Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 116 IA 94



116 Ia 94

18. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 30. Mai 1990 i.S. J. gegen St. und B. sowie Regierungsrat und
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 88 OG.

    Legitimation des Nachbarn zur staatsrechtlichen Beschwerde (E. 1).

    Art. 4 BV; rechtliches Gehör, Heilung.

    Voraussetzungen, unter denen Mängel des vorinstanzlichen Verfahrens
geheilt werden können (E. 2).

    Art. 4 BV, §§ 103 und 104 VRG LU; rechtliches Gehör, Augenschein.

    Dient eine Ortsbesichtigung dazu, einen streitigen Sachverhalt
festzustellen, so müssen die am Verfahren Beteiligten auf Grund von
Art. 4 BV zum Augenschein beigezogen werden. Wird ein Augenschein ohne
Parteien vorgenommen, so genügt die nachträglich gestützt auf § 104 VRG
eingeräumte Möglichkeit, zum Augenscheinsprotokoll Stellung zu nehmen,
den Anforderungen an das rechtliche Gehör nicht (E. 3).

Sachverhalt

    A.- Am 24. Februar 1988 erteilte der Stadtrat von Luzern St.  und
B. die Baubewilligung für die Erstellung von zwei Mehrfamilienhäusern in
Luzern. Die vom Einsprecher J. hiegegen eingereichte Verwaltungsbeschwerde
wies der Regierungsrat des Kantons Luzern mit Entscheid vom 14. Juli 1989
im wesentlichen ab.

    Dagegen erhob J. Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Verwaltungsgericht
des Kantons Luzern. Dieses hiess die Beschwerde am 14. Dezember 1989 in
einem Punkt gut und wies sie im übrigen ab. Das Bundesgericht heisst die
staatsrechtliche Beschwerde des J. gut

Auszug aus den Erwägungen:

                  aus folgenden Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Beim angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts handelt
es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid in einem
Baubewilligungsverfahren. Die staatsrechtliche Beschwerde ist somit
zulässig (Art. 87 OG). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind
die Eigentümer benachbarter Grundstücke befugt, eine Baubewilligung mit
staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten, soweit sie die Verletzung von
Bauvorschriften geltend machen, die ausser den Interessen der Allgemeinheit
auch oder in erster Linie dem Schutz der Nachbarn dienen. Zusätzlich
müssen sie dartun, dass sie sich im Schutzbereich der Vorschriften
befinden und durch die behaupteten widerrechtlichen Auswirkungen der
Bauten betroffen werden (BGE 112 Ia 89). Diese Voraussetzungen sind hier
erfüllt. Indessen ist die staatsrechtliche Beschwerde, abgesehen von hier
nicht zutreffenden Ausnahmen, lediglich kassatorischer Natur (BGE 114 Ia
212 mit Hinweisen). Soweit der Beschwerdeführer mehr verlangt als die
Aufhebung des angefochtenen Entscheides, kann auf die Beschwerde nicht
eingetreten werden. Im übrigen ist aber auf die form- und fristgerecht
eingereichte Beschwerde einzutreten.

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer machte in seiner Beschwerde an das
Verwaltungsgericht Verletzungen des rechtlichen Gehörs geltend,
da der Regierungsrat nicht auf seine Vorbringen eingegangen sei. Das
Verwaltungsgericht hat an verschiedenen Stellen festgehalten, dass der
Regierungsrat den Anspruch auf rechtliches Gehör des Beschwerdeführers
verletzt habe; es hat diese aber im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht
als geheilt betrachtet. Der Beschwerdeführer ist sinngemäss der Auffassung,
eine solche Heilung sei nicht zulässig; dadurch werde er einer Instanz
beraubt.

    Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht
können nach der Rechtsprechung Mängel des vorinstanzlichen Verfahrens
ausnahmsweise dann geheilt werden, wenn dem Bundesgericht die gleiche
Kognition wie der Vorinstanz zusteht (BGE 112 Ib 175 mit Hinweisen;
vgl. auch BGE 114 Ia 314). Es ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht
zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht die gleichen Grundsätze
herangezogen hat. Der Regierungsrat übt als Beschwerdeinstanz volle
Kognition aus und überprüft daher nebst der Rechtsanwendung auch die
"unrichtige Handhabung des Ermessens" (§ 144 Abs. 1 des Gesetzes über
die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Luzern vom 3. Juli 1972,
VRG). Demgegenüber kann im Beschwerdeverfahren vor Verwaltungsgericht
lediglich eine Rechtsverletzung, nicht aber eine unrichtige Handhabung
des Ermessens gerügt werden (§ 152 VRG). Zur Beurteilung der Frage,
ob das Verwaltungsgericht einen durch den Regierungsrat begangenen
Verfahrensmangel heilen konnte, ist somit darauf abzustellen, ob die vom
Regierungsrat unbestrittenermassen begangenen Gehörsverweigerungen reine
Rechtsfragen oder aber auch die Ausübung des Ermessens betrafen.

