbewilligung vom 14. März 1988 eingereicht habe, geht fehl. Das
BUWAL bestätigt in seiner Notiz vom 20. Februar 1989 an das EDI, dass
praxisgemäss sowohl Rodungsgesuche als auch -bewilligungen, die wie
vorliegend gemäss Art. 25bis FPolV in die Kompetenz des Bundes fallen, im
Gegensatz zu kantonalen Rodungsentscheiden weder vorgängig aufgelegt noch
nach dem Entscheid im kantonalen Amtsblatt veröffentlicht werden. Auch
sei der Beschwerdeführer über das hier interessierende Rodungsvorhaben
nicht in Kenntnis gesetzt worden, zumal er im erstinstanzlichen Verfahren
keine Parteistellung habe einnehmen können. Der Beschwerdeführer konnte
somit tatsächlich erst mit der öffentlichen Auflage des Kiesabbaugesuchs
(21. Dezember 1988 bis 16. Januar 1989), in dessen Beilage sich die
Rodungsbewilligung befand, von dieser Kenntnis erhalten. In solchen Fällen
beginnt die Beschwerdefrist auch im Verfahren der Verwaltungsbeschwerde
mit dem Zeitpunkt der effektiven Kenntnisnahme (vgl. BGE 112 Ib 174 E. 5c,
107 Ib 175 E. 2c). In dieser Hinsicht war somit die Beschwerde an das
EDI vom 16. Januar 1989 grundsätzlich zulässig.

    Die hier beschriebene Praxis des BUWAL zur Mitteilung von
Rodungsentscheiden gibt zur Bemerkung Anlass, dass nach Art. 6 in
Verbindung mit Art. 34 VwVG Verfügungen von Bundesverwaltungsbehörden
u.a. jenen Personen, denen ein Rechtsmittel gegen die Verfügung zusteht,
schriftlich zu eröffnen sind. In einer Sache mit einer grossen Anzahl
von Parteien, die sich ohne unverhältnismässigen Aufwand nicht vollzählig
bestimmen lassen, kann die Behörde ihre Verfügungen nach Art. 36 lit. c
VwVG auch durch Publikation in einem amtlichen Blatte eröffnen. Nachdem
den Parteien aus mangelhafter Eröffnung kein Nachteil erwachsen darf
(Art. 38 VwVG), können bei der geschilderten Praxis die Parteien, denen
eine Rodungsbewilligung nicht ordnungsgemäss eröffnet wurde, diese
auch nach Ablauf der in Art. 50 VwVG festgelegten Beschwerdefrist noch
anfechten. Durch die mangelhafte Eröffnung wird eine für den Gesuchsteller
unzumutbare Rechtsunsicherheit geschaffen. Es obliegt dem EDI und dem
BUWAL, die von ihnen erteilten Rodungsbewilligungen sämtlichen Parteien in
der im jeweiligen Einzelfall angezeigten Form ordnungsgemäss zu eröffnen.

    b) Auch der von der Ortsbürgergemeinde erhobene Vorwurf der
rechtsmissbräuchlichen Beschwerdeführung ist unbegründet. Rechtsmissbrauch
erblickt diese im Umstand, dass der Beschwerdeführer sich nun gegen die im
Zusammenhang mit der Erweiterung der Kiesgrube notwendige Rodung wendet,
obwohl er selbst die Parzelle Nr. 2640, die zwischen seinem Grundstück
und dem von der Rodungsbewilligung betroffenen Wald liegt, im Jahre 1983
der Ortsbürgergemeinde als Kiesland verkauft habe.

    Das Verhalten von X. erscheint schon deshalb nicht als
rechtsmissbräuchlich, weil die veräusserte Parzelle nicht bewaldet
ist. Die in seiner Beschwerde gegen die Rodungsbewilligung vorgebrachten
forstlichen Argumente (Schutzfunktion des Waldes gegen Wind und Wetter
und vor weiteren Immissionen) stehen somit in keinem Widerspruch zu
seinem früheren Verhalten. Durch den Verkauf der Parzelle Nr. 2640 hat
der Beschwerdeführer zweifelsohne nicht unbesehen künftigen Waldrodungen
auf benachbarten Grundstücken "zugestimmt".

    c) Die übrigen Eintretensvoraussetzungen der Verwaltungsbeschwerde an
das EDI sind im vorliegenden Fall erfüllt und geben zu keinen weiteren
Erörterungen Anlass. Die Angelegenheit kann somit zur materiellen
Beurteilung an das EDI zurückgewiesen werden.

Erwägung 4

    4.- Bei der materiellen Behandlung der Beschwerde wird das EDI zu
beachten haben, dass die beanstandete Rodungsbewilligung in einem engen
sachlichen Zusammenhang mit der erforderlichen Kiesabbaubewilligung
steht. Zur Rodung kommt es nur bei Bewilligung der Erweiterung des
Kiesabbaus. Ziff. 13 der Rodungsbewilligung vom 14. März 1988 hält
ausdrücklich fest, dass die Zweckentfremdung des hier interessierenden
Waldareals erst dann in Angriff genommen werden darf, wenn unter anderem
weitere allfällig erforderliche Bewilligungen (wie beispielsweise bau- und
gewässerschutzrechtliche Bewilligungen) rechtskräftig vorliegen. Gemäss
Art. 26 Abs. 1 FPolV, der vom Bundesgericht als gesetzeskonform
anerkannt wird (BGE 108 Ib 180 E. 1a mit Hinweisen), dürfen Rodungen
nur bewilligt werden, wenn sich hierfür ein gewichtiges, das Interesse
an der Walderhaltung überwiegendes Bedürfnis nachweisen lässt. Das Werk,
für welches die Rodung verlangt wird, muss auf den vorgesehenen Standort
angewiesen sein. Dabei ist das Erfordernis der Standortgebundenheit nicht
absolut aufzufassen, besteht doch fast immer eine gewisse Wahlmöglichkeit;
indessen fallen die Gründe einer Standortwahl ins Gewicht. Finanzielle
Interesse, wie möglichst einträgliche Nutzung des Bodens oder billige
Beschaffung von Land, gelten nicht als gewichtige Bedürfnisse (Art. 26
Abs. 3 FPolV). Der Rodung dürfen ausserdem keine polizeilichen Gründe
entgegenstehen. Auch ist dem Natur- und Heimatschutz gebührend Rechnung
zu tragen (Art. 26 Abs. 2 und 4 FPolV). Diese Grundsätze gelten auch für
Körperschaften des öffentlichen Rechts (BGE 113 Ib 152 E. 3b, 344 f. E. 3,
413 f. E. 2a, je mit Hinweisen).

    a) Den Akten des vorliegenden Verfahrens ist zu entnehmen, dass sich im
Zusammenhang mit der Erweiterung des Kiesabbaus nicht nur forstrechtliche
Fragen, sondern namentlich auch solche des Bau-, Raumplanungs-, Umwelt-
sowie Gewässerschutzrechts stellen. Diese Fragen stehen in einem derart
engen Sachzusammenhang, dass es im Hinblick auf die verfassungsrechtliche
Pflicht zur materiellen und formellen Koordination der Rechtsanwendung (BGE
116 Ib 50 ff.) und die von Art. 26 FPolV geforderte Interessenabwägung
nicht angeht, bei der Erteilung der Rodungsbewilligung die übrigen
massgebenden Interessen ausser acht zu lassen. Es ist vielmehr zu
beachten, dass in Fällen, in denen für die Verwirklichung eines Projekts
verschiedene materiellrechtliche Vorschriften anzuwenden sind und zwischen
diesen Vorschriften ein derart enger Sachzusammenhang besteht, dass
sie nicht getrennt und unabhängig voneinander angewendet werden dürfen,
diese Rechtsanwendung materiell koordiniert zu erfolgen hat. Der in die
Rodungsbewilligung aufgenommene blosse Vorbehalt der rechtskräftigen
Erteilung weiterer notwendiger Bewilligungen vermag den Anforderungen
an die verfassungsrechtlich gebotene Koordination im vorliegenden Fall
nicht zu genügen. Das Bundesgericht hat im Grundsatzurteil BGE 116 Ib
50 ff. erwogen, dass die materielle Koordination am besten erreicht
wird, wenn dafür eine einzige erste Instanz zuständig ist. Sind
zur Beurteilung einzelner der materiellen Koordination bedürftiger
Rechtsfragen verschiedene erstinstanzliche Behörden zuständig, so müssen
diese die Rechtsanwendung in einer Weise abstimmen, dass qualitativ
ein gleichwertiges Koordinationsergebnis erzielt wird. Aus den Akten
ergibt sich, dass eine umfassende Interessenabwägung und Abstimmung der
Entscheide im hier umstrittenen Fall noch gar nicht erfolgen konnte. Nach
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung muss hingegen auch in Fällen
wie dem vorliegenden, in welchem die zur Bewilligung eines Vorhabens zu
beurteilenden Rechtsfragen mit engem Sachzusammenhang erstinstanzlich
teils durch Bundesbehörden und teils durch kantonale oder kommunale
Behörden beurteilt werden, die materielle Koordination zwischen den
erstinstanzlichen Behörden sichergestellt werden. Eine verfahrensrechtlich
und zeitlich verbundene Eröffnung der Bewilligungen mit anschliessendem
einheitlichem Rechtsmittelverfahren ist hier bei der heutigen Rechtslage
indessen nicht möglich. Auf welche Weise die Koordination im einzelnen zu
erfolgen hat, ist nicht zum voraus durch das Bundesgericht zu entscheiden.