    a) Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, der Regierungsrat habe
das rechtliche Gehör dadurch verletzt, dass er sich mit dem Einwand des
Beschwerdeführers, er habe sein Grundstück im Vertrauen auf einen gültigen
Gestaltungsplan und auf den darin enthaltenen Ausnützungsziffer-Richtwert
gekauft, nicht auseinandergesetzt habe. Die Frage, ob ein Grundeigentümer
in seinem Vertrauen in einen Nutzungsplan zu schützen sei, ist eine reine
Rechtsfrage, die der entscheidenden Behörde kein Ermessen einräumt. Das
Verwaltungsgericht verfügte demnach in diesem Punkt über dieselbe Kognition
wie der Regierungsrat; dieser Mangel konnte somit im Verfahren vor dem
Verwaltungsgericht geheilt werden.

    b) Dasselbe gilt für die weitere im Urteil des Verwaltungsgerichts
festgestellte Gehörsverletzung, die darin bestanden hat, dass sich
der Regierungsrat nicht mit dem Einwand auseinandergesetzt hat, bei
der Genehmigung des Gestaltungsplanes sei der vorgängige Ausbau der
Strasse zur Bedingung gemacht worden. Es ging hier um eine Frage der
Sachverhaltsfeststellung im Sinne von § 144 Abs. 1 lit. 1 bzw. § 152
lit. a VRG. Auch in diesem Punkt stand beiden Instanzen die gleiche
Überprüfungsbefugnis zu; eine Heilung war demnach ebenfalls möglich.

    c) Schliesslich hat das Verwaltungsgericht darin eine
Gehörsverweigerung erblickt, dass der Regierungsrat die Rüge des
Beschwerdeführers, das Bauvorhaben sehe überdimensionierte und unangepasste
Terrainveränderungen vor, welche dem Orts- und Landschaftsbild schadeten,
ausser acht gelassen habe. Gemäss § 5 Abs. 2 des im vorliegenden Fall
anwendbaren Baugesetzes für die Einwohnergemeinde Luzern vom 13. Dezember
1966 (sBauG) dürfen Bauten nicht bewilligt werden, wenn sie das Stadt- oder
Landschaftsbild, das Fluss- oder Seeufer wesentlich beeinträchtigen. Diese
ästhetische Generalklausel räumt den Behörden kein Ermessen darüber
ein, ob eine Baute zu bewilligen sei. Die Frage, ob eine "wesentliche
Beeinträchtigung" des Landschaftsbildes vorliege, ist eine Rechtsfrage. Das
Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, den Baubewilligungsbehörden stehe
bei der Auslegung unbestimmter Gesetzesbegriffe ein Beurteilungsspielraum
zu, bei dessen Überprüfung sich das Gericht Zurückhaltung auferlege. Im
angefochtenen Entscheid hat es aber diese Zurückhaltung ausdrücklich
aufgegeben. Der Beschwerdeführer rügt nicht, diese "Ausdehnung" der
Kognition gegenüber dem Normalfall sei willkürlich. Das Verwaltungsgericht
nahm somit auch in diesem Punkt die gleiche Kognition in Anspruch wie
der Regierungsrat, weshalb dieser Verfahrensmangel ebenfalls geheilt
werden konnte.