    Im oben erwähnten BGE 116 Ib 50 ff. hat das Bundesgericht zu dieser
Problematik ausgeführt, dass bei der Erteilung von Rodungsbewilligungen
nach Art. 25bis FPolV die Bundesbehörde im Koordinationsprozess im
erstinstanzlichen und in allfälligen kantonalen Rechtsmittelverfahren
bis zur letzten kantonalen Instanz mitwirken könnte. Sie wäre dabei
vorbehältlich neuer Erkenntnisse im Laufe des Verfahrens an ihre
gegenüber der ersten kantonalen Instanz abgegebene Stellungnahme
gebunden. Würden aber im weiteren Verfahren, etwa durch betroffene
Dritte, neue Gesichtspunkte vorgebracht, so hätte die Bundesbehörde
diese zu berücksichtigen und allenfalls von ihrer ersten Stellungnahme
abzurücken. Eine anfechtbare Bewilligung der in ihre Zuständigkeit
fallenden Rodung hätte die Bundesbehörde in der Regel erst dann zu
erteilen, wenn die damit zusammenhängenden kantonalen Entscheide von
der letzten kantonalen Instanz beurteilt worden wären. Würden die
kantonalen Entscheide auf unterer Verfahrensstufe rechtskräftig, so
könnte der Entscheid der Bundesbehörde schon im Anschluss daran getroffen
werden. Ein solches zeitlich gestaffeltes Vorgehen dürfte den Anforderungen
an die materielle Koordination genügen. Möglicherweise könnte dieses
Zusammenwirken von Behörden des Bundes und der Kantone aber auch auf
andere Weise sachgerecht sichergestellt werden (BGE 116 Ib 58 f.). Es
besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

    b) Die bundesgerichtliche Rechtsprechung lässt es zwar zu,
dass über ein Rodungsgesuch, dem für die Erstellung einer im Wald
geplanten Anlage vorrangige Bedeutung zukommt, vorweg entschieden
wird (BGE 114 Ib 230 f. E. 8). Dies ist namentlich dann möglich,
wenn von vornherein aufgrund eines zureichend abgeklärten Sachverhalts
klar feststeht, dass die geltend gemachten Interessen das gesetzliche
Walderhaltungsgebot nicht zu überwiegen vermögen (vgl. BGE 113 Ib 153
f., nicht publiziertes Urteil vom 24. Mai 1989 i.S. Stadtgemeinde Ilanz
E. 4a). Aber auch wenn die Rodungsbewilligung vorweg, vor Erteilung der
anderen Bewilligungen rechtskräftig erteilt werden soll - was sich aufgrund
der Aktenlage im vorliegenden Verfahren als eher unzweckmässig erweisen
dürfte -, so ist die Koordination mit den übrigen Bewilligungsverfahren
sicherzustellen. Dies setzt den Einbezug sämtlicher im Rahmen der übrigen
Bewilligungsverfahren zu berücksichtigenden Interessen voraus; namentlich
bedürfen die raumplanungs- sowie umwelt- und gewässerschutzrechtlichen
Fragen einer eingehenden Prüfung. Dabei genügt nicht allein die materielle
Berücksichtigung dieser Belange, die erforderliche Koordination ist
vielmehr durch den formellen Einbezug der zuständigen Behörden in
das Verfahren der Rodungsbewilligung sicherzustellen. Die zuständigen
Verwaltungsbehörden haben im Verfahrensverlauf dafür zu sorgen, dass sowohl
in materiellrechtlicher als auch in verfahrensmässiger Hinsicht eine Lösung
gefunden wird, bei welcher alle in Frage stehenden bundesrechtlichen Regeln
möglichst gleichzeitig und vollumfänglich zum Zuge kommen und überdies die
auf das zu beurteilende Projekt anwendbaren kantonalen Normen gebührend
berücksichtigt werden (vgl. nicht publiziertes Urteil vom 24. Mai 1989
i.S. Stadtgemeinde Ilanz E. 4c, d).