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer macht - wie schon vor Verwaltungsgericht -
geltend, das Baudepartement, welches den Entscheid des Regierungsrates
instruierte, habe einen Augenschein durchgeführt, ohne die Parteien dazu
einzuladen. Er habe bereits im Verfahren vor dem Regierungsrat geltend
gemacht, das Bauvorhaben sei mit der ästhetischen Generalklausel von §
5 Abs. 2 sBauG, wonach der Stadtrat die Ausführung von baulichen Anlagen
zu untersagen hat, die das Stadt- oder Landschaftsbild, das Fluss-
oder Seeufer wesentlich beeinträchtigen, nicht vereinbar. Zur Abklärung
dieser Frage sei die Durchführung eines Augenscheins mit den Parteien
erforderlich. Da das Baudepartement die Besichtigung der Örtlichkeiten
allein vorgenommen habe, sei § 103 Abs. 1 VRG sowie der Anspruch auf
rechtliches Gehör (Art. 4 BV) verletzt worden; zudem verstosse dieses
Vorgehen gegen die publizierte Praxis des Verwaltungsgerichts zu § 103
Abs. 1 VRG. Das Gericht hätte daher den regierungsrätlichen Entscheid
aufheben und die Sache zur korrekten Durchführung eines Augenscheines an
den Regierungsrat zurückweisen müssen. Da es diesen Schluss nicht gezogen
habe, verletze es seinerseits Art. 4 BV. Im übrigen sei die Argumentation
des Verwaltungsgerichts in sich widersprüchlich. Während es einerseits
richtig ausführe, der Beschwerdeführer mache geltend, bei einem korrekt
durchgeführten Augenschein hätte er den Regierungsrat auf die effektiv
neuralgischen Punkte hinweisen können, argumentiere es an anderer Stelle,
es sei nicht einzusehen und werde vom Beschwerdeführer nicht dargetan,
inwiefern ein korrekt durchgeführter Augenschein ein anderes Resultat
hätte bringen können.

    Der letzten Rüge des Beschwerdeführers kann nicht gefolgt werden. Das
Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Entscheid lediglich die
Auffassung des Beschwerdeführers wiedergegeben, er hätte bei Anwesenheit
am Augenschein den Regierungsrat auf neuralgische und kritische Punkte
hinweisen können. Dieses Argument hat das Verwaltungsgericht schliesslich
im Urteil verworfen: Der Beschwerdeführer habe nicht dargetan und es sei
auch nicht einzusehen, inwiefern der Augenschein zu einem andern Resultat
hätte führen können. Weshalb diese Erwägung in sich widersprüchlich
sein sollte, ist nicht ersichtlich. Eine andere Frage ist, ob sie in
materiell-rechtlicher Hinsicht vor der Verfassung standhält. Dies ist im
folgenden zu untersuchen.

    a) Der Umfang des Anspruchs auf rechtliches Gehör wird zunächst
durch die kantonalen Verfahrensvorschriften umschrieben; erst wo sich
dieser Rechtsschutz als ungenügend erweist, greifen die unmittelbar aus
Art. 4 BV folgenden bundesrechtlichen Minimalgarantien Platz. Zunächst ist
demnach zu untersuchen, ob die Behörden gegen § 103 Abs. 1 VRG verstossen
haben. Das Bundesgericht prüft dabei die Anwendung und Auslegung des
kantonalen Rechts lediglich unter dem beschränkten Gesichtswinkel der
Willkür (BGE 115 Ia 10; 113 Ia 3, je mit Hinweisen).

    Gemäss § 103 VRG sind die Parteien grundsätzlich berechtigt, am
Augenschein teilzunehmen und Erläuterungen zu geben (Abs. 1). Ist der
Gegenstand des Augenscheins indessen allgemein zugänglich, so kann ihn die
Instruktionsinstanz zu ihrer Orientierung besichtigen, ohne die Parteien zu
benachrichtigen (Abs. 3). Das Baudepartement hat als Instruktionsinstanz
unbestrittenermassen einen Augenschein ohne Parteien durchgeführt. Das
Verwaltungsgericht hat dazu festgehalten, die rechtlichen Möglichkeiten,
einen Augenschein mit oder ohne Parteien durchzuführen, seien weniger
gross, als aus § 103 VRG, speziell aus Abs. 3, eventuell entnommen werden
könnte. Soweit der Augenschein Beweismittelcharakter habe, somit zur
Aufklärung eines umstrittenen Sachverhaltes diene, leite die Rechtsprechung
bereits aus Art. 4 BV einen Rechtsanspruch der Parteien auf Teilnahme am
Augenschein ab. Wenn der Sachverhalt zwar nicht streitig sei, die Behörde
einen allgemein zugänglichen Augenscheinsgegenstand zu ihrer Orientierung
besichtige und dabei neue Sachverhalts-Feststellungen treffe, die für die
Beurteilung erheblich erschienen, sei der Gehörsanspruch dann als gewahrt
anzusehen, wenn sich die Parteien nachher zum Beweisergebnis vernehmen
lassen könnten. Ob ein Bauvorhaben das Stadt- und Landschaftsbild
oder das Fluss- und Seeufer im Sinne von § 5 sBauG wesentlich
beeinträchtigten, sei eine Frage der rechtlichen Würdigung, nicht der
Sachverhaltsabklärung. Allerdings könnten auch Sachverhaltsmomente,
auf die bei dieser Würdigung abzustellen sei, umstritten sein, zu deren
Klärung daher ein Augenschein mit Beweismittelcharakter, d.h. mit den
Parteien vorzunehmen sei. Inwiefern dies vorliegend hätte der Fall
sein sollen, lege der Beschwerdeführer nicht dar und sei auch sonstwie
nicht einzusehen. Da der Augenschein somit nur der Orientierung der
Instruktionsinstanz über die allgemein zugänglichen örtlichen Verhältnisse
gedient habe, sei es zulässig gewesen, die Besichtigung ohne Parteien
im Sinne von § 103 Abs. 3 VRG vorzunehmen. Die Instruktionsinstanz habe
dabei einige Sachverhalts-Feststellungen über die Einsehbarkeit und Grösse
sowie die Bauart von Nachbargebäuden getroffen, die unbestrittenermassen
Beweismittelcharakter hätten; es sei daher richtig gewesen, darüber
ein Protokoll abzufassen und dieses den Beteiligten zur Einsicht- und
Stellungnahme zu unterbreiten.

    b) Diese Auslegung von § 103 VRG genügt den Anforderungen von
Art. 4 BV an die Gewährung des rechtlichen Gehörs nicht. Dieses
dient einerseits der Sachaufklärung, andererseits stellt es ein
persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheides
dar, welcher in die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Dazu gehört
insbesondere das Recht des Betroffenen, sich vor Erlass eines in seine
Rechtsstellung eingreifenden Entscheids zur Sache zu äussern, erhebliche
Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen
Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise
entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern,
wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 115 Ia 11
E. b mit Hinweisen). Der Anspruch auf rechtliches Gehör gründet in der
Auffassung, dass der Bürger in einem staatlichen Verfahren nicht blosses
Objekt sein darf, sondern Prozessubjekt ist und in dieser Eigenschaft
durch aktives Mitwirken seine Rechte zur Geltung bringen kann (ARTHUR
HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S.
129). Dient die Ortsbesichtigung wie im vorliegenden Fall dazu, einen
streitigen, unabgeklärten Sachverhalt festzustellen, so müssen die am
Verfahren Beteiligten auf Grund von Art. 4 BV zum Augenschein beigezogen
werden. Ein solcher Augenschein darf nur dann unter Ausschluss einer
Partei erfolgen, wenn schützenswerte Interessen Dritter oder des Staates
oder eine besondere zeitliche Dringlichkeit dies gebieten, oder wenn
der Augenschein seinen Zweck überhaupt nur dann erfüllen kann, wenn er
unangemeldet erfolgt (BGE 113 Ia 83 E. a mit Hinweisen). Eine Ausnahme
vom Grundsatz, dass die Parteien zu einem Augenschein beizuziehen sind,
wäre höchstens im Rahmen eines erstinstanzlichen Verfahrens denkbar, wenn
den Beteiligten im anschliessenden Einsprache- oder Rechtsmittelverfahren
die Möglichkeit offensteht, die Durchführung eines Augenscheins mit
den Parteien zu verlangen (vgl. dazu unveröffentlichtes Urteil des
Bundesgerichts vom 21. September 1989 i.S. Baugenossenschaft R. c.
Regierungsrat des Kantons Zürich, E. 3).