    c) Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen wird das EDI im
Rahmen der materiellen Beurteilung der Verwaltungsbeschwerde gegen
die Rodungsbewilligung zunächst zu prüfen haben, auf welche Weise die
Anforderungen der materiellen und formellen Koordinationspflicht im
vorliegenden Fall erfüllt werden können. Es ist darauf zu achten, dass in
Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden des Kantons Aargau sämtliche
vom engen Sachzusammenhang betroffene Fragen (inkl. Rodung) materiell
aufeinander abgestimmt und zeitlich koordiniert entschieden werden. Dabei
ist zu berücksichtigen, dass nach der neueren bundesgerichtlichen
Rechtsprechung die Bundesbehörde erst dann eine anfechtbare
Rodungsbewilligung erteilen sollte, wenn die damit zusammenhängenden
kantonalen Entscheide von der letzten kantonalen Instanz beurteilt sind,
wobei andere Lösungen des sachgerechten Zusammenwirkens der Bundes-
und kantonalen Behörden vorbehalten bleiben (vgl. BGE 116 Ib 59 E. 4b).

    d) Die kantonalen Behörden werden überdies sicherzustellen
haben, dass im Rahmen des gemäss den Akten beim Regierungsrat
hängigen Verfahrens betreffend Erteilung einer Bewilligung nach
Art. 24 RPG für den Kiesabbau auf den Parzellen Nrn. 667 und 1046
(2. Teilkiesabbaugesuch inklusive Rodung und Waldverlegung) zunächst
entschieden wird, ob das Vorhaben auf dem Wege der raumplanerischen
Ausnahmebewilligung überhaupt angemessen erfasst werden kann oder ob
einem solchen Vorgehen die bundesrechtliche Planungspflicht entgegensteht
(vgl. BGE 116 Ib 53 E. 3a, 115 Ib 306 E. 5a, je mit Hinweisen; Urteil
vom 20. April 1988 i.S. Einwohnergemeinde Oensingen, in Umweltrecht
in der Praxis 4/1988 S. 210, E. 6). Mit dem Entscheid über diese Frage
kann das Leitverfahren, d.h. dasjenige Verfahren, das eine frühzeitige
und umfassende Prüfung sämtlicher vom engen Sachzusammenhang erfassten
materiellen Rechtsfragen erlaubt, verbindlich festgelegt werden. Im
Rahmen dieses Leitverfahrens hat die materielle und verfahrensmässige
Koordination der Rechtsanwendung zu erfolgen. Als Leitverfahren kann
u.a. grundsätzlich sowohl ein (Sonder-)Nutzungsplanungsverfahren als auch
das Ausnahmebewilligungsverfahren im Sinne von Art. 24 RPG bezeichnet
werden, da beide Verfahren von Bundesrechts wegen die umfassende Prüfung
der vom engen Sachzusammenhang erfassten Fragen vorsehen. Falls das
Vorhaben der UVP-Pflicht untersteht, wie dies der Beschwerdeführer
annimmt (vgl. Ziff. 80.3 des Anhangs zur Verordnung über die UVP vom
19. Oktober 1988 (UVPV) und Art. 2 UVPV), so ist das Leitverfahren
auch das massgebliche Verfahren im Sinne von Art. 5 Abs. 3 UVPV, in
welchem unter anderem ebenfalls die Einhaltung der Vorschriften über
den Landschaftsschutz, den Gewässerschutz, die Walderhaltung sowie die
Raumplanung zu prüfen sind (Art. 3 UVPV, vgl. BGE 116 Ib 60 E. 4d).