    Der Regierungsrat hatte in seinem Beschwerdeentscheid die Frage
beurteilt, ob die geplanten Bauten das Stadt- oder Landschaftsbild
bzw. das Seeufer wesentlich beeinträchtigten. Der Beschwerdeführer hat im
Verlaufe des Verfahrens vor dem Regierungsrat beantragt, bezüglich der
Landschafts-Beeinträchtigung im Sinne von § 5 sBauG einen Augenschein
gemäss § 103 Abs. 1 VRG - somit unter Mitwirkung der Parteien -
durchzuführen. Es kann daher nicht von vornherein davon ausgegangen
werden, der Sachverhalt sei unbestritten gewesen oder hätte sonst
keiner Abklärung bedurft. Wie das Verwaltungsgericht im angefochtenen
Entscheid richtig ausführt, können auch Sachverhaltsmomente, auf die
bei der rechtlichen Würdigung abzustellen ist, umstritten sein. Der
Beschwerdeführer vertrat vor dem Regierungsrat die Meinung, die Bauten
stünden in ästhetischer Hinsicht in Widerspruch zu § 5 sBauG. Entgegen
der Ansicht des Verwaltungsgerichts bestand - sowohl auf Grund
des Parteiantrages im Beschwerdeverfahren aber auch auf Grund des
Untersuchungsgrundsatzes (§ 37 VRG) - durchaus Anlass, einen formellen
Augenschein im Sinne von § 103 Abs. 1 VRG durchzuführen. Die Verwendung
der am Augenschein gewonnenen Erkenntnisse im regierungsrätlichen
Entscheid zeigt den Beweismittelcharakter dieser Besichtigung. Dies
hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid denn auch
selbst bestätigt, indem es ausführte, die Instruktionsinstanz habe
anlässlich des Augenscheins einige Sachverhalts-Feststellungen über
die Einsehbarkeit und Grösse sowie die Bauart von Nachbargebäuden
getroffen, die unbestrittenermassen Beweismittelcharakter gehabt
hätten. Die Parteien hätten deshalb zum Augenschein eingeladen werden
müssen. Dass ihnen nachträglich gestützt auf § 104 VRG die Möglichkeit
eingeräumt wurde, zum Augenscheinsprotokoll Stellung zu nehmen, kann
diesen Mangel nicht heilen. An der bundesgerichtlichen Praxis, wonach die
Parteien grundsätzlich das Recht haben, an Augenscheinen teilzunehmen
und überdies sich zum Ergebnis des Beweisverfahrens zu äussern (BGE
113 Ia 83; vgl. ferner GEORG MÜLLER in Kommentar BV, Art. 4 Rz. 106),
ist festzuhalten. Das Verwaltungsgericht hätte aus diesen Gründen auch
im Zusammenhang mit der Besichtigung der Örtlichkeiten eine Verletzung
des rechtlichen Gehörs feststellen müssen.

    c) Zu prüfen bleibt schliesslich, ob auch dieser Mangel allenfalls
durch das Verwaltungsgericht geheilt wurde. Das Gericht hat - über die
Begründung des Regierungsrates hinaus - darauf hingewiesen, dass vorliegend
§ 5 sBauG nur untergeordnete Bedeutung habe, da die zulässige Nutzung des
Grundstücks der Beschwerdegegner bereits in einem Sondernutzungsplan
festgelegt sei. Es gehe nicht an, durch die Generalklausel wieder
zu verbieten, was durch detaillierte Bauvorschriften ausdrücklich als
gesetzlich erlaubt bezeichnet worden sei. Die Ästhetik-Generalklausel dürfe
in solchen Fällen nur noch in Extremsituationen dazu führen, das gemäss
Detailvorschriften erlaubte Bauvolumen zu verbieten. Der Regierungsrat
hätte sich unter diesen Voraussetzungen darauf beschränken können zu
prüfen, ob allenfalls eine Extremsituation im Sinne dieser Praxis bestehe.

    Diese rechtlichen Ausführungen sind nicht willkürlich. Soweit das
Verwaltungsgericht damit aber geltend machen wollte, einem Augenschein habe
von Anfang an gar kein Beweismittelcharakter zukommen können, da sich der
rechtserhebliche Sachverhalt allein aus den Akten ergeben habe, kann ihm
nicht gefolgt werden. Es ist jedenfalls an Hand von § 5 sBauG zu prüfen,
ob nicht eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne eines "Extremfalles"
vorliegt. Nachdem der Beschwerdeführer mit Nachdruck geltend gemacht
hatte, durch die geplanten Bauten würde § 5 sBauG verletzt, hätte die
instruierende Behörde gestützt auf § 53 VRG abklären müssen, ob ein
"krasser Fall" im Sinne der vom Verwaltungsgericht erwähnten Rechtsprechung
vorliege. Das Bauvorhaben soll an einem exponierten Hang in Luzern zu
stehen kommen. Daher hätte sich auch bei einer untergeordneten Bedeutung
von § 5 sBauG die Durchführung eines Augenscheines zur Abklärung des
rechtserheblichen Sachverhaltes als notwendig erwiesen. Diese Auffassung
vertraten denn sowohl das Baudepartement als auch das Verwaltungsgericht,
haben doch beide Instanzen einen Augenschein - allerdings ohne Beteiligung
der Parteien - durchgeführt.

    d) Zusammenfassend ergibt sich, dass zu Unrecht kein Augenschein
unter Wahrung sämtlicher Parteirechte durchgeführt worden ist. Der dem
Beschwerdeführer aus Art. 4 BV fliessende Anspruch auf rechtliches Gehör
wurde dadurch verletzt. Aufgrund der formellen Natur dieses Anspruchs
führt seine Verletzung ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde
in der Sache selbst zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides (BGE 115
Ia 10; 111 Ib 135